Gelungener Generations- und Familienroman mit französischem Flair und viel savoir-vivre!
Mein Sommer mit Mémé"Mein Sommer mit Mémé" von Élaine Briag erschien 2016 bei HarperCollins Germany (TB, broschiert) und auch wenn der Erscheinungstermin etwas ungünstig anmutet (Spätherbst), so vermag die Geschichte, die ...
"Mein Sommer mit Mémé" von Élaine Briag erschien 2016 bei HarperCollins Germany (TB, broschiert) und auch wenn der Erscheinungstermin etwas ungünstig anmutet (Spätherbst), so vermag die Geschichte, die Élaine Briag erzählt, dennoch etwas sommerliches französisches Flair durch das wundervolle Cover und auch die Handlung sowie die Beschreibung der Landschaft des Burgund mit seinen Weingütern in die kältere Jahreszeit bringen...
Mémé (im Französischen für Großmutter) schart ihre Familie mittels einer Einladung, die ihr sehr wichtig ist, um sich, da sie zum einen ihren 80. Geburtstag im Kreise der Familie feiern möchte und Hilfe bei der Renovierung des altes Hauses, eher Schlösschens braucht, in dem zuvor lange Zeit ihr nun verstorbener Cousin Valentin wohnte...
Für ihr Alter außergewöhnlich agil, fährt sie Mobylette, wandert gerne, ist ein Genußmensch und steht zu ihrer Entscheidung, die sie von ihrer französischen Familie einst entzweite, einen Deutschen geheiratet zu haben, dem sie ins Markgräfler Land folgte und viele glückliche Jahre mit ihm verbrachte.
Als Ich-Erzählerin tritt Paula auf, die eigentlich ihre Verlobung mit Jakob, einem angehenden Arzt, in Paris nachfeiern will, sobald er von seiner Tätigkeit in Kenia als 'Arzt ohne Grenzen' Urlaub erhält...So treffen also (meist ohne es wirklich zu wollen) im Burgund für 3 Wochen alle Familienmitglieder zusammen: Paula, Claire, ihre Mutter, Marcel, ihr Bruder mit Frau Helen und Tochter Meike, was für alle nicht ohne Folgen bleiben soll und ihr Leben verändert; von der resoluten Mémé wird der Menüplan erstellt, sie schreibt auch ansonsten die Règlements vor und jedem ist klar, dass diese Zeit sehr wichtig für Mémé sind, geht es doch um Renovierung und den Erhalt des 'zurückeroberten' geliebten Chateaus, in dem sie einst aufwuchs... Da bleibt auch nicht aus, dass unter den Teppich gekehrte Probleme plötzlich auftauchen, wo die anderen sie nicht vermutet haben:
"Dort, wo reine Harmonie herrscht, nagt der Wurm im Gebälk, bis bei der geringsten Erschütterung das marode Gebäude zusammenbricht". (Zitat Méme, S. 107)
Solche Sätze sind es, die diesen mit viel Empathie und sehr sympathischen Figuren - allen voran die betagte Mémé - emotionale Tiefe geben, die ohnehin in gewohnter 'manière' der Autorin mit viel Herz in der Feder geschrieben wurde. Mémé macht Enkelin Paula zu ihrer Komplizin, um die Rätsel um Valentin zu lösen, mit dem sie lange Zeit keinen Kontakt hatte. Paula, die auch ihre Beziehung zu Jakob überdenken muss, begibt sich nur allzu gerne in die Schatzkammer des Dachbodens, da ihr dies als Kind stets verwehrt worden war...
In diesem Familienroman geht es sehr viel um das französische savoir-vivre, was sich bei den Menüzubereitungen typisch französischer Küche und den herrlichen Landschaftsbeschreibungen zeigt: Im Ets. Martin & Fils, einem Weinhändler und Weingut, von dem noch zu lesen sein wird, entführt die Autorin den Leser in die Welt der Sommeliers und beschreibt in herrlich-humorvoller Weise eine Wahrheit: Dass der alte Rouge im separaten, dunklen Kellergewölbe nur ein Flüstern verträgt: Er braucht Ruhe ;)
Die Frage, um die der Roman kreist, ob es eine weitere erbberechtigte Person außer Mémé, die mit der Sanierung von Haus und Garten überaus beschäftigt und nicht zu stoppen ist, gibt und Valentin unerwarteterweise doch Nachkommen hatte, spitzt sich zum Romanende hin zu; auch die schwelenden Familienprobleme bedürfen einer "kollektiven Konfliktlösung"... Das von Mémé initiierte 'Sommerwichteln' spielt hierbei eine tragende und durchaus positive Rolle...
Ein runder, stimmiger Abschluss krönt diesen Frauen- und Familienroman, der flüssig zu lesen und sehr unterhaltsam ist und dem es an emotionaler Tiefe nicht mangelt.
Fazit:
Ein wie gewohnt mit emotionaler Feder, viel Herz und sympathischen Figuren geschriebener Roman, der ein wenig Sommerwärme und die französische Kultur mitbringt, die auch im Winter das Herz des Lesers zu wärmen vermag. Einziger Minuspunkt meinerseits: Mir fehlte etwas mehr Spannung und auch das Ende war, wenn auch schön, etwas zu vorhersehbar. Gerne vergebe ich verdiente 4 Sterne und eine Leseempfehlung.