Selbstvertrauen – der eine hat es, dem anderen fehlt es fast gänzlich. Doch was macht Selbstvertrauen eigentlich aus? Dieser Frage spürt Charles Pépin in seinem kleinen, 224 Seiten umfassenden Sachbuch „Sich selbst vertrauen. Kleine Philosophie der Zuversicht“, das im Mai 2019 im Verlag Carl Hanser erschienen ist, nach.
Wer ein Buch erwartet, das die Antwort auf die Frage gibt, wie man ein gesundes Selbstvertrauen aufbauen kann, wird von diesem Werk wohl eher enttäuscht sein. Nichtsdestotrotz gibt es Antworten auf die Frage, was ein Vertrauen in sich selbst und seine Fähigkeiten prägt – und somit auch indirekt darauf, was ich ändern muss und kann.
Am Anfang steht, wie sollte es anders sein, das Vertrauen in mich selbst durch andere, aber auch das Loslassen und das Animieren zum eigenen Tun sind wichtige Grundlagen. In insgesamt zehn Kapiteln erörtert Pépin, was darüber hinaus dazu gehört, sich selbst vertrauen zu können. Untermauert werden seine Thesen durch zahlreiche Beispiele aus seinem eigenen Leben, aber auch dem mehr oder weniger berühmter Menschen aus Vergangenheit und Gegenwart. Selbstverständlich kommen auch, wie beim Untertitel nicht anders zu erwarten, Philosophen verschiedener Epochen zu Wort.
Wichtige Aspekte sind, dass man nicht nur in sich selbst, sondern auch in die Welt und das Leben, trotz aller Unwägbarkeiten, vertrauen muss. Ein weiterer, wichtiger Punkt ist, selbst aktiv zu werden und zu üben, üben, üben …
Dem Geschriebenen kann man auch entnehmen, was in unserer heutigen Gesellschaft dem Ausbau des Selbstvertrauens im Wege steht, sei es in den Medien, sei es in unserer Gesellschaft an sich. Hier geht es zum einen darum, dass es uns oftmals als echten Vorbildern fehlt, dass wir aber auch wieder lernen müssen, die Welt so anzunehmen, wie sie ist. Es liegt eben nicht alles in unserer Hand; dieses kann aber auch befreiend wirken und somit dem Selbstvertrauen zuträglich sein kann.
Ein wenig Respekt habe ich ja immer, wenn Philosophen etwas zu sagen haben, da es sprachlich nicht immer ganz klar und einfach zu verstehen ist. Doch dieses stellt beim Lesen dieses Buches keine Hürde dar: Die Sprache ist leicht und flüssig zu lesen, zahlreiche Beispiele illustrieren das Geschriebene und „Ausflüge“ in benachbarte Wissenschaften wie Psychologie, Pädagogik und Literatur machen das Buch zu einem Wissensschatz. Mir selbst hat das Lesen jedenfalls großes Vergnügen bereitet, und Pépins Argumentationslinie ist gut und logisch nachvollziehbar.
Wie es sich für ein Sachbuch gehört, gibt es im Anhang kommentierte Literaturangaben, bei französischen Quellen sind auch, soweit existent, deutsche Übersetzungen angegeben. Interessierte Leser*innen können sich also bei Bedarf selbstständig weiter informieren.
Wenngleich ich im Vorfeld von dem Buch etwas anderes erwartet hatte, wurde ich in keiner Hinsicht enttäuscht: „Sich selbst vertrauen“ gibt reichlich Stoff zum Innehalten, Nach- und Weiterdenken sowie zum Reflektieren eigener Gewohnheiten und Verhaltensmuster, bringt es doch Aspekte ans Licht, über die man im Alltag wohl weniger nachdenkt. Ein mutmachendes Buch, dem man entnehmen kann: Zum Aufbau eines gesundes Selbstvertrauens ist es nie zu spät. Man muss es nur wagen.