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Veröffentlicht am 11.10.2019

Schöner Ausflug in die Welt der Magie

Der Oktobermann
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Allgemeines:

Der Oktobermann – Eine Tobi-Winter-Story ist am 20.09.2019 bei dtv erschienen. Das Büchlein hat ein sehr handliches Format und 208 Seiten. Im Grunde genommen also wirklich nur eine „Story“. ...

Allgemeines:

Der Oktobermann – Eine Tobi-Winter-Story ist am 20.09.2019 bei dtv erschienen. Das Büchlein hat ein sehr handliches Format und 208 Seiten. Im Grunde genommen also wirklich nur eine „Story“. Es reiht sich chronologisch hinter den Ereignissen des letzten Abenteuers von Peter Grant ein.

Autor Ben Aaronovitch ist momentan auf Lesereise in Deutschland, um sein dort spielendes Buch vorzustellen. Ich hätte gerne eine seiner Lesungen besucht, leider finden sie jedoch alle zu weit entfernt von meinem schönen Wohnort statt.

Auch die Geschichte um den Protagonisten Tobi Winter ist zu den anderen Büchern der Reihe passend gestaltet. Wie gewohnt bietet das Cover einige Details aus der Handlung an und motiviert zum Raten, worum es genau gehen wird.

Inhalt:

„Die Flüsse von London‹ fließen nach Deutschland …

… denn auch hierzulande gibt es magische Vorkommnisse! Das deutsche Pendant zu Peter Grant heißt Tobi Winter und arbeitet beim BKA (Abteilung für komplexe und diffuse Angelegenheiten, sprich: Magie). Tobi bekommt es mit seltsamen Bräuchen in den Weinbergen rund um Trier zu tun – und mit einem übernatürlichen Rätsel, das schon Hunderte von Jahren alt ist. Selbstverständlich hat in dieser Gegend auch die Mosel ein Wörtchen mitzureden, wenn es magisch wird.“ (Quelle: dtv Verlag)

Meine Meinung:

Ich freue mich eigentlich über jedes Buch aus Ben Aaronovitchs Feder. Die Peter-Grant-Reihe um die Flüsse von London, das Folly und allerlei andere magisch abstruse Gestalten begleitet mich nun schon wirklich lange. Über Jahre und viele Lesesituationen hinweg. Gleich bleibt, dass Aaronovitch mich nach wie vor begeistern kann. Obwohl diese Reihe ursprünglich gar nicht mehrteilig angelegt war, ist ihm gelungen, was nicht vielen Autoren gelingt: Komplexität bei gleichbleibender Qualität.

Vorweg sei gesagt: Der Oktobermann ist kein losgelöster Roman. Er steht im Zusammenhang zur Peter-Grant-Reihe und erfordert Wissen aus den Romanen. Ohne dieses Wissen können keine Querverbindungen gezogen werden. Um seine Leser nicht zu langweilen verzichtet der Autor zudem auf die Erklärungen gewisser Grundlagen, die selbstverständlich sind. Für mich ein großer Pluspunkt, wenn man den Roman losgelöst sieht, könnte man als Neuling etwas weniger verstehen als gewünscht.

Im Oktobermann lernen wir einen deutschen Zauberer kennen. Auch in Deutschland ist das Feld der Magie breit angelegt, die zuständige Abteilung jedoch umso schmaler. Tobi Winter ist so gesehen der Mann für alle Fälle (mit etwas seltsamer Chefin, wie könnte es anders sein) und konnte bereits seit drei Jahren in den Genuss des Zauberns kommen. Quasi ein Profi… Er vertritt beim BKA die Abteilung für komplexe und diffuse Angelegenheiten und hat ebenso wie Peter und seine Kollegen recht viel zu tun. Im Oktobermann verschlägt es ihn für einen Fall in die Weinberge rund um Trier. Dort trifft er unter anderem den Sommer. Leser, die Aaronovitchs Geschichten kennen, wissen natürlich, dass in diesem Roman auch Wein eine Rolle spielen muss. Natürlich wird der Autor dieser Erwartung gerecht und beginnt den Roman sogleich mit einem bekannten Zitat über den guten Tropfen – von Goethe.

