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Venatrix

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Veröffentlicht am 28.06.2019

Der bislang persönlichste Fall für Wolfgang Hoffmann

Hoffmanns Erwachen
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Im dritten Band dieser Krimi-Reihe halten Autor und Leben besondere Herausforderungen für den Ermittler des Wiener Drogenreferates bereit.

Auf der einen Seite bescheren verunreinigte Drogen der Polizei ...

Im dritten Band dieser Krimi-Reihe halten Autor und Leben besondere Herausforderungen für den Ermittler des Wiener Drogenreferates bereit.

Auf der einen Seite bescheren verunreinigte Drogen der Polizei jede Menge Arbeit, da es mehrere Tote gibt. Auf der anderen Seite wird bei dem passionierten Raucher Wolfgang Hoffmann, kurz bevor er nach längerer Zeit wieder eine Beziehung mit einer Frau eingehen kann, Lungenkrebs diagnostiziert.

Doch der Reihe nach: Helmut Seifried, ein Eventveranstalter im Haupt- und Drogengroßhändler im Nebenberuf (oder ist es doch umgekehrt?) Überschüttet, ohne es zu wissen, die Szene mit Waschmittel gestreckten Drogen.

Um weitere Tote zu verhindern, bedient sich Wolfgang Hoffmann eines alten Gegners, um die Wiener Drogenszene vor der verschmutzten Ware zu warnen.
Wird es Hoffmann gelingen, die Machenschaften von Seifried und seinen Kumpanen aufzudecken? Denn, Seifried ist nicht nur in Drogengeschäfte verwickelt, sondern unterhält Klubs, in denen Neonazis ihren abscheulichen Neigungen auf Kosten von jungen, meist afrikanischen Prostituierten frönen.

Meine Meinung:

Mir gefällt diese Reihe vor allem deshalb, weil sie das Wien fernab von Manner-Schnitten, Stephansdom und Sisi-Kitsch zeigt. Kaum eine Szene spielt in der Innenstadt, sondern in den ehemaligen Arbeiterbezirken. Das Kommissariat ist in Ottakring angesiedelt und Hoffmann wohnt in der Brigittenau, dem 20. Wiener Gemeindebezirk, gleich neben dem Augarten, jener barocken Gartenanlage, die neben der berühmten Porzellanmanufaktur auch Heimat der Wiener Sängerknaben ist. Das war’s aber schon mit herrschaftlichen Ansprüchen. Die meisten Bewohner dieser Gegend sind alte Menschen und/oder Zuwanderer, die in den 1970er Jahren nach Wien gekommen sind.
Dieser Band ist der bislang persönlichste mit Wolfgang Hoffmann. Er zeigt den verletzlichen Mann, der es mit der Krankheit aufnimmt. Als Mann von klaren Worten, dem das Herumeiern auf die Nerven geht, verlangt Hoffmann auch von seinen Ärzten, Klartext zu reden. Da der Ausgang von Chemo und Operation nicht klar sind, bricht er das zart aufkeimende Pflänzchen einer Beziehung zu Kollegin Sigrid Körner gleich einmal wieder ab. Immer wieder reflektiert er seine gescheiterte Ehe und stellt fest, dass Ermittler und Ehefrau nicht gut zusammenpassen. Doch im Stillen sehnt er sich nach einer Gefährtin und der Gedanke an Kinder spukt immer wieder in seinem Kopf herum. Vor allem, wenn er Kollegen wie Assmann oder Windisch neben sich sieht, die über ein Familienleben verfügen.

Günter Neuwirths Schreibstil ist locker und flüssig. Die Querelen in der Dienststelle sind nicht so überzeichnet wie in manch anderen Krimis. Klar, will der Staatsanwalt hieb- und stichfeste Beweise, bevor er einen Durchsuchungsbefehl bzw. Haftbefehl ausstellt. Das ist sein Job und er ist den Gesetzen verpflichtet. Und dass man nicht jeden Kollegen gleich gut mögen muss, ist zutiefst menschlich. Hoffmann selbst ist über sein Team hinaus, geachtet und auch beliebt.

