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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.07.2019

Auftakt einer österr. Krimi-Reihe

Saupech
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Dies ist der erste Band der Reihe rund um die Gemeindesekretärin Dorothea „Dorli“ Wiltzing und dem Wiener Detektiv Wolfgang „Lupo“ Schatz.

Weil ihre Tante Leni von einem Pensionistenausflug nicht mehr ...

Dies ist der erste Band der Reihe rund um die Gemeindesekretärin Dorothea „Dorli“ Wiltzing und dem Wiener Detektiv Wolfgang „Lupo“ Schatz.

Weil ihre Tante Leni von einem Pensionistenausflug nicht mehr nach Hause kommt, macht sich ihre Nichte Agnes Sorgen. Sie engagiert den Wiener Privatermittler Wolfgang Schatz. Die Spurensuche führt ihn an den Ort des Verschwindens, nach Buchau, einem kleinen idyllischen Dorf in Niederösterreich. Doch wie so häufig täuscht die Idylle, denn es gibt nicht nur die tote Tante sondern eine weitere Leiche.

Ist Tante Leni Augenzeugin des Mordes an dem Pecher geworden? Musste sie deshalb sterben? Und was hat der in Harz eingegossene Kopf zu bedeuten?

Als Ortsunkundiger führt Lupos Weg schnurstracks zu Dorli, der Gemeindesekretärin, die alle Bewohner der Ortschaft kennt. Dorli hat einen Hang zum „Kriminalisieren“ und bald ermitteln die beiden gemeinsam. Vor allem auch deswegen, weil sie der Polizei die Aufklärung des komplexen Falles nicht zutrauen.

Meine Meinung:

Die Autorin hat mit Dorli & Lupo ein erfrischendes Ermittlerduo geschaffen. Noch ist nicht ganz klar wer Sherlock Holmes bzw. Dr. Watson sein wird, oder ob Dorli vielleicht doch Ms. Marple den Rang ablaufen wird.

Zusätzliches „Personal“ sind: Polizist Leo Bergler, einst Bezirksinspektor, nun nach Weiterbildung ein Oberleutnant, und „Bär“, der Chef der „Devils“, einer Motorradgang, die Dorli quasi adoptiert hat. SO unterschiedlich diese Typen sind, sie haben eines gemeinsam: weitere Morde zu verhindern und die erfolgten aufzuklären. Daran wird gearbeitet, wenn auch mit unterschiedlichen und häufig unorthodoxen Mitteln.

Sehr gut hat mir gefallen, dass der Leser völlig unaufgeregt und unter-schwellig etwas über die Geschichte der Gegend und über die Pechgewinnung erfährt. Die Pecher sind eine vom Aussterben bedrohte Berufsgruppe. Nur mehr wenige beherrschen ihr Handwerk. Wozu man das Pech, wie man das Herz der Schwarzföhre brauchen kann? Man verwendet es als „Saupech“ zum Enthaaren der geschlachteten Schweine oder, ein wenig kultivierter als Grundlage für das Kolophonium, das zum gängig Machen des Geigenbogen nötig ist.

Der Titel „Saupech“ ist mehrdeutig. Erstens durch das oben beschriebene Produkt der Schwarzföhre und andererseits ist „Saupech“ die Steigerung für Pech also Unglück. Saukalt ist besonders kalt oder sauschwer wiegt mehr als schwer.

Die Dialoge sind witzig und liefern jede Menge Lokalkolorit. Für Spannung sorgt der kursiv geschriebene Teil der Handlung. Denn hier blicken wir dem Täter über die Schulter. Die Leser können hier miträtseln. Die Auflösung ist nach einigen Sackgassen und unerwarteten Wendungen schlüssig.

Für diejenigen, die über unbekannte Begriffe stolpern könnten, gibt es am Ende des Krimis ein ausführliches Glossar.

Tja, zum Schluss hat der Täter trotz aller Bemühungen, ein ordentliches Saupech.

Fazit:

Ein spannender und unterhaltsamer Krimi aus Österreich. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 10.07.2019

Sterben auf den Brettern, die die Welt bedeuten

Evas Spiel
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Autorin Verena Schindler lässt ihre Leser in die Theaterszene eintauchen. Schon der Titel „Evas Spiel“ weist darauf hin. Doch diese Überschrift kann auch eine mehrdeutige Botschaft sein.
Spielt Eva nur ...

Autorin Verena Schindler lässt ihre Leser in die Theaterszene eintauchen. Schon der Titel „Evas Spiel“ weist darauf hin. Doch diese Überschrift kann auch eine mehrdeutige Botschaft sein.
Spielt Eva nur auf der Bühne oder ist ihr ganzes Leben Theater oder spielt sie mit den Menschen in ihrem Umfeld? Oder spielt jeder mit jedem?