In meinen Augen ist diese deutsche Version von Peter Grant eine ganz eigene und individuelle. Wir finden keinen Abklatsch vor, sondern einen interessanten Protagonisten. Wohingegen wir durchaus mit einigen Klischees zu kämpfen haben. Beispielsweise in der Namensgebung der Charaktere und in einigen Verhaltensweisen. Ab und an hätte da weniger vermutlich einen besseren Zweck erfüllt. Mit der „Eindeutschung“ einiger magischer Begriffe hatte ich ebenfalls zu kämpfen. Wahrscheinlich liegt das vor allem daran, dass wir aus den bisherigen Bänden bereits eine Übersetzung kennen. Und nun werden für die gleichen Dinge teilweise völlig andere, „deutsche“ Begriffe verwendet. Das hätte nicht notgetan. Vielleicht hätte da von Aaronovitch selbst noch intensiver recherchiert werden müssen. Es gibt schließlich alle Begriffe bereits in der Übersetzung. Er hätte es trotzdem thematisieren können, für uns deutsche Leser hinkt der Unterschied jedoch ziemlich.

Alles in allem finde ich die erste Geschichte über den deutschen Zauberer Tobi Winter als gelungen, aber nicht perfekt. Es gibt noch Potential nach oben, ich möchte Tobi und vor allem seine Chefin gerne näher kennenlernen. Vielleicht gibt es ja bald eine Krise, die internationale Zusammenarbeit erfordert? Wer weiß…

Fazit:

Ein schöner Ausflug in Ben Aaronovitchs Welt der Magie. Ich glaube, dass diese kleine Geschichte ein Grundstein für eine in Zukunft noch enger miteinander verflochtene magische Welt sein kann und wird.

Veröffentlicht am 19.09.2019

Als echter Fionafan gebe ich noch vier Herzen – aber nicht so richtig von Herzen

Fiona: Das tiefste Grab
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Allgemeines:

Mit Das tiefste Grab legt Harry Bingham Band sechs der Thrillerreihe um Fiona Griffiths vor. Der Schauplatz ist wieder Wales mit seiner kargen und beeindruckenden Landschaft. Bingham ist ...

Allgemeines:

Mit Das tiefste Grab legt Harry Bingham Band sechs der Thrillerreihe um Fiona Griffiths vor. Der Schauplatz ist wieder Wales mit seiner kargen und beeindruckenden Landschaft. Bingham ist gebürtiger Londoner und arbeitete als Banker, bevor er das Schreiben zu seinem Hauptberuf machte. Das tiefste Grab ist am 17.09.2019 im Rowohlt Verlag als Taschenbuch erschienen und umfasst 541 Seiten. In Großbritannien wurden die Bände dieser Reihe bereits verfilmt.

Inhalt:

„Fionas rätselhaftester Fall: Excalibur, das Schwert von König Artus. Wer hat es gefunden? Wer tötet dafür?

Endlich wieder eine interessante Leiche für Fiona Griffiths: eine Archäologin. Enthauptet. In der Brust drei Speere. Wen hat die angesehene Gelehrte sich zum tödlichen Feind gemacht? Ein weiterer Forscher muss sterben, im Nationalmuseum von Cardiff kommt es zu einer Geiselnahme. Alle Fälle verweisen auf eine mythische Figur: König Artus. Und auf dessen sagenhaftes Schwert Excalibur. Ein derartiger Fund wäre zig Millionen wert. Auf einmal wird das Schwert im Darknet angeboten – gleich in doppelter Ausführung. Wer treibt hier mit wem sein Spiel? Und wie viele Menschen müssen noch sterben?“ (Quelle: Rowohlt Verlagsseite)

Meine Meinung:

