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Veröffentlicht am 22.07.2019

Die Suche nach Erlösung

Die Kinder des Borgo Vecchio
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Im Süden Italiens, in einem heruntergekommenen Stadtviertel, dem Borgo Vecchio wachsen die Kinder Mimmo, Cristofaro und Celeste auf. Es ist keine behütete Kindheit, ganz im Gegenteil, das Kindsein durften ...

Im Süden Italiens, in einem heruntergekommenen Stadtviertel, dem Borgo Vecchio wachsen die Kinder Mimmo, Cristofaro und Celeste auf. Es ist keine behütete Kindheit, ganz im Gegenteil, das Kindsein durften die Kinder nie erleben. Zu hart ist der Überlebenskampf, zu sehr haben sie die Bewohner mit ihrer Lage abgefunden. Mimmos Vater betrügt die Kunden seiner Metzgerei mit einer präparierten Waage, der Vater von Cristofaro prügelt seinem Sohn allabendlich die Seele aus dem Leib und Celeste, die Tochter der Ortsprostituierten verbringt die meiste Zeit des Tages auf dem Balkon, wohin sie ausgesperrt wird, wenn die Mutter ihre Freier bedient.


Das hat die Kinder zusammengeschweißt und ihr Held heißt Totò, ein Straßenräuber, der den Gesetzeshütern immer ein Schnippchen schlägt. Sie wollen werden wie er: unabhängig, stark und frei.
Der Roman hat mir einiges abverlangt. Die wort- und bildgewaltige Sprache ist faszinierend, die fast beiläufige Schilderung von Gewalt, Gefühllosigkeit und Brutalität gegen Menschen und Tiere verstörend. Immer wieder mischen sich Realität und Phantastik, so bleibt die Zeit der Handlung im Dunkeln, manches mutet sehr gegenwärtig an, anderes verweist in eine archaische Welt. Nicht nur die Kinder, auch Celestes Mutter und Totò suchen eine Erlösung, ein anderes freies Leben und doch liegt das Scheitern schon in den Anfängen.


Alle Bewohner des Borgo haben sich mit den Zuständen arrangiert, so lebt der Bodensatz der Gesellschaft seit Jahrhunderten und so wird es bleiben. Wenn Cristofaro allabendlich unter den Schlägen seines Vaters schreit, drehen die Nachbarn das Radio lauter und seufzen ergeben. Wenn Celeste in Hitze oder Regen auf dem Balkon ausharrt, wundern sie Leute nur, dass sie unverdrossen in ihrem Schulbuch liest. Aber hat nicht zu viel Bildung und Wissen schon immer ins Verderben geführt?


Einen großen Raum nehmen Symbolik und religiöse Metaphern ein, die mir einerseits zu viel waren und anderseits nicht immer ganz verständlich. Aber was bleibt, ist ein Buch, das berührt und verstört und mich durch die Sprache gefesselt und gleichzeitig durch manche Schilderung auch abgestoßen hat.

Veröffentlicht am 16.07.2019

Mörderjagd mit Häkelnadel

Leichenschmaus im Herrenhaus (Bee Merryweather ermittelt 2)
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South Pendrick im malerischen Cornwall hat in der letzten Zeit einige Bewohner verloren. Aber das neu hinzugezogene Ehepaar Percy und Lavinia Sheldrake ist nicht sehr angesehen. Arrogant und neureich lautet ...

South Pendrick im malerischen Cornwall hat in der letzten Zeit einige Bewohner verloren. Aber das neu hinzugezogene Ehepaar Percy und Lavinia Sheldrake ist nicht sehr angesehen. Arrogant und neureich lautet das Urteil der Dörfler. Lediglich Bee Merryweather bemüht sich um Lavinia, sie ist selbst erst einige Zeit ansässig und weiß wie schwer es ist heimisch zu werden. Wäre nicht ihr Engagement im Kirchenchor und ihre Spürnase für Ungemach, sie wäre immer noch isoliert.


