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Nilchen

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.06.2020

Literarische Beschreibungskunst als autobiografisches Werk

Die Kartographie der Hölle
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„Die Kartographie der Hölle“ ist Knud Romer’s zweiter Roman. Ich kannte den Ersten vor dieser Lektüre nicht und konnte mich ganz unvoreingenommen dem Werk widmen. Dann begann ich diesen Roman, bei dem ...

„Die Kartographie der Hölle“ ist Knud Romer’s zweiter Roman. Ich kannte den Ersten vor dieser Lektüre nicht und konnte mich ganz unvoreingenommen dem Werk widmen. Dann begann ich diesen Roman, bei dem man nie so genau weiß was autobiografisch ist und was dann doch noch hinzugedichtet wurde. Aber eigentlich ja auch irrelevant, wenn man eigentlich ein gutes Buch lesen möchte. Und seine Prosa ist in der Tat gut. Wunderbar kann Knud Romers Wörter zu fantastischen Sätzen kombinieren und man möchte förmlich den Hut ziehen vor solch einer Leistung. Schreibkunst auf wahrlich höchstem Niveau. Und nun kommt das „Aber“, ganz recht. Leider leider ist der Roman sehr langatmig und Knut Romers sehr detaillierte Beschreibungen nehmen kein Ende. Nach 100 Seiten war ich es leid und las leider immer nur noch sporadisch 10-20 Seiten damit ich mal vorankam. Aufgeben mochte ich allerdings auch nicht, denn der Text als solcher ist gelungen. Bloß sollte man nicht Erwartung haben hier erzählt einer sein Leben stringent und erhellend. Es wird in Teilen sehr konfus, wenn er anfängt in seiner Einsamkeit einen Freund zu erfinden mit dem er sich auseinandersetzt oder Drogen im Spiel sind. Dann kommen wieder so aberwitzige Passagen wo er sein Ziel im Inselverlag publiziert zu werden postuliert, was ja dem Autor nun im wahren Leben auch gelang.
Mit Abstand ein interessanter, aber ganz ehrlich ein anstrengend zu lesender Roman. Sicherlich für den Autor, der auch Werbfachmann ist, ein Kontrast zu dem auf den Punkt gebrachten Slogan, sich hier seitenweise kleinsten Details zu widmen.
Fazit: Nicht jedermanns Sache.

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Veröffentlicht am 26.02.2020

Ein bitterer Zufall

Nach Mattias
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Hier stirbt ein junger Mann Namens Mattias. Und mehr weiß man lange nicht. Dieser Roman „Nach Mattias“ ist nichts für Fakten-Leser, hier muss man erst einmal die eigene Unwissenheit aushalten, um dann ...

Hier stirbt ein junger Mann Namens Mattias. Und mehr weiß man lange nicht. Dieser Roman „Nach Mattias“ ist nichts für Fakten-Leser, hier muss man erst einmal die eigene Unwissenheit aushalten, um dann recht spät die Zusammenhänge zu verstehen. Es kommen 9 verschiedene Personen als Ich-Erzähler zu Wort, alle verbindet sie etwas mit Mattias, die einen sehr viel, die anderen nur ein Ereignis – die Bandbreite ist groß. Und so auch die Themenvielfalt der einzelnen Personen. Was sie beisteuern ist aus ihrem sehr persönlichen Blickwinkel erzählt. Mal verlierend in Details, mal hadernd, mal ausschweifend – mal mehr über Mattias, mal weniger. Sicher wächst die Erkenntnis im Laufe des Romans was überhaupt passiert ist und wie diese Personen zusammenhängen, aber durch die minimalistische Schreibkunst Peter Zantinghs bleibt viel unklar und die eigne Vorstellungskraft ist gefragt. Minimalistisch ist der Roman nicht nur auf inhaltlicher Ebene, auch die Sätze selbst, wirken zum Teil unnatürlich verkürzt. Wie beispielsweise auf Seite 153 “Dafür war sie Mutter: zu glauben, dass eine bessere Version ihrer selbst existierte, die das Glück länger festhalten und gesünder sein und sie unsterblich machen würde.“
Musik spielt in diesem Roman auch eine entscheidende Rolle, es gibt sogar eine Playliste am Ende des Buches, die auch der Autor beim Schreiben hörte. Es werden immer wieder Lieder benannt.
Der Autor, Peter Zantingh, hat den Roman geschrieben um den zufälligen Tod als Handlungsauslöser und Einflussgröße bei Dritten zu untersuchen. Was passiert wem, wenn eine Person jetzt verstirbt? Aus dieser Gedankenspiel entstand dieser Text, was ich als interessanten Untersuchungsgegenstand empfinde.
Insgesamt hat der Roman mich nicht überzeugt, vor allem durch die stakkatoartige Schreibweise und einzelne Inhalte wie Fußball. Meine Vermutung ist, dass es Leser geben wird, die dieses Buch feiern werden, mir fallen auch gleich ein paar Männer ein, die hier Freude am Lesen haben könnten – aber meins ist es nicht.

