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Veröffentlicht am 05.02.2020

Sehr unterhaltsam

Der Prinzessinnenmörder
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Im zugefrorenen Spitzingsee findet Polizeiobermeister Leonhard Kreuthner im Rest-Alkoholrausch zufällig die Leiche einer 15jährigen. Sie trägt ein goldenes Brokatkleid und hat im Mund eine Plakette mit ...

Im zugefrorenen Spitzingsee findet Polizeiobermeister Leonhard Kreuthner im Rest-Alkoholrausch zufällig die Leiche einer 15jährigen. Sie trägt ein goldenes Brokatkleid und hat im Mund eine Plakette mit einer „1“ – Arbeit für Kommissar Clemens Wallner von der Kripo Miesbach. Die Plakette lässt Böses befürchten – die erste Leiche von vielen? Tatsächlich bleibt es nicht bei der einen, auch wenn die Zahl „2“ keine Rolle zu spielen scheint. Der Täter bezieht mit seiner nächsten Tat Wallner persönlich ein, genauer, den Ort, an dem er bei seinem Großvater Manfred wohnt. Doch worin besteht der Zusammenhang?

Dieser Krimi beinhaltet eine typische Mördersuche, allerdings ohne einen geschlossenen Kreis von Verdächtigen wie bei einem typischen „Whodunnit“, eher mit einer permanenten Eskalation wie bei vielen Thrillern. Dabei gibt es außer dem eigentlichen Morden keine besondere Gewalt, auch keine sexualisierte (für Empfindliche). Spannung bezieht die Handlung auch aus der Verwebung von zwei Zeitebenen, bei denen eine in der Vergangenheit liegt, in der die junge Lisa vor 17 Jahren mit ihrem Vater im Schnee auf Tour ist und abstürzt. Genau hiermit hatte ich auch ein Problem – es ist wohl keine Spoiler, wenn der Leser hier davon ausgehen kann, dass das etwas mit dem Geschehen im Heute zu tun haben muss. Also war mir der Täter sehr früh klar – mir fehlte nur sein Name, was jetzt auch nicht ein wirklich gravierendes Defizit war. Letztlich entpuppte sich das Motiv als noch ein wenig stärker an Details hängend – aber eigentlich war das schon nicht mehr wirklich sooooo interessant.

Ich habe das trotzdem sehr gerne gehört, vor allem, weil das von Michael Schwarzmaier so genial gesprochen wird (der Mann KANN Dialekte, sagenhaft – und man weiß immer, welche Figur gerade spricht). Und auch, wenn sich der Autor mit dem Wechsel zum Handlungsstrang mit Lisa quasi von Anbeginn gespoilert hat, kommt zum Ende noch einmal gehörig Spannung auf, als der verliebte Wallner ein sehr persönliches Wettrennen gegen die Zeit gewinnen muss, tatkräftig unterstützt von seinen Kollegen – neben Kreuthner noch Mike Hanke und Tina. Dazwischen sorgen Opa Manfred mit seiner störrischen und herzlichen Art sowie der robuste, von sich selbst überzeugte Kreuthner für ausreichend Humor (auch wenn ich Kreuthner für einen ausgemachten Idioten halte). Und ich Frostbeule finde natürlich sympathisch, dass es Wallner beim kleinsten Luftzug in seinen Daunenmantel treibt.

Somit war mein Fazit: in weiten Teilen „harmlos“ bei spannendem Finale mit einer unerwarteten Wendung – und einfach angenehm zu hören!

  • Einzelne Kategorien
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.07.2019

Die Kraft des Vertrauens

Wind in deinen Segeln
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Ich lese fast nie Liebesromane, aber diese Jessica-Winter-typische Kombi mit etwas Spannung, gesellschaftskritischen Themen und eher selbstbewussten Protagonistinnen mit etwas Frechheit ohne dieses reine ...

