Was wirklich zählt im Leben
Der Mann, der Luft zum Frühstück aßWalerian wächst bei seinen Großeltern in Polen auf, als seine Mutter ihn plötzlich im Alter von 12 Jahren aus dieser Welt entreißt und ihn nach Wien entführt. „Entwurzelt“ und in einem ihm unbekannten ...
Walerian wächst bei seinen Großeltern in Polen auf, als seine Mutter ihn plötzlich im Alter von 12 Jahren aus dieser Welt entreißt und ihn nach Wien entführt. „Entwurzelt“ und in einem ihm unbekannten Land, ohne Freunde, lernt er nur mühsam Deutsch auf der Hilfsschule und begegnet bei vielen Gelegenheitssjobs unterschiedlichen Typen und Wiener-Mentalitäten, die sein Leben prägen. Später auf der Handelsschule glänzt er vor allem durch Abwesenheit und wird schließlich von der Schule geschmissen und von seiner Mutter vor die Tür gesetzt. Walerian nimmt sein Leben und sein Glück in die Hand, lebt in einer Souterrain-Wohnung mit einem riesigen Schimmelpilz, den er fasziniert beim Wachsen beobachtet, und verdient sich zuerst als Würstchen-Verkäufer und später als Heizungsableser seinen Unterhalt. Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und einer Identität, aber vor allem nach einer Heimat, lernt Walerian, dass es die kleinen Dinge im Leben sind, die glücklich machen.
Radek Knapp beschreibt in einer ironisch-überhöhten Art, unaufgeregt und kurzweilig die Geschichte eines Mannes auf der Suche nach einer Heimat. Ein auf den ersten Blick ernstes Thema, greift es doch auch aktuelle Themen auf, die so mancher Emigrant mit sich herumträgt, der hier eine neue Heimat sucht. Die Geschichte ist mit 123 Seiten recht kurz gehalten und liest sich mit einem erfrischenden Schreibstil auch schnell und sehr flüssig. Der Autor beweist eine ziemlich gute Beobachtungsgabe und Selbstironie, ja an manchen Stellen sogar kindliche Naivität, die sich in der Figur des Walerian manifestiert und sich auf ihn zentriert. Die anderen handelnden Figuren bleiben in ihrer Motivation und ihren persönlichen Biographien weitgehend Randfiguren, was ich persönlich sehr schade finde und dadurch aus meiner Sicht die ganze Geschichte auch abflachen lässt. Manche Beschreibungen der Personen kamen mir zudem ein wenig stereotypisch bzw. klischeehaft daher. Auch Walerian wirkte auf mich streckenweise nicht so richtig greifbar. Was für mich allerdings ein klares Manko ist, ist das abrupte Ende der Geschichte. Als Leser habe ich mich persönlich einfach aus der „Geschichte geworfen gefühlt“. Aber vielleicht ist es auch ein Stilmittel, dem Leser die Möglichkeit zu geben, sich hier einen eigenen Ausgang der Geschichte zu überlegen. Mein Stil ist es leider nicht. Dennoch konnte mich der Autor auch an vielen Stellen zum Lachen bringen, weil er Situationen beschreibt, die absurder nicht sein können. Im Kern trägt das Buch aber auch eine ernste Botschaft. Denn es sind manchmal die kleinen Situationen im Leben, die glücklich machen und einem das Gefühl von Heimat geben. Und um das zu vermitteln, braucht es keinen ausufernden Roman.
Fazit: Eine kurzweilige, humorvolle Geschichte mit kleinen Mankos über die vielen Dinge im Leben, die wirklich wichtig sind.