Aus meiner Sicht ist Das tiefste Grab der schwächste der Fiona Thriller. Es hat exakt bis Seite 138 gedauert, bis ich drin war in der Handlung und dass, obwohl ich die Vorgänger alle gelesen und noch sehr präsent hatte. Wenn nicht immer wieder Episoden eingestreut wären, die sich mit Fionas Leben, um das es in den anderen Bändern immer sehr ausführlich ging, ich hätte dieses Buch nicht weitergelesen. Die Rahmenhandlung ist für mich einfach zu absurd. Eine Frau wird geköpft, eine Archäologin. Das alles geschieht im Kontext der Artussage, die sehr viel Raum einnimmt. Es geht um Mythen, Rollenspiele und Verehrung des sagenhaften Artus. Dann wird auch noch das legendäre Schwert Excalibur in mehrfacher Fälschung im Internet angeboten und die Fangemeinde steht Kopf. Sicherlich ist Wales dafür ein guter Schauplatz, aber Bingham geht so ins Detail, dass sich jeder langweilen muss, der sich für diesen Mythos nur am Rande interessiert. Spannender ist da schon die Nebenhandlung, die sich mit dem Fälschen historischer Artefakte beschäftigt, sicherlich auch in der Realität ein großes Geschäft. Im Nachwort des Buches gibt Bingham zu, dass ihn die Mythen um den legendären Artus faszinieren, dass er in Das tiefste Grab bewusst Mythos und Fakten miteinander verwoben hat. Mein Ding ist das nicht, denn historische Thriller lese ich weniger gern. Bingham spielt mit Realität und Fiktion, das macht er auch in seinen anderen Bänden und das macht auch den Reiz seiner Bücher aus, aber hier ist er für mich übers Ziel hinaus geschossen.

Zurück zu Fiona. Wie in jedem der Bände ist sie immer für Überraschungen gut und tritt auch hier wieder als geniale Ermittlerin auf, die sich immer wieder in brenzligen Situationen wiederfindet und wie so oft den Unmut ihrer Vorgesetzten auf sich zieht. Man erfährt wieder etwas mehr über ihre Herkunft und ihre Charaktereigenschaften, aber nie so viel, dass man sich ein Gesamtbild machen kann. Darin ist Bingham sehr geschickt. Er wirft einem die Informationen wie Häppchen zu, man wartet sehnsüchtig auf das große Ganze. Das aber kriegt man nicht. Sicherlich auch, weil noch weitere Bände folgen sollen. In diesem Band ist Fiona die sympathische junge Katie zur Seite gestellt, eine junge Historikerin, die ihr bei der Lösung des aktuellen Falles hilft und auch noch eine andere Rolle spielt. Der Plot um die beiden macht das Buch besonders lesenswert, sofern man den Artusmythos vergessen kann. Zudem gelingt es Bingham wie immer, Informationen zu Fiona aus den vorangegangenen Bänden so einfließen zu lassen, dass man jeden Band auch für sich lesen kann. Das ist eine hohe Kunst!

Fazit:

Als echter Fionafan gebe ich noch vier Herzen – aber nicht so richtig von Herzen.

Veröffentlicht am 25.08.2019

Lebt Eve einen Traum?

Eve of Man (I)
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Allgemeines:

Eve of man – Die letzte Frau erschien am 23.08.2019 als Hardcover im dtv Verlag. Das Buch hat 448 Seiten und wird ab einem Lesealter von 14 Jahren empfohlen.

Geschrieben wurde es von den ...

Allgemeines:

Eve of man – Die letzte Frau erschien am 23.08.2019 als Hardcover im dtv Verlag. Das Buch hat 448 Seiten und wird ab einem Lesealter von 14 Jahren empfohlen.

Geschrieben wurde es von den beiden Autoren Giovanna und Tom Fletcher. Die Namensähnlichkeit rührt nicht von ungefähr: Die beiden sind verheiratet. Tom Fletcher kennen viele aus der jüngsten Vergangenheit vermutlich durch das Kinderbuch der Weihnachtosaurus, das ebenfalls im dtv Verlag erschienen ist. Eve of man ist der erste Teil einer Reihe.