Ich lese fast nie Liebesromane, aber diese Jessica-Winter-typische Kombi mit etwas Spannung, gesellschaftskritischen Themen und eher selbstbewussten Protagonistinnen mit etwas Frechheit ohne dieses reine Geschmachte mag ich. Hier bekommt die Geschichte an sich wieder 5 Sterne, wird jedoch abgewertet auf 4 wegen eines fiesen Cliffhangers, der das Buch eindeutig als nicht einzeln lesbar einordnet. Ich hätte lieber Band 1 und Band 2 gleich hintereinander gelesen, statt jetzt bis zum Herbst zu warten – auch wenn ich fairerweise zugebe, genau die aufgerufenen 99 Cent als Wunschpreis für ebooks zu haben – da wären mir 1,98 dann doch lieber gewesen mit den „fehlenden“ Seiten. Kaufe werde ich Band zwei natürlich auf jeden Fall, aber nun zum Buch selbst.

„Em“, Emerald hat sich in New York mit ihrem klapprigen Auto auf den Weg gemacht zu ihren jüngeren Geschwistern, um zu ihrem achtzehnten Geburtstag ein Versprechen einzulösen. Doch nach einem Sekundenschlaf-Unfall (Leute, fahrt NIE übermüdet) muss sie in Ceaser City, Iowa, ihr Auto in eine Werkstatt geben. Dummerweise überzieht sie der Mechaniker „Gabe“, Gabriel, mit einem Wechelbad aus Ritterlichkeit und grober Unhöflichkeit. Wie soll sie so ihr Versprechen einlösen, von diversen Folgeschritten nach diesem geplanten ersten Schritt abgesehen?

Die Kapitel sind wechselweise aus der Sicht von Em und Gabe beschrieben und es wird schnell klar, dass beide eine Vergangenheit haben, die sie vor anderen eher verbergen wollen, was aber im Jetzt reichlich Probleme verursacht. Während Gabe eher dazu neigt, völlig ohne Vertrauen in die Welt zu blicken („Das Licht am Ende des Tunnels ist lediglich ein entgegenkommender Zug“), ist Em zupackend, positiv, ein Wirbelwind: „Und ich würde dir gern eines Tages helfen, eine neue Zukunft für dich zu finden, die dich genauso glücklich machen kann, wie der ursprüngliche Plan. Ich würde gern der Wind in deinen Segeln sein, verstehst du?“. Doch sobald der Leser glaubt, aus den ersten Andeutungen heraus die Wahrheit zu erahnen, kommt es noch viel dicker.

Wie gesagt, wunderschön, in einem Rutsch über Nacht inhaliert. Aber was für ein Mensch lässt Leser bis zum Herbst warten???

Veröffentlicht am 10.07.2019

Painting the Big Picture Together

Sag den Wölfen, ich bin zu Hause
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Ich habe das Original gelesen, "Tell the Wolves I'm Home"

"My sister, Greta, and I were having our portrait painted by our uncle Finn that afternoon because he knew he was dying.“ June's best friend is ...

Ich habe das Original gelesen, "Tell the Wolves I'm Home"

"My sister, Greta, and I were having our portrait painted by our uncle Finn that afternoon because he knew he was dying.“ June's best friend is her mom's younger brother. The artist is the only person who fully understands the 14-year-old, with her love of the Middle Ages, her solitude, and shyness. So painting her with her older sister seems natural. It will be Finn's last painting. He is becoming thinner and weaker every time the girls come to visit his New York flat with their mom. Their uncle is dying from a desease that was new in the eighties. AIDS.
After Finn's death, with now 15-year-old June feeling all lost and Greta being mostly mean towards her, there is suddenly somebody reaching out who wants to give comfort. The young girl finds out Finn had been living with somebody. She gets to know Toby.

Okay - this book depicts the tender friendship of a female teen with an older man, of how he asks her to meet him without telling anybody and of how she goes to meet him. Gross - in any other context; Toby is gay and mostly trying to fill in the role uncle/paternal friend (would anybody have discussed this in eighties? And, why not?). This is a story about friendship, rivalry, jealousy, coping with death/loss, growing up, responsibility, fear, and many more. It is a coming-of-age story in the early days of AIDS, when people diagnosed where bound to die, prior to any medication beyond symptoms. It also were days of fear, when the disease was put off as “gay only”, and people where scared about how the virus would be transmitted.

