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Veröffentlicht am 25.06.2019

Bedrückende Spannung

Lola
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„Lola“ ist der Debütroman der amerikanischen Schriftstellerin Melissa Scrivner Love, die in der Vergangenheit für eine Reihe von Fernsehserien wie „CSI Miami“ die Drehbücher beigesteuert hat. Ihren Serienhintergrund ...

„Lola“ ist der Debütroman der amerikanischen Schriftstellerin Melissa Scrivner Love, die in der Vergangenheit für eine Reihe von Fernsehserien wie „CSI Miami“ die Drehbücher beigesteuert hat. Ihren Serienhintergrund merkt man auch in diesem Buch, das dem Leser tiefe Einblicke in das Leben und Wirken einer Latino-Gang gewährt, die mit ihren Drogengeschäften ein heruntergekommenes Viertel in Los Angeles kontrolliert.

Während nach außen hin ihr Freund als Boss der Gang gilt, ist es eigentlich Lola, die Protagonistin dieses Romans, die das Sagen hat. Sie verfolgt ehrgeizige Pläne, aber als bei einer Drogenübergabe alles schiefläuft, was nur schieflaufen kann, kommt bald ihre wahre Stellung ans Tageslicht, und sie und ihre Leute geraten ins Fadenkreuz des mexikanischen Kartells, rivalisierender Drogenbanden und der Strafverfolgungsbehörden.

Das Buch wird vom Suhrkamp Verlag als Thriller vermarktet, und darin liegt auch mein Hauptkritikpunkt. Das amerikanische Original trägt die Bezeichnung Novel, was wesentlich zutreffender ist. Im Grunde handelt es sich nämlich um eine Mischung aus Millieustudie, Krimi und Soap-Opera. Wie eine Daily Soap hab ich das Buch auch konsumiert – zwei Kapitel täglich habe ich durchaus gerne gelesen, aber dann verursachte es mir keine Probleme, mich anderen Dingen zu widmen ohne weiter über „Lola“ nachzudenken. Die mitreißende Spannung eines Thrillers, die sich in Rezensionen oft in klischeehaften Phrasen wie „Ich konnte das Buch nicht mehr aus der Hand legen“ widerspiegelt, fehlte hier.

Mit der richtigen Erwartungshaltung gelesen, ist „Lola“ aber ein guter Roman, dem es auch nicht an einer soliden Dosis Spannung mangelt. Es ist der Auftakt einer Reihe, und wie eingangs erwähnt, merkt man den Serienhintergrund der Autorin auch deutlich, die sich ausgiebig Zeit nimmt, ihre Charaktere und das Leben in einem hispanischen Ghetto vorzustellen. Mit Lola hat sie dabei eine faszinierende Antiheldin geschaffen, die einen vielschichtigen Charakter aufweist und der man gerne durch die Geschichte folgt. Auffällig ist, dass der komplette Roman aus ihrer Sicht geschildert ist – weitere Handlungsstränge gibt es nicht. Lola erscheint als nachdenkliche, gefühlvolle Person mit einem hohen Gerechtigkeitsempfinden, die einem ans Herz wächst und das obwohl sie der Boss einer Verbrecherbande ist und wenn nötig nicht zögert, einem anderen Menschen mal eben eine Kugel in den Kopf zu pusten. Geschäft ist halt Geschäft.

"Dein Boss bringt dich um, und danach sucht er nicht weiter nach den Drogen. Bubba geht in Pension. Ende der Geschichte."
"Zwei Millionen hast du gesagt. In Heroin."
"Genau um soviel ging's."

(Zitat Seite 166)

Viele andere Charaktere bleiben in dem Buch dagegen etwas blass. Was mich ein wenig störte, war, dass die Autorin wenig Wert darauf legt, ihre Figuren äußerlich zu beschreiben. Nun sollte ein guter Autor auch nicht jede auftretende Person erst mal vom Scheitel bis zur Sohle skizzieren, aber da vieles andere sehr detailliert wiedergegeben wurde, empfand ich das als auffällig. Der Schreibstil der Autorin ist zuweilen schnörkelhaft, oft schweift sie zu vermeintlichen Belanglosigkeiten ab, die man in einer Daily Soap bringen kann, nicht jedoch unbedingt in einem straighten Thriller erwartet. Da wären wir wieder bei der Erwartungshaltung. Hohen Stellenwert nimmt in dem Roman auch das Verhältnis von Lola zu Lucy ein, einem kleinen Mädchen, das sie bei sich aufnimmt, um es vor ihrer drogensüchtigen Mutter zu schützen, die es für den nächsten Schuss an Perverse verhökert. Dieser Subplot liest sich rührselig, nimmt aber viel Raum ein, mehr als die meisten Privatepisoden in anderen Thrillern zumindest. Die eigentliche Hauptgeschichte ließe sich dafür schnell zusammenfassen: Bis zur Hälfte des Romans ist außer der geplatzten Drogenübergabe noch nicht viel passiert. In der zweiten Hälfte nimmt die Story dann allerdings Fahrt auf und gipfelt in einem wirklich spannenden Finale.