Fazit:

Der bislang persönlichste der Krimis rund um den Wiener Drogenermittler Wolfgang Hoffmann. Gerne gebe ich wieder 5 Sterne.

Veröffentlicht am 28.06.2019

Eine unbedingte Leseempfehlung

Die Frau im roten Mantel
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In diesem vierten Krimi rund um den Wiener Polizisten bekommen wir es mit einem sehr komplexen Kriminalfall zu tun. Mehrere Erzählstränge werden zu einem dicken Zopf verknüpft.

Da haben wir einmal Wolfgang ...

In diesem vierten Krimi rund um den Wiener Polizisten bekommen wir es mit einem sehr komplexen Kriminalfall zu tun. Mehrere Erzählstränge werden zu einem dicken Zopf verknüpft.

Da haben wir einmal Wolfgang Hoffmann, der nach Krebsoperation und Chemo noch nicht wieder im Dienst ist. Doch die Weisheit „einmal Kieberer immer Kieberer“ ist ihm auf den Leib geschrieben. So fällt ihm bei einer abendlichen Straßenbahnfahrt eine Frau im roten Mantel mit Sonnenbrille auf, die augenscheinlich von einem Jugendlichen verfolgt wird. Er heftet sich auf die Spuren der beiden und flugs befinden sie sich am Ufer der Donaukanals. Plötzlich hält die Frau eine Waffe in der Hand. Noch bevor sie schießen oder die Waffe ins Wasser werfen kann, entwindet ihr Hoffmann die Pistole. Der Junge verschwindet und auf Grund ihres psychisch labilen Zustandes, liefert Hoffmann die Frau in der psychiatrischen Abteilung des Wilhelminenspitals ab.
Diese geheimnisvolle Frau ist Alice Berg und wenig später steht sie mit einem Koffer vor Hoffmanns Türe und bittet um Hilfe, denn ihr Ehemann Jürgen sowie die Kinder Corinne und Oscar seien spurlos verschwunden. Hoffmann ist von der seltsamen Frau fasziniert und beginnt auf eigene Faust Erkundigungen einzuziehen.

Ein weiterer Erzählstrang beschäftigt sich mit Lukas, dem Jugendlichen aus der Straßenbahn, der sich Sorgen um die verschwundene Corinne Berg macht.

Als dann eine Leiche mit Kopfschuss und abgetrennten Händen aufgefunden wird, schwenkt die Handlung zu Hoffmanns ehemaligen Kollegen und mühsame Polizei.

Noch laufen die Handlungsstränge teilweise parallel, doch nähern sie sich asymptotisch aneinander. Den Durchbruch gibt es, als die Leiche als ehemaliger Mitarbeiter von Jürgen Berg und Geliebter von Alice identifiziert wird. Das ist auch der Moment, in der Hoffmann wieder in den Kriminaldienst zurückkehrt.
Er will wissen, welches Geheimnis die Familie Berg verbirgt.

Meine Meinung:

Hier haben wir es mit einem eher unkonventionellen Krimi zu tun. Kaum hat der Leser (und Wolfgang Hoffmann) eine Idee, was hinter dem seltsamen Verhalten von Alice stecken könnte, ist die auch schon wieder abgetaucht. Nicht verschwunden hingegen ist ihre bettlägerige Schwiegermutter, die Hoffmann dehydriert und verwahrlost in ihrer Villa findet. Doch auch die überrascht den Polizisten als sie nach kurzer Zeit forschen Schrittes aus dem Krankenhaus verschwindet.

Günter Neuwirth führt, neben den bislang bekannten Charakteren ein neue Figur ein: Lukas, jenen Jugendlichen, der auf der Straße bzw. in der Autonomen Szene lebt, durchaus „lebensklug“ erscheint und nach anfänglichem Misstrauen, dem Kieberer sein Herz ausschüttet. Ich hoffe, der Autor findet ein Plätzchen in einem der nächsten Krimis für diesen emphatischen Burschen, dem das Leben bisher nur übel mitgespielt hat.