All in all, this is a credible and emotional insight into the thoughts and feelings of first-person-narrator June, much of an “in-between” young girl, insecure, searching, overwhelmed by her many feelings and not standing up for herself. Mourning Finn, June only wants to talk to Toby to hear those stories about her uncle she had not heard yet. Meanwhile, her mother blames Finn's death on Toby, discussing even to charge him with murder. Given the time the novel is set in, I was able to relate back to that time when some folks warned against drinking from somebody else’s glass or be in the same room to not attract AIDS.

The book has a lot of nicely-set themes and colorful language, including the wolf-topic, and should be going down well with many teen readers, apart from pulling a bit too hard (and too obvious) on the readers’ heart-strings.
On the negative side: on impulse, I rated the book very well. With a night’s sleep, some characters make me really angry. June’s and Greta’s mom remains to come out as a self-pitying self-centered egoist who lives her grown-up life with the feeling to have missed out on the big opportunity, that Finn had it all, and Toby is somehow the one to blame. The attitude towards living as a gay couple is pure bigotry. The mother punished Toby, Finn, the girls, herself, no way out. And she gets her way with everything.
Greta starts out as the typical teen cocky beast. She then comes out to be feeling left alone, jealous for not being the only person in June’s life, pathetic. She is manipulative, a liar, and sorry for herself for any success she has. She does help June time and again, but when you think about how she tries to bully and push June to come a bit more out of her shell, she should probably swallow one of her own pills. Instead, she, like her mom, is allowed to pull it off.
The father does not play much of a role, hence not much of a role model. And he chats up his youngest daughter about how it does not matter to live up to your dreams, that one should rather do a job you hate as long as it brings in the money, to feed your family. Well, yes, be we do not all START OUT having a family, so we mostly CAN CHOOSE a job that does get paid and that we still might like?! Strange message in a teen book.
The alcohol – okay, teens do and did drink alcohol in the eighties, I was considered to be a nerd because I hated even the smell. I also hate the bigotry of books setting out to preach against drinking, but this book lacked ANY reflection on abuse, and there is some. I am not talking about Greta getting drunk, more about Junes approach which is taking it for granted and natural to become the experience drinker of cocktails in the afternoon for no particular reason.
And the ending – Greta is helpful, but stealing the show and part of June’s story. And apart from that one decision of going home – what did June as a character develop?

So 5 from a first impression, 3 from the fact that characters were “allowed” to stick to some very debatable principles. 4 as a rating because I like the book as a base for probable discussions.

Veröffentlicht am 10.07.2019

"Man kann nicht wissen, woran man einmal sterben wird, aber man kann entscheiden, wie man leben will"

Ein geschenkter Anfang
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"Warnung" vorab: für all die Musik gibt es am Ende eine Liste, man braucht nicht, wie ich, mitzuschreiben...

Lou ist tot. Und ihre Familie droht daran zu zerbrechen. Ihr Mann, pensionierter Herzchirurg, ...

"Warnung" vorab: für all die Musik gibt es am Ende eine Liste, man braucht nicht, wie ich, mitzuschreiben...

