Bewegende, sehr authentische Liebesgeschichte…
Alles, was wir liebtenDer Liebesroman „Alles, was wir liebten“ von Kristina Moninger ist am 18.06.2019 im Tinte & Feder - Verlag erschienen und spielt die meiste Zeit in dem kleinen Dorf Seelingen in den Bergen, 1,5 Stunden ...
Der Liebesroman „Alles, was wir liebten“ von Kristina Moninger ist am 18.06.2019 im Tinte & Feder - Verlag erschienen und spielt die meiste Zeit in dem kleinen Dorf Seelingen in den Bergen, 1,5 Stunden Autofahrt von München entfernt.
Anna lebt und arbeitet in München, seit sie vor 10 Jahren nach einem tragischen Unfall aus ihrem Heimatdorf geflohen ist. Doch sie hat nicht nur ihre Heimat, ihre Freunde und ihre Familie zurückgelassen, sondern auch ihre große Liebe Fitz, die sie nicht vergessen kann. Auch wenn sie sich ewig davor gescheut hat, kehrt sie nun völlig unerwartet nach Hause zurück, wo sie auf all die Menschen trifft, die sie damals mit ihrer übereilten Abreise verletzt hat. Als sie dann Fitz gegenübersteht, entfachen sofort wieder die intensiven Gefühle. Doch Anna weiß, dass es mit ihnen nur was werden kann, wenn sie ihm endlich alles erzählt. Vor ihr liegt eine sehr emotionale Zeit, die geprägt ist, von ihrem inneren Konflikt, Fitz die Wahrheit zu sagen und ihn dadurch gegebenenfalls zu verlieren oder aber die Vergangenheit für sich zu behalten und auf die große Liebe zu verzichten.
Das Cover dieses Romans ist wundervoll und passt fantastisch zu dieser Geschichte. Es spiegelt meiner Meinung nach die vorherrschende Stimmung großartig wider.
Gleiches gilt für den Klappentext, der mir auch sehr gefällt. Erst dieses sehr emotionale Zitat aus dem Roman und dann der sehr gelungene Spannungsaufbau, ohne dabei zu viel zu verraten.
Ein paar Abende habe ich für dieses Buch gebraucht, das mich zufrieden, aber auch etwas betroffen zurücklässt.
Anna ist eine junge, selbstbewusste Frau, die als Lehrerin in München arbeitet. Ihre freie Zeit verbringt sie mit einer ehrenamtlichen Tätigkeit, aber eigentlich nur, um keine Gedanken an ihre Vergangenheit zuzulassen. Sie ist immer noch auf der Flucht vor einem traumatischen Ereignis in ihrer Jugend. Doch durch einen Zufall wird sie am 10. Jahrestag damit konfrontiert und entscheidet sich, endlich nach Hause zu fahren und sich der Situation zu stellen. Und tatsächlich sieht sie sich den Problemen gegenüber, die sie so auch angenommen hat. Ihre beste Freundin hat sich völlig verändert und macht ihr Vorwürfe, dass sie einfach so abgehauen ist. Trotzdem gibt sie ihr die Chance, alles zu erklären, ohne sie zu verurteilen. Auch Fitz ist erstmal sehr distanziert, doch die Gefühle beider wallen sofort wieder auf und Anna hat mit ihrem schlechten Gewissen zu kämpfen. Anna ist ein sehr authentischer Charakter. Man spürt sofort, wie unglücklich sie ist und wie sehr sie etwas aus ihrer Vergangenheit belastet. Sie ist wunderbar dreidimensional entwickelt, mit der nötigen Tiefe. Want und Need sind klar herausgearbeitet und ihr Handeln ist zu jeder Zeit nachvollziehbar. Anna hat ordentlich zu kämpfen bzw. zu leiden, bevor sie ihr Ziel dann erreicht. Trotzdem konnte ich mit ihr irgendwie nicht gänzlich warm werden. Zum Teil wirkte sie auf mich ein wenig übergriffig. Es schien, als wolle sie alles aus ihrer Vergangenheit direkt wieder gutmachen, um ihr Gewissen zu beruhigen, nur übergeht sie dabei die Bedürfnisse und Gefühle anderer. SPOILER ANFANG: Ihre beste Freundin Caro erzählt Anna von ihren Beziehungsproblemen und macht deutlich, dass sie nicht möchte, dass Anna sich einmischt. Trotzdem läuft sie irgendwann bei Caro zu Hause auf und macht deren Mann Vorwürfe. Dabei nimmt Anna in Kauf, dass Caro dadurch noch mehr Probleme bekommen könnte. SPOILER ENDE Trotzdem ist Anna für meinen Geschmack eine sehr gelungene Figur.
