Cover-Bild Du wirst an dem Tag erwachsen, an dem du deinen Eltern verzeihst
20,00
inkl. MwSt
  • Verlag: DuMont Buchverlag
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 206
  • Ersterscheinung: 14.06.2019
  • ISBN: 9783832183752
Gérard Salem

Du wirst an dem Tag erwachsen, an dem du deinen Eltern verzeihst

Roman
Christian Kolb (Übersetzer)

Sieben Jahre ist es her, dass Boris – Anfang vierzig und Banker – den Kontakt zu seinen Eltern und seinen drei Geschwistern abgebrochen hat. Nun ist er abermals an einem Tiefpunkt angelangt: Mit seiner Frau tobt ein Scheidungskrieg, seine beiden Söhne darf er nicht sehen. In seiner Verzweiflung hat Boris sich in psychiatrische Behandlung begeben und nimmt, auf Anraten seines Therapeuten, den Kontakt zu seiner Familie wieder auf. Seinem Psychiater zufolge muss diese Art der Anbahnung per Post und in handgeschriebenen Briefen erfolgen, niemals per E-Mail oder gar SMS. Was folgt, ist ein mitreißender Briefwechsel, bei dem jedes Familienmitglied seinen Zorn, seine Trauer, seine Geheimnisse und seine unausgesprochene Liebe mitteilt. Eltern, Kinder, Geschwister und Cousins konfrontieren einander, definieren ihre Beziehungen und erfahren dabei Neues, auch über sich selbst.
Gérard Salem hat einen höchst fesselnden und geistreichen Roman geschrieben, der die Komplexität der so chaotischen wie kraftvollen Bindungen, die wir Familie nennen, brillant einfängt.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.06.2019

Solide, aber mit Schwächen

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Das Buch hat 200 Seiten und ist in Deutschland im April 2019 als Hardcover im Dumont Verlag erschienen. Diese Ausgabe kostet 20,00 €. In Frankreich erschien das Buch bereits 2018. Ich habe "Du wirst an ...

Das Buch hat 200 Seiten und ist in Deutschland im April 2019 als Hardcover im Dumont Verlag erschienen. Diese Ausgabe kostet 20,00 €. In Frankreich erschien das Buch bereits 2018. Ich habe "Du wirst an dem Tag erwachsen, an dem du deinen Eltern verzeihst" vom Dumont Verlag als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen und sage herzlichen Dank dafür!

Inhaltlich begleiten wir in diesem Roman Boris. Er ist Anfang 40, Banker, lebt in Genf und ist von einer Sache fest überzeugt: Seine Familie ist schuld! Schuld an dem Scheitern seiner Ehe, schuld, dass er seine Söhne nicht sehen darf, schuld, dass er krank ist und natürlich auch schuld daran, dass er vor sieben Jahren den Kontakt zu seiner Familie komplett abgebrochen hat.
Nun gibt ihm sein Therapeut einen merkwürdigen Rat: Er soll seinen Eltern einen Brief schreiben - mit der Hand. Und das hat weitreichende Folgen...

Mich hat an diesem Buch besonders der Schreibstil in Briefform beeindruckt. Der Leser bekommt die Handlung nur anhand der geschriebenen Briefe erzählt, was ich sehr gelungen fand. Die Charaktere der Personen werden in den Briefen sehr lebendig und der Leser kann tief in die Gefühle und Gedanken der Protagonisten hineinblicken. Boris, unser Hauptprotagonist, hingegen, ging mir in weiten Teilen sehr auf die Nerven. Er sieht sich rein als Opfer und ist zu Anfang nicht in der Lage, auch nur im Ansatz seinen Anteil an den Ereignissen zu sehen. Dies ändert sich zwar im Verlauf des Buches, der Wandel ging mir dann jedoch zu schnell und einfach und war für mich sehr unglaubwürdig. Zumal Boris an seinen eigenen Söhnen und seiner Exfrau genau das Verhalten kritisiert, dass er aber selbst die ganze Zeit an den Tag legt. Generell gingen mir die "Wandlungen" und Einsichten der Protagonisten in diesem Buch zu schnell. Ein paar Briefe hin und her und schon hat die Person ihre Fehler eingesehen, reflektiert und auch noch verändert. Das hat für mich nicht viel mit der Realität zu tun.
Die Botschaft des Buches, dass es einen Unterschied macht, ob ich mit der Hand einen Brief schreibe oder aber eine WhatsApp oder E-Mail, hat mir gefallen und ich teile diese Ansicht durchaus. Allerdings wurde es für mich hier übertrieben. Auf einmal kommunizieren alle nur noch per Brief, selbst pubertierende Teenager dieses Buches schreiben sich freudig Briefe. Auch das wirkte auf mich eher unrealistisch und unglaubwürdig.
Die Komplexität der Verstrickungen und dysfunktionalen Beziehungen unter den Protagonisten wurden hingegen durch die Briefe und die sehr persönlichen Einlassungen der Einzelnen sehr gut deutlich. Die Geschichte ist sicher realistisch und kommt vermutlich in sehr vielen Familien in leicht abgewandelter Form vor.
Was mich aber leider weiterhin sehr gestört hat, war die "Heiligsprechung" der Familie. Der Autor tut hier so, als gäbe es nichts Wichtigers im Leben als die Familie und den Kontakt zu ihr. Das mag für einige Familien und Menschen stimmen, aber sicher nicht für alle. Es gibt für mich durchaus Gründe, warum ein Mensch den Kontakt zu seiner Familie abbricht und auch nicht wieder aufnimmt. Diese "Heiligsprechung" war mir zu eindimensional und hat für mich nicht genügend die Hintergründe eines Kontaktabbruches mit einbezogen.

Insgesamt für mich ein solider Roman mit einer schönen Idee und Botschaft, der mir aber schlussendlich doch zu viel idealisiert und Briefe schreiben als "Allheilmittel" darstellt.