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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.06.2019

berührend erschreckend

Die Nickel Boys
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Anfang der 60er Jahre gibt es in Florida immer noch eine Trennung zwischen der weißen und der schwarzen Bevölkerung. Erst vor Kurzem wurde das Recht erkämpft, auch in den weißen Bussen mitfahren zu dürfen. ...

Anfang der 60er Jahre gibt es in Florida immer noch eine Trennung zwischen der weißen und der schwarzen Bevölkerung. Erst vor Kurzem wurde das Recht erkämpft, auch in den weißen Bussen mitfahren zu dürfen. In dieser Zeit wächst Elwood Curtis bei seiner Großmutter heran. Er ist ein intelligenter, aufmerksamer und höflicher Junge, in der Schule einer der besten. Sein Lehrer setzt sich für ihn ein, er bekommt einen kostenlosen Collegebesuch. Doch daraus wird nichts, er ist zur falschen Zeit am falschen Ort, er wird, obwohl er sich nichts zuschulden hat kommen lassen, verhaftet und zur Besserung in die Nickel Academy eingewiesen. Offiziell eine Schule werden die Jungen dort drangsaliert, misshandelt, gefoltert und die schwarzen Jungen bis zum Tod gequält. Dort versucht Elwood sich mit den Gegebenheiten zu arrangieren - bis auch er Folterungen über sich ergehen lassen muss. Er arbeitet an einem Plan.
Das Hörbuch mit der Stimme von Torben Kessler ist enorm eindringlich, die Schrecken der "Besserungsanstalt" sind greifbar, der menschenverachtende Erziehungsstil lässt einen erschüttert zurück. Die Protagonisten sind fiktiv, Schulen mit diesem Erziehungskonzept, mit dieser Art Lehrer gab es wirklich, die Knochenfunde belegen dieses. Der Roman berührt und erschreckt gleichermaßen.

Veröffentlicht am 28.06.2019

Ermittler mit Ecken und Kanten

All die unbewohnten Zimmer
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In der Abteilung K111 der Münchener Kriminalpolizei gibt es gleich zwei Todesfälle aufzuklären. Auf offener Straße wurde eine Frau erschossen und ein zufällig anwesender Polizist verletzt. An einer anderen ...

In der Abteilung K111 der Münchener Kriminalpolizei gibt es gleich zwei Todesfälle aufzuklären. Auf offener Straße wurde eine Frau erschossen und ein zufällig anwesender Polizist verletzt. An einer anderen Stelle wurde ein junger Polizist von einem Pflasterstein erschlagen. In die Gruppe um den ehemaligen Mönch Polonius Fischer, genannt die 12 Apostel, wurde die erfahrene Ermittlerin Fariza Nasri versetzt, nachdem sie ihre Strafe, sie hat ihren ehemaligen Chef des Missbrauches bezichtigt, abgesessen hat. Fariza ist bekannt für sehr unkonventionelle Ermittlungsmethoden, sie geht keiner Gefahr aus dem Weg. Da diese Fälle die Kapazitäten der Behörde sprengen nehmen sie dankbar die Hilfe ehemaliger Kollegen an. So ist Tabor Süden, der inzwischen als Privatermittler vermisste Personen aufspürt und Jakob Franck, der als Pensionär im Auftrag der Polizei Todesnachrichten an die Verwandten überbringt, mit im Einsatz.
Im Vordergrund steht nicht die Aufklärung der Fälle sondern vielmehr, was Menschen dazu treibt. Was haben sie durchgemacht, mit wem sind sie in Kontakt gekommen, welche Lebensläufe lassen nur dieses Ende zu. Ebenso sind die Ermittler ganz besondere Persönlichkeiten mit Ecken und Kanten und unerfüllte Wünsche und Sehnsüchte. Schriftstellerisch herausragend.

Veröffentlicht am 28.06.2019

langweiliger Eintopf war gestern

Die One-Pot-Challenge
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Die gesamte Mahlzeit auf einem Topf, einer Pfanne oder einem Backblech zuzubereiten ist genau nach meinem Geschmack. Dazu sind die Rezepte abwechslungsreich und sehr pfiffig in ihren Zutaten. Bei der Caprese ...