Fitz, Anna’s damalige große Liebe, ist mir sehr viel näher. Ich fand ihn auf Anhieb sympathisch. Er ist sehr ehrgeizig und arbeitet hart für seine Ziele. Die Figur ist ebenfalls authentisch, dreidimensional und in seinem Denken und Handeln nachvollziehbar. Auch er hat das traumatische Ereignis in der Vergangenheit zu verarbeiten, hat sich diesem aber gestellt. Als Leser/in spürt man auch bei ihm die intensiven Gefühle für Anna, aber auch die Verletzung, die sie mit ihrer Flucht verursacht hat. Als Bruder hat er mir ebenfalls gut gefallen. Er tut alles, um seine Schwester zu beschützen, muss aber lernen, dass man nur helfen und beschützen kann, wenn die betroffene Person es selbst möchte.
Caro fand ich ganz besonders gelungen. Sie hat eine ganz schöne Bürde zu tragen. Als ich dann erfuhr, was ihr Problem ist, hatte ich sofort Mitleid mit ihr. Dass es dann später aber noch so einen krassen Twist gibt, SPOILER ANFANG weil sie sich nicht traut, sich aus der Beziehung zu befreien SPOILER ENDE, hätte ich nicht gedacht und ist genial.
Auch die anderen Nebenfiguren gefallen mir sehr. Jeder hat eine bestimmte Rolle. Anna’s Mutter, die sich um den Ruf der Familie sorgt, Anna’s Vater, der sich um seine Tochter sorgt, Caro’s Mutter, die nur die Vorzüge bei Caro’s Ehemann sieht, anstatt das Wohlergehen ihrer Tochter. Vieles ist so typisch für die speziellen Situationen, aber eben auf den Punkt gebracht. Viel zu oft werden genau diese Einstellungen und Äußerungen leider tabuisiert. Wirklich toll!
Auch die Handlung hat mir ausgesprochen gut gefallen. Die Autorin hat eine sehr gelungene Spannungskurve mit überraschenden Twists und guten bzw. zum Genre passenden Konflikten entwickelt. Es werden verschiedene Themen u.a. in Nebenhandlungen bearbeitet, SPOILER ANFANG wobei mich das Thema „häusliche Gewalt“ in diesem Roman am meisten betroffen gemacht hat, d.h. vielmehr die Hilflosigkeit des Opfers, die die Figur zu derartigen Handlungen treibt. SPOILER ENDE
Aber wie liest sich das Buch nun?
Es sind 42 längere Kapitel + Prolog + Epilog, die auf zwei Zeitebenen (jetzt und damals) in der ICH-Form aus Anna’s Sicht im Präsens geschrieben sind. Das hat mir sehr gefallen, um mich gut in die Protagonistin hineinversetzen zu können.
Der Schreibstil von Kristina Moninger ist großartig. Er ist locker und flüssig, aber mit unheimlich viel Tiefe und sehr gefühlvoll. Die Dialoge finde ich sehr lebendig und sprachlich zum Genre bzw. den Figuren passend. Auch die atmosphärischen Beschreibungen und die Beschreibungen des Settings haben mich voll abgeholt und sind beeindruckend.
Ganz besonders haben mir der Prolog, der Epilog und die Anfänge der Kapitel gefallen. Es sind Briefe bzw. Ausschnitte aus Briefen, die einen die Handlung noch besser nachvollziehen lassen und mich absolut berührt haben. Großartig!
Mein Fazit nach 329 Seiten:
„Alles, was wir liebten“ zeigt, wie wichtig es ist, offen und ehrlich über die eigenen Gefühle zu sprechen und nicht vor der Wahrheit oder möglichen Konsequenzen zu fliehen. Glücklich ist man erst, wenn man mit sich selbst im Reinen ist.
Wer eine bewegende Jugendliebesgeschichte sucht, in der auch die Themen „Freundschaft“, „häusliche Gewalt“ und „Familie“ bearbeitet werden, der dürfte mit diesem Roman gut beraten sein.
Von mir erhält dieses Buch eine klare Kaufempfehlung (4/5 Sternen), weil es eine so realistische Geschichte mit absolut authentischen Figuren ist. Es könnte auch alles nebenan passieren. Nichts wirkt konstruiert. Ein Sternchen ziehe ich ab für die Protagonistin, d.h. für ihre Übergriffigkeit mit der sie anderen Figuren hilft, um ihr Gewissen zu beruhigen. Hier hätte ich mir mehr Einfühlungsvermögen gewünscht, um den Leser/die Leserin nochmehr zu berühren.
Insgesamt ist es ein sehr gelungener Roman, den ich nur weiterempfehlen kann.
Vielen Dank an Kristina Moninger für diese Geschichte.