Persönliches Fazit von André: Wer keinen Thriller zum Nägelkauen sucht, sondern sich auf diese Mischung aus Millieustudie, Soap und Krimi einlässt, wird viel Vergnügen mit „Lola“ haben. Der Autorin ist jedenfalls eine tolle Protagonistin gelungen, die man gerne begleitet und die zweifelsohne auch kommende Bücher tragen kann. Da Frau Scrivner Love schlecht anzukreiden ist, wie ihr Buch in Deutschland vermarktet wird, vergebe ich knappe vier Sterne für eine interessante und gut ausgearbeitete Geschichte über eine Latino-Gang in Los Angeles und ihre charismatische Anführerin.

Persönliches Fazit von Daniela: Es werden viele Themen aufgegriffen, die die Realität in den Ghettos von LA widerspiegeln. Junkies, Armut, Drogen, Gangs und Prostitution sind nur einige von ihnen. Genau diese Realität macht aus dieser Geschichte einen spannenden und bedrückenden Spannungsroman.

© Rezension, 2019, André, zweites Fazit Daniela

Veröffentlicht am 25.06.2019

Aufwühlend!

Nemesis
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Das Cover finde ich sehr gelungen: ein schwarzer Panther, der in der Mythologie als Sinnbild der Göttin steht, die Augen blicken gebannt ... auf sein Opfer? Der Titel NEMESIS bedeutet Erzfeind und symbolisiert ...

Das Cover finde ich sehr gelungen: ein schwarzer Panther, der in der Mythologie als Sinnbild der Göttin steht, die Augen blicken gebannt ... auf sein Opfer? Der Titel NEMESIS bedeutet Erzfeind und symbolisiert in der griechischen Mythologie die Göttin des gerechten Zorns.

Nemesis ist der 4. und abschließende Teil der Cupido-Reihe um die taffe Staatsanwältin C.J. Townsend. Ich hatte die ersten drei Teile regelrecht inhaliert und war daher entsprechend neugierig auf den letzten Teil. Obwohl es schon einige Jahre zurückliegt, dass ich die Vorgängerbücher gelesen hatte, war ich schnell drin in der Story, zumal Jilliane Hoffman dem Leser durch einige Rückblenden der Erinnerung auf die Sprünge hilft, was es auch dem Leser ohne Vorkenntnisse ermöglicht, die Zusammenhänge zu begreifen. Der flüssige, angenehme Schreibstil und die kurzen Kapitel verführen dazu, dieses Buch nicht mehr aus der Hand legen zu wollen. Die Schauplätze sind bildhaft beschrieben, so dass ich das Geschehen direkt vor Augen hatte und meinte, dabei zu sein.

C.J. Townsend ist nach Jahren wieder zurück in Miami. Als auf einer Mülldeponie die Leiche einer jungen Frau gefunden wird, ist sie alarmiert. Sie erkennt an der Toten ein Brandzeichen auf der Schulter, das die Handschrift eines Clubs trägt, der vor Jahren für eine Mordserie verantwortlich war und dem auch ihr Peiniger Bill Bantling alias Cupido angehörte. Sie kommt diesem geheimen Snuff-Club auf die Spur, der es seinen Mitgliedern ermöglicht, per Live-Stream dabei zu sein, wenn junge Frauen brutal vergewaltigt und ermordet werden. Und sie trifft eine folgenschwere Entscheidung.