Lou ist tot. Und ihre Familie droht daran zu zerbrechen. Ihr Mann, pensionierter Herzchirurg, versucht seinen Schmerz zu überspielen mit Anspielungen auf Lous bekannt schlechte Kochkünste:
"Heute Abend bleibt euch der Kuchen meiner Frau erspart", sage ich, um keine Risse zu bekommen.
Wer uns kannte, lehnte dankend ab, doch Handwerker oder neue Bekannte tappten in die Falle.
"Er blieb sogar hart, wenn man ihn in den Kaffee tunkte."
"Nicht einmal der Hund des Gärtners hat ihn angerührt."
Ihre Kinder sind entfremdet, von ihrem Vater, einander, sogar sich selbst. Sohn Cyrian verkauft hochwertige Badeinrichtungen, sein Vater sagte "Meine Tochter bringt die Männer mit ihren Filmen zum Träumen, mein Sohn bringt sie mit seinen Kloschüsseln zum Wasserlassen."
Tochter Sarah wirkt stark, doch hinter der Fassade ist sie allein, seit ihr Verlobter Patrice sie verließ: "Patrice hat etwas in mir zerbrochen. Nicht er fehlt mir, sondern die Sorglosigkeit und die Gewissheit, geliebt zu werden, das Vertrauen."
Cyrians Tochter Pomme sehnt sich nach dem Vater, der selten kommt, seine Tochter Charlotte wohnt mit ihm zusammen, hat aber dieselben Sehnsüchte, während sie von den Ängsten ihrer Mutter Albane fast erdrückt wird. Doch Lou hatte sich als quasi "letzte Amtshandlung" vorgenommen, die Familie angesichts ihrer Beisetzung zu vereinen.

Das hätte leicht in Kitsch abgleiten können, tut es aber nicht, genauer, tut es gerade nicht. Die Perspektiven wechseln zwischen den Protagonisten als Ich-Erzähler, selbst Lou ist dabei. Anfänglich waren es mir zu viele Geheimnisse, Lou hat einen geheimen Brief hinterlassen, Jo darf nichts über einen Vertrag erzählen, Pomme hatte eine Geheimnis mit ihrer Oma, Albane verbirgt ein Geheimnis, Cyrian hat Heimlichkeiten ... Ich fürchtete, dass, wenn man alle Geheimnisse kennt, wenig Buch übrigbleiben könnte. Tut es nicht.

Heimlicher Hauptdarsteller des Buches ist die Insel Groix in der Bretagne mit ihrem Dialekt, den Menschen, der Landschaft und den besonderen Speisen; alles wie auch das ganze Buch immer wieder mit einem feinen Humor, tatkräftig, nicht zimperlich.

Ein wunderschön gefühlvoll-melancholisch-federleichtes Buch, das ich auch in die Reihe meiner Verschenkbücher einreihen werde.
4 1/2 Sterne, abgerundet nur deshalb, weil mir einige Enden zu glatt aufgedröselt wurden, das ist aber eine wirlich sehr nörgelige Entscheidung. So wie bei Charlotte an einem schlechten Tag.

Veröffentlicht am 21.06.2019

Eine Reise in die Vergangenheit

Die guten Tage
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"Es ist ein schwieriges Unterfangen: Schließlich muss ich die Balkanesen als blutrünstiges Pack entlarven und die Westler als vorurteilsbelandene Affen, die denken, Balkanesen wären ein blutrünstiges Pack." ...

"Es ist ein schwieriges Unterfangen: Schließlich muss ich die Balkanesen als blutrünstiges Pack entlarven und die Westler als vorurteilsbelandene Affen, die denken, Balkanesen wären ein blutrünstiges Pack." S. 82

