Gelungene Kombination von historischem Gesellschafts- u. Kriegsroman
REZENSION – In seiner komplexen Handlung spannend und zugleich historisch interessant ist der Roman „Der Preis der Freiheit“ von David Gilman. In Deutschland kennt man den britischen Schriftsteller durch ...
REZENSION – In seiner komplexen Handlung spannend und zugleich historisch interessant ist der Roman „Der Preis der Freiheit“ von David Gilman. In Deutschland kennt man den britischen Schriftsteller durch seinen fünfbändigen, im 14. Jahrhundert angesiedelten Zyklus „Legenden des Krieges“. Auch in seinem neuen, schon 2016 in Großbritannien veröffentlichten Roman, der erst jetzt in deutscher Übersetzung bei Rowohlt als 450-seitiges Taschenbuch erschien, beschreibt Gilman einen Krieg, allerdings einen neuzeitlichen - den zweiten Burenkrieg von 1899 bis 1902. Damals kämpften englische Truppen an der Südspitze Afrikas gegen die beiden Buren-Republiken Oranje und Transvaal, um ihre eigenen Provinzen (Kapprovinz und Natal) und vor allem die Bodenschätze Südafrikas (Gold und Diamanten) sich zu sichern.
Dieser zweite Burenkrieg mag für David Gilmans britische Leser von größerer Bedeutung sein als für deutsche, da dieser Krieg kein Teil deutscher Geschichte ist. Dennoch ist lesenswert, wie konkreten Folgen gerade dieser Burenkrieg als erster „moderner“ Krieg auf die strategische Kriegsführung nachfolgender Kriege hatte. Dieser Aspekt macht den hervorragend recherchierten und die damaligen gesellschaftlichen und politischen Spannungen zwischen England und Irland sowie die Kriegssituation in Südafrika um 1900 bis in alle Einzelheiten erzählenden Roman auch für deutsche Leser interessant. Allerdings ist zu empfehlen, vorher die nachgefügten 15-seitigen Erläuterungen zu den geschichtlichen Hintergründen und zur damaligen Situation in Südafrika zu lesen.
Vor diesem geschichtlichen Hintergrund erzählt Gilman eine spannende Geschichte über die Männerfreundschaft zwischen dem aus England stammenden amerikanischen Bürgerkriegsveteran Joseph Radcliffe und seinem schwarzen Kampfgefährten Benjamin Pierce, der, einst aus der Südstaaten-Sklaverei befreit und im US-Bürgerkrieg bewährt, nun mit Radcliffe im irischen Dublin lebt. Beide kümmern sich um dessen heranwachsenden Sohn Edward, dessen Mutter angeblich vor Jahren gestorben ist.
In Irland schwelt um 1900 die Rebellion und Radcliffe verteidigt als liberaler Anwalt einige irische Freiheitskämpfer. Doch alles ändert sich, als sich sein von ihm streng umsorgter Sohn Edward nach einem Streit nach Südafrika einschifft, um sich vor seinem Vater im Burenkrieg als Mann beweisen zu können. Radcliffe und Pierce, die altgedienten US-Kavalleristen, folgen ihm, um ihn nach Hause zu holen. Völlig schutzlos bewegen sich die beiden Veteranen in Südafrika zwischen den Fronten und lernen eine neue Form der Kriegstaktik kennen.
Hier liegt die Stärke des Romans: David Gilman versteht es, einzelne Kämpfe und Gefechte in der südafrikanischen Steppe so authentisch und lebendig zu beschreiben, dass man als Leser mittendrin zu sein glaubt, wobei im Roman nicht das mörderische Blutvergießen, sondern die neuartige Taktik und die innere Einstellung der so unterschiedlichen Truppenteile zu diesem Krieg stehen, in dem neben den Engländern auch königliche Iren gegen republikanische Iren kämpften. Während die Briten noch nach alter Tradition in geschlossener Formation kämpften und auf die Kraft ihrer Kavallerie vertrauten, verwickelten die Buren und ihre Freischärler, formiert in kleinen Kommandos, sie in einen bisher unbekannten Guerillakrieg.
In seinen realistischen Schilderungen zeigt uns David Gilman nicht nur die Schrecken des Krieges, sondern auch dessen Unsinnigkeit, an dessen Ende alle Beteiligten Opfer bringen müssen - egal auf welcher Seite sie gekämpft, ob sie den Krieg gewonnen oder verloren haben. Jeder hat am Ende einen Preis für seine Freiheit zahlen müssen. „Der Preis der Freiheit“ ist eine gelungene Kombination aus spannend erzähltem Gesellschafts- und gut recherchiertem Kriegsroman.