Das Leben der Lene Voigt
„...Wenn mor sich in ä Buch versenkt,was drinne steckt, ooch überdenkt, dann lebt mer so recht eeechendlich, in enner kleenen Welt für sich...“
Tom Pauls ist unter anderen Kabarettist. Auf der Bühne verkörpert ...
„...Wenn mor sich in ä Buch versenkt,was drinne steckt, ooch überdenkt, dann lebt mer so recht eeechendlich, in enner kleenen Welt für sich...“
Tom Pauls ist unter anderen Kabarettist. Auf der Bühne verkörpert er seit Jahren die sächsische Witwe Ilse Bähnert. Im Vorspann des Buches geht er der Frage nach, wie es dazu kam. Dabei kommt er auf Lene Voigt, geborene Helen Wagner, zusprechen. Ihre ersten Gedichte hat er als Kind kennengelernt. Als er allerdings im Deutschunterricht die sächsische Variante des Erlkönigs dargeboten hat, war der Lehrer nicht amüsiert.
In den folgenden Kapiteln erzählt er auf seine besondere Art das Leben von Lene Voigt. Sie war das einzige Kind ihrer Eltern. Ihre Kindheit war schwierig, denn die Mutter hat sie abgelehnt. Sie wollte Söhne, doch die waren nicht lebensfähig. Was ihr an Mutterliebe fehlte, hat ihr der Vater an Zuneigung gegeben.
Ihr Vater besorgt ihr eine Stelle bei einem Leipziger Verlag. Die Welt der Bücher ist ihre Welt.Ihr zukünftiger Arbeitgeber empfängt sie mit den Worten:
„...Ein Buch herzustellen, junge Dame, gehört zu den größten Abenteuern der Menschheit. Ein Buch zu lesen heißt die Welt zu besuchen, in ihren Zeiträumen zu spazieren. Es ist die größte Macht, die wir besitzen...“
Schon in jungen Jahren beginnt sie zu dichten. Ihr Leben ist ein Auf und Ab. Sie lernt Joachim Ringelnatz und Erich Kästner kennen.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Auf lockere Art werden auch schwere Zeiten beschrieben, so der Tod des einzigen Kindes. Und immer wieder kommt Lene selbst zu Wort, sei es mit Ausschnitten aus ihren Gedichten oder ihren Texten. Sie hat nicht nur auf Sächsisch geschrieben. Das Besondere ihrer Texte ist, das sie zuhören konnte und wiedergegeben hat, was gehört hat. Außerdem hatte sie die Gabe, aus dem Stegreif heraus Verse zu schmieden.
Der Schriftsteller Edwin Bormann war der Meinung:
„...Wir müssen unsere Sprache mehr unter die Leute bringen. Sächsisch ist der lyrischste Dialekt überhaupt...“
Er selbst hat nicht mehr erlebt, dass in der Nazizeit die sächsische Sprache nicht gewünscht war. Für Lene bedeutete das, dass sie nicht mehr gedruckt wurde. Es war ein Bruch in ihrem Leben, den sie nie verkraftet hat. Sie zieht wiederholt um und fühlt sich verfolgt.
Im letzten Kapitel erfahre ich, was aus den Orten, an denen Lene Voigt gelebt hat oder die sich besucht hat, geworden ist.
Das Eingangszitat stammt von Lene Voigt.
Einige Bilder sind dem Buch beigefügt, sowohl von Lene Voigt als auch Ausgaben ihrer Bücher.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es beschreibt nicht nur Lenes Leben, sondern gibt auch einen Einblick in die Geschichte der Stadt Leipzig als Stadt der Verlage und der Literatur.