Profilbild von Motte

Motte

aktives Lesejury-Mitglied
offline

Motte ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Motte über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.02.2017

Ein Kochbuch der besonderen Art

Saures
0

"Saures" führt den Leser nach einer kurzen Einleitung und kleinen Tipps zu je einem größeren Kapitel über eingelegte und fermentierte Speisen sowie einem kleineren mit Saucenrezepten, um dann einen Abschnitt ...

"Saures" führt den Leser nach einer kurzen Einleitung und kleinen Tipps zu je einem größeren Kapitel über eingelegte und fermentierte Speisen sowie einem kleineren mit Saucenrezepten, um dann einen Abschnitt den Rezepten zu widmen, die sich unter Verwendung der zuvor hergestellten Lebensmittel zubereiten lassen. Abschließend finden sich Anleitungen für ausgefallene saure Getränke.

Das Buch ist sehr ansprechend bebildert, so wird fast jedes Rezept von einer entsprechenden Fotografie begleitet.
Alle Anleitungen lesen sich so, als wären sie für Hobbyköche mit durchschnittlichen Fähigkeiten gut zu bewerkstelligen, auch wenn mir (z.B. beim Ausprobieren des F.A.T-Sesam-Kimchi) kleinere Ungereimtheiten aufgefallen sind.
Häufiger werden Zutaten benötigt, die man auch in größeren Supermärkten nicht ohne weiteres finden dürfte (für vieles empfiehlt sich der Besuch eines asiatischen Lebensmittelgeschäfts).
Dementsprechend kann man für die Zubereitung mancher Gerichte etwas tiefer in die Tasche greifen.
Freddie Janssen stellt sowohl Klassiker als auch ausgefallene Eigenkreationen vor - neben Sriracha und verschiedenen Kimchi-Variationen erklärt sie die Zubereitung in Kaffee eingelegter Shiitake-Pilze und Roter Bete in Lakritzlake.
So wird etwas frischer Wind in die Küche gebracht, "Saures" hebt sich in der Auswahl deutlich von dem ab, was man sonst von Kochbüchern gewohnt ist.

Die Grundrezepte sind gegebenenfalls mit kleinen Abwandlungen gut für Vegetarier geeignet, im hinteren Teil mit den komplexeren Rezepten wird es dann sehr fleischlastig. Da aber die eingelegten und fermentierten Bestandteile der eigentliche "Star" dieser Gerichte sind, kann man sie dennoch gut als Basis für fleischfreie Experimente nutzen.

Zwar sind die Zubereitungszeiten meist sehr gering, jedoch muss man bei fermentierten und eingelegten Speisen natürlich eine gewisse Zeit zum Ziehen einplanen, oft 1-2 Wochen, nur weniges ist zum sofortigen Verzehr gedacht.

Meine ersten Versuche stehen jedenfalls schon im Kühlschrank und ich warte ungeduldig darauf, sie bald probieren zu können.

Veröffentlicht am 12.02.2017

A Walk In The Woods

Picknick mit Bären
0

Bill Bryson und sein Kumpel Stephen Katz (übrigens ein Pseudonym) begeben sich trotz eines Mangels an einschlägiger Erfahrung und eher mäßig vorbereitet auf den Appalachian Trail, der ca. 3500 km - so ...

Bill Bryson und sein Kumpel Stephen Katz (übrigens ein Pseudonym) begeben sich trotz eines Mangels an einschlägiger Erfahrung und eher mäßig vorbereitet auf den Appalachian Trail, der ca. 3500 km - so richtig mag sich da niemand festlegen, da der Weg sich ständig etwas wandelt - an der Ostküste der USA entlang führt.

Bryson hat mich schon mit "Reif für die Insel" sehr gut unterhalten, und auch "Picknick mit Bären" ist in einem ähnlich unterhaltsamen Stil verfasst.
Etliche Anekdoten über den Appalachian Trail und die organisatorischen Fehltritte des National Forest Service konnten mich zum Grinsen bringen.

Da ich schon die ein oder andere Trekkingtour (wenn auch kleineren Umfangs) hinter mir habe, konnte ich bei einigen Passagen sehr gut mitfühlen, wie es Bryson und seinem Begleiter erging.
Allerdings könnte ich mir vorstellen, dass das Buch für Leser ohne ähnliche Erfahrungen sich an einigen Stellen ziemlich ziehen könnte - dafür wird man vielleicht mit Einblicken über Aspekte des Outdoor-Lebens belohnt, über die man sich vorher noch gar keine Gedanken gemacht hatte.

Etwas schöner wäre es tatsächlich gewesen, hätte man die beiden Wanderer über den gesamten Appalachian Trail begleiten können, so wurden leider einige Abschnitte ausgelassen. Natürlich haben sie dennoch ein beträchtliches Stück geschafft - ich ziehe meinen Hut.