Inhalt:

„Sie ist die letzte Frau. Das Schicksal der Menschheit liegt in ihren Händen: EVE

Sie ist die Antwort auf alle Gebete der Welt, die Hoffnung auf den Fortbestand der Menschheit: Nach einem halben Jahrhundert wird endlich wieder ein Mädchen geboren – Eve. Isoliert von der Außenwelt wächst sie in einem goldenen Käfig auf. Jetzt, mit 16 Jahren, soll sie aus drei Kandidaten ihren Partner wählen. Eve war sich ihrer Verantwortung immer bewusst und hat widerspruchlos die schwere Bürde für den Fortbestand der Menschheit getragen. Doch nun trifft sie Bram, und die Zweifel an der Aufrichtigkeit der Motive ihrer »Beschützer« wachsen. Eve will die Wahrheit wissen, über die Welt, über ihre Familie, über die Liebe, die sie für Bram fühlt. Sie will Kontrolle über ihr Leben, sie will Freiheit. Doch darf sie für ihr privates Glück die Zukunft der Menschheit aufs Spiel setzen?“ (Quelle: dtv Verlag)

Meine Meinung:

Eve of man ist auf verschlungenen Wegen zu mir gekommen. Leider hat die Deutsche Post in diesem Fall eine Sachbeschädigung begangen. Mein Exemplar war so sehr in den Briefkasten gestopft, dass ich gar nicht mit dem Lesen beginnen konnte. Denn es ging einfach nicht hinaus. Erst mit viel Kraftaufwand, einem verbogenen Briefkasten und einem ziemlich beschädigten Buch (siehe Bild, zerfetzt ist sogar der Inneneinband), konnte ich mit dem Lesen beginnen. Da ich meine Erlebnisse auch auf meinem Instagram Account geschildert habe, um die Post darauf aufmerksam zu machen, schreib mir der dtv Verlag, dass sie mir ein neues Exemplar zusenden. An dieser Stelle möchte ich mich dafür ganz herzlich bedanken! Um die Geschichte in diesem Bereich abzuschließen: Ich habe bereits mehrfach mit der Deutschen Post telefoniert. Ich bin ein stets freundlicher Gesprächspartner und wurde bei meiner zweiten Nachfrage, was nun getan werden könnte, abgewürgt: Meine Ansprechpartnerin hat das Gespräch beendet, indem sie einfach den Hörer auflegte. Von der Post ist anscheinend leider keine Reaktion zu erwarten.

Aber nun zur eigentlichen Rezension des Buches…

Eve of man wanderte schnell auf meine Wunschliste. Neugierig, was sich hinter der Beschreibung verstecken mochte, begann ich mit der Lektüre. Ich habe das Buch in kurzer Zeit verschlungen. Zum einen lag das am Umfang des Buches, zum anderen jedoch an der Geschichte selbst. Die Fletchers entwerfen ein Szenario, das anfangs positiv wirkt. Dem Leser ist natürlich klar, dass sich mehr dahinter verbergen muss und der schöne Schein trügerisch ist. Vorsichtig führen sie ihre Leser in ihre Welt ein. An das Thema Spannung tasten sie sich langsam heran. Was dann jedoch auf einmal passiert, war für mich zum Teil vorhersehbar, zum Teil aber auch wirklich spannend. Man könnte rückblickend betrachtet sagen, dass Eve nach einem recht vorhersehbaren Schema aufgebaut ist. In meinen Augen hätte das nicht sein müssen. Wenn in diesem Bereich anders vorgegangen worden wäre, hätte ich für Eve fünf Herzen vergeben.

Eve ist die erste seit Jahrzehnten geborene Frau, die fruchtbar ist. Was das in einer Gesellschaft, deren Überleben nur durch Fortpflanzung sichergestellt werden kann, bedeutet, können wir uns heute nicht vollständig ausmalen. Einiges hat mich wirklich überrascht und schockiert. Eve lebt in einem Turm, abgeschottet von der Außenwelt. Die Außenwelt selbst lebt in einem Szenario, das mit Blick auf den fortschreitenden Klimawandel nicht weit entfernt scheint: Der Wasserpegel ist so weit gestiegen, dass ein Leben in gewohnter Umgebung nicht mehr möglich ist. In Eve wird also nicht nur auf einen Missstand hingewiesen, sondern weiter gedacht.