Eines Tages – sie bringt grade eine Lieferung gehäkelter Eierwärmer zur Post – sieht sie einen Fremden vor dem Anwesen der Sheldrakes rumlungern. Und dieser Fremde wird einige Tage später im Park tot aufgefunden, nur unzureichend vergraben, der Nachbarshund hat ihn beim Spielen aufgespürt. Das lässt Bee keine Ruhe, vor allem weil sich die Sheldrakes plötzlich sehr seltsam verhalten.


Die Krimis von Karin Kehrer sind gemütliche Landhausgeschichten. Sie spielen in malerischen Dörfern – richtigen Postkartenidyllen – und ihre Figuren sind ähnlich gezeichnet. So ist die Teestubenbesitzerin eine Tratschtante und Giftspritze, die Polizisten gemütlich und die Dörfler kauzig. Da der Untertitel einen Cornwall - Krimi ankündigt, hätte ich mir etwas mehr Landschaftsbeschreibung gewünscht.


Die Hobbydetektivin und Häkelfan Bee Merryweather ist schon im Pensionsalter und hofft noch auf ein spätes Glück mit dem Arzt Marcus, der leider noch an seine manisch-depressive Ehefrau gebunden ist und dessen Scheidungspläne immer wieder verschoben werden. Dann nimmt Bee seufzend die Häkelnadel und produziert Eierwärmer im Dutzend oder wendet sich ihren Ermittlungen zu, die meist im Beobachten oder geschickt-aushorchenden Plaudereien bestehen.


Das ist nett und beschaulich erzählt, eine schöne Tasse Tee und ein flackerndes Kaminfeuer passen zum gemütlichen Stil der Autorin. Die Handlung ist ein wenig vorhersehbar, aber das ist in diesem Genre durchaus üblich. Der Leser weiß, was ihn erwartet und wird auch nicht enttäuscht.


Die Geschichten wenden sich eindeutig an ältere Leserinnen, zu denen ich mich nach Lebensjahren auch zähle, aber trotzdem wünschte ich mir auch in diesem Cosy Crime ein wenig mehr Tempo und Pep.

Veröffentlicht am 06.07.2019

Steffi reicht's !

Der Alte muss weg
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Mit Mitte Fünfzig fühlt sich Steffi in ihrem Leben und in ihrer Ehe nur noch gelangweilt. Alles ist vorhersehbar und ihr Mann ein Langweiler vor dem Herrn geworden, mit Kreuzworträtseln und festgelegtem ...







Mit Mitte Fünfzig fühlt sich Steffi in ihrem Leben und in ihrer Ehe nur noch gelangweilt. Alles ist vorhersehbar und ihr Mann ein Langweiler vor dem Herrn geworden, mit Kreuzworträtseln und festgelegtem Termin für den wöchentlichen Sex. Auch ihren Freundinnen geht es nicht viel anders, lediglich Zita als Singlefrau scheint ein ausgefülltes, abwechslungsreiches Leben zu führen.
Aber gab es da nicht neulich eine Sendung im TV mit einem Gerichtsmediziner, der erzählte, dass jeder zweite Mord gar nicht entdeckt wird? Steffis Runde ist ganz angetan von dieser Erkenntnis und dann ist plötzlich Elfies Ehemann tot……

Der Roman von Carla Berling ist gespickt mit leicht schwarzem Humor in rheinischer Ausprägung.. Das hätte für mich durchaus noch akzentuierter sein dürfen, dann wäre der Plot noch etwas schärfer rübergekommen. Elfie darf kölsch reden und mit „Liebelein“ und „Piccolöchen“ um sich werfen, die Frauenrunde im Brauhaus tüchtig dem Alkohol zusprechen und Sprüche klopfen. So bleibt es doch eine nette Komödie um Ehealltag und verpasste Möglichkeiten. Witzig ist die Panik geschildert, als Steffi ihre ersten Versuche unternimmt und – glücklicherweise – scheitert, aber dann doch noch, auch wenn ganz anders als anfangs gedacht zu einem Ergebnis kommt. Auch ihre Erkenntnis, dass zur Langeweile auch immer Zwei gehören, ist ganz amüsant ausgearbeitet.