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Veröffentlicht am 06.07.2019

Guter Schmöker

Im Freibad
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Geschmäcker sind verschieden und das gilt natürlich auch für Romane! Normalerweise habe ich nach Beendingung eines Romans eine genaue Bewertung für das jeweilige Buch im Kopf und kann es entweder empfehlen, ...

Geschmäcker sind verschieden und das gilt natürlich auch für Romane! Normalerweise habe ich nach Beendingung eines Romans eine genaue Bewertung für das jeweilige Buch im Kopf und kann es entweder empfehlen, vielleicht auch nur einer bestimmten Gruppe von Personen oder eben auch überhaupt nicht. Und nun kommt mir „Im Freibad“ von Libby Page (im Original „The Lido“) zwischen die Finger, dass passender in diesen letzten Sommertagen hätte nicht sein können. Die meiste Lesezeit habe ich sogar in Freibädern verbracht – besser geht es nicht. Und trotzdem war ich stellenweise gelangweilt, dann wieder mitfiebernd ob das Schwimmbad gerettet wird. Mal hat mich der Schreibstil genervt, weil doch recht einfach gehalten und mal gab es Sätze die schöner nicht hätten sein können. Die Darstellung von Brixton und seinen Bewohnern fand ich gut und teilweise originell, aber auch strapazierend unkreativ bei manch anderen.
Was mir auch zu Beginn natürlich schon bewusst war, es ist keine herausragende Literatur, sondern eben ein Buch fürs Schwimmbad, für die Ubahn, für den Strand, für den Flieger. Ablenkende Lektüre.
Die Gestaltung des Buches selbst ist äußert gelungen, nicht nur das Cover auch die innenliegenden Seiten des Umschlages zieren Schwimmbahnen mit Schwimmern. Gestalterisch gelungen.
Ihr ahnt es schon, so recht empfehlen mag ich es nicht, aber wer ein leichtes Sommerbuch sucht, liegt hier nicht falsch und ist mit „Im Freibad“ sicher besser bedient als mit anderen Schmökern. Ja, vielleicht ist das mein Resümee für einen Schmöker sehr gelungen! Wer gerne auch mal zu einem englischen Buch greift ist mit dem Original sicher gut bedient, kein komplizierter Text.
Die Autorin Libby Page ist jung und ich glaube fest daran, dass mit steigender Lebenserfahrung auch die Ausarbeitung der Charaktere tiefer wird und die Geschichten auch Ecken und Kanten bekommen. Ich bin gespannt auf ihre Entwicklung. Ich werde sicher auch dem nächsten Roman eine Chance geben . aber in English!

Veröffentlicht am 09.05.2019

Zu viel Persönliches - zu wenig Raffinesse beim Fall

Mitternachtsmädchen (Ein Nathalie-Svensson-Krimi 3)
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Der Krimimarkt ist voll von nordischen Krimis und ich finde viele gut und unterhaltam, daher auch der Griff zu „Mitternachtsmädchen“. Es ist eine Reihe um eine psychatrische Oberärztin als Hauptfigur, ...