Sogar so weit, Eve nicht als Einzelband anzulegen. Das empfand ich zunächst als schade. Ich hätte wirklich gerne ein Ende der Geschichte gelesen. Nun muss ich mich noch ein wenig gedulden. Aber mit Sicherheit werden uns die Fletchers mit der Fortsetzung ihrer Geschichte nicht enttäuschen. Ich freue mich drauf!

Fazit:

Eine interessante Dystopie, die in großen Teilen fesselnd geschrieben ist, auf einige Missstände aufmerksam macht, und es dabei schafft, eine innovative Geschichte zu erzählen.

Veröffentlicht am 26.07.2019

Ein toller Thriller, den man in einem Rutsch wegliest!

Zu Staub
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Allgemeines:

Jane Harper wurde in England geboren und wanderte mit ihren Eltern im Alter von acht Jahren nach Australien aus. Sie kehrte als Teenager nach England zurück, studierte dort, ging aber als ...

Allgemeines:

Jane Harper wurde in England geboren und wanderte mit ihren Eltern im Alter von acht Jahren nach Australien aus. Sie kehrte als Teenager nach England zurück, studierte dort, ging aber als Erwachsene erneut nach Australien. Dort arbeitet sie als Journalistin beim Herald Sun. Sie lebt in Melbourne. Für ihren ersten Thriller Hitze erhielt sie den renommierten „Gold Dagger“. Zu Staub ist ihr drittes Buch. Es ist am 23.07.2019 als Paperback bei Rowohlt erschienen und umfasst 416 Seiten.

Inhalt:

„Der neue Roman von der «Queen of Crime» (Sunday Times). Eindringlich schreibt Jane Harper über die gnadenlose australische Wildnis und über Menschen, die grausamer sein können als jede Natur. Zwei Brüder treffen sich am Zaun, der ihre Farmen voneinander trennt. Tief im Outback sind sie einander die einzigen Nachbarn. Ihre Häuser liegen vier Stunden Autofahrt voneinander entfernt. Cam, der mittlere Bruder, der die Familienranch verwaltete, liegt tot zu ihren Füßen. Er ist allein in der Hitze gestorben. Die beiden Männer bringen ihren Bruder heim auf die Ranch. Aber in der tiefen Trauer wächst das Misstrauen. Was, wenn Cam keines natürlichen Todes gestorben ist? Was, wenn Isolation und Einsamkeit hier im Nirgendwo die Menschen verändern – zum Bösen?“ (Quelle: Rowohlt Verlagsseite)

Meine Meinung:

Jane Harper hat auch mit ihrem dritten Thriller wieder ein großartiges Buch vorgelegt. Sie versteht es einfach, einen unglaublich spannenden Plot zu entwickeln, der vordergründig gar nicht so viel hermacht: Ein Toter, eine Familie, deren Geschichte sich um diesen Tod rankt, also eigentlich nichts Besonderes. Aber wie die Handlung erzählt wird, das ist wirklich besonders – besonders beeindruckend. Harper schreibt aus einer nicht wertenden Perspektive, sie beschreibt, was passiert, ist quasi ein stiller Beobachter. Sie wendet sich den wichtigen Ereignissen und Charakteren zu und lässt dabei die verschiedenen Positionen und Denkweisen ihrer Protagonisten zu, indem sie diese entweder zu Wort kommen oder durch Rückblicke Erklärungen reifen lässt. Der Leser muss sich selber positionieren: Wem will er glauben? Zu wem will er halten? Wen verurteilt er? Wen versteht er?

