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Veröffentlicht am 09.01.2017

Rausgerotzter Gehirnfurz

Drive-In
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In der Regel wähle ich meine Überschriften mit ein wenig mehr Fingerspitzengefühl. Allerdings ist es dieses Mal gleich ein Test: Wer sich von meiner Überschrift schon abgestoßen fühlt, sollte auf jeden ...

In der Regel wähle ich meine Überschriften mit ein wenig mehr Fingerspitzengefühl. Allerdings ist es dieses Mal gleich ein Test: Wer sich von meiner Überschrift schon abgestoßen fühlt, sollte auf jeden Fall die Finger von dem Buch lassen. Denn bei aller Brutalität ist es genau das, was das Buch ausmacht.

Es ist eine Trilogie, dieser fette Schinken Drive In. Und allein darin liegt schon das Problem. Keine Ahnung, was sich Heyne dabei gedacht hat, aber die geballte Ladung Drive In ist eigentlich unerträglich. Dabei ist Teil Eins noch ... ganz nett ist hundertpro der falsche Ausdruck, trifft es aber noch am besten. Der Ich-Erzähler Jack und seine Freunde Bob, Willard und Randy verbringen ihre meisten Freitagabende im Orbit, dem riesigen Drive-In-Kino ihrer Gegend, in der nur Horror- und Splatterfilme gezeigt werden. Doch an einem Abend geht etwas schief. Ein Meteorit (oder so) stürzt auf das Orbit und die Kinogänger sind eingeschlossen im Drive In, umgeben von einer schwarzen Masse, die alle, die sie berühren, auflöst. Am Anfang versuchen die meisten noch, ruhig zu bleiben, doch nach einer gewissen Zeit, als die Vorräte alle sind, eskaliert das Ganze sehr schnell in Bandenbildung, Totschlag, Mord, Kannibalismus.

Das allein wäre eine super menschliche Studie der menschlichen Natur gewesen, schön eingerahmt in eine Geschichte, die einem zuckerschock- und drogenvernebelten Gehirn entsprungen sein mochte. Doch davon abgesehen, dass man eigentlich nur auf Distanz gehalten wird (oh, die essen ein rohes Baby, nicht mal gebraten?), ist es nicht genug mit der einen Story. Es müssen nach einem wahrscheinlich unerwarteten Erfolg zwei Sequels hinterhergeschoben werden, die immer abgedrehter und bekloppter werden. Was, die schlucken auch die Scheiße von Teil 2? Dann schreibe ich nur noch Müll, ist ja schließlich Kult.

Seit ich mein erstes Buch von Lansdale gelesen habe, war ich begeistert. Der Kerl hat eine Schreibweise, die einen reinzieht und mitreißt, ja, oft dreckig und brutal ist, was in den anderen Büchern auch gepasst hat. Aber hier watet man ständig bis zum Hals in der Scheiße, taucht ab und zu unter und nimmt einen kräftigen Schluck von der Brühe, bis es nicht nur vorne wieder rauskommt, sondern auch aus den blutenden Ohren. Hier wird gekotzt, geschissen und gefickt, viel mehr ist mir eigentlich nicht in Erinnerung geblieben. Mag sein, dass das die Quintessenz des Menschen ist, gute Horrorliteratur ist das nicht. No, Sir, Mr Lansdale, that was ... shit.

Veröffentlicht am 01.01.2017

Dear Boredom

DEAR AMY - Er wird mich töten, wenn Du mich nicht findest
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Ein Wirbelwind von einem Psychothriller, steht hinten auf der Klappentextseite. Dieser Wirbelwind konnte mich nicht beeindrucken, kam er doch in Slow Motion daher. Und auch bei einem "Psycho"Thriller wäre ...

