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Veröffentlicht am 15.07.2019

Schwankt zwischen Tiefe und Untiefe

Something in the Water – Im Sog des Verbrechens
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Zum Inhalt:
Erin und Mark finden während ihrer Flitterwochen bei einem Tauchgang vor Bora Bora eine Tasche mit wertvollem Inhalt: Bargeld, Diamanten und ein USB-Stick, augenscheinlich bei dem Flugzeugabsturz ...

Zum Inhalt:
Erin und Mark finden während ihrer Flitterwochen bei einem Tauchgang vor Bora Bora eine Tasche mit wertvollem Inhalt: Bargeld, Diamanten und ein USB-Stick, augenscheinlich bei dem Flugzeugabsturz russischer Krimineller verloren gegangen. Durch die Arbeitslosigkeit Marks in finanzieller Bredouille, beschließt das Paar nach einigem Hin und Her, sich ungeachtet der Gefahr den Fund anzueignen. Gleichzeitig treibt Erin ihr eigenes Projekt voran: Einen Dokumentarfilm, der sich mit der baldiger Haftentlassung dreier Krimineller befasst: Die der jugendlichen Brandstifterin Holly, die von Alexa, die ihrer Mutter Sterbehilfe geleistet hat und die des alten Bandenchefs Eddie, der wie damals Al Capone über eine fehlerhafte Buchführung zu Fall gebracht wurde. Durch dieses Engagement gerät Erin in das Visier der Polizei und bald bekommen die beiden Frischvermählten Ärger. Großen Ärger.

Mein Eindruck:
Das Debüt von Catherine Steadman kommt langsam, dann aber gewaltig. Ihre Ich-Erzählerin ist zwar manchmal von einer erschreckenden Naivität, kommt damit aber auf bezaubernde Weise ganz gut durch ihr Leben. Und auch wenn die Entwicklung der Geschichte und seiner Protagonistin sehr viele Buchseiten in Anspruch nimmt, ist es schön zu lesen, wie zum Schluss sämtliche Fäden zusammengefügt werden. Ein guter Schreibstil und eine passende Interpretin am Hörbuch-Mikrofon lassen die Story lebendig werden und - insbesondere zum Ende hin – die Spannung steigern. Da Erins Handlungen eher unorthodox und (auch für ihren Ehemann Mark) öfter einmal überraschend sind, schlägt die Geschichte einige unerwartete Haken, bis sie nach etwa 80 Prozent eine Aufklärung über den fulminanten Beginn des Buches anbietet. Doch wer die Befürchtung hegt, dass ab jetzt nur noch seicht und vorhersehbar geplätschert wird, sieht sich mit einer absolut überraschenden Wendung konfrontiert.
Aber bei allem Lob gibt es auch Grund zu Tadel: Fast alle Figuren werden hauptsächlich über ihr Aussehen definiert. Die Autorin legt zwar Erin in den Mund, dass sie als Filmemacherin auf so etwas achten muss, trotzdem langweilt es irgendwann, mehrfach über die Kleidergröße der Protagonistin informiert zu werden. Dafür erfährt man relativ wenig über das Zusammenleben mit ihrem Ehemann, insofern es nicht direkt mit der Herausforderung durch den Zufallsfund zu tun hat. Außerhalb von „ich liebe ihn, er ist so attraktiv“ bleibt nicht viel und das mag für eine oberflächliche Beziehung reichen, für eine Ehe ist es zu wenig.

Mein Fazit:
Ein Buch, das oft an der Oberfläche bleibt, wenn es jedoch in die Tiefe von Verwicklungen geht, wird es wunderbar nebulös und überraschend.

Veröffentlicht am 04.05.2019

Vorhersehbar, aber mit schönem Lokalkolorit

Die Bildermacherin
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Zum Inhalt:
Nach dem Tod ihrer Großmutter kehrt die erfolgreiche Fotografin Amalia in ihr Heimatdorf in Südtirol zurück. Dort erfährt sie, dass ihre Großmutter Cäcilie, die Amalia nach dem frühen Tod der ...

Zum Inhalt:
Nach dem Tod ihrer Großmutter kehrt die erfolgreiche Fotografin Amalia in ihr Heimatdorf in Südtirol zurück. Dort erfährt sie, dass ihre Großmutter Cäcilie, die Amalia nach dem frühen Tod der Eltern aufgezogen hat, durch eine Gewehrkugel starb. Als Amalia selbst in Gefahr gerät, muss sie feststellen, dass es viele Geheimnisse im Leben ihrer Oma gab, welche in deren Jugend im Südtiroler Widerstand begründet liegen.