Der Krimimarkt ist voll von nordischen Krimis und ich finde viele gut und unterhaltam, daher auch der Griff zu „Mitternachtsmädchen“. Es ist eine Reihe um eine psychatrische Oberärztin als Hauptfigur, Nathalie Svensson, die als Profilerin die schwedische Kriminalpolizei unterstützt. „Mitternachtsmädchen“ ist der dritte Teil der Reihe nach

1 „So tödlich nah“ und

2 „Dominotod“. Sehr oft stört es mich nicht mitten in einer Reihe einzusteigen, da die Fälle im Vordergrund stehen. Mit Jonas Moströms Reihe ist dies anders. Hier stehen die Fälle, hier der Serienmörder, zwar im Fokus, aber das Ganze drumherum hat fast die gleiche Gewichtung. Schon das gefällt mir persönlich weniger, aber dadurch war es erst recht nicht ideal mit Fall 3 einzusteigen. Ich kenne zwar Teil 1 & 2 nicht, aber ich würde jedem der an der Reihe als solches interessiert ist, raten mit „So tödlich nah“ Zu beginnen.
Der Fall selbst ist nicht besonders raffiniert, aber unterhaltsam. Da der ganze Fall des Serienvergewaltigers mit dem Tod der Tochter einer Freundin der Profilerin beginnt, war es mir auch etwas zu persönlich. Ihr seht mir steht das persönliche Leben der Profilerin zu sehr im Fokus.
Geschrieben ist das ganze leicht und spannend – ein klassischer Thriller aus Schweden, der zum Glück nicht zu blutig ist, man kann mit raten und wird unterhalten. Perfekt für den Strand.

Veröffentlicht am 13.04.2019

St. Pauli in den 60er Jahren

Große Freiheit
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St. Pauli in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts. Wir tauchen mit Wolli ein in den Kiez und begleiten ihn auf seiner Eroberungstour. Wir bekommen viele echte Ereignisse mit, wie die Eroberung der ...

St. Pauli in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts. Wir tauchen mit Wolli ein in den Kiez und begleiten ihn auf seiner Eroberungstour. Wir bekommen viele echte Ereignisse mit, wie die Eroberung der Beatles, das Jahrhunderthochwasser, die neuen Clubs in der Großen Freiheit, JFK als neuer Präsident. Wolli nutzt jede sich bietende Gelegenheit auf dem Kiez zu arbeiten, macht sich viele Freunde und findet letztendlich eine Wohnung in der Großen Freiheit Nr. 11.
Schade an dem gesamten Text ist leider die Oberflächlichkeit, ohne Frage wird man hier gut unterhalten, ist es doch als ob man durch ein Schlüsselloch den Kiez der 60er Jahre beobachten kann. Aber mehr eben leider auch nicht. Was denkt sich Wolli, wenn er sich mit einer brutalen Kiezgröße auseinander setzten muss. Was denkt er wirklich über die Frau an seiner Seite – sie hat null Intellekt – warum bleibt er bei ihr? Wir begleiten Wolli und merken auch ansatzweise wie es ihm geht, aber so richtig verstehen kann man ihn nicht. Daher lässt mich dieser Roman ratlos zurück. Gelesen habe ich ihn gerne – sicher weil er sehr sensationsheischend ist. Wenn man wie ich nie Teil dieser doch sehr eigenen Welt war, macht das besonders neugierig auf das Völkchen in den entsprechenden Etablissements. Besonders wie in aller Welt kommen die da hin und warum bleiben sie? Diese Fragen bleiben alle offen.
Ein Zitat von Jean Ganet zu Beginn des Romans lies bei mir die Hoffnung keimen, dass dieser Roman eine künstlerische Aufarbeitung dieser Zeit ist, aber da wurde ich enttäuscht.
Fazit: Gerne gelesen, aber zu wenig Tiefe, mich hätte das Innenleben der einzelnen kuriosen Persönlichkeiten noch mehr gereizt. Wer gerne nur durchs Schlüsselloch schielt um Sensationen zu lesen, darf gerne zugreifen!