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Veröffentlicht am 12.08.2019

Die Bürde des weißen Mannes

Ein angesehener Mann
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Kalkutta, 1919. In Indien brodelt es an allen Ecken. Die Engländer werden vielleicht nicht mehr ganz so als überlegen angesehen und die Inder hinterfragen ihre Rolle als Kolonie. Immer mal wieder kommt ...

Kalkutta, 1919. In Indien brodelt es an allen Ecken. Die Engländer werden vielleicht nicht mehr ganz so als überlegen angesehen und die Inder hinterfragen ihre Rolle als Kolonie. Immer mal wieder kommt es zu Aufständen und deren brutaler Niederwerfung. In diese Zeit des Umbruchs kommt Captain Wyndham, ehemaliger Polizist aus England. Er hat den 1. Weltkrieg hinter sich, wenn auch nicht aus dem Kopf und aus den Gliedern; seit Jahren ist er drogensüchtig. Als ausgerechnet jetzt ein hoher weißer Beamter ermordet wird, soll er die Klärung des Falles übernehmen, und zwar schnell. Dabei stellt er fest, dass er seine Werte überdenken muss, auch wenn ihm das nicht immer gelingt.

Zweifellos haben wir es hier mit einer interessanten Milieustudie aus einer Zeit vor einhundert Jahren zu tun. Es kommt einem allerdings erstaunlich modern vor - abgesehen von Handys und Computern gab es damals eigentlich schon alles, was wir auch jetzt haben. Zuerst habe ich darüber geschmunzelt, als Wyndham einmal darüber nachdenkt, mittlerweile in einem modernen Informationszeitalter zu leben, aber tatsächlich hatte er recht. Es gab schon überall Telefone, sodass Nachrichten blitzschnell um die ganze Welt gingen. Der Fall selbst war ein bisschen lahm, die Aufklärung zog sich manchmal wie Kaugummi, zumal irgendwann klar war, dass die einen ständig mauern würden und die anderen die ganze Macht in den Händen halten. Aber vieles davon wurde durch das exotische Setting und das Darstellen der Gedanken der handelnden Protagonisten wettgemacht. Im Endeffekt erhält man hier eine solide, wenn auch nicht unbedingt spannende Story mit Einblick in eine Kolonialwelt, die sich gewaltig im Aufbruch befindet. 3,5/5 Punkten.

Veröffentlicht am 26.07.2019

Die Rache der Magie

Giganten 1: Die Magie erwacht
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Urplötzlich werden auf der ganzen Welt riesige Skelette gefunden - Drachen! Doch damit nicht genug, auf ihnen saßen offensichtlich Menschen, die besondere Bücher in der Hand hielten. Diese Bücher können ...

Urplötzlich werden auf der ganzen Welt riesige Skelette gefunden - Drachen! Doch damit nicht genug, auf ihnen saßen offensichtlich Menschen, die besondere Bücher in der Hand hielten. Diese Bücher können jedoch nur von Leuten gelesen werden, die nach dem Tag der Entdeckung geboren wurden - sprich: Kindern.
13 Jahre später: Fort und sein Vater befinden sich in Washington beim Sightseeing, als plötzlich eine gewaltige Kralle aus dem Boden schießt, alles zerstört und Forts Vater mit sich reißt. Der Junge kann nichts dagegen unternehmen und versinkt in Trauer, bis eines Tages ein Mann namens Oppenheimer bei ihm auftaucht und an eine magische Akademie mitnimmt. Dort soll und will er lernen, wie man mit der Magie aus den gefundenen Büchern diese Giganten bekämpfen kann - doch auch hier spielen nicht alle fair und Fort muss erkennen, dass sein Aufenthalt hier ein recht kurzer sein könnte.

