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Veröffentlicht am 24.06.2019

Nachhilfe im Sterbeverein

Der Fluch des Hauses Foskett
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Sidney Grice ist seit dem letzten Fall nicht gerade glücklich, sind doch alle der Meinung, er hätte seinen eigenen Klienten an den Galgen gebracht. Das bekommt oft genug auch sein Mündel March Middleton ...

Sidney Grice ist seit dem letzten Fall nicht gerade glücklich, sind doch alle der Meinung, er hätte seinen eigenen Klienten an den Galgen gebracht. Das bekommt oft genug auch sein Mündel March Middleton zu spüren. Als Glückssituation stellt sich heraus, als ein Mitglied eines Stervevereins bei ihnen auftaucht, der um Hilfe ersucht, weil irgendwer den Mitgliedern des Sterbevereins ziemlich makabre Nachhilfe im Sterben erteilt. Als Fail könnte man es bezeichnen, dass dieser Klient ausgerechnet in Grices Haus stirbt. Und egal, in welche Richtung der Detektiv aus der Gower Street ermittelt, es ist wie bei Hase und Igel: Der Tod ruft jedes Mal triumphierend: Ich bin allhier!

Trotz seiner oft auch frauenfeindlichen Äußerungen fand ich Grice dieses Mal erträglicher. Er ist dezent tierlieb und arbeitet manchmal auch hinter den Kulissen auf eine gewisse Art menschenfreundlich, Hauptsache, es bekommt keiner mit. Irgendwo habe ich eine lächerliche Rezension gelesen, wo sich betreffende Rezensentin aufregt über sein frauenfeindliches Verhalten und was sie an March' Stelle mit ihm getan hätte. Brachte mich zum Lachen. Sie hätte wahrscheinlich nicht mal gewagt, so viele intelligente Widerworte wie March zu geben, weil im 19. Jahrhundert Frauen, die nicht gerade als Prostituierte arbeiten wollten, völlig von ihren Männern abhängig waren. Und wenn man zwischen den Zeilen liest, kümmert sich Grice ziemlich gut um March, auch wenn er keine Gedichte über sie schreibt. Selbst seine recht unfähigen Hausangestellten behält er, was in deren Fall nicht wirklich selbstverständlich ist.
Was mir nicht so gut gefällt ist, dass sich der Autor nicht ein wenig kürzer fassen kann. Es kommt zwischendrin immer mal wieder zu vermeidbaren Längen. Wirklich viele sympathische Figuren tauchen auch nicht oft auf, damit muss man sich wahrscheinlich abfinden. Alles in allem solide und unterhaltsame Krimikost über das viktorianische England.

Veröffentlicht am 19.06.2019

Der fremde Gemahl

In tiefen Wäldern Träumen lauschen - Band 3
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Die Tage vergehen und die Prinzessin scheint ein wenig zu vergessen, dass ihr Mann aus Fleisch und Blut besteht. Zu ätherisch bewegt und gibt er sich und zu begeistert ist sie darüber, ihn immer wieder ...

Die Tage vergehen und die Prinzessin scheint ein wenig zu vergessen, dass ihr Mann aus Fleisch und Blut besteht. Zu ätherisch bewegt und gibt er sich und zu begeistert ist sie darüber, ihn immer wieder aufs Neue in prächtige Kleider zu packen. Sie zerrt ihn auf die Straßen und präsentiert ihn stolz wie bei einer Fleischbeschau. Einige Menschen dort glauben ihn zu erkennen, oder halten ihn für den Nachfahren von jemanden, den sie vor vielen Jahren kannten. Das Geheimnis um diesen seltsamen, distanzierten und so fremdartig wirkenden Gemahl der Prinzessin verdichtet sich.

Die Geschichte der Prinzessin, die einen Mann von der Straße heiratet, ist eine Geschichte innerhalb einer Geschichte. In einem Kloster, in dem ein Mann mit Affenmaske und eine junge Frau Unterschlupf vor einem heftigen Gewitter in den Bergen gesucht haben, erzählt Affe von A Jiu, dem ungewöhnlichen Mann und der gedankenlosen Prinzessin. Es werden Fragen aufgeworfen, die es zu ergründen gilt und man spekuliert, je mehr man erfährt, über die Hintergründe von A Jiu. Richtig gut sind die Zeichnungen, bei denen man wirklich lange und intensiv hinsehen muss, um alle Einzelheiten zu erfassen. Die Geschichte selbst bewegt sich sehr ruhig und langsam und lebt mehr von den Geheimnissen um A Jiu und dem subtilen Geschichtsunterricht aus dem Alten China als durch Actionszenen. Ich bin jedenfalls gespannt, wie es weitergeht und ob sich meine Vermutungen wenigstens zum Teil bewahrheiten werden.

Veröffentlicht am 09.06.2019

Seht mal, ein Rätsel!

Ellingham Academy (Band 1) - Was geschah mit Alice?
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Die Ellingham Academy in den Bergen von Vermont ist ein außergewöhnliches Internat für begabte Schüler. Solche, die sich auf gewisse Weise schon irgendwo hervorgetan haben, seien sie You-Touber, Autoren, ...

Die Ellingham Academy in den Bergen von Vermont ist ein außergewöhnliches Internat für begabte Schüler. Solche, die sich auf gewisse Weise schon irgendwo hervorgetan haben, seien sie You-Touber, Autoren, Schauspieler oder in andersweitig besonders. Stevie Bell gehört neuerdings zu ihnen. Sie beschäftigt sich mit Kriminalfällen und möchte daher einen alten Fall lösen, der sich ausgerechnet in Ellingham zugetragen hat - allerdings 80 Jahre vorher. Doch dann geschieht ein echtes Verbrechen und Stevie muss sich fragen, ob der Job eines Detektivs nicht gefährlicher ist als angenommen.

