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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.06.2019

Wer Elliot Rosenzweig wirklich?

Hannah und ihre Brüder
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Auf einer Wohltätigkeitsveranstaltung in Chicago kommt es zu einem Eklat: Der reiche und bekannte Bürger Elliot Rosenzweig wird von Ben Salomon bedroht und beschuldigt, der NS-Scherge Otto Piontek und ...

Auf einer Wohltätigkeitsveranstaltung in Chicago kommt es zu einem Eklat: Der reiche und bekannte Bürger Elliot Rosenzweig wird von Ben Salomon bedroht und beschuldigt, der NS-Scherge Otto Piontek und für den Tod von hunderten Juden zu sein.

Ben und Otto verbindet eine gemeinsame Kindheit in Polen, denn Otto war Bens Ziehbruder.

Im Chicago von heute droht Ben ein Gerichtsverfahren und so soll Catherine Lockart, eine junge Anwältin, gedrängt von ihrem Freund, dem Privatermittler Liam Taggart, sich der Sache annehmen. Catherine ist zu Beginn von Bens Geschichte nicht wirklich überzeugt, doch je länger Ben erzählt, desto tiefer fällt die Anwältin in die Vergangenheit hinein.

Meine Meinung:

Diese Geschichte ist durchaus realistisch geschildert. Das Thema, „wie viele Nazi-Verbrecher haben durch die Annahme einer falschen Identität sich aus der Verantwortung stehlen können?“, ist längst noch nicht aufgearbeitet.

Mir hat dieser Roman sehr gut gefallen, auch wenn ich mich manchmal über die selektive Wahrnehmung so mancher Protagonisten geärgert habe. Auffällig sind, vor allem die Lücken im Geschichtswissen der Amerikaner. Sie treten auch bei der Anwältin Catherine Lockart offen zutage. So hätte sie gleich zu Beginn die tätowierte Häftlingsnummer von Elliot Rosenzweig überprüfen lassen sollen. Denn, diese Tätowierungen sind „sprechende Nummern“. Aus der Buchstaben/Zahlenkombination lässt sich herausfinden, in welchem KZ die Betroffenen erstmals registriert wurden. Hier muss man, bei allem Grauen, die deutsche Gründlichkeit loben, denn ein großer Teil dieser Listen existiert heute noch. Damit hätte sie sich jede Menge Unannehmlichkeiten und leere Kilometer erspart.

Bei der Beschreibung der Charaktere bin ich ein bisschen ambivalent. Ben ist für mich absolut glaubwürdig. Bei Catherines Darstellung als toughe Anwältin habe ich so meine Zweifel. Sie hat Lebenskrisen hinter sich und ist zutiefst verunsichert. Auch ihr Verhältnis zu Liam Taggart ist für mich persönlich nicht ganz rund. Taggart breitet, ohne Catherines Wissen, ihr Leben vor Ben, einem Wildfremden aus. Ich halte das für einen großen Vertrauensbruch.

Mosaiksteinchen für Mosaiksteinchen tragen Ben, Catherine und Liam zusammen, um Eliott Rosenzweig zu überführen. Warum Catherine und Liam sich erst sehr spät mit Frau Rosenzweig beschäftigen, ist mich ein wenig unverständlich. Eine Ehefrau zu überprüfen, wäre für mich ein Gebot der ersten Stunde.

Der Erzählstrang der Gegenwart wirft ein interessantes Licht auf die Arbeit von Anwälten und Gerichten Amerikas, worüber ich zugegebenermaßen wenig weiß.

Gut gelungen ist der Erzählstrang, der in Polen spielt und die Geschichte von Ben Salomon und seinem Ziehbruder Otto Piontek. Die Verwandlung des kleinen Otto, der von seiner (deutschen) Mutter vernachlässigt wurde und von der jüdischen Familie Salomon trotz aller widrigen Umstände groß gezogen wurde, bis hin zum NS-Schergen, ist detailreich geschildert. An mancher Stelle hätte Otto noch „abbiegen“ können, doch sein Geltungsbedürfnis war scheinbar höher als seine Moral.

Eine kleine Kritik muss ich wegen des deutschen Titels anbringen. Mir gefällt der englische besser. Man hätte diesen mit „Einst waren sie Brüder“ etwas griffiger übersetzen können.

Fazit:

Ein interessanter Roman, der wieder einmal deutlich macht, wie nah Recht und Unrecht beieinander liegen. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Veröffentlicht am 23.06.2019

Guter Krimi für den Urlaub

Juister Mohn
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KHK David Büttner will mit seiner Frau auf Urlaub fahren und sitzt auf bereits gepackten Koffern, als ihn der Anruf seiner Dienststelle ereilt. Urlaub hin oder her, der Dienst ruft: Ein unklarer Todesfall, ...