Grundsätzlich mochte ich die Geschichte um Fort, seinen coolen Vater und dieser Art magischen Akademie. Manche Sachen waren mir ein bisschen zu wischi-waschi erklärt, zum Beispiel, warum man sich die Sprüche nicht einfach so merken konnte: na ja, ist halt Magie ist mir da ein bisschen zu wenig. Auch ergibt es nicht viel Sinn, auf Geheiß eines Geheimdienstlers einen Jungen an die Akademie zu holen, den man nach drei Tagen durchfallen lassen will - der Geheimdienstler ist ja auch nicht völlig verblödet und würde einfach mal nachfragen, warum dieser Junge für die Aufgabe von drei Wochen eben nur die drei Tage Zeit bekommen hat. Es gab einige äußerst brutale Szenen, gerade für ein Jugendbuch, und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass es an einer Akademie, die so sehr darauf hofft, dass diese Jugendlichen ihre Rettung ist, okay ist, wenn die eine Gruppe der Jugendlichen regelmäßig sehr, sehr brutal und heftig von der anderen Gruppe verletzt wird. Auffallend ist auch, dass sich sämtliche Kids - und wir reden hier von 12/13jährigen - einer auffallend erwachsenen Sprache bedienen. Das sind dann schon so Sachen, die mich stören. Trotzdem war es eine spannende und gut zu lesende Geschichte, deren Entwicklung im zweiten Teil abzuwarten ist. 3,5/5 Punkten.

Veröffentlicht am 10.07.2019

Hupe sucht Treter

Nimand ist perfeckt
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Joe ist chronisch pleite, lebt mit ihren drei Brüdern auf einem Schrottplatz, hat eine Sinti-Oma und einen italienischen Möchtegernmafiosi-Onkel. Außerdem arbeitet sie teilweise im Kindergarten mit Nashörnern, ...

Joe ist chronisch pleite, lebt mit ihren drei Brüdern auf einem Schrottplatz, hat eine Sinti-Oma und einen italienischen Möchtegernmafiosi-Onkel. Außerdem arbeitet sie teilweise im Kindergarten mit Nashörnern, die kleiner sind, als der Name vermuten lässt.
Roman ist chronisch reich, besitzt eine Mega-Eigentumswohnung, in der man sich verlaufen, jedoch nicht mal Möbel, in die man sich verlieben kann und ist ebenfalls in der Lage, mit einer Oma und einem Onkel aufzuwarten.
Ansonsten verbindet die beiden zunächst nichts - außer vielleicht ein Außenspiegel, der sich jedoch nach einem Hup-Treter-Zwischenspiel ganz schön hängen lässt. Doch dann passieren ein schiefgegangenes Zigeuner-Ritual, Morde in der Düsseldorfer Innenstadt, ein viel zu schnelles Auto, ein Totengeist und Allo. Nicht unbedingt in dieser Reihenfolge und nicht alle in einem kausalen Zusammenhang. Am Ende geht es nicht nur um Schrott und Kaviar, aber davon gibt es reichlich.

Als ich sah, dass ein Buch existierte, auf dessen Cover der Name Sam Feuerbach steht, war mir klar: Must-Have. Bisher haben mich die Bücher dieses Autoren nie enttäuscht, seine witzig-spritzig-hitzigen Dialoge, Szenen, Wortspiele und ... wartet ... Handlungen suchen ihresgleichen.
Vielleicht habe ich deshalb ein bisschen zu viel erwartet oder es ist diesem völlig anderem Genre geschuldet. In seinen Mittelalterfantasybüchern kann er mal eben allen den Kopf abschlagen, die stören oder die Handlung nicht voranbringen, das macht sich in der Gegenwart und vielleicht entgegen der Interessen eines Zweitautors nicht so gut.
Trotzdem kam mir die Geschichte bei aller Skurrilität (gibt es so ein Wort überhaupt?) ein bisschen seicht, ein bisschen banal und zwischendrin mit ein paar zu vielen Wiederholungen daher, um mich wirklich zu begeistern. Es hat nette Einfälle und sympathische Charaktere, wobei Joe für mich nicht unbedingt dazuzählt. Ich finde Leute, die ihr Temperament nicht im Griff haben, anstrengend, nicht lustig. Im Endeffekt bekommt man eine schnell zu lesende Lektüre, die einige Fragen offenlässt. 3,5/5 Punkten.