Mein Eindruck:
Insbesondere die Ausflüge in die 60er Jahre wissen zu gefallen, da außerhalb Südtirols der Umgang mit den zwangseingemeindeten Österreichern durch die geborenen Italiener eher unbekannt sein dürfte. Auch die wirtschaftliche Not und die gesellschaftlichen Zwänge, die noch gar nicht so lange Vergangenheit sind, verdienen es, den Weg ins Bewusstsein einer eher von materiellen Wohlstand und Freigeist geprägten Generation zu finden. Hier hat der Kriminalroman seine großen Momente und zwar nicht nur in den direkten, dort spielenden Kapiteln sondern auch in den Erinnerungen der damit befassten Charaktere. Die Benutzung der Mundart passt wunderbar und wird gut durch ein Glossar aufgefangen; einige Begriffe wären für den hochdeutschen Leser sonst ewig in den Schluchten der Südtiroler Berge verschollen geblieben.
Die Zeichnung der Protagonistin fällt dagegen stark ab. Es überwiegt das Gefühl von Oberflächlichkeiten, - Augenfarbe, Haarstyling und Kleidungsstücke sind zu oft Thema. Außerdem stört, dass Amalia sehr oft von der „Zille“ denkt und spricht, wenn ihre Oma gemeint ist; seltsam, den Vornamen zu nutzen, wenn doch immer wieder die starke Verbundenheit betont wird.
Der Kriminalfall mit den Anschlägen auf Großmutter und Enkelin ist leicht durchschaubar, die mordende Person kristallisiert sich – außer für Amalia – schnell heraus. Das Ende ist so in einem fiktiven Roman mit einem happyendsüchtigen Publikum zu erwarten, wäre im echten Leben jedoch für diese Art von Persönlichkeit fern jeder Möglichkeit.

Mein Fazit:
Interessanter Exkurs in das Dorfleben zu früherer Zeit, die Gegenwart hat noch Potenzial

Veröffentlicht am 07.04.2019

Der Zielgruppe ins Herz getroffen

Running Girl
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Zum Inhalt:
Garvie sieht wahnsinnig gut aus und ist 16, hochbegabt und der Alptraum seiner Mutter. Denn er lässt sich mit den falschen Leuten ein, lügt, hat keine Lust auf Schule, dafür umso mehr auf bewusstseinsverändernde ...

Zum Inhalt:
Garvie sieht wahnsinnig gut aus und ist 16, hochbegabt und der Alptraum seiner Mutter. Denn er lässt sich mit den falschen Leuten ein, lügt, hat keine Lust auf Schule, dafür umso mehr auf bewusstseinsverändernde Mittel. Kommissar Singh ist dagegen überhaupt nicht cool, dafür religiös, sehr strebsam und wenig beliebt bei seinen Kollegen. Zwei Menschen, die nicht viel miteinander gemein haben, bis Chloe stirbt, Garvies Ex-Freundin, und dieser das Gefühl hat, dass Singh ohne Hilfe bei der Suche nach dem Täter scheitern wird. Und so setzt Garvie seinen außergewöhnlichen IQ bei der Lösung des Mordes ein – misstrauisch beäugt von Mutter, Lehrern und nicht zuletzt von Singh.

Mein Eindruck:
Simon Mason trifft bei seiner Zielgruppe höchstwahrscheinlich genau ins Schwarze. Sein Held ist cool, selbstbewusst, macht was er will und lässt sich dabei weder von den Umständen, noch von irgendwelchen Erwachsenen etwas sagen. Liest man jedoch das Buch mit ein paar Jährchen mehr auf dem Buckel, gewinnen andere Eindrücke die Oberhand: Man erblickt einen Jugendlichen, der seine Versprechen bricht, kifft, einbricht, lügt, stiehlt und betrügt, - als Identifikationsfigur also eher suboptimal, egal, wie geschickt und klug Garvie dabei agiert. Dass diese Handlungen kaum Konsequenzen oder Restriktionen (außer ein paar „dududus“) nach sich ziehen, ist sehr ärgerlich. Singh, der zweite Hauptcharakter, ist dagegen erschreckend farblos und langweilig, eigentlich erfährt man nur, dass er seine Religion praktiziert und hört, dass seine Kollegen ihn nicht mögen – in die Tiefe geht die Beschreibung sonst nicht.
Der Autor stellt viele Charaktere kurz vor; möglicherweise in der Hoffnung einer Reihe um seinen jugendlichen Detektiv geschuldet. Für die meisten Personen bleibt jedoch sehr wenig Platz, so dass beim Umblättern Namen, Funktion und Bedeutung für die Geschichte schon vergessen sind.
Doch egal wie viel Angriffsfläche die Personenzeichnung bietet, - Spannung weiß Mason unbedingt zu erzeugen und auch die humorvollen Teile gelingen ihm sehr gut und sind fein austariert. Gefährliche Situationen sind wunderbar bildhaft geschildert und laden zum Mitfiebern mit den betroffenen Figuren ein.
Die (ein bisschen sehr übertriebene) Komplexität des Falls bieten einige Sequenzen eines Showdowns, insbesondere die letzte ist gut hergeleitet und stimmig.

Mein Fazit:
Ein Sympathieträger für eine jugendliche Zielgruppe (12 – 14 Jahre); Erziehungsberechtigte schlagen – wenn sie sich den Umgang mit so einem Bürschchen vorstellen – die Hände über dem Kopf zusammen

Veröffentlicht am 17.03.2019

Unterkühlt

Die Reinsten
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Zum Inhalt:
Eine künstliche Intelligenz mit Namen „Askit“ beherrscht die Erde im Jahr 2191. Natürlich nur zu derem Besten, den die Menschheit hat durch ihre Maßlosigkeit und Unvernunft die Welt fast ...