KHK David Büttner will mit seiner Frau auf Urlaub fahren und sitzt auf bereits gepackten Koffern, als ihn der Anruf seiner Dienststelle ereilt. Urlaub hin oder her, der Dienst ruft: Ein unklarer Todesfall, nein eigentlich zwei, weil auf der Insel Juist hat man ein Pärchen tot aufgefunden. Ein Unglück mit zu viel Rauschgift, Selbstmord oder doch Mord?
Das ist hier die Frage, der Büttner diesmal ohne seinen Kollegen Hasenkrug nachgehen muss. Nicht nur, dass Büttner mit einer ihm fremde Kollegin, kommt erschwerend hinzu, dass die tote junge Frau, die Nichte des Staatsanwaltes ist und der diskretes Vorgehen einfordert.
Da es in ihrem Einzugsgebiet Kiel einen ähnlichen Doppelmord gegeben hat, wird Büttner die KHK Lena Lorenzen zugeteilt. Gemeinsam ermitteln sie nun auf der Insel Juist.
Mit einer schnellen Auflösung ist leider nicht zu rechnen, da die Inselbewohner ein schweigsamer Menschenschlag ist. Und selbst, wenn es gelänge, den Tod des Pärchens rasch aufzuklären, Büttner und Lorenzen sitzen auf Grund eines Orkanes auf Juist fest.

Meine Meinung:

Ich kenne Elke Bergsmas Ermittler-Duo Büttner und Hasenkrug. Diese beiden sind, wie ein Ehepaar, ein eingespieltes Team. Und so wundert es nicht, dass David Büttner, ein eher phlegmatischer, an gutem Essen interessierter Ermittler, mit der jungen, quirligen Kommissarin aus Kiel so seine liebe Not hat.
Lena Lorenzen hingegen geht der bedächtige, manchmal verschrobene Büttner ziemlich auf die Nerven. Doch es nützt nichts, sie müssen hier zusammenarbeiten.

Der Fall erweist sich als kniffelig. Nichts ist, wie es scheint. Nach einigen Fährten, die allesamt in Sackgassen münden, fällt eine Bemerkung, die die beiden Ermittler doch noch zur Enttarnung des Täters führen. Der ist gut versteckt, doch seine Präsenz, hat mich recht bald auf seine Spur gebracht.

Ein bisschen ist mir Büttners üblicher Partner Hasenkrug abgegangen, der sonst immer weiß, was Büttner will oder braucht. Doch dank moderner Kommunikationsmittel recherchiert Hasenkrug im heimatlichen Emden und versorgt die beiden Kommissare mit relevanten Informationen.

Bin neugierig, ob es eine Fortsetzung dieser Zusammenarbeit geben wird. Die beiden doch unterschiedlichen Charaktere, Büttner und Lorenzen, haben sich letzten Endes doch zusammengerauft und diesen komplexen Fall gelöst.

Fazit:

Ein gelungener Krimi, dem ich gerne 4 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 16.06.2019

Ein gelungenes Krimi-Debüt

Der Tod gibt Autogramme
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Die Radiomoderatorin Dagmar Hager hat ihren ersten Krimi geschrieben.

Worum geht’s?

Die (Klatsch)Reporterin Lilly bewegt sich seit Jahren im Dunstkreis der Reichen und Schönen. Auch die Welt des Showbusiness ...

Die Radiomoderatorin Dagmar Hager hat ihren ersten Krimi geschrieben.

Worum geht’s?

Die (Klatsch)Reporterin Lilly bewegt sich seit Jahren im Dunstkreis der Reichen und Schönen. Auch die Welt des Showbusiness ist ihr gut bekannt. Dass hier nicht immer alles Gold ist was glänzt, muss sie am eigenen Leib erfahren. Trotz aller Vorsicht beginnt sie eine Affäre mit dem aufstrebenden Filmstar Georg Speltz. Sie gerät ins Scheinwerferlicht und eine Welt der Intrigen. Bald ist nicht mehr klar, wer Freund oder Feind ist. Auch Georgs Agentin Constanze spielt eine undurchsichtige Rolle.

Als sie Speltz zu einem Dreh nachreist, ertappt sie ihn mit einer Prostituierten, die wenig später tot in seinem Hotelzimmer liegt. Die Frau wird nicht die einzige Leiche auf Georgs Weg an die Spitze bleiben.


Meine Meinung:

Dagmar Hager ist ein durchaus fesselndes Krimi-Debüt gelungen. Zwischen offensichtlichen Fakten bleibt genügen Raum für Spekulationen aller Art.

Georg Speltz ist ein ziemlicher Ungustl, der auf seinem Weg nach oben, buchstäblich über Leichen geht.
Lilly ist zu Beginn eine unbedarfte Reporterin, die sich nach und nach in dem geschickt ausgeworfenen Netz von Intrigen verfängt. Nur, wer ist der Urheber? Und was hat Georgs Vergangenheit, die er vor Lilly zu verbergen versucht, damit zu tun?