Veröffentlicht am 03.07.2019

Möge es nützen

All die unbewohnten Zimmer
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Es sind zwei Mordfälle, die die Münchner Kriminalpolizisten beschäftigen. Völlig unvermittelt schießt ein Mann aus einer Wohnung heraus auf eine Frau und verletzt dabei auch einen Polizisten; nahezu gleichzeitig ...

Es sind zwei Mordfälle, die die Münchner Kriminalpolizisten beschäftigen. Völlig unvermittelt schießt ein Mann aus einer Wohnung heraus auf eine Frau und verletzt dabei auch einen Polizisten; nahezu gleichzeitig wird bei der Demonstration von braunem Gesockse ein Polizist ermordet. Beide Mordkommissionen tappen lange im Dunkeln; irgendwie hängen die Fälle zusammen oder nicht? Dann kommt auch noch Ex-Kommissar Jakob Franck dazu, der Todesbotschaften überbringt und Süden - Tabor Süden, der Verschwundenensucher.

Es sind nicht die spannendsten oder gar außergewöhnlichsten Fälle, die Ani hier in seinem neuesten Roman beschreibt. Tatsächlich ist es auch weniger ein Krimi als eine Millieustudie und der Autor hält volle Kanne drauf aufs Millieu: auf die Verlorenen, die Vergessenen, diejenigen, die sich aufgegeben haben und doch nicht so genau wissen, wie sie nicht NICHT weiterleben können. Er entwickelt einen Sog, schreiben kann er, der Ani. Allerdings reißt er auch in den Mahlstrom der Depression. Alle Polizisten sind furchtbar kaputt, motiviert, ja, aber auch so erledigt von der Last der Welt auf ihren Schultern, dass man sich in ihrer Nähe nur unwohl fühlen kann. So sehr mich Anis Schreibstil und seine Nicht-Auflösung der Fälle beeindruckt, so genau weiß ich auch, dass ich jetzt eine lange Ani-Pause brauche, um diese Lektüre zu verarbeiten. Nicht einfach, nicht blutig, nicht brutal, aber so grau wie all die Gestalten, die dieses Buch bevölkern. 3,5/5 Punkten.

Veröffentlicht am 19.06.2019

Engel mit Dämonenflügeln

Angelfall - Tage der Dunkelheit
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Penryn hat den Angriff der Skorpionengel wider Erwarten überlebt und befindet sich beim Widerstand, der den Angriff auf den Engelhorst gestartet hat. Doch obwohl sie ihre kleine Schwester Paige wiedergefunden ...

Penryn hat den Angriff der Skorpionengel wider Erwarten überlebt und befindet sich beim Widerstand, der den Angriff auf den Engelhorst gestartet hat. Doch obwohl sie ihre kleine Schwester Paige wiedergefunden und befreit hat, kehrt kein Alltag ein. Paige ist für grausame medizinische Zwecke missbraucht worden, sieht aus wie ein Zombiekind und benimmt sich auch so. Anfeindungen bleiben nicht aus und so verschwindet sie eines Tages spurlos. Wieder einmal muss sich Penryn auf die Suche machen und wieder einmal ist Raffael, der Engel mit den Dämonenflügeln nicht weit entfernt.

Wie schon im ersten Buch bekommen wir eine Geschichte, die sehr spannend und gut erzählt ist. Die Heldin taumelt von einer nahezu ausweglosen Situation in die nächste. Zum Glück fühlen sich der Engel und sie zwar von einander angezogen, er ist engelsmäßig wunderschön und sie ist auch sehr hübsch, aber das gegenseitige Geschmachte hält sich doch gut in Grenzen. Action kommt nicht zu kurz und meistens ist Penryn sehr gut in der Lage, sich selbst zu verteidigen, ohne auf ihren Ritter mit Dämonenflügeln warten zu müssen. Das sind alles super Voraussetzungen für ein Wahnsinnsbuch, wenn sich die Handlung selbst ein wenig mehr entwickeln würde. So jedoch ist man zwar gefesselt und nie gelangweilt, aber im Hinterkopf lauert immer der Gedanke: Okay, aber hatten wir das nicht alles schon mal in Band 1? Ich hoffe jetzt also mal, dass der Abschlussteil der Trilogie ein befriedigendes Ende bringt und vergebe gute 3,5/5 Punkten.