Die gesamte Mahlzeit auf einem Topf, einer Pfanne oder einem Backblech zuzubereiten ist genau nach meinem Geschmack. Dazu sind die Rezepte abwechslungsreich und sehr pfiffig in ihren Zutaten. Bei der Caprese mit Auberginen benötigt man nur ein paar Zutaten und in 15 Minuten steht ein schmackhaftes Gericht auf dem Tisch. Schmorgerichte mit Rindfleisch benötigen zwar etwas länger in der Pfanne, die Zubereitung ist aber auch hier schnell erledigt. Die Rezepte sind sehr ausgewogen gewählt, vegetarisch, mit Fisch oder mit Fleisch, mediterran, asiatisch, orientalisch und auch der deutsche Sauerkraut wurde ganz neu verarbeitet. Omas Eintopf wirkt geradezu langweilig dagegen.
Die Aufmachung und die Bebilderung gefallen mir sehr gut, zu jedem Rezept gibt es ein Foto und kleine, witzige Anekdoten lockern den Text auf. Die Rezepte taugen für jeden noch so kleinen Haushalt, besonders gut kann ich sie im Urlaub in einer Ferienwohnung benutzen, in der die Töpfe meist sehr beschränkt zur Verfügung stehen.

Veröffentlicht am 09.06.2019

feinsinnig

Kaffee und Zigaretten
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Ferdinand von Schirach schreibt über seine Kindheit und sein Leben, die Jahre im Internat, die ihn prägten, Menschen, die er dort kennengelernt hat. Einige traf er Jahre später wieder, die Ausbildungen ...

Ferdinand von Schirach schreibt über seine Kindheit und sein Leben, die Jahre im Internat, die ihn prägten, Menschen, die er dort kennengelernt hat. Einige traf er Jahre später wieder, die Ausbildungen und die Elternhäuser sorgten dafür, dass sie wichtige Positionen einnehmen konnten. Von Schirach wurde Anwalt und erlebte vieles zwischen Recht und Gerechtigkeit, von Menschen, die wissentlich sträflich gehandelt haben und solchen, die nicht anders konnten. Auch davon wird in einzelnen Episoden erzählt. Seine Lebensgeschichte ist nicht chronologisch aufgebaut, immer wieder gibt es Abschweifungen, neue Erlebnisse werden mit Rückblenden nachvollziehbar und ergeben eine logische Entwicklung.


Die Allgemeinkenntnis, seine umfangreiche Bildung, die sich auch in dem Schreibstil ausdrückt, ergeben ein in kurzen Absätzen gehaltenes, leicht lesbares Buch mit sehr vielen nachdenklich machenden Aspekten.

Veröffentlicht am 21.05.2019

absolutes Gehör

Auris
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Als Jula in Argentinien im Urlaub einen berühmten Friedhof besucht wird sie dort vergewaltigt. Ihr Bruder Moritz, der kurz zuvor mit ihr zusammen war, gibt die Vergewaltigung zu und erhängt sich anschließend. ...

Als Jula in Argentinien im Urlaub einen berühmten Friedhof besucht wird sie dort vergewaltigt. Ihr Bruder Moritz, der kurz zuvor mit ihr zusammen war, gibt die Vergewaltigung zu und erhängt sich anschließend. Jula ist sich sicher, dass Moritz es nicht war, doch warum sollte er lügen? 3 Jahre später verarbeitet sie mittels eines Podcasts ihr Trauma, sie möchte Fälle aufdecken, in denen Menschen zu Unrecht ins Gefängnis kamen. Sie stößt auf den Mord an einer Obdachlosen, die mit 23 Messerstichen brutal von dem berühmten forensischem Phonetiker Matthias Hegel, genannt Auris, zu deutsch Ohr, hingerichtet wurde. Mit seinem absoluten Gehör kann er aus Tonbandaufzeichnungen vieles über Täter und Tatorte heraushören. Nun ist er seit einem Jahr rechtskräftig verurteilt, er hat die Tat zugegeben, doch vieles spricht gegen ihn. Jula verbeißt sich immer mehr in den Fall, sie wird bedroht und ihr Halbbruder Elyas entführt. Wird Auris erpresst, schützt er jemand anderen?
Die Personenzahl in diesem äußerst spannenden Thriller ist überschaubar und dennoch gibt es immer neue Zusammenhänge zwischen diesen Personen und immer neue Verdächtigte. Durch verschiedene Sichtweisen und Szenenwechsel kann man das Buch kaum aus der Hand legen. Man wird zum Mitraten aufgefordert und denkt auch kurz vor Schluss, nun jetzt verstehe ich alles, und dann wird alles wieder über den Haufen geworfen.
Ein besonderes Lob gilt der Umschlagsgestaltung - sehr edel für ein Taschenbuch.