Am liebsten hätte ich nach diesem Buch den Rucksack gepackt und die Wanderstiefel geschnürt.

Veröffentlicht am 02.07.2019

Ein Buch über Bücher und Geschichten

Mitternacht
0

"Der Mensch ist erst wirklich tot, wenn niemand mehr an ihn denkt." – ähnliche Sprüche sind hinlänglich bekannt. In „Mitternacht“ ist dies jedoch nicht nur ein tröstender Spruch, sondern wörtlich zu verstehen: ...

"Der Mensch ist erst wirklich tot, wenn niemand mehr an ihn denkt." – ähnliche Sprüche sind hinlänglich bekannt. In „Mitternacht“ ist dies jedoch nicht nur ein tröstender Spruch, sondern wörtlich zu verstehen: in einer Parallelwelt existieren Geister, die auf die Erinnerungen der Lebenden angewiesen sind. Einige wenige Personen können zwischen den Welten wandeln, und eine von ihnen besucht den jungen Schriftsteller Nicholas – der ihn zum großen Erstaunen beider sehen kann.

Marzi führt den Leser wieder nach London, dem Ort seiner Reihe um die Uralte Metropole. Diesmal mutet die Stadt jedoch weniger steampunk-artig an. Wie immer liest sich die Geschichte schön flüssig, ohne dabei zu simpel zu wirken. Auch das bewährte Muster aus der Reihe um Emily wird wieder aufgegriffen: ein junger Mensch, der von einem (etwas eigenen) Mentor in ein paralleles, ihm bisher unbekanntes London begleitet wird.

Leider endet das Buch sehr abrupt, die letzten Kapitel sind extrem kurz und die Figuren bleiben recht oberflächlich; meine Erwartungen, die der Klappentext hinsichtlich der Handlung geschürt hatte, wurden nicht ganz erfüllt. Auch wirkten manche Passagen ein wenig dahingehuscht oder doppelten sich gar.
Zu erklären ist dies in Teilen sicher mit dem im Nachwort erwähnten Schlaganfall des Autors, der ihn „Mitternacht“ nur unter Mühen fertigstellen ließ – eine beachtliche Leistung.
Vielleicht hätte dem Roman aber etwas mehr Zeit gut getan, beim Lesen entstand der Eindruck, als wäre bereits dieser Roman ursprünglich größer angelegt gewesen, aber nun auf Biegen und Brechen veröffentlicht worden und der Rest als Fortsetzung angekündigt.

Veröffentlicht am 05.01.2018

Abenteuerliche Vorgeschichte

His Dark Materials 0: Über den wilden Fluss
0

Malcolm lebt mit seinem Daemon Asta und seinen Eltern in deren Gasthaus an der Themse; oft hilft er dabei, sich um die Gäste zu kümmern. Auch nahe gelegenen Kloster übernimmt er kleinere Aufgaben. Eines ...

Malcolm lebt mit seinem Daemon Asta und seinen Eltern in deren Gasthaus an der Themse; oft hilft er dabei, sich um die Gäste zu kümmern. Auch nahe gelegenen Kloster übernimmt er kleinere Aufgaben. Eines Tages wird von den Nonnen die kleine Lyra aufgenommen, die das Interesse einiger Personen und Institutionen weckt – und nicht alle meinen es gut mit dem Baby.

Vor „Über den wilden Fluss“ hatte ich noch kein Buch von Pullman gelesen, über die Welt von „His dark materials“ wusste ich also rein gar nichts. Da es sich bei diesem Roman aber um die Vorgeschichte zur Reihe handelt, sind entsprechende Kenntnisse nicht nötig.

Gut gefallen hat mir das Konzept der Daemonen in Tiergestalt, welche einen jeden Menschen begleiten und ein Teil dieses jeweiligen Menschen selbst sind.

Zunächst musste ich mich ein wenig in Malcolms Welt eingewöhnen, denn obwohl er in Oxford lebt, spielt sich die Handlung nicht in dem England ab, das wir kennen. Neben den Daemonen finden sich einige andere mystische und phantastische Elemente im Buch, und obwohl auf recht moderne Dinge Bezug genommen wird (beispielsweise liest Malcolm „Eine kurze Geschichte der Zeit“, was 1988 erschien), mutet Anderes eher veraltet an und schien für mich in ein vergangenes Jahrhundert zu gehören, eine zeitliche Einordnung fiel mir daher zunächst schwer.