Ein Wirbelwind von einem Psychothriller, steht hinten auf der Klappentextseite. Dieser Wirbelwind konnte mich nicht beeindrucken, kam er doch in Slow Motion daher. Und auch bei einem "Psycho"Thriller wäre es cool, wenn es ein bisschen Thrill geben würde. Doch hier? Nichts. Doch zum Inhalt:

Dear Amy ist eine Kolumne, die Margot Lewis, die eigentlich Lehrerin ist, in der hiesigen Tageszeitung führt. Meistens bekommt sie Post, die in etwa so langweilig ist wie sie selbst, doch eines Tages verschwindet eine ihrer Schülerinnen, Katie. Und nur kurz darauf bekommt Margot den Hilferuf eines Mädchens mit Namen Bethan Avery. Dumm nur, dass Bethan vor siebzehn Jahren verschwand und selbst wenn sie noch leben sollte, mittlerweile kein Mädchen mehr sein kann, sondern eine Frau ist. Warum also schreibt jemand unter diesem Namen? Margot wendet sich an die Polizei, doch es ist ein Kriminologe, der sie ernst nimmt und sich mit ihr auf eine Spurensuche begibt, die fast zwei Jahrzehnte zurückführt.

Vielleicht hatte ich zu viel erwartet. Ganz sicher hatte ich das, denn die inhaltlichen Vorgaben finde ich eigentlich spannend. Das Problem bestand eigentlich aus mehreren. 1. Die langatmige Schreibweise und die Konzentration auf Sachen, die nichts mit dem Fall zu tun haben (Freundin-Gelaber, Ex-Mann-Gelaber). 2. Die mir übelst unsympathische Protagonistin. Ich konnte Margot nicht ausstehen. Ihre Art (ständig säuft sie ganze Weinflaschen am Abend), ihre Ansichten (sie ist dauergeil auf ihren Ex, obwohl der sie betrogen hat, kann aber auch nicht ihre Augen von dem gutaussehenden Kriminologen lassen), ihre saudummen Ansichten über Leute (z. B. die Neue ihres Ex-Mannes: huh, die ist viel schlauer als ich, aber sieh mal, ich kann schwierige Worte aussprechen und kenne mich mit Literatur aus, was ich bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit beweise). Die Lösung des Falles kam mir an den Haaren herbeigezogen vor, und warum sich der Kriminologe mit der Frau abgeben wollte, die abwechselnd hysterisch oder nervig reagiert, blieb mir ein Rätsel. Richtig gut fand ich nur die zwei Seiten am Schluss, als Margot endlich mal die Initiative ergreift und kämpft. Mehr als 1,5/5 Punkten kann es so nicht geben.

Veröffentlicht am 23.12.2016

Orphan in der Unterwelt

Song of the Slums
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Als "Steampunk-Juwel" wird dieses Buch hinten auf dem Klappentext angepriesen. Und ich bin drauf reingefallen. Ich behaupte mal Folgendes: Nur weil ein Roman mit Dampfmaschinen und Robotern aufwartet, ...

Als "Steampunk-Juwel" wird dieses Buch hinten auf dem Klappentext angepriesen. Und ich bin drauf reingefallen. Ich behaupte mal Folgendes: Nur weil ein Roman mit Dampfmaschinen und Robotern aufwartet, ist es noch lange kein Steampunk. Doch okay, ich fasse mal kurz zusammen.

Orphan ist ein junger Typ, der schrecklich in Lucy verliebt ist. Er arbeitet in einem Buchladen, dessen Besitzer gern ein bisschen auf Revoluzzer macht. England wird von Echsen beherrscht, die irgendwann mal aus dem Weltraum gekommen und auf einer abgeschiedenen Insel namens Caliban von einem Forscher gefunden und geweckt worden waren. Der namensgebende Bookman ist ein Terrorist, der (meistens in Büchern versteckt) Bombenanschläge verübt. Bei einem dieser Anschläge stirbt Lucy - und Orphan muss ausgerechnet einen Auftrag vom Bookman annehmen.

