Boy Erased von Garrard Conley ist eine autobiografische Erzählung. Sie spielt 2003 / 2004 in den Südstaaten von Amerika und wurde auch verfilmt, ab dem 21.2.2019 wird der Film auch in deutschen Kinos zu sehen sein. Erased zu deutsch ausgelöscht, hinterlässt besonders nach dem Lesen einen bitten Beigeschmack.
"Ich wünschte mir, nichts von alledem wäre je geschehen.
Manchmal danke ich Gott dafür, dass es geschah"
Seite 8
Die Erzählung ist nicht geradlinig, sondern springt in der Zeit. So begleitet man zum einen Garrard an seinen Tagen bei der LIA ( Love in Action) blickt aber auch zurück, wie es in seinen Augen erst dazu kam, dass er dort gelandet ist. Garrard ist sehr religiös erzogen worden (missionarische Baptisten Gemeinde), sein glaube an Gott ist fest in ihm verwurzelt, aber auch die Angst davor, was passieren wird, wenn seine Familie und die Gemeinde erfahren, dass er auf Männer steht. So hat er eine Alibi Freundin und stürzt sich in Form von Videospielen in eine fiktive Welt. Als er dann auf das nahe College kommt, spürt er eine neue Freiheit, doch wirft ihn ein traumatisches Erlebnis zurück in die Scham und das Gefühl von Sünde und führt letztendlich dazu, dass er vor seinen Eltern geoutet wird.
Diese stellen ihrem Sohn ein Ultimatum, entweder du lässt dich heilen, oder du bist kein Teil dieser Familie mehr und das Studium musst du dir selbst finanzieren. Und so kommt es, dass Garrard sich einer Konversionstherapie unterzieht, um ein erfolgreicher Ex-Gay zu werden.
Auf eine oft nüchterne Art erzählt Garrard hier seine Geschichte. Ich glaube, diese nüchterne und auch distanzierte Art ist / war nötig, um es zu schreiben und auch zu lesen. Als nicht religiöser Mensch viel es mir schwer die Tragweite der Gemeinde, des Glaubens zu begreifen. Und doch vermittelt der Autor ein gutes Gefühl dafür, wie wichtig und bedeutenden ihm sein Glaube war. Und auch die Beziehung zu seinen Eltern war gut dargestellt, vielleicht mag man in ihnen Monster sehen, die ihren Sohn nicht lieben, wollen, dass er einen Teil von sich verleugnet, auslöscht, und doch fällt es, zumindest mir schwer, da sie so gut gezeichnet wurden und trotz allem merkt man als Leser, dass sie ihren Sohn lieben. Auf ihre Art.
Boy Ereased ist wirklich keine leichte Lektüre und ich musste das Buch öfters weglegen, um über das gelesene nachzudenken. Emotional konnte es mich, wohl aufgrund des nüchternen Stils nicht so bewegen wie anfänglich vermutet und doch gab es ein paar bewegende Szenen, besonders der Epilog hat mich bewegt. Dazu wie falsch es ist, zu denken Homosexualität könnte und müsste geheilt werden muss man eigentlich nichts mehr sagen, oder doch? Wenn man bedenkt, dass es immer noch solche Einrichtungen gibt.
"Wenn ich über alles nachdenke, was mir passiert ist,
frage ich mich manchmal, ob irgendwas davon echt war.
Ich frage mich manchmal, ob es die Anstalt am Ende vielleicht geschafft hat, mich verrückt zu machen..."
Seite 320
Fazit:
Die autobiografische Erzählung über einen Jungen, der fast ausgelöscht wurde, wird wohl noch lange in meinem Gedächtnis bleiben.
Man denkt, nein so was passiert doch nicht mehr, und doch, tut es.
Auf eine nüchterne Art erzählt der Autor hier seine Geschichte, über sich, seinen glauben, seine Familie.
Wie er zwanghaft versucht geheilt zu werden, um die Erwartungen zu erfüllen.
Und wie er versucht mit der Schuld und der Scham zu leben.