Eine Reise in die Vergangenheit tritt der namenlose Ich-Erzähler an, als er zur Beerdigung seiner Großmutter nach Belgrad fährt. Zehn Jahre ist er nicht mehr in Serbien gewesen, doch jetzt besteigt er von Wien den günstigen Bus, den „Gastarbeiter-Express“, und begibt sich zurück, mit diffusen Gefühlen zwischen Hass und Nostalgie. „Damals, während der ersten jugoslawischen Diasporawelle, waren viele Arbeiter gegangen, als es dem Land relativ gut ging. Nun, da vieles den Bach runtergeht und junge Leute ins Ausland regelrecht fliehen, konnten sie es uns vorhalten, unser ungebührendes Verhalten gegenüber einem Land, das sie so sehr liebten, das es in dieser Form aber auch nicht mehr gab.“ S. 12 Er erinnert sich an die Jugoslawienkriege, den Nationalismus der Väter, denen die Hand immer locker saß, an das Erstarren in der Hitze der Sommers und dadurch, dass nichts sich änderte. Es ist wohl eine Sorte Lebenslauf, der dem Debüt-Autoren Marko Dinić bekannt vorkommen dürfte, selbst 1988 geboren in Wien und in Belgrad aufgewachsen. „Vater, seine Brüder und Cousins, seine Arbeitskollegen und sein Präsident, alle wollten sie diesen Krieg, dieses Monstrum mit den Gesichtern der Arkans und Mladićs und Tudjmans und Karadžićs und Gotovinas und Miloševićs. Sie hatten es geschafft, ihre eigenen Fressen in die Geschichtsbücher einzutragen und die Zahl der Opfer so weit in die Höhe zu treiben, dass die einzelnen Namen im Begriff waren, in den Tiefen der Bedeutungslosigkeit zu versinken. Was wir aber, die Kinder und Erben der Verbrecher, auf unseren Weg mitbekamen, war das unmaskierte Leid: ein sich auf dem heißen Asphalt dahinschleppendes Stück Aas in Richtung Unbekannt, gezimmert aus Krieg, Hunger und Einsamkeit.“ S. 60

Der junge Mann im Roman ist voller Hass auf den Vater, kann dieses bildhaft erklären: „Dieser gehörte, wie mein Vater, aber auch der Vater meines Sitznachbarn, zu jenen, die den Krieg mit nach Hause gebracht und das persönliche Trauma zu einem kollektiven gemacht hatten.“ S. 25 Neben starken Bildern steht aber immer eine ungezügelte Wut, die den Vater, die Nationalisten, alle überzieht mit Verachtung, mit derber Sprache. Sonst ist das nicht mein Fall, hier fand ich es passend – seine Leser wird der Autor dennoch eher nicht in der Vätergeneration finden. Im Bus der Familie entgegenrollend, dämmert der junge Mann zwischen Erinnerungen, den Ausdünstungen und Entladungen der Mitreisenden und einer Diskussion mit seinem Sitznachbarn, der fast wie ein Zwitter der Alter Egos von Ich-Erzähler und Autor wirkt; gleichzeitig Projektionsfläche, Mahner, Gewissen und Agent Provokateur: „Vielleicht waren die Österreicher mal effizient. Vor über siebzig Jahren, wenn Sie verstehen, was ich meine. Jetzt aber — und das muss mal gesagt werden — sind die Balkanesen viel effizienter. In Srebrenica beispielsweise haben nur achtzehn Soldaten innerhalb weniger Stunden über tausendfünfhundert Mann erschossen.“ S. 19

War ich durchaus angetan von der Reisebeschreibung, so scheint die Zeit in Belgrad durch die Sommerhitze eingedampft zu werden und wirkt fast wie im Fiebertraum. Gelegentlich gleitet mir die sonst wirklich gute bildhafte Sprache ins Klischee, ins Pathos ab: „Auch mein Geist ist scharf. Wie eine Papierkante durchschneidet er den leeren Raum zwischen meinen Eltern.“ S. 88, er kann aber besser: „Ein kalter Schauer lief mir den Rücken hinunter, zählte jeden Wirbel einzeln.“ S. 95. An mehreren Stellen zieht Dinićs Protagonist Vergleiche von seinem Mann auf der Flucht zu den Flüchtlingen der Neuzeit: „Wir selber waren nur Geduldete, die ihre inneren Kalender nach der nächsten Visumsverlängerung ausrichteten.“ Ja, ich sehe den Vergleich – das wäre aber meiner Meinung nach ein ganz eigenes Buch gewesen, hinausgehend über Generationenkonflikt, Erinnerungen, Veränderung, Opportunismus.

Kein „Wohlfüchbuch“, aber ein sprachlich sehr eindringlicher innerer Monolog zum Zustand eines Landes im Exil und daheim aus Sicht der jungen Generation. 4 Sterne.