Das ist der erste Teil einer Trilogie und ich bin mit nicht sonderlich hohen Erwartungen herangegangen, da mich die Autorin vor ein paar Jahren mit ihren Schatten von London nicht abholen konnte. Hier jedoch hat sie mich überrascht. Natürlich gibt es die relativ typische Internatsstoryhintergründe mit ihren typischen Bewohnern. Und doch war es gut und lässig genug geschrieben, dass es mich bei der Stange hielt, die Klischees samt Liebesgedöns hielten sich angenehm dezent im Rahmen und der Fall/die Fälle waren angenehm komplex. Eigentlich habe ich insgesamt auch nur zwei Beschwerden. 1.) Es gab keinen vernünftigen Abschluss für diesen ersten Band und 2.) Wer zum Teufel hat sich diesen dummen Untertitel ausgedacht? Nichts gegen die arme Alice, aber man weiß, was mit ihr geschah und sie ist eigentlich auch die am wenigsten erwähnte und vor allem relevante Person des ganzen Buches. Untertitel-Kreativer, sechs, setzen! Ansonsten bin ich tatsächlich gespannt, wie es im nächsten Buch weitergeht.

Veröffentlicht am 09.06.2019

Es war einmal in China ...

In tiefen Wäldern Träumen lauschen - Band 1
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Mitten in den Bergen, in einem verlassenen Kloster, während eines heftigen Gewitters, begegnen sich eine junge Frau und ein Mann mit einer Affenmaske. Um die Zeit zu vertreiben erzählt Affe der Frau eine ...

Mitten in den Bergen, in einem verlassenen Kloster, während eines heftigen Gewitters, begegnen sich eine junge Frau und ein Mann mit einer Affenmaske. Um die Zeit zu vertreiben erzählt Affe der Frau eine Geschichte, die fast ein bisschen märchenhaft anmutet, nämlich die einer Prinzessin, die sich durch ihre Stellung einen Gatten kaufen kann.

Es war einmal eine Prinzessin, die alles durfte, was sie wollte. Eines Tages entdeckte sie auf dem Markt einen jungen Mann von überirdischer Schönheit und beschlosss auf der Stelle, ihn zu heiraten. Dank ihres Vaters, des Kaisers, wurde ihr der Wunsch auch gewährt. Sie erhob die Familie ihres Angebeteten A Jiu und nahm ihm zum Mann. Doch A Jiu ist anders als alle anderen. Nicht nur von ätherischer Schönheit, besitzt er übermenschliche Kraft, Kenntnisse von Heilkräutern, ist zu allen gut und sanft. Doch während der Hochzeit ist er vor allem eines: stumm. Er kann nicht reden, lediglich in seinem Gesicht liest man Melancholie. Ob die beiden glücklich werden können?

Nicht nur die Frau im Kloster fragt sich das bisher. Am Ende des ersten Bandes tappt man genauso im Dunkeln wie sie. Durch die Graphic Novel bekommt man einen guten Einblick in das China der Tang-Dynastie und die Zeichnungen sind einfach extrem gut und detailreich. Keine Falte in der Kleidung bleibt verborgen, kein Gesichtsausdruck entkommt dem Leser/Betrachter. Man kann bereits aufgrund einiger Hintergrundinformationen gewisse Spekulationen anstellen und ist neugierig, wie sich die Geschichte weiterentwickelt. Eine ruhige, angenehme Erzählung, die eher durch ihren Flow als durch Action zu fesseln weiß.

Veröffentlicht am 06.06.2019

Pfanne-Topf-Blech

Die One-Pot-Challenge
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Der Titel ist vielleicht ein bisschen irreführend. Bei one pot stellt man sich ja eigentlich immer einen Topf vor, in den alle Zutaten geworfen werden und der dann hexenküchenmäßig vor sich hin brodelt ...

Der Titel ist vielleicht ein bisschen irreführend. Bei one pot stellt man sich ja eigentlich immer einen Topf vor, in den alle Zutaten geworfen werden und der dann hexenküchenmäßig vor sich hin brodelt und köchelt. Tatsächlich gibt es hier jedoch drei Köche, die jeweils mit einem Küchenelement arbeiten: dem Topf, der Pfanne und dem Blech. Dabei bleiben sie auch und wechseln nicht durch.

Moderiert wird das Ganze von Jumbo Schreiner, der auch die Vorgaben macht. Eigentlich sagt er nur die Hauptzutat an und die Köche machen was draus. Ich war anfangs skeptisch, gerade wenn es darum ging, Nudeln im Ofen zu backen oder Linsen. Und die ganzen Fischrezepte habe ich von vornherein ignoriert, das ist so gar nicht mein Ding. Aber am Ende gab es für mich Überraschungen: Lieblingsrezepte, zum Beispiel ausgerechnet bei Linsen, die ich immer langweilig fand bis dahin.
Die meisten ausprobierten Rezepte haben geschmeckt, außer einmal, als mir das Chili ausgekommen ist - das sehe ich aber als meinen Fehler an.

Was mich auf Dauer als Einziges genervt hat, war Jumbo Schreiner. Ich kenne weder ihn noch die Kochprofis und vielleicht ist das das Problem, denn ich bin kein Fan. Aber außer dass er viel gequatscht und die Zutaten in den Raum geworfen hat, hatte er keine Funktion. Und diese Funktion fand ich überflüssig. Mir wäre es lieber gewesen, wenn es mehr Rezepte und weniger oder gar keinen Jumbo gegeben hätte. Ansonsten ist das ein Superkochbuch, mit dem ich noch lange nicht fertig sein werde.