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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.08.2019

Die Irren regieren die Welt

Wolgakinder
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1916 führt Jakob Bach in dem kleinen Dorf Gnadental ein einfaches Leben als Schulmeister, das geprägt ist von den Rhythmen der Natur. Sein Leben ändert sich schlagartig, als er sich in Klara verliebt, ...

1916 führt Jakob Bach in dem kleinen Dorf Gnadental ein einfaches Leben als Schulmeister, das geprägt ist von den Rhythmen der Natur. Sein Leben ändert sich schlagartig, als er sich in Klara verliebt, eine Bauerntochter vom anderen Ufer der Wolga.


Ich zitiere nie den Klappentext, ich fasse den Inhalt lieber spoilerfrei zusammen. Aber diesmal wusste ich nicht, was ich schreiben sollte.
Kurz: Der Inhalt ist mehr als fragwürdig.

Ich hatte eine Geschichte über die Wolgadeutschen erwartet, vielleicht eine Liebesgeschichte oder einfach eine mehr oder weniger historische Abhandlung über das Leben der Menschen, die sich auf Einladung von Katharina der Großen an der Wolga niedergelassen hatten. Aber was habe ich bekommen?
Ein Märchen über einen irren Schulmeister, der seine tote Geliebte im Eishaus konservieren will, der sein Kind vor der Welt versteckt und der als absolute Krönung mit seinen selbst geschriebenen Märchen den Lauf der Zeit verändert. Die Figur des Schulmeisters Bach kann nicht als Sympathieträger herhalten; dazu kommt, dass es gar keinen Sympathieträger gibt. Die Charaktere waren mir alle egal. Dazu schiebt die Autorin immer wieder, manchmal unendlich lange, Zwischenspiele ein, in denen ER eine große Rolle spielt; hier sollten wohl die politischen Änderungen dargestellt werden. Das soll wohl Kunst sein, ist es vielleicht auch, aber mich hat das alles nicht erreicht. Die Botschaft ist mir verborgen geblieben.
Dabei kann die Autorin wirklich erzählen, die Sprache hat mir sehr gut gefallen, aber die kann den Inhalt nicht retten.

Wenn es keine Leserunde gewesen wäre, hätte ich das Buch nach spätestens der Hälfte zur Seite gelegt. Vielleicht hätte es mir besser gefallen, wenn ich eine andere Erwartungshaltung gehabt hätte. So aber war ich froh, als die fast 600 Seiten geschafft waren. Der Autorin sollte ich aber noch eine Chance geben, da sie wirklich erzählen kann und ihr erster Roman durchweg gut angekommen ist.

Veröffentlicht am 29.06.2019

Hat mich nicht überzeugt

Die Obsession - Wenn eine Begegnung zum Verhängnis wird
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Amelia ist eine junge, attraktive Frau. Sie lebt in Hamburg und sucht die große Liebe. Nach einigen Enttäuschungen soll mit Marlon alles anders werden. Doch sie wird zum Opfer von Ghosting. Verzweifelt ...

Amelia ist eine junge, attraktive Frau. Sie lebt in Hamburg und sucht die große Liebe. Nach einigen Enttäuschungen soll mit Marlon alles anders werden. Doch sie wird zum Opfer von Ghosting. Verzweifelt versucht sie, ihre große Liebe zurückzubekommen.

Meine Zusammenfassung lässt vielleicht schon erahnen, dass die Bezeichnung Psychothriller etwas unglücklich gewählt wurde. Psychos tauchen zwar reichlich auf, aber der Thrill geht gegen Null. Zu viele Wiederholungen lassen keine Spannung aufkommen. Man erfährt einiges über Online-Dating, das mir aber alles nicht neu war. Dazu muss ich sagen, dass Ghosting kein Phänomen des Online-Dating ist, sondern schon immer existiert hat. Ich denke, jeder hatte schon Verabredungen, von denen man in der Folge nichts mehr gehört hat.

Aber vielleicht finden andere die Verwicklungen um Amelia ja spannender und ich bin da anderes gewohnt. Mein Hauptproblem besteht aber in dem Fakt, dass keine der Hauptfiguren ein Sympathieträger ist. Zu unwahrscheinlich ihre jeweilige Handlungsweise. Einzig zu Amelias Freund Frank, der zu Beginn auftaucht, konnte ich eine Beziehung aufbauen, weil er zumindest ehrlich in seinen Ansichten ist. Leider gestattet die Autorin ihm nur ein kurzes Gastspiel. Die vier Hauptcharaktere Amelia, Marlon, Lukas und Sofia möchte ich einfach nur schütteln, um ihnen ihr dummes Verhalten auszutreiben. Die mysteriöse Verbindung zwischen Lukas und Marlon, die schon früh zu erahnen ist, hat mich auch nicht überzeugt, warum das Ganze?