Zum Inhalt:
Eine künstliche Intelligenz mit Namen „Askit“ beherrscht die Erde im Jahr 2191. Natürlich nur zu derem Besten, den die Menschheit hat durch ihre Maßlosigkeit und Unvernunft die Welt fast unbewohnbar gemacht, Seuchen und Kriege taten ihr Übriges. Eine Gruppe von Auserwählten, die Reinsten, führen die Belange im Sinne Askits. Doch dann werden die besten des Jahrgangs plötzlich ausgestoßen und müssen ergründen, warum sie in Ungnade gefallen sind. Oder ist alles nur ein genialer Schachzug?

Mein Eindruck:
So klinisch wie die Lebenswirklichkeit der Reinsten ist der Stil Hansens und so bleibt man bei allen Katastrophen, Kämpfen und Schreckensszenarien trotz aller Hitze im Außenbereich unterkühlt. Dazu hat er seinen Figuren oftmals fantastische Namen verpasst, die das Lesen zusätzlich erschweren. Es ist sehr schade, dass ein objektiv absolut wichtiges Thema subjektiv so wenig verstanden und emotional verarbeitet wird, weil Thore D. Hansens Ideen zur Zukunft des Umweltschutzes und der künstlichen Intelligenz wichtig sind und schon in heutiger Zeit Gehör finden sollten. Aber so entwickelt sich ein Roman, den man gerne furchtbar gut finden möchte, weil man intelligent ist, die Intention des Autors versteht und eine fiktionale Geschichte manchmal eher gelesen wird als ein Sachbuch. Doch weil er sich in nur halbgaren Beschreibungen der Vergangenheit verliert (auf die seine Charaktere und Askit immer wieder Bezug nehmen) und Emotionen nur in Form von Wut und Beeinflussung auftreten, bleibt die Geschichte fern und zum Schluss verweht sie irgendwo im Nirgendwo. Das hat der kluge Ansatz eigentlich nicht verdient, aber so wie man als Leser die Vergangenheit nicht verstehen kann, bleibt auch die Zukunft nebulös.
Ein Aspekt macht jedoch richtig Spaß im Ernst: Dass ein Wesen, welches „frag es“ heißt, einfach nicht antwortet, wenn man Antworten am nötigsten hat. Soll noch einer sagen, künstliche Intelligenz hätte nicht manchmal menschliche Anwandlungen. Möglicherweise hatten die Programmierer im Jahr 2040 doch einen gewissen Humor.

Mein Fazit:
Staubtrocken bei aller Brisanz

Veröffentlicht am 10.03.2019

Familie kann man sich nicht aussuchen

Sister, Sister - Zwei Schwestern. Eine Wahrheit.
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Zum Inhalt:
Zwanzig Jahre, nachdem ihr Vater sie in die USA mitgenommen hat, gibt es endlich ein Lebenszeichen von Alice, der Schwester von Clare, worüber diese und ihre Mutter sich zunächst sehr freuen. ...

Zum Inhalt:
Zwanzig Jahre, nachdem ihr Vater sie in die USA mitgenommen hat, gibt es endlich ein Lebenszeichen von Alice, der Schwester von Clare, worüber diese und ihre Mutter sich zunächst sehr freuen. Aber dann mehren sich seltsame Begebenheiten und Clare beginnt sich zu fragen, ob Alice eine geheime Agenda hat, - und wie diese vor allen Dingen in Bezug auf Clare, ihren Mann und ihre Kinder aussieht.

Mein Eindruck:
Ja, der Krimi ist in weiten Teilen vorhersehbar, trotzdem macht das Spiel mit den Sichtweisen an vielen Stellen Spaß. Vor allen Dingen dann, wenn Clare selber an ihrem Urteilsvermögen und an ihrer Wahrnehmung zweifelt. Die daraus resultierende Spannung ist jedoch bitter nötig, denn die Charakterzeichnungen geraten der Autorin ein wenig sehr eindimensional. Zusätzlich baut sie, um die Verzweiflung Clares noch mehr anzufachen, viel zu viele absolut unglaubwürdige Begebenheiten ein: Beispielsweise ist es schwer verständlich, dass das Umfeld den Behauptungen einer relativ fremden Frau viel aufgeschlossener gegenüber ist als derjenigen Person (Clare), die schon Ewigkeiten und dauernd mit diesen Personen zusammen lebt oder befreundet ist. Im Mittelteil wird diese Thematik zäh und zäher, so dass gut und gerne 50 Seiten gestrichen werden könnten. Das ist insbesondere deshalb ärgerlich, weil Sue Fortin eine Begabung hat, Dinge, Orte und Gefühle darzustellen, - wenn sich die Darstellung jedoch immer mehr im Kreis dreht, hofft man irgendwann, dass die Autorin doch einmal zu Potte kommt. Und das tut sie und vermag es doch noch mit einem Aspekt zu überraschen. Leider überspannt sie dann den Bogen zu sehr und ihr letzter Twist ist einer zu viel.

Mein Fazit:
Manchmal ist man lieber Einzelkind