Fazit:

Ein gut gelungenes Krimi-Debüt, dass es zu lesen lohnt. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Veröffentlicht am 16.06.2019

Fesselnder Krimi aus wien

Paulis Pub
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Dies ist der erste Band rund um den Wiener Kriminalbeamten und Drogenfahnder Wolfgang Hoffmann.
Hoffmann ist ein Ermittler mit dem richtigen Riecher, der aber immer wieder durch Alleingänge und unkonventionelle ...

Dies ist der erste Band rund um den Wiener Kriminalbeamten und Drogenfahnder Wolfgang Hoffmann.
Hoffmann ist ein Ermittler mit dem richtigen Riecher, der aber immer wieder durch Alleingänge und unkonventionelle Aktionen auffällt. Auch wenn diese Vorgangsweise fast immer zum Erfolg führt, sind die Kollegen und Chefs häufig damit nicht einverstanden.

Hannes, ein Kleinganove und Dealer, findet seine Freundin Sonja tot auf. Die herbeigerufene Polizei faselt von „Drogentod“ und „Goldenem Schuss“ und will Sonja Tod als xte Drogentote zu den Akten legen. Hannes kann das sogar nicht glauben, da Sonja panische Angst vor Spritzen hatte und sich niemals einen „Goldenen Schuss“ gesetzt hätte. Als er dann ein ihm bekanntes Feuerzeug in Sonjas Wohnung findet, erkennt er, dass hier andere Mächte am Werk sind. Hat Sonja etwas gesehen, was sie nicht sehen sollte?

Ein ziemlich dubiose Rolle spielen eine Stadträtin und ihr Pressechef, die zwar offiziell mit der Wiener Polizei zusammenarbeiten und aus dem „Law and Order“-Prinzip politisches Kapital schlagen wollen. Dabei übersieht die blauäugige (Sic!) Stadträtin, dass die Feinde eher innerhalb der Partei zu finden sind, und der Tippgeber nicht von der Polizei ist.

Hoffmann hingegen kennt das Milieu und hat neben dem richtigen Riecher und dem nötigen Quäntchen Glück, auch genügend Fingerspitzengefühl.

In „Paulis Pub“ kommt es zum Showdown, der einige korrupten Machenschaften in Wiens Stadtregierung aufdeckt.

Meine Meinung:

Die selbst ernannten Saubermänner, Pardon, Sauberfrauen der Politik sind die wahren Ungusteln in diesem Krimi. Sie schlagen rechtspopulistisches Kapital aus der Zusammenarbeit mit echten, kriminellen Größen.
Günter Neuwirth hat zwischen gut und böse einige Zwischentöne für seine Leser bereit. Hannes ist so ein Zwischenton - er handelt zwar mit Cannabis, hat aber die Grenze zum Gewaltverbrecher noch nicht überschritten. Im Gegenteil, er will Sonjas Tod aufklären, wenn auch mit nicht ganz legalen Mitteln. Unterstützt wird er dabei von der arbeitslosen Journalistin Carina.

Fazit:

Ich finde diesen Reihenauftakt ansprechend. Die Sympathien sind klar verteilt. Der Krimi ist mit viel Lokalkolorit und Wiener Eigenheiten garniert und lässt die Herzen von Wien-Fans höher schlagen. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Veröffentlicht am 15.06.2019

"Edel sei der Mensch, hilfreich und gut" - oder doch nicht?

Die Wiederentdeckung des Menschen
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Andreas von Westphalen, Literaturwissenschaftler und Philosoph, nimmt in seinem neuen Buch das Fehlen von Empathie und Kooperation zwischen den Menschen (und Staaten) unter die Lupe.

Wenn man sich in ...

Andreas von Westphalen, Literaturwissenschaftler und Philosoph, nimmt in seinem neuen Buch das Fehlen von Empathie und Kooperation zwischen den Menschen (und Staaten) unter die Lupe.

Wenn man sich in seinem Umfeld umsieht, hat man den Eindruck, dass heute alles Streben dem Konkurrenzkampf untergeordnet wird. Sei es um den besten Preis im Supermarkt, sei es um das schönste Spielzeug im Kindergarten, das neueste Mobiltelefon, die meisten Klicks in den sozialen Medien oder den besten Job. Wettbewerb an sich ist ja nicht verwerflich. Es kommt, wie schon Paracelsus sagte, auf die Dosis an. Wenn wirklich alles nur mehr der Gier nach „mehr“ untergeordnet wird, bleiben andere menschliche Eigenschaften wie Nächstenliebe oder Rücksichtnahme auf der Strecke.

Das Buch regt zum Nachdenken über sich selbst und die Umgebung an. Viele Kapitel sind mit spannenden Zitaten überschrieben. Der Autor zeigt Wege und Denkansätze auf. Man muss nicht allen folgen. Den einen oder anderen näher zu betrachten, lohnt sich auf jeden Fall.

Fazit:

Ein durchaus angenehm zu lesendes Buch zu einem eher philosophischen Thema. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.