Was mir gut gefallen hat, waren die Perspektivwechsel, die die Autorin einstreut, obwohl die auch die Spannung hemmen. Aber so habe ich zumindest auch mal die andere Sicht der Dinge erfahren. Vielleicht ist die Ich-Perspektive für den Roman auch schlecht gewählt, aber als Laie möchte ich das nicht beurteilen.

Das Finale bringt dann nichts Neues, sondern bringt den Roman so zu Ende, wie die 300 Seiten vorher waren: wirr, unlogisch und mit einem Ende, das eine Fortsetzung erahnen lässt. Auf die werde ich wohl verzichten.

Veröffentlicht am 23.06.2019

Möchtegern Philosophisch

Amt für Mutmaßungen
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Ein kurzes Buch. Ein kleines Buch. Kein feines Buch. Und zum ersten Mal frage ich mich: Frau Westermann, haben wir das gleiche Buch gelesen?

Ich habe im Grunde ein Tagebuch gelesen, viele Gedanken einer ...

Ein kurzes Buch. Ein kleines Buch. Kein feines Buch. Und zum ersten Mal frage ich mich: Frau Westermann, haben wir das gleiche Buch gelesen?

Ich habe im Grunde ein Tagebuch gelesen, viele Gedanken einer Frau, vom Verlieben, von Lebensplänen, vom Kinderkriegen, vom Betrogen werden. Alles sehr kurz gehalten. Die Idee gar nicht mal so schlecht und einige Sätze, die eine große Wahrheit bergen: Die einzige Liebe, die sich wie Liebe anfühlt, ist die zum Scheitern verurteilte. Großartiger Satz! Aber der kann ein Buch nicht retten. Ein Buch, das in jedes Kapitel, quasi jeder Satz etwas Philosophisches mitteilen will. Mich hat das jedenfalls nicht erreicht. Dafür wurde die Erzählerin, die sich in ihrem eigenen Leid wälzt, auch nicht sympathisch genug. Das Kind hat mir am meisten leid getan.

Frau Westermann sagt: "Ein kleines Fest, dieses Buch zu lesen". Stimmt, ein Fest, bei dem alle peinlichen Verwandten auftauchen, und man nur noch verschwinden, oder zumindest unsichtbar werden will.

Veröffentlicht am 17.02.2019

Hat noch jemand Zuckerguss übrig?

Nächte, in denen Sturm aufzieht
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Nächte, in denen Sturm aufzieht ist die Neuauflage von Dem Himmel so nah, ein Roman, den Jojo Moyes 2007 veröffentlicht hat. Ich möchte nicht darauf eingehen, warum der Verlag ein altes Werk unter neuem ...

Nächte, in denen Sturm aufzieht ist die Neuauflage von Dem Himmel so nah, ein Roman, den Jojo Moyes 2007 veröffentlicht hat. Ich möchte nicht darauf eingehen, warum der Verlag ein altes Werk unter neuem Titel veröffentlicht, ohne das auf dem Umschlag zu vermerken, weil ich denke, jeder kann sich denken, warum das passiert...Jojo Moyes hat sich seit diesem Roman als Schriftstellerin stark weiterentwickelt. Der Beweis ist das Buch, das wir wohl alle kennen: Ein ganzes halbes Jahr aus 2012.

Dieses Frühwerk setzt sich auch mit der Zerstörung des Lebensraums von Walen und Delphinen an Australiens Küste auseinander. Das gelingt der Autorin sehr gut, man leidet mit den Menschen, die ihre Lebensweise bedroht sehen und vor allem mit den Meerestieren, die vielleicht noch stärker davon betroffen sind. Was der Autorin meiner Meinung nach allerdings nicht gut gelingt, ist alles andere. Das Personal ist eine Aneinanderreihung von Klischees, hier wird kein einziges ausgelassen. Alle schrecklich eindimensional, von Entwicklung kann ich, wenn überhaupt, sehr wenig entdecken. Die Guten sind grundgut, die Bösen grundböse. Nach den ersten Kapiteln weiß man, wo die Autorin hin will...und eine Überraschung gelingt ihr zu keinem Zeitpunkt. So dümpelt der Roman, wenn es nicht gerade um die Rettung der Tiere geht, vor sich hin. Einige Einfälle sind wirklich gut, andere wortwörtlich für die Tonne! Wenn man die letzten Kapitel liest, darf man sich nicht wundern, wenn die Seiten aneinander kleben bleiben, weil die Autorin sämtlichen Zuckerguss, der ihr zur Verfügung steht, ausschüttet und erst aufhört, wenn der letzte Tropfen aus der Schüssel gelaufen ist. Ich liebe auch Happy-Ends, aber das ist mir hier zu dick aufgetragen.