Die Idee hätte eigentlich wirklich cool sein können. Es gibt Luftschiffe und dampfbetriebene Karossen, ein außerirdisches Herrschergeschlecht, intelligente Roboter und Cyborgs, die ihr eigenes Ding drehen, es tauchen unter anderem ein mechanischer Byron auf, die Brüder Holmes, Irene Adler, Moriarty, Sebastian Moran, Jules Verne und der Kapitän der Nautilus ... Doch das Buch hat keine Seele, es wirkt wie aneinandergereihte Szenen, die abgearbeitet werden müssen, Gefühle werden behauptet, aber nie beschrieben, es gibt sinnlose Aktionen wie eine Reise zu der Insel Caliban, bei dem genauso sinnlos viele Leute geopfert werden, manchmal hatte ich das Gefühl, dass ich gern mal ausprobiert hätte, was der Autor beim Schreiben geraucht hat: Leider bleibt es nur bei wirren Fieberträumen in einem flüssigen Schreibstil, der dennoch nicht abholen und schon gar nicht begeistern kann. Für mich wird es keine Fortsetzung geben.

Veröffentlicht am 12.11.2016

Die Spionin, die keine war

Die Spionin
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Mata Hari. Schon der Name spricht von Exotik, ihr Leben und ihre Spionage für angeblich mindestens drei Staaten gibt noch immer Anlass zum Spekulieren. Doch wer war diese Frau? Coelho schreibt im Nachwort, ...

Mata Hari. Schon der Name spricht von Exotik, ihr Leben und ihre Spionage für angeblich mindestens drei Staaten gibt noch immer Anlass zum Spekulieren. Doch wer war diese Frau? Coelho schreibt im Nachwort, die Geschichte beruhe auf wahren Begebenheiten, erhebe jedoch keine Ansprüche, eine Biographie zu sein. Ein wirklich cleverer Schachzug! Denn bis auf die ersten paar Seiten, wo er sich wirklich bemüht hat, etwas Interessantes zu liefern, liefert er nichts, was man nicht auch von Wikipedia raussuchen könnte, und selbst das ist dort spannender geschrieben.

Im Prolog geht es um eine beeindruckend starke Frau, die cool und gelassen auf das Erschießungskommando wartet. Diese Frau konnte ich nach dem Prolog nicht einmal mehr mit der Frau in Verbindung bringen, über die geschrieben wurde. Coelho benutzt zwar den Namen Mata Hari, aber er hätte auch über Martha Müller schreiben können. Nach ihrer Zeit auf Java, als sie nach Paris kommt, lässt er Lücken über ihr Leben, von denen der Leser nichts erfährt. Man kann sich noch zusammenreimen, dass sie um 1904/1905 dort aufschlägt, weil verwundete russische Soldaten erwähnt wurden. Als Geschichtsstreber wusste ich, dass zu dieser Zeit der japanisch-russische Krieg stattgefunden hatte. Aber sonst? Eben noch ging es um Mata Haris Aufstieg als Ikone in Paris, im nächsten Moment sitzt sie heulend an irgendeinem Strand, es ist zehn Jahre später, und sie auf dem absteigenden Ast und wäre es heute, ein Kandidat fürs Dschungelcamp. Dazwischen? Egal. Auch ihre "Rekrutierung" wird eher zwischen Tür und Angel beschrieben, genauso ihr Umgang damit. Was also soll dieses Buch sein? Mir kam es wie ein unfertiges Manuskript vor, als hätte Coelho irgendwann auf seinen Terminkalender gesehen und gedacht: Ups. Heute ist Deadline. Ach, egal, kriegt eh keiner mit, ich werfe diese paar Seiten jetzt meinem Verleger vor. 1,5/5 Punkten.

