Auf den Weg zum Neuanfang
„...Jo, wissen`s, gnä Frau, so ist`s im Leben. Manche Leut` sind halt ganz einfach zufriedenzustellen und andere gor net...“
Anlässlich des Todes ihrer Mutter kommt Vicky nach Wien. Nach etlichen Jahren ...
„...Jo, wissen`s, gnä Frau, so ist`s im Leben. Manche Leut` sind halt ganz einfach zufriedenzustellen und andere gor net...“
Anlässlich des Todes ihrer Mutter kommt Vicky nach Wien. Nach etlichen Jahren trifft sie dabei ihre Zwillingsschwester Roswitha wieder. Meist hatten sie nur brieflichen Kontakt miteinander. Vicky hat eine Literaturagentur in London und plant, ihren neuen Lebensmittelpunkt nach Wien zu verlegen.
Die Autorin hat einen abwechslungsreichen Familienroman geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen. Das liegt nicht zuletzt am unterschiedlichen Charakter der Zwillinge.
Vicky hat vor kurzem ihren Mann verloren. Trotzdem steht sie mitten im Leben. Die Anforderungen ihres Berufes machen ihr Freude. Sie gewinnt dem Dasein die positiven Seiten ab.
Roswitha dagegen wirkt auf mich von Anfang an dauergenervt. Mag sein, dass Ewald, ihr Mann, zu viel Zeit in seine berufliche Tätigkeit steckt. Mit Roswithas Launen allerdings geht er ziemlich gelassen um. Außerdem mischt sich Roswitha liebend gern in das Leben ihrer erwachsenen Söhne ein. Mit der pubertierenden Tochter Tini kommt sie gerade auch nicht besondere zurecht. Roswithas Problem ist unter anderem, dass sie eine Perfektionistin ist. Außerdem mosert sie zwar herum, sagt aber selten klar und deutlich, was sie will. Das klingt dann so:
„...Typisch Vater“, murmelte Roswitha. „kommt, stiftet Unruhe und geht wieder ab. So hat er es immer gemacht“...“
Während Vicky beim Vater aufgewachsen ist und mit ihm die Welt gesehen hat, ist Roswitha mit ihrer Mutter in Wien geblieben. Mittlerweile sind die Zwillinge 55 Jahre alt. Die Trennung fand nach der Matura statt. Wie es dazu gekommen ist, wird im Buch nach und nach thematisiert. Daraus jedenfalls resultiert Roswithas Aversion gegen ihren Vater, der mittlerweile ein weltberühmter Konzertdirigent ist.
Der Schriftstil ist leicht und locker. Das Eingangszitat fällt in einem Heurigenlokal. Während Ewald das Essen lobt, passt Roswitha das eine oder andere nicht.
Vicky versucht alles, ihrer Schwester zu helfen, auch wenn sie sie eigentlich nicht versteht, was Roswitha nicht gefällt. Dann aber erfährt sie so einige Geheimnisse, die ausschlaggebend für Roswithas Entwicklung waren.
Es wird noch einiges Auf und Ab geben, bis alle Unstimmigkeiten ausgeräumt sind und die Weichen neu gestellt werden.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Die Autorin versteht es, die Feinheiten zwischenmenschlicher Beziehungen herauszuarbeiten, die Emotionen der Protagonisten durch deren Handeln auszudrücken und eine latente Spannung über die Geschichte zu legen.