Als Annikas Mutter ihr erzählt, dass sie schwer krank ist und bald sterben wird, will Annika nur noch eins: weg, und zwar schnell. Sie nimmt ihren lange überfälligen Urlaub und flüchtet sich in ein abgeschiedenes Dorf in den Südtiroler Dolomiten. Doch im Entspannen war die dreißigjährige Karrierefrau noch nie sonderlich gut, und schon nach einem Tag fällt ihr in ihrem schicken Hotel die Decke auf den Kopf. Um der erdrückenden Leere in ihrem Inneren zu entkommen, beschließt sie, sich beim Gipfelstürmen auszupowern, und nimmt sich kurzentschlossen einen Bergführer. Samuel ist vollkommen anders als alle Männer, die Annika je kennengelernt hat. Seine Liebe zu den Bergen ist mitreißend, ansteckend, und bald bemerkt Annika, dass sie mit jedem Meter, dem sie sich der Bergspitze nähert, auch ihrem eigenen Herzen näher kommt …
Der Roman wird aus der Sicht von Annika erzählt. Grundsätzlich etwas, was ich sehr schätze, da man so einen sehr guten Einblick auf Persönlichkeit bekommt. Doch wie so oft bei weiblichen Protagonistinnen dieser Genres, sind diese Gedankengänge oft auch anstrengend auf die Dauer. Gerade eine Person wie Annika macht sich ständig Gedanken über alle und vor allem über sich selbst und malt sich die wildesten Szenarien aus. Annika ist grundsätzliche eine schwierige Person, die für mich über den gesamten Roman sehr widersprüchlich blieb. Zunächst wird deutlich, dass sie sehr leistungsorientiert ist und einen Hang zum Perfektionismus hat. Sie erscheint sehr kühl bis total zickig. Warum Annika so ist, wird auch klar, aber dennoch habe ich oft zwischen Mitleid und völligem Unverständnis geschwankt für ihr Handeln und Denken. Doch Annika beginnt während der Reise über sich selbst zu reflexieren und kommt zu dem Schluss, dass sie etwas ändern muss in ihrem Leben und an sich selbst. Das hängt vor allem mit der Bekanntschaft von Samuel zusammen, natürlich. Er rüttelt etwas in ihr wach. Die „neue Annika“ kommt ziemlich schnell, aber sie fällt auch wieder in alte Gedanken- und Verhaltensmuster zurück, was dem Ganzen eine Prise Authentizität verleiht. Eine Veränderung von heute auf morgen wäre unglaubwürdig gewesen. Dennoch konnte ich mich auch mit der „neuen Annika“ nicht wirklich anfreunden. Vieles war mir einfach zu stereotypisch und vorhersehbar.
Bei Samuel dagegen hat mir ein wenig die Vielschichtigkeit der Persönlichkeit gefehlt. Außer, dass er die Berge und rasante Expeditionen über alles liebt und dafür sogar auf eine Beziehung verzichtet, erfährt man nicht so viel von ihm.
Annikas Mutter und Maria gefielen mir am besten, denn beide bewiesen Einfühlungsvermögen und nachvollziehbares Handeln. Gut gefallen hat mir die Annäherung zwischen Annika und ihrer Mutter, die im Sterben liegt. Annika, die das Gefühl hatte von ihren Eltern nicht richtig geliebt worden zu sein, bekommt erstmals das Gefühl, dass dem nicht so ist. Das Thema Abschied wurden im Roman sehr einfühlsame aufgenommen und verarbeitet. Unerklärlich blieb mir aber, dass Annika die Tatsache, dass ihre Mutter im Sterben liegt solange vor Samuel geheim gehalten hat.
Mir gefiel hier ganz besonders gut das Setting in den Bergen und die Wanderungen, aber das war es leider auch schon an wirklichen Highlights. Vollends emotional fesseln konnte mich das Buch leider nicht. Auch das Ende wurde für mich ein paar wenigen Seiten zu schnell abgehandelt und ein Stück weit zu kitschig ist im Vergleich zum Rest des Romans.
Es ist eine nette Sommerlektüre für zwischendurch, die zum Teil vorhersehbar ist und sich durch eine Protagonistin auszeichnet, die nicht ganz einfach ist. Dennoch werden auch schwierige Themen werden einfühlsam betrachtet.