Doch von vorne: Eva Schuberth ist Schauspielerin, vielleicht nicht das große Naturtalent, wie sie selbst weiß. Sie muss sich die Bühne hart erarbeiten. Großen Anteil daran hat Victor, der charismatische und brillante Regisseur, der ein Meister der Manipulation ist.
Die Worte, die Victor bei ihrer ersten gemeinsamen Premiere zu Eva spricht, wird sie nie mehr vergessen:

»Bewahre dir diesen Moment, Eva, für immer.
Das ist, wofür du künftig leben wirst.«

Victor ist gnadenlos, wenn es darum geht, das Innerste aus den Schauspielern heraus zu holen. Das bekommen neben Eva auch Johannes und Johnny zu spüren. Viele Szenen sind brutal, schonungslos und bringen manchmal auch den Leser an seine Grenzen. Der Lohn für die Schinderei? Ein nicht enden wollender Applaus! Doch ist das alles, was das Leben zu bieten hat?

Bei der Premiere von Goethes „Faust“ kommt es zur Tragödie. Eva stirbt auf offener Bühne. Mord, Selbstmord oder Unfall? Wieso ist die Pistole eine echte und keine Theaterrequisite?

Der Traum jedes (?) Schauspielers, auf offener Bühne zu sterben, ist zum Albtraum geworden.

Meine Meinung:

Der Autorin gelingt es in ihrem Debüt ausgezeichnet Spannung zu erzeugen. Es ist schwierig, das Buch nicht in einem lesen. Denn es zeiht einen in einen Sog von Leidenschaft und Manipulation hinein. Es ist nicht eindeutig, ob Eva das Opfer von Victor ist oder welchen Anteil sie an dieser Situation hat. In diesem Spiel sind Eva und Victor kongeniale Partner, die beide die große Bühne (auch außerhalb des Theaters) brauchen. Neben diesen Hauptakteuren spielen auch die Schauspielerkollegen Johannes und Johnny ihre Rollen. Sei es als scheinbar falsche (?) Rollenbesetzung, der Schüchterne als diabolischer Mephisto, oder als Liebhaber von Eva.

Auch der Journalist Volker, ist nur eine Figur einer Inszenierung. Wer hat hier Regie geführt? Victor oder doch Eva?

Wie lässt Johann Wolfgang von Goethe seinen Faust zu dem magischen Moment der Glückseligkeit philosophieren:

„Werd ich zum Augenblicke sagen:
Verweile doch! du bist so schön!
Dann magst du mich in Fesseln schlagen,
Dann will ich gern zugrunde gehn!“

Ich denke, diesen Augenblick hat Eva genossen.

Fazit:

Ein gelungenes Debüt, das mit den Gefühlen der Protagonisten und der Leser spielt. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 03.07.2019

Eine Hommage an eine starke Frau

Nina Schenk Gräfin von Stauffenberg
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Mit diesem Porträt setzt die Autorin einer Frau ein Denkmal, die als Ehefrau eines Widerstandskämpfers gegen Hitler immer in dessen Schatten gestanden ist: Nina Schenk Gräfin von Stauffenberg, ihrer Mutter.

Nina ...

Mit diesem Porträt setzt die Autorin einer Frau ein Denkmal, die als Ehefrau eines Widerstandskämpfers gegen Hitler immer in dessen Schatten gestanden ist: Nina Schenk Gräfin von Stauffenberg, ihrer Mutter.

Nina Schenk Gräfin von Stauffenberg (1913-2006), geborene Lerchenfeld, ist in einer Zeit aufgewachsen, in der „Contenance“ und Disziplin alles war. Als sie Claus Schenk Graf von Stauffenberg kennen- und lieben lernt, setzt sie 1933 die Ehe mit dem jungen Offizier durch. Eine Liebesheirat in Adelskreisen? Zu dieser Zeit eine echte Seltenheit. Sie teilt ihren Mann nicht nur mit seinem Beruf sondern auch mit dem Dichter und Philosophen Stefan George bis zu dessen Tod 1933.

Nina Schenk Gräfin von Stauffenberg ist Mutter von vier Kindern und mit dem fünften schwanger, als der Umsturzversuch ihres Mannes und seiner Verschwörer am 20. Juli 1944 misslingt. Claus von Stauffenberg wird noch in der Nacht hingerichtet, sein Bruder Berthold wenig später. Die Familien werden in Sippenhaft genommen, Nina in verschiedene Gefängnisse bzw. KZ, die Kinder ins Kinderheim. In der Haft kommt im Jänner 1945 Konstanze, die Autorin, zur Welt.