Noch eine Bemerkung, die mir auf der Seele brennt, auch wenn ich das nicht in die Buch-Bewertung einfließen lasse: Das Buch ist kaum so groß wie meine Hand, und ich habe nun wahrhaftig keine Holzfällergriffel. Die Eigenleistung von Coelho umfasst keine 150 Seiten, der Rest besteht aus Werbung für seine anderen Bücher oder Auszügen von Zeitungen der damaligen Zeit sowie ca. 3 Seiten über den Inhalt von Mata Haris Schrankkoffern. Und dafür 20,- Euro? Echt jetzt, Diogenes? Der alte Grieche würde sich in seinem Tonnengrab umdrehen, wenn er wüsste, was ihr abzieht.

Veröffentlicht am 30.10.2016

Vor über vierzig Jahren ...

Im Wald
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Mehr als 40 Jahre vorher: Der beste Freund von Oliver von Bodenstein, der elfjährige Artur, verschwindet spurlos, zusammen mit dem zahmen Fuchs Maxi. Unfall? Verbrechen? Unbekannt.

Heute: Auf einem Campingplatz ...

Mehr als 40 Jahre vorher: Der beste Freund von Oliver von Bodenstein, der elfjährige Artur, verschwindet spurlos, zusammen mit dem zahmen Fuchs Maxi. Unfall? Verbrechen? Unbekannt.

Heute: Auf einem Campingplatz brennt es. Eine Leiche wird gefunden. Unfall? Selbstmord? Mord? Für Bodenstein und Pia Sander beginnen die Ermittlungen, und plötzlich befindet sich Bodenstein in der prekären Lage, gegen alte Schulfreunde und Bekannte aus Rupppertshain ermitteln zu müssen. Immer mehr Tote und schwer Verletzte tauchen auf, es sieht aus, als wollte jemand hinter sich aufräumen. Dazu kommt ein Jugendlicher auf der Flucht, der seine hochschwangere noch jungendlichere Freundin dabei hat. Die heutigen Spuren führen in die Vergangenheit Bodensteins, der plötzlich gezwungen ist, Tatsachen ins Auge zu sehen und zu erkennen, dass manche Freunde niemals solche waren und manche, die man immer schlecht behandelt hatte, nichts davon verdient hatten.

Die Leseprobe fand ich spannend und auch vom Klappentext her versprach dieser Krimi ordentliche Hausmannskost. Eigentlich finde ich auch den Schreibstil ganz gut, aber Neuhaus verstrickt sich immer wieder in Nebensächlichkeiten, die wahrscheinlich auf falsche Spuren führen sollen, jedoch nur dazu dienen zu langweilen. So manches Mal, wenn wieder mal die bis zum Gehtnichtmehr ausführliche Beschreibung der Mutter oder Großmutter eines der Tatverdächtigen erfolgte, habe ich damit kämpfen müssen, das Buch weiterzulesen. Extrem gestört haben mich auch immer wieder die abgebrochenen Szenen. Wahrscheinlich sollten damit Cliffhanger und Spannung erzeugt werden, mich machten sie nur ärgerlich. Und mir fehlte oftmals die Logik. Spätestens als klar wurde, dass die neuen Verbrechen mit dem damaligen zu tun hatte, war doch auch klar, dass man unter den alten Bewohnern suchen muss. Oder Bodenstein und alle anderen, die sich plötzlich an Sachen von vor 40 Jahren erinnern - wie wahrscheinlich sind denn viele der Erinnerungen, jedenfalls von den belanglosen? Überhaupt Bodenstein: die Idealisierung dieses Protagonisten war schon nervig, schon in seiner Jugend war er perfekt (loooogisch, war ja auch ein Adliger, während die dummen Bauernjungs alle mies, fies und grausam waren). Bodenstein ist so perfekt, der kann sogar mit gebrochenem Fuß und Bänderrissen noch einen Mörder stellen. Voll krass. Whatever. Wäre das Buch um 200 Seiten kürzer gewesen, hätte es bestimmt mehr Spaß gemacht, so verlor es sich zu oft in endlosen und die Handlung nicht vorantreibenden Erzählsträngen und Unwahrscheinlichkeiten.