Ort der Handlung ist das australische Outback, die oft unbesiedelten und hauptsächlich trockenen Regionen im australischen Inland. (Derartige Handlungsorte scheinen ein Steckenpferd von Harper zu sein. Ihre beiden andere Thriller Hitze und Ins Dunkel sind ebenfalls in Australien angesiedelt. Allerdings gibt es hier einen Ermittler, anders als in Zu Staub.)

Harper schafft eine Atmosphäre, die einen beim Lesen in die Hitze und Einsamkeit des Outbacks entführt, man spürt die Einsamkeit, den Staub, die Trockenheit geradezu und bekommt eindrücklich vor Augen geführt, wie schnell ein Leben dort zu Ende sein kann, wenn man sich nicht an die Regeln des Lebens dort hält. Man erfährt ganz nebenbei eine Menge über das harte Leben im Outback, über die Entbehrungen, die technischen Probleme, das alltägliche Leben. Wer dort lebt, muss damit klarkommen, auf sich gestellt überleben zu können.

Zur Handlung: Am Grab einer Legende, dem sogenannten „Stockmann-Grab“, mitten in der Einöde, wird die Leiche Camerons von dessen Bruder Bub gefunden. Zunächst scheint alles eindeutig, Cameron scheint in der Hitze Australiens verdurstet zu sein. Schon bald aber kommen Nathan, dem anderen Bruder, Zweifel, denn Cameron ist ein erfahrener Rancher, der niemals ohne Wasser unterwegs sein würde. Cameron ist in der Nachbarschaft ausgesprochen beliebt, jeder weiß nur Gutes über ihn zu sagen. Im Gegensatz dazu stehen seine Brüder, die von ihren Mitmenschen nicht so geschätzt werden wie er. Alle drei sind Rancher mit sehr unterschiedlichen Vorlieben und Prinzipien. Nach und nach entwickelt sich die Geschichte der Familie mit all ihren Facetten. Sämtliche Personen, die Berührungspunkte mit Cameron haben, werden eine Rolle spielen. Der Leser erfährt immer mehr Einzelheiten und beginnt, sein Bild, das er von Cameron hat, zu verändern: Wie steht er zu seinen Brüdern? Was ist er für ein Vater? Wie sorgt er für seine Familie? Wie behandelt er sein Personal? Wer ist Cameron wirklich? Immer wieder muss man seine Einschätzung revidieren, bis man letztendlich alle Informationen richtig zusammengesetzt hat. Nicht ist vorhersehbar, vieles ist möglich!

Das einzige Manko des Buches ist die sehr schnelle und überhastete Auflösung am Ende. Dafür gibt es einen Abzug in der Bewertung.

Fazit:

Ein toller Thriller, den man in einem Rutsch wegliest.

Veröffentlicht am 16.06.2019

Empfehlenswert, verlangt vom Leser aber viel!

Space Girls
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Allgemeines:

Space Girls ist das dritte Buch von Maiken Nielsen. Sie befasst sich gerne mit historischen Stoffen und schafft es, auf dieser Grundlage spannende Geschichten zu entwickeln. Sie lebt in Hamburg ...

Allgemeines:

Space Girls ist das dritte Buch von Maiken Nielsen. Sie befasst sich gerne mit historischen Stoffen und schafft es, auf dieser Grundlage spannende Geschichten zu entwickeln. Sie lebt in Hamburg und arbeitet für den NDR.

Space Girls ist am 21.05.2019 bei Wunderlich (Rowohlt Verlag) als gebundenes Buch erschienen und umfasst 430 Seiten.

Inhalt:

„Juni wächst in den 50er-Jahren auf einem Flugplatz in New Orleans auf. Für das wilde Kind gibt es nichts Schöneres, als mit ihrem Stiefvater an Flugzeugen herumzubasteln. Doch Juni will mehr: zu den Sternen fliegen. Jahre später kommt sie diesem Traum ein Stück näher: Mit zwölf anderen Frauen wird sie zum Astronauten-Training der NASA zugelassen. Es beginnt eine Zeit der mörderischen Tests. Doch Juni hält durch und erzielt herausragende Ergebnisse. Ihr Traum vom Flug zu den Sternen scheint kurz vor der Erfüllung zu stehen, da erreicht sie eine niederschmetternde Nachricht: Keine der Frauen darf ins All, Männer wie John Glenn erhalten den Vorzug. Juni ist am Boden zerstört. Aber sie beschließt zu kämpfen. Für ihre Rechte, für ihren Traum …“ (Quelle Rowohlt Verlagsseite)