Erst als Hoffmann mit seinen quasi privaten Ermittlungen nicht mehr weiterkommt, es fehlt ihm natürlich der Polizei-Apparat, sucht er seine ehemaligen Kollegen auf und - ist gleich wieder mitten drin.

Die Auflösung schockiert, denn damit war nicht wirklich zu rechnen. Trotzdem ist sie schlüssig. Man muss beinahe den Atem anhalten, so fesselnd sind die letzten Seiten. Auch gutbürgerliche Kreise haben ihre bröckelnden Fassaden.

Fazit:

Günter Neuwirth ist hier ein Krimi der Spitzenklasse gelungen. Vielschichtig und hintergründig stellt er die sogenannte „bessere Gesellschaft“ Außenseitern gegenüber. Dabei haben eher die Erstgenannten die Leichen im sprichwörtlichen Keller. Gerne gebe ich hier wohlverdiente 5 Sterne.

Veröffentlicht am 27.06.2019

NIcht zur Nachahmung empfohlen

111 tödliche Pflanzen, die man kennen muss
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Ein recht lehrreiches Buch aus der 111er Reihe des Emons-Verlages. Allerdings nicht zur Nachahmung empfohlen. Auch wenn in vielen Städten die Planstellen in der Gerichtsmedizin dem Sparstift zum Opfer ...

Ein recht lehrreiches Buch aus der 111er Reihe des Emons-Verlages. Allerdings nicht zur Nachahmung empfohlen. Auch wenn in vielen Städten die Planstellen in der Gerichtsmedizin dem Sparstift zum Opfer fallen, lassen sich doch Vergiftungen durch eine der 111 angeführten Pflanzen doch nachweisen. Besonders, seit dieses Buch auf dem Markt ist. Auch Gerichtsmediziner lesen manchmal anderes, als Fachliteratur und vielleicht hat der eine oder andere dieses Buch auf dem Nachtkästchen.

Wir lernen Pflanzen kennen, von denen man niemals dachte, dass sie giftig wären. Von Adonisröschen bis ja, ähem Zucchini. Hilfe, die wachsen auch in meinem Garten. Nun gut, die Autorin erklärt welche Teile giftig und welche unbesorgt genossen werden können. (Wenn die Zucchini bitter schmeckt - unbedingt auf den Biomüll.)

Wie in der 111er Reihe üblich, findet man auf der linken Seite den beschreibenden Text, der diesmal mit launigen Histörchen gespickt ist, und auf der rechten eine Abbildung der Giftpflanze.

Manche Pflanzen sind in einer geringen Konzentration heilend, in einer größeren oder bei falscher Anwendung tödlich. Wie sagte schon weiland Theoprastus Bombastuns von Hohenheim, bekannt als Paracelsus: „Die Dosis macht das Gift“.

Klaudia Blasl ist Krimi-Autorin und hat bei ihren Büchern einen Hang zum Giftmord. Ihr nächstes Buch, eine Sammlung von Kurz-Krimis trägt den hübschen Titel „Böse Blumen“ und erscheint am 22.08.2019.

Fazit:

Gerne gebe ich für dieses Standardwerk für Gartenfreunde, Giftmörder und Krimiliebhaber 5 Sterne.

Veröffentlicht am 27.06.2019

Für Krimiliebhaber

111 Tipps und Tricks, wie man einen verdammt guten Krimi schreibt
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Auch Krimi-Autoren kochen nur mit Wasser. Manchmal ist es sogar nur lauwarm. Wer hinter die Kulissen eines verdammt guten Krimis schauen will, ist hier richtig.

Von A wie Angst bis Z wie Zufall erklärt ...

Auch Krimi-Autoren kochen nur mit Wasser. Manchmal ist es sogar nur lauwarm. Wer hinter die Kulissen eines verdammt guten Krimis schauen will, ist hier richtig.