"Wie ein Sky Marshall, der das Signal erhalten hatte, dass auf seinem Flug ein Terroranschlag geplant war, konnte sie die Hinweise nicht ignorieren - es standen zu viele Menschenleben auf dem Spiel. Darunter auch ihr eigenes." (Zitate Seite 54)

Von der ersten Seite an, als Lana für das "Spiel ohne Grenzen" des Snuff-Clubs "gecastet" wird, ist die Spannung da, die stetig steigt und den Leser teils fassungslos ob der geschilderten Grausamkeiten zurücklässt, bis hin zu der fieberhaften Suche nach Isa, dem neuen Opfer. Wird sie rechtzeitig gefunden? C.J. Townsend, privat ziemlich angespannt, weiß um die Grenzen, die ihr das Gesetzbuch vorschreibt. Trotzdem will sie die Täter nicht davonkommen lassen, was sie in ständige Konflikte stürzt. Diese Zerrissenheit ist sehr gut beschrieben, ich konnte sie wirklich nachempfinden.

"Manchmal musst du einen Pakt mit dem Teufel schließen, um seine Diener dranzukriegen." (Zitat Seite 92)

"Wenn man das Blutvergießen unschuldiger Menschen abwenden konnte, rechtfertigte das den Mord an den Tätern? Und wenn die historische Tragödie nicht eintrat, würde die Welt verstehen, warum?" (Zitat Seite 100)

Ich konnte mich sehr gut in die Staatsanwältin hineinversetzen, fühlte den Zorn, die ohnmächtige Wut, die Zweifel und die Gewissensbisse. Der Autorin ist es sehr gut gelungen, die Charaktere der Protagonisten real und differenziert zu zeichnen.

Persönliches Fazit: Mit Nemesis ist Jilliane Hoffman ein schockierender und aufwühlender Thriller gelungen, der einen runden Abschluss der Cupido-Reihe darstellt. Ein must read für alle, welche die Vorgängerbücher kennen, aber auch eine Leseempfehlung für all jene, die diese nicht gelesen haben.

© Rezension, 2019, Elisabeth

Veröffentlicht am 24.06.2019

Endlich geht es weiter!

10 Stunden tot
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"10 Stunden tot" ist bereits der 4. Teil aus der Reihe um den Ermittler Fabian Risk.

Kommissar Fabian Risk ist familiär ziemlich eingebunden, daher ermitteln Irene und Klippan erst einmal allein im aktuellen ...

"10 Stunden tot" ist bereits der 4. Teil aus der Reihe um den Ermittler Fabian Risk.

Kommissar Fabian Risk ist familiär ziemlich eingebunden, daher ermitteln Irene und Klippan erst einmal allein im aktuellen Mordfall. Es geht um einen Mord an einem ausländischen Kind. Schnell haben sie es daher mit Rechtsextremismus und Rassismus zu tun.

Der Prolog startet schon spannend und man ist mitten im Geschehen. Der Autor vermittelt einen Vorgeschmack auf das, womit wir es im weiteren Verlauf u.a. zu tun bekommen: die abgrundtiefe Boshaftigkeit eines Täters. Dank des flüssigen Schreibstils treibt man von Seite zu Seite und kann sich prima in die Beobachterrolle manövrieren.

Die vorherigen Teile muss man nicht zwangsläufig gelesen haben, dennoch empfiehlt sich das - wie bei allen Ermittlerreihen -, um die Entwicklung der Protagonisten zu verfolgen.

Der Plot beinhaltet etliche Perspektivwechsel und Zeitsprünge sowie verschiedene Handlungsstränge, denen nicht leicht zu folgen war, dennoch schaffte es der Autor, die Spannung über 496 Seiten durchweg aufrechtzuerhalten.

Das Ende ist logisch und lässt keine Fragen offen. Ich mag zwar keine Cliffhanger, aber das heißt ja nur, dass wohl auch ein 5. Teil zu erwarten ist, und darauf freue ich mich.

Fazit: Ein gut durchdachter Thriller, bei dem man mitdenken muss. Somit eine Empfehlung an alle, die auch anspruchsvollere Bücher aus diesem Genre mögen.

Veröffentlicht am 20.06.2019

Unglaublich berührend

So sieht es also aus, wenn ein Glühwürmchen stirbt
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Leon ist schon lange in Viola verliebt, und die gemeinsame Nacht ist für Leon die Erfüllung seiner Sehnsüchte. Obwohl Viola genauso fühlt, kann sie es sich nicht so leicht machen und verschwindet aus Leons ...

Leon ist schon lange in Viola verliebt, und die gemeinsame Nacht ist für Leon die Erfüllung seiner Sehnsüchte. Obwohl Viola genauso fühlt, kann sie es sich nicht so leicht machen und verschwindet aus Leons Leben. Doch er wäre nicht Leon, würde er das einfach so hinnehmen. So begibt er sich auf die Suche nach seiner (ehemals) besten Freundin.