Meine Meinung:

Dieses Buch ist so ganz anders als der Klappentext es vermuten lässt. Es ist viel mehr als nur ein Buch über Raumfahrt! Es geht viel tiefer in historische Zusammenhänge, den Zweiten Weltkrieg, die Gräueltaten der Nazis und ihrer Mitläufer, die Entwicklung der Raumfahrt.

Es gibt mehrere Handlungsebenen. Die historische Figur des Wernher von Braun ist eine davon. Weitere sind die des Zweiten Weltkriegs, die der beginnenden Raumfahrt und des Sputnikschocks.

Die Geschichte beginnt in den 1950er Jahren und greift dann die anderen Zeitebenen auf. Die Erzählperspektiven wechseln, man wird mit Martha, der Mutter von Juni konfrontiert, die mit ihrer Tochter Nazideutschland verlässt und erst spät erfährt, welches Schicksal ihren Eltern wiederfahren ist. Martha wird von ihrer Vergangenheit verfolgt und muss immer fürchten, als Deutsche enttarnt zu werden, obwohl, sie selber verfolgt wurde. Sie flieht zunächst nach Frankreich, wo Juni eine innige Freundschaft zu dem kleinen Louis aufbaut, der in ihrem späteren Leben noch eine Rolle spielen wird. Später baut sich Martha mit Juni und ihrem späteren Mann ein neues Leben in Amerika auf. Die Figur Junis ist unglaublich sympathisch. Sie ist das Sinnbild eines Kindes und jungen Mädchens, das weiß, was es will und sich nicht unterkriegen lässt. Ihren großen Traum Pilotin zu werden und zum Mond zu fliegen, will sie unbedingt verwirklichen. Die Entwicklung Junis bildet den zweiten großen Erzählstrang. Ihre Lebensfreude und ihr unermüdlicher Einsatz für Ihre Ziele prägen ihre Entwicklung. Es ist manchmal wirklich schwer zu ertragen, wie der Blick auf Frauen in den 1950er und 60er Jahren war:

„Denn wer ins All fliegen wollte, musste tapfer sein. Aber für den Raumfahrmediziner Lovelace waren andere Voraussetzungen mindestens ebenso wichtig: die Fähigkeit nämlich, Langeweile zu ertragen. Und wer konnte das besser als Hausfrauen? Auch Schmerzen ertrugen Frauen besser, nicht umsonst fügten ihr Mann und Natur welche zu. (…) Um die Sache perfekt zu machen, waren Frauen kleiner und leichter und verbrauchten somit weniger Sauerstoff in einer Rakete.“ (S.192)

Maiken Nielsen ist eine tolle Erzählerin. Man muss sich nicht für die Raumfahrt interessieren, um dieses Buch spannend finden zu können.

Das Thema der Gleichberechtigung, des Feminismus‘ lässt sich am Beispiel der Raumfahrt besonders gut festmachen, gibt es doch bis heute nur wenige Frauen in der Raumfahrt. Zudem thematisiert Nielsen die Rolle des Wernher von Braun, der für die Nazis Raketen entwickelt hat und später quasi zu den Amerikanern übergelaufen ist, als er ihnen nach Ende des Zweiten Weltkrieges sein Know-how über die Raketenforschung zur Verfügung gestellt hat, um im Nachkriegsdeutschland nicht zur Verantwortung gezogen zu werden.

Einziges Manko ist, dass Maike Nielsen manchmal zu viel will und das Hin- und Herspringen zwischen den Handlungsorten dadurch unübersichtlich wird. Aufmerksames Lesen ist bis zur letzten Seite gefordert!

Fazit:

Empfehlenswert, verlangt vom Leser aber viel.