Wie schafft es eine Frau mit dieser Geschichte zu überleben? Zum einem erhält sie, bis zu deren Tod, Hilfe und Unterstützung von ihrer Schwägerin Melitta von Stauffenberg, die als Flugzeugkonstrukteurin und Testpilotin, trotz der angeheirateten Verwandtschaft und der eigenen jüdischen Herkunft, für die Nazis unverzichtbar ist. Zum anderen halten der christliche Glaube und eben jene Contenance, die es fast nur in den adeligen Familien gibt, die junge Witwe aufrecht.

Obwohl Himmler versprochen hat, die „Sippe Stauffenberg auszurotten“, gelingt ihm dies nicht. Im Gegenteil, zu Nina von Stauffenberg 80. Geburtstag finden sich mehr als 40 Familienmitglieder ein.

Konstanze von Schulthess räumt auch mit dem lange gepflegten Bild, der ahnungslosen Ehefrau auf. Sie hält ihrem Mann den Rücken frei. Aus Sicherheitsgründen ist Nina von Stauffenberg nicht in die Details des Widerstandes eingebunden. Trotzdem weiß einiges, vernichtet Unterlagen und gibt auch unter den schlimmen Haftbedingungen nicht mehr preis, als der Gestapo ohnehin schon bekannt ist.

Nina Schenk Gräfin von Stauffenberg überlebt ihren Mann um 62 Jahre und wird, wie die anderen Witwen der Verschwörer, niemals wieder heiraten. Sie alle halten ihren Männern die Treue.

Meine Meinung:

Konstanze von Schulthess hat ihren Vater niemals kennengelernt, kennt nur Erzählungen, Zeitungsberichte und Fotos. Ihre Mutter hat in den 1960er Jahre auf Drängen der Kinder eine Familienchronik verfasst, die, neben zahlreichen Gesprächen, Grundlage dieses Buches ist. Die Quellenlage ist nicht ganz einfach, weil Claus Schenk Graf von Stauffenberg als „gescheiterter Attentäter“ in die Geschichte eingegangen ist. Die Meinungen ob Held oder nicht, gehen auch 75 Jahre später noch auseinander. Viel Material ist vernichtet worden, um die Eingeweihten zu schützen, was ja bekanntlich nicht gelungen ist. Im Gegenteil, man hat den Umsturzversuch als zusätzlichen Aufhänger benutzt, mit unliebsamen Mitmenschen abzurechnen.

Gut gefällt mir, dass hier der Umsturzversuch aus Sicht der Frauen geschildert wurde. In vielen Werken über Stauffenberg und seinen Helfern herrscht die militärische Sicht vor. Sowohl bei der Vorbereitung als bei den Hinrichtungen danach. Über die Frauen und Familienangehörigen, die unter dem Terror der Nazis zu leiden hatten, ist wenig zu lesen. Daher halte ich dieses Porträt auch für ein wichtiges Stück Zeitgeschichte, auch wenn es Jahre später und von einer Betroffenen geschrieben worden ist.

Die Autorin nähert sich ihre Mutter, die in den Jahren nach dem Krieg, scheinbar stoisch dem Aufwachsen ihrer Kinder gewidmet hat, wobei sie auch hier eher streng und unnahbar wirkt. Mit Kraftanstrengung und unbeugsamen Willen renoviert sie ihren Familiensitz, sammelt die geraubten Möbel und Haushaltgegenstände wieder ein.

Neben zahlreichen Fotos, die den Krieg überstanden haben, finden sich Anekdoten in diesem Porträt. Schmunzeln musste ich über den „Watschenbaum“, denn der ist auch in meiner Familie ein geflügeltes Wort. Wenn Großmutter oder Mutter gemeint haben, dass meine Schwester oder ich am „Watschenbaum rütteln“, war es höchste Zeit aus deren Sichtfeld zu verschwinden bzw. einen Gang zurückzuschalten.

Natürlich bleiben einige Fragen offen, da die Autorin manches nicht gefragt hat (was sie bedauert) und manches einfach nicht erzählt wurde.

Fazit:

Konstanze von Schulthess hat eine Hommage an eine bemerkenswerte Frau geschrieben, die zufällig ihre Mutter war. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 30.06.2019

Wissenswertes über die Zirbe

Die Kraft der Zirbe
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Auf den ersten Blick wirkt das Buch gewöhnungsbedürftig.
Ein weißen Leineneinband mit einem Titel und Vorsatzseiten in neonorange? Puh, was erwartet den Leser hier?