Über die Bewertung habe ich lange nachgedacht, aber mehr als 2 Sterne sind nicht drin. Wer Jojo Moyes noch nicht kennt, sollte ihren Bestseller aus 2012 lesen, der lässt einen nicht enttäuscht zurück. Kurz: Kann man lesen, muss man aber definitiv nicht!

Veröffentlicht am 02.12.2019

Auch Schwachsinn will gelesen sein

Frittenmafia
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Frittenbudeninhaber werden ermordet. Ihre Köpfe stecken noch im heißen Frittenfett, als sie gefunden werden. Commissaire de la criminelle Frederic Le Maire ermittelt mit seiner Partnerin, der Pathologin ...

Frittenbudeninhaber werden ermordet. Ihre Köpfe stecken noch im heißen Frittenfett, als sie gefunden werden. Commissaire de la criminelle Frederic Le Maire ermittelt mit seiner Partnerin, der Pathologin Dr. Angelika Laefers.

Ich hatte mich so gefreut, einen Krimi zu finden, der direkt vor meiner Haustür spielt. Ich hätte schon misstrauisch werden müssen, als mir klar wurde, dass der Autor aus dem Allgäu stammt. Wie konnte ich da erwarten, dass jemand aus Süddeutschland einen Krimi schreiben kann, der rund um Aachen spielt? Denn das kann er nicht! Mein Gesamteindruck ist, dass der Autor eine Mischung aus Kluftinger und Xavier Kieffer schreiben wollte; dabei ist er auf gesamter Linie gescheitert!

Der Kriminalfall? Die Grundidee ist nicht mal schlecht, allerdings verzettelt sich der Autor auf den 476 Seiten. Der eigentliche Fall rückt in den Hintergrund, dafür wird der Krimi ab der Hälfte immer unrealistischer. Das Hauptproblem liegt für mich aber in der Figur des Le Maire. Ich muss den Ermittler nicht lieben, aber sympathisch sollte er mir doch sein. Leider ist er alles andere als das. Oberlehrerhaft erklärt er gefühlt alle zehn Seiten den Unterschied zwischen einer belgischen Friture und einer deutschen Pommesbude. Das soll wohl witzig sein, ist aber nur nervig. Apropos oberlehrerhaft: Was kann ich vom Personal in einem Krimi erwarten, wenn sein Schöpfer schon im Vorwort absolut belehrend ein Glossar und eine Hommage an die belgische Frittenkultur verfasst? Der Rest des Personals kann im übrigen auch nicht überzeugen, von der liebestollen Sekretärin bis zum einfältigen Polizisten, da reiht sich Klischee an Klischee.

Wenn ich im Krimi das Wort Merde streiche und dazu die Sätze, die beschreiben, dass der Kommissar entweder rauchen geht, sich eine Zigarette dreht, oder sich irgendjemand darüber ärgert, dass der Akku seines Handys schon wieder leer ist, dann hätte der Roman rund 100 Seiten weniger. Wenn ich dann noch hingehe und die Abschnitte weglasse, in denen der Autor (wieder oberlehrerhaft!) beschreibt, wie gründlich er recherchiert hat, dann komme ich auf nochmal 50 Seiten weniger. Vielleicht wäre der Krimi dann mit rund 300 Seiten auch kurzweiliger gewesen.

Was mich auch noch geärgert hat (im Grunde hat mir nichts gefallen!): Das Lektorat hat auch geschlampt! Die Rechtschreibefehler sind geschenkt, aber der Lesefluss wird ständig dadurch gestört, dass ich über die Ausdrücke La Calamine und Liege gestolpert bin. Warum sind da nicht die deutschen Namen Kelmis und Lüttich benutzt worden? Natürlich eine Kleinigkeit, aber wenn vieles nicht stimmt, dann fallen halt auch Kleinigkeiten auf.

Ich bin froh, dass ich mit diesem Schwachsinn durch bin, durchgehalten habe ich nur, weil der Krimi vor meiner Haustür spielt und ich immer noch die Hoffnung hatte, dass doch noch etwas Sinnvolles passiert...leider nicht!