Von A wie Angst bis Z wie Zufall erklärt Krimi-Autor Martin Schüller in 111 Kapiteln die wichtigsten Ingredienzien, die einen fesselnden Krimi ausmachen. Allerdings, Patentrezept zu einem Bestseller gibt es nicht. Dazu sind die Vorlieben der Leser, die zwischen Cosy-, Hardboiled, Regio- und sonstigen Krimis unterscheiden, zu verschieden.

Die einzelnen der 111 Kapitel sind humorvoll und informativ geschrieben. Besonders gelungen finde ich Kapitel 80 (S. 170), das - nein ich verrate es nicht - lest es selbst.

Wer gerne Krimis liest, sie analysiert oder gar das Wagnis eingehen will, seine eigenen mörderischen Gedanken zu Papier bringen will, ist todrichtig.

Fazit:

Ein gelungener Streifzug durch die Welt von Mord und Totschlag, dem ich gerne 5 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 26.06.2019

Ruhig, aber dennoch fesselnd

Der Würger von Triest
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Mia, die Tochter eines erzkonservativen Einwanderers aus Süditalien, wird in ihrer Arbeitsstelle, einem Frisiersalon, ermordet aufgefunden. Ist sie einem sogenannten „Ehrenmord“ zum Opfer gefallen? Immerhin ...

Mia, die Tochter eines erzkonservativen Einwanderers aus Süditalien, wird in ihrer Arbeitsstelle, einem Frisiersalon, ermordet aufgefunden. Ist sie einem sogenannten „Ehrenmord“ zum Opfer gefallen? Immerhin wollte sie ja ihrer Familie entkommen. Noch bevor Commissario Vossi alle Details kennt, stirbt eine Physiotherapeutin in einem Fangobad. Zunächst sieht dieser Todesfall wie ein Unfall aus, bis Vossi entdeckt, was die beiden Toten verbindet.

Commissario Vossi ist diesmal mehrfach gefordert, denn abseits der Ermittlungen stört die aktuelle Politik seinen Arbeitsablauf: Man legt nämlich die beiden Dienststellen Triest und Gorizia zusammen. Die Kollegen aus Gorizia machen Vossi dafür verantwortlich und begegnen ihm entsprechend unwirsch.

Meine Meinung:

Krimis von der Oberen Adria sind für mich als Österreicherin immer wie „Heimkommen“. Zwischen altehrwürdigen Palazzi, die den Charme längst vergangener Größe des Habsburgerreichs verströmen, Kaffeehäusern, dem Hauch von Karst und Meer ermittelt Commissario Vossi mit seinem Team. Seine Vorfahren, ehemals Altösterreicher, wie man jene Menschen nennt, die seinerzeit der Donaumonarchie angehörten, haben den Commissario genauso geprägt wie das wechselvolle politische Schicksal von Triest bzw. Gorizia und deren Hinterland.

Werner Stanzl Krimis zeichnen sich durch bedächtiges Ermitteln aus, keine schießwütigen Ermittler, die korrupt oder Alkoholiker sind. Vossi ist durch und durch ein Genussmensch. So dürfen wir ihn bei der Suche nach einem neuen Lieblingscafé in Triest begleiten. Wilde Verfolgungsjagden finden nur im Ansatz statt, denn die schmalen, kurvenreichen Straßen lassen hohes Tempo nicht wirklich zu. Trotzdem fährt der eine oder andere aus der Fahrbereitschaft mit Blaulicht und Sirene, um den Commissario abzuholen. Das ist, so meint, Vossis Gemahlin mit trockenem Humor, der Ausgleich für die schlechte Bezahlung.

Wir Leser müssen diesmal länger auf die Auflösung warten, denn die wenigen Spuren führen immer wieder in eine Sackgasse.
Was Vossi auszeichnet, ist sein Gespür für Nuancen, für Stimmungen und seine Gabe, den Menschen zuzuhören und auch das Ungesagte zu hören.

Fazit:

Wer eher ruhige Krimis, die an der Oberen Adria spielen, mag, ist hier bestens aufgehoben. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.