Mit Malcolm hat das Buch einen sehr sympathischen Protagonisten, allerdings störte mich etwas, dass er erst elf Jahre alt sein sollte. Er ist sehr zuvorkommend und ernst, hilft allen Erwachsenen, wo er nur kann und verfügt trotz spärlicher Bildung über mehr Wissen als so mancher Volljährige. In jeder Lebenslage weiß er sich zu helfen. Dadurch wirkte er etwas zu glatt, kaum kindlich und daher nicht immer glaubwürdig.

Der Wettlauf zwischen Wissenschaft und religiösem Fundamentalismus, die Spionage-Elemente und die ständige von der Naturkatastrophe ausgehende Gefahr machte „Über den wilden Fluss“ trotz mancher Längen zu einer sehr spannenden Lektüre, die oft unvorhergesehene Wendungen brachte und für einen Jugendroman in weiten Teilen ziemlich düster und bedrohlich daherkam. Stellenweise wurde es unerwartet brutal und blutig. Wer also erwägt, das Buch einem jüngeren Leser zu schenken, sollte sich nicht vom Alter des Protagonisten und der niedlichen Aufmachung beeinflussen lassen, für Erwachsene kann ich aber eine klare Empfehlung geben.

Pullman hat eine sehr angenehme Art zu schreiben, sodass ich schnell in der Geschichte versinken konnte und mit Sicherheit auch die nachfolgende Reihe lesen werde.

Veröffentlicht am 09.10.2017

"Sonderbare Nachrichten aus Essex"

Die Schlange von Essex
0

Nach dem Tod ihres tyrannischen Ehegatten ist die Londonerin Cora nicht gerade unglücklich über ihr neues Witwendasein. Frei von den Zwängen ihrer Ehe legt sie wenig Wert darauf, wie eine Frau sich in ...

Nach dem Tod ihres tyrannischen Ehegatten ist die Londonerin Cora nicht gerade unglücklich über ihr neues Witwendasein. Frei von den Zwängen ihrer Ehe legt sie wenig Wert darauf, wie eine Frau sich in den Augen der viktorianischen Gesellschaft zu kleiden und zu geben hat und beschließt, von großem naturwissenschaftlichen Interesse getrieben, ins ländliche Essex zu reisen um dort den Gerüchten über eine mythische Schlange nachzugehen. Dabei wird sie von ihrem Sohn Francis und ihrer guten Freundin Martha, welche auch Francis‘ Kindermädchen ist, begleitet. Kaum hat sie sich ein wenig eingelebt, erhält sie Einblick in das Leben der Dorfbewohner sowie deren Ängste, Probleme und Eigenarten.

Hatte ich aufgrund der Kurzbeschreibung einen größeren Fokus auf Naturwissenschaften, auf leidenschaftliche Streitgespräche zwischen Darwin-Anhängerin und Geistlichem erhofft, so fand all dies nur am Rande und ohne wirkliche Debatten statt. Im Mittelpunkt stehen die Beziehungsgeflechte, das Familienleben, die Freundschaften und die (oft unerwiderte) Liebe der Protagonisten. Viel handelt von Alltäglichem, den Leser erwartet keine spannende Jagd auf ein Fabelwesen. Auch, wenn ich diese nicht erwartet hatte- einen Hauch ereignisreicher hätte die Geschichte für mich gern sein können.

Sarah Perry schildert all dies aber in einer wunderschönen, unaufgeregten Sprache, sodass ich allein aus diesem Grund viel Freude an dem Roman fand. Eingestreute Briefwechsel zwischen den Hauptfiguren sorgen für einen guten Zugang zu diesen.
Zudem scheint die Autorin sich intensiv mit dem Zeitgeist der Epoche und den geschilderten Details auseinandergesetzt zu haben, alles wirkt handfest recherchiert. In vielen kleineren Feinheiten und Anspielungen zeigt sich ihr Wissensschatz; im Nachwort erwähnt sie Literatur zur Vertiefung, von der ich mir einiges notiert habe.

Die Figuren machen einen authentischen Eindruck, große Freude hatte ich an Coras Art, aus der ihr angedachten Rolle zu fallen und an Martha, welche mit glühendem Eifer sozialistische Gedanken vertritt und sich für die Ärmsten der Armen in London einsetzt.

Was die Übersetzung angeht, sind mir wenige krumme Formulierungen aufgefallen (z.B. „Zahlenkolumne“ wo vermutlich eine Spalte gemeint war), aber alles in allem wirkt sie recht gelungen, sofern ich das in Unkenntnis des Originals einschätzen kann.

„Die Schlange von Essex“ hat mich gut unterhalten, ließ mich aber wegen der zuvor geschürten Erwartungshaltung und der nicht immer temporeichen Handlung etwas unbefriedigt zurück.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Handlung
  • Figuren
  • Originalität
  • Erzählstil