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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.08.2019

Spannende 830 Seiten

Verratenes Land
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Pulitzer Preisträger Marshall McEwan kommt nach 30 Jahren wieder zurück in seine Heimatstadt Bienville am Mississippi. Sein Vater liegt im Sterben. Weil dieser die örtliche Zeitung, die schon seit langer ...

Pulitzer Preisträger Marshall McEwan kommt nach 30 Jahren wieder zurück in seine Heimatstadt Bienville am Mississippi. Sein Vater liegt im Sterben. Weil dieser die örtliche Zeitung, die schon seit langer Zeit im Besitz der Familie ist, wegen seiner Krankheit nicht mehr leiten kann, will Marshall sich darum kümmern.

Dann gibt es da in Bienville noch den sogenannten Bienville Pokerclub. Es sind 12 Männer, die selbstherrlich über die Stadt bestimmen. Eine Papierfabrik soll auf einem Gelände gebaut werden, auf dem Buck Ferris, der Ziehvater von Marshall alte Indianersiedlungen vermutet, die er ausgraben möchte.

Buck Ferris kommt plötzlich durch einen mysteriösen Unfall zu Tode. Der Verdacht liegt nahe, dass der Pokerclub dahinter steckt.

830 Seiten umfasst der Roman. Ich hatte mich schon auf einige Tage Lesezeit eingestellt. So viele Seiten brauchen halt ihre Zeit. Aber dann ging es doch recht schnell. Und woran lag das? Iles schafft das Kunststück, über die enorme Länge der Geschichte einen Spannungsbogen aufzubauen und zu halten, dass ich das Buch in jeder freien Minute zur Hand genommen habe.

Iles erzählt aus der Sicht von Marshall McEwan. Immer wieder baut er Rückblicke auf die Vergangenheit ein. Zu Anfang dachte ich noch, was sollen diese Rückblicke? Die halten den Fortgang der Geschichte nur auf. Aber es wird schnell klar, dass durch die Erlebnisse in der Vergangenheit das Handeln der Personen in der Gegenwart sehr stark bestimmt wird.

Überhaupt, die Personen: Es sind sehr viele Personen, die eine Rolle spielen. Da geschieht es sehr leicht, dass man die Übersicht verliert. Wie oft habe ich schon in anderen Romanen zurück geblättert, um mich bei den Personen wieder zurecht zu finden. Iles gelingt das Kunststück, dass der Leser trotz der vielen handelnden Personen leicht den Überblick behält.

Es gab mal einen "Literaturpapst", der Romane über 500 Seiten, ohne sie gelesen zu haben, per se als schlecht bezeichnete. Bei Iles Buch haben wir ein Beispiel, dass Romane mit großem Umfang nicht automatisch schlecht sein müssen. Hier ganz im Gegenteil!

Veröffentlicht am 22.07.2019

Ein kriminalistischer Roman

Die geheime Mission des Kardinals
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Ein etwas anderer Kriminalroman.

Aber zunächst etwas zum Inhalt: im Jahre 2010 wird der italienischen Botschaft in Damaskus ein Fass geliefert. Darin in Olivenöl die Leiche des Kardinals Angelo Cornaro, ...

Ein etwas anderer Kriminalroman.

Aber zunächst etwas zum Inhalt: im Jahre 2010 wird der italienischen Botschaft in Damaskus ein Fass geliefert. Darin in Olivenöl die Leiche des Kardinals Angelo Cornaro, der in einer Geheimmission in Syrien unterwegs war. Kommissar Barundi wird mit den Ermittlungen beauftragt. Da die Leiche der italienischen Botschaft geliefert wurde, wird aus Italien Commissario Marco Mancini hinzugezogen. Die beiden stehen vor einer schwierigen Aufgabe. Wie soll es ihnen gelingen bei den herrschenden syrischen Verhältnissen, die Mancini scherzhaft mit italienischen Verhältnissen vergleicht, die Schuldigen zu finden.