Soviel erstmal zur Handlung. Wer hier allerdings eine Liebesgeschichte erwartet, liegt vollkommen falsch, denn es geht vielmehr um die Gedanken und Gefühle der Protagonisten als letztendlich um die Liebe selbst.

Abwechselnd erzählen Viola und Leon in der Ich-Perspektive ihre Geschichte.
Der Schreibstil ist wirklich schön, so mitreißend. Man könnte sagen: poetisch. Die Autorin verwendet viele Bilder, was das Lesen sehr eindrucksvoll macht.

Während Viola mit allen Mitteln versucht, sich von Leon abzulenken, versinkt dieser in Alkohol und Drogen. Ich kann gar nicht sagen, welchen Charakter ich lieber mochte. Identifizieren konnte ich mich mit keinem. Viola erscheint mir egozentrisch, und ich war nach einiger Zeit ziemlich genervt von ihr. Das ist nicht negativ gemeint, denn es war tatsächlich interessant, mal eine kantige Protagonistin zu erleben, die mir nicht sympathisch ist. Viola leidet unter extremen Bindungsängsten, was auf ihrer Vergangenheit beruht und nachvollziehbar ist. Was allerdings sonst ihr Manko ist: sie macht sich die Probleme selber, quasi aus dem Nichts. Sie denkt zu viel nach und kann nicht richtig aus sich raus. Damit stößt sie Leon von sich weg, auch wenn das eigentlich gar nicht in ihrem Sinn ist.

Leon hingegen war mir sympathischer. Er möchte Viola nicht aufgeben, nicht jetzt, wo sie sich so nahe gekommen sind. Er ist nicht sehr selbstbewusst, eher zurückhaltend und nicht von sich eingenommen. Dadurch möchte man ihn als Leser direkt mit einer Schutzblase umgeben. Allerdings habe ich manches Mal seine Gefühle und Gedanken in Frage gestellt.

Auch wenn sich schon früh abgezeichnet hat, wie das Ende in etwa verlaufen wird, fand ich die Geschichte spannend und faszinierend. Einzig die vielen Zufälle werte ich als Kritikpunkt, da mir diese ob der Anzahl weniger authentisch erschienen.

Persönliches Fazit: Ein tiefgreifendes, erschütterndes Drama, das zeigt, dass jeder die Grenzen seiner Freundschaft selber steckt. Eine sehr emotionale Geschichte, die noch lange im Kopf bleibt.

©Recensio Online, 2019

Veröffentlicht am 18.06.2019

Ausgeklügelter Spannungsroman

Schneewittchensarg
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Der Plot ist gut und weckte bereits beim Lesen des Klappentextes meine Neugierde.

Wie üblich wird zu Anfang des Buches kurz aufgearbeitet, was im letzten Teil passiert ist, so dass auch Leser in die Geschichte ...

Der Plot ist gut und weckte bereits beim Lesen des Klappentextes meine Neugierde.

Wie üblich wird zu Anfang des Buches kurz aufgearbeitet, was im letzten Teil passiert ist, so dass auch Leser in die Geschichte finden, die die Reihe noch nicht kennen. Für die Tiefe der Charaktere ist es sicherlich empfehlenswert, die vorhergegangenen Teile gelesen zu haben, aber nicht zwangsläufig notwendig.

Wie in vielen ausländischen Büchern tat ich mich anfangs auch hier mit den schwedischen Namen schwer. Da sehr viele Personen eine Rolle spielen, bin ich das ein oder andere Mal durcheinander gekommen. Das legte sich dann aber mit dem Eintauchen in die Story.

Der Schreibstil ist sehr spannend, hakte für mich gelegentlich durch die eher ungewöhnliche Wortwahl, die mir aber im Ganzen trotzdem gefallen hat.

Aufgrund der Zeitensprünge und Perspektivwechsel halten die Autoren die Spannung konstant hoch. Verdächtige gibt es viele und die Verunsicherung und Intrigen sind gekonnt in Szene gesetzt.

Der Schluss war dann auch nochmal sehr überraschend und hat mir mit seiner logischen Erklärunggut gefallen.

Persönliches Fazit: Ein sehr ausgeklügelter Spannungsroman, der mich absolut überzeugt hat, die restlichen Titel des deutsch-schwedischen Autorenteams nachzuholen.


©Recensio Online (2019), Daniela