Autor Maximilian Moser beschreibt in ...

Auf den ersten Blick wirkt das Buch gewöhnungsbedürftig.
Ein weißen Leineneinband mit einem Titel und Vorsatzseiten in neonorange? Puh, was erwartet den Leser hier?

Autor Maximilian Moser beschreibt in 7 Kapiteln alles Wissenswerte über die Zirbe.

Wie ich lernte, die Zirbe zu lieben
Eine kurze Geschichte der Königin der Alpen
Die wunderbare Welt der Zirbe
Geheimnisse des Zauberbaums
Die Wirkfaktoren der Zirbe
Zirbens Geschwister
Meine Wünsche an die Zukunft

Ergänzt werden diese sieben Kapitel durch ein Vorwort, einen Praxis-, Serviceteil sowie einem ausführlichen Glossar.

Auffallend ist, dass sich die Farben neonorange und neongrün durch das ganze Buch hindurch ziehen. Das Glossar ist zur Gänze auf orangem Papier geschrieben. Die Kapitelüberschriften sind in überdimensionalen Lettern gedruckt, was den Eindruck von „Marktschreierei“ bei mir hervorruft. Das wirkt sehr laut und schrill auf mich, was im starken Gegensatz zur majestätischen Zirbe steht.

Wunderschöne Fotos von Zirben ergänzen dieses informative Buch. Es hat sofort meine Lust nach einem Ausflug in die Zirbengegend (Steiermark, Kärnten) geweckt. So mit vollen Händen in einem Haufen Hobelspänen aus Zirbenholz wühlen, dabei den Duft einatmen und das haptische Erlebnis des Holzes spüren, das wäre schon etwas.

Fazit:

Ein tolles Buch, das uns den Baustoff (Zirben)Holz und seine Möglichkeiten wieder in Erinnerung ruft. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 30.06.2019

Eine gelungene Annäherung

Stauffenberg - mein Großvater war kein Attentäter
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Die Autorin und Historikerin Sophie von Bechtolsheim ist die Enkelin von Claus Schenk Graf von Stauffenberg, der gemeinsam mit einer Gruppe von beherzten Männern am 20. Juli 1944 dem Hitler-Regime ein ...

Die Autorin und Historikerin Sophie von Bechtolsheim ist die Enkelin von Claus Schenk Graf von Stauffenberg, der gemeinsam mit einer Gruppe von beherzten Männern am 20. Juli 1944 dem Hitler-Regime ein Ende bereiten wollte. Dafür waren er und seine Mitverschwörer bereit, zu sterben.

Die Autorin geht auf die Suche nach dem Großvater, den sie nie kennenlernen durfte. Sie führte lange Gespräche mit ihrer Großmutter Nina Schenk Gräfin von Stauffenberg, mit ihrem Vater Franz Ludwig und anderen Verwandten.
Als Jugendliche, sie ist 1968 geboren, haben die Fahndungsfotos, mit denen nach den Terroristen der RAF gesucht wurde, die Frage aufgeworfen, ob ihr Großvater in die selbe Kategorie einzuordnen wäre.
Was ist der Unterschied zwischen Tyrannenmord und Terrorismus? Ist die Beseitigung eines Diktators legitim?

Die Verschwörer des 20. Juli 1944 haben ein Scheitern und ihren Tod bewusst in Kauf genommen, um für Deutschland und seine Menschen eine Änderung herbeizuführen. Denn, das Ende des Nazi-Regimes und des Krieges wäre nur ohne Hitler und seine Entourage möglich gewesen.

„Das Furchtbarste ist zu wissen, dass es nicht gelingen kann und dass man es dennoch für unser Land und unsere Kinder tun muss.“ (Berthold Stauffenberg, Claus’ Bruder).

Behutsam nähert sich die Historikerin ihrem Großvater. Zu ihrem Leidwesen gibt es wenige authentische schriftliche Quellen. Denn diese mussten in den Stunden nach dem misslungenen Umsturz, um eventuelle Mitwisser nicht zu gefährden, vernichtet werden.

Diversen Gedenkveranstaltungen sowie Filmen, die das Leben ihres Großvaters darstellen, steht sie mitunter reserviert gegenüber. Dennoch spricht Sophie von Bechtolsheim auf Einladung in Schulen oder Kasernen über ihren Großvater.

"Er folgte seinem Gewissen. Was immer man von ihm denken mag, er hat es nicht verdient, am Ende, wie schon 1944, als "der Attentäter" verurteilt zu werden."


Fazit:

Eine liebevolle Annäherung an einen Großvater, den die Autorin nur aus den Geschichtsbüchern kennt. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.