Ein etwas anderer Kriminalroman, wie ich in der Überschrift schrieb, ein kriminalistischer Roman. Ich meine damit einen Roman, der zwar eine Handlung hat, wie ein Kriminalroman, denn ein Mord ist geschehen und wird aufgeklärt. Aber ein großer Teil des Romans wird von der Beschreibung der gesellschaftlichen Verhältnisse in Syrien in Anspruch genommen, die von Diktatur und einem allmächtigen Geheimdienst überschattet sind. Ein weiteres wichtiges Gesellschaftsbild ist die die Beschreibung des Zusammenlebens der verschiedenen Religionen und Glaubensrichtungen. Die eigentliche Geschichte spielt sich in nur wenigen Wochen ab. Aber das Buch umfasst einen Zeitraum von vielen Jahren. Das gelingt Rafik Schami, indem er z. B. immer wieder Auszüge aus Barundis Tagebuch einblendet, in dem er nicht nur auf die Gegenwart sondern auch auf seine Vergangenheit eingeht.

Ein Krimi hat oft einen Spannungsbogen, der sich vom Beginn an immer mehr steigert und dann am Ende nach Aufklärung des Falls steil abfällt. bei Schami haben wir es in diesem Buch mehr mit einer gleichbleibenden Spannung zu tun. Nicht mal an der Stelle, als die beiden Kommissare in die Gewalt von Rebellen geraten, hatte ich den Eindruck, dass da die Spannung bemerkenswert stieg. Irgendwie weiß man, dass Schami seine Protagonisten schon gut durchkommen lassen wird.

Diese Art der Spannungsführung ist ungewöhnlich, passt aber sehr gut zu diesem Buch. Es lässt sich gut lesen. Auf jeden Fall eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 08.07.2019

Zeitbild

1793
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Ein Krimi, der ein Zeitbild ist. Es beginnt mit dem Fund einer Leiche im Jahr 1798 in Stockholm. Es ist die Leiche eines jungen Mannes, dem man einige Zeit vor seinem Tode alle Gliedmaßen, die Augen und ...

Ein Krimi, der ein Zeitbild ist. Es beginnt mit dem Fund einer Leiche im Jahr 1798 in Stockholm. Es ist die Leiche eines jungen Mannes, dem man einige Zeit vor seinem Tode alle Gliedmaßen, die Augen und die Zunge entfernt hat. Stadtknecht Mickel Cardel und der Jurist Cecil Winge sollen den Fall aufklären.

In mehreren Erzählsträngen wird im Rückgriff auf die Vergangenheit, genauer auf das Jahr 1793, erzählt, was vorher geschehen ist. Da ist die Geschichte von Christoffer Blix, der als ehemaliger Feldscherlehrling zu einer grausigen Tat gezwungen wird. Und da ist die Geschichte von Anna Stina, die unmenschliches durchmachen muss.

Am Ende werden alle Erzählstränge zusammengeführt und es kommt zu einer etwas überraschenden aber schlüssigen Aufklärung.

Ich hatte zunächst etwas Schwierigkeiten, die Namen der handelnden Personen nicht zu verwechseln, Das wurde im Laufe der Geschichte immer einfacher.

Was dieses Buch vor allem ausmacht, ist die Vermittlung eines Zeitbildes, das von einer enormen Recherchearbeit zeugt, die sich aber auf jeden Fall gelohnt hat.

Veröffentlicht am 17.06.2019

Alte Bekannte

All die unbewohnten Zimmer
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Polonius Fischer, Jakob Franck, Fariza Nasri und Tabor Süden, die Hauptpersonen des Krimis. Man fühlt sich an andere Krimis von Friedrich Ani erinnert. In diesem Buch gibt es also ein Wiedersehen mit alten ...

Polonius Fischer, Jakob Franck, Fariza Nasri und Tabor Süden, die Hauptpersonen des Krimis. Man fühlt sich an andere Krimis von Friedrich Ani erinnert. In diesem Buch gibt es also ein Wiedersehen mit alten Bekannten.

Es geht etwas verworren zu. Ein Streifenpolizist und eine Frau. Dabei weiß man bei beiden nicht, sind sie gezielt getötet worden oder war es jeweils nur eine Art Zufall? Beschreibungen der Geschehnisse und Geständnisse. Aber war es tatsächlich so, wie es auf den ersten oder auch zweiten Blick aussah? Oder waren es ganz andere zunächst unvermutete Ursachen und Motive, die den Taten zugrunde liegen?

Ich fühlte mich an ein Gewebe oder eine Strickarbeit mit mehreren verschieden farbigen Fäden erinnert. In meisterlicher Weise verarbeitet Ani diese Fäden zu einem rundum gelungenen Werk. Dabei sind die verschiedenen Erzählstränge so angeordnet, dass man Geschehnisse, die man bereits kannte oder zu kennen glaubte, aus einem anderen Blickwinkel noch einmal angeboten bekommt. Und aus diesem anderen Blickwinkel sieht alles dann wieder ganz anders aus.

Zunächst ist das Vorgehen Anis etwas ungewohnt. Es stiftet auch unter Umständen etwas Verwirrung beim Leser. Aber man muss sich auf dieses "Strickmuster" einlassen. Man sollte nichts als Tatsache annehmen, denn meistens entwickelt es sich doch anders als gedacht. So kommt es zu einem überraschenden aber logischen Ende.

Ani schreibt in seiner üblichen, leicht lesbaren Form. Man merkt den versierten Schriftsteller. Und ich kann nur sagen: Immer wieder gern.

Veröffentlicht am 22.05.2019

Liebenswert

Bell und Harry
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Jane Gardam hat 9 Geschichten geschrieben. Es sind immer wieder dieselben Personen, um die es in diesen Geschichten geht. Die Geschichten erstrecken sich über einen Zeitraum von über 20 Jahren. Es geht ...

Jane Gardam hat 9 Geschichten geschrieben. Es sind immer wieder dieselben Personen, um die es in diesen Geschichten geht. Die Geschichten erstrecken sich über einen Zeitraum von über 20 Jahren. Es geht um den Farmersohn Bell und seine Familie und um seinen Freund Harry und dessen Familie. Harrys Familie verlebt über 20 Jahre regelmäßig ihre Ferien auf einer Farm in der Nachbarschaft von Bell. Ihre kleinen und großen Abenteuer und die Besonderheiten des Lebens im Dorf und seiner Bewohner sind es, die uns erzählt werden. Dabei werden Harry die Farm, das Dorf und seine Bewohner zu einer zweiten wichtigeren Heimat, wichtiger als London, wo die Familie normalerweise wohnt.

An dieser Stelle komme ich auf meine Überschrift "Liebenswert" zurück: In zweierlei Weise trifft diese Bezeichnung zu. Liebenswert sind sie, die Personen, auch mal etwas schrullig und seltsam. Aber selbst die sogenannte "Eierhexe" entpuppt sich als liebenswert und umgänglich. Und das Zweite ist die Art, wie Gardam die Geschehnisse beschreibt. Auch das kann man nur liebenswert nennen.

Viele alte Geschichten und Mythen bestimmen das Leben im Dorf. Krisen sind zu bewältigen. Alles wird auf eine amüsante Art erzählt. An vielen Stellen muss man einfach schmunzeln. Spannung, im Sinne von Krimispannung, kommt nicht auf. Selbst an Stellen, wo Bell und Harry gefährliche Abenteuer erleben, ist man von vorn herein gewiss, dass Gardam ihre Protagonisten schon wieder sicher nach Hause bringen wird.

In der letzten Geschichte wird es etwas dramatisch. Aber ich will natürlich nichts verraten. Zusammengefasst lässt sich sagen: Ein liebenswertes Buch, das ich gern gelesen habe. Unbedingt empfehlenswert.