Es ist schnell gelesen und für meinen Geschmack gingen auch die Veränderungen zu schnell. Um nicht zu spoilern, möchte ich hier keine Beispiele aufführen. Insgesamt habe ich mich aber amüsiert und auch ganz gut unterhalten, die Autorin hat ein gutes Timing für ihre Gags und man merkt mit wieviel Spaß sie ihre unterschiedlichen Charaktere gestaltet hat. Trotzdem habe ich aber das Gefühl, dass der Plot noch mehr Potential gehabt hätte.




Veröffentlicht am 19.06.2019

Schokoladenkuchen und Himbeersahne

Schmetterlinge aus Marzipan
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Nina ist über Vierzig und merkt, dass sie ihre eigenen Lebenspläne nie richtig verfolgen konnte. Noch während des Studiums lernte sie ihren späteren Mann kennen und wurde gleich Hausfrau und Mutter. Doch ...

Nina ist über Vierzig und merkt, dass sie ihre eigenen Lebenspläne nie richtig verfolgen konnte. Noch während des Studiums lernte sie ihren späteren Mann kennen und wurde gleich Hausfrau und Mutter. Doch die Ehe hielt nicht, mit ihrem Biologiestudium ohne jegliche Berufserfahrung kann sich nichts mehr anfangen und der Job als Arztsekretärin in einer Klinik ist eher ein Alptraum. Das Mobbing durch den Oberarzt ist kaum noch erträglich.

Ein kleines Schild „Praktikantin gesucht“, das sie im Schaufenster einer Konditorei sieht, löst etwas in ihr aus. Sie nimmt einen Monat unbezahlten Urlaub und steht am nächsten Tag mit klopfendem Herzen in der Backstube vor ihrem neuen, wortkargen Chef Sven. Außerdem hat ihre beste Freundin sie bei einem Dating Portal angemeldet und die Nachrichten und Treffen mit den Männern bringt ungeahnte Möglichkeiten in ihr Leben.

Das ist eine – im wahrsten Sinn des Wortes – süße Geschichte. Wenn Nina sich an Kuchen und Torten versucht, steigt mir beim Lesen der Duft einer Backstube in die Nase. Amüsant und warmherzig wird erzählt, wie sich Nina aus dem Kokon befreit, ihre unterdrückte Kreativität wieder entdeckt und nicht nur bei Tortenkreationen, auch bei der Männerwelt tun sich ungeahnte Möglichkeiten auf. Diese Neuerfindung einer Frau in den besten Jahren hat mir gut gefallen.

Die Liebesgeschichte, die bis zum Happy End noch einige Verwicklungen durchlaufen muss, hat mich gut unterhalten. Sie ist natürlich etwas vorhersehbar, aber das liegt einfach in der Natur dieses Genre. Dabei hält sich, vor allem durch einige wirkliche witzige Situationen aus den Internetbekanntschaften, der Kitschfaktor in Grenzen.

Leicht und locker geschrieben, ist das Buch eine gelungene Sommerunterhaltung.

Veröffentlicht am 15.06.2019

Riskantes Spiel

Dunkles Arles
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Capitaine Roger Blanc unterhält ein gefährliches und schwieriges Verhältnis mit der Untersuchungsrichterin Aveline. Nicht nur, dass sie seine Vorgesetzte ist, ihr Mann, der Staatssekretär Vialaron-Allègre ...

Capitaine Roger Blanc unterhält ein gefährliches und schwieriges Verhältnis mit der Untersuchungsrichterin Aveline. Nicht nur, dass sie seine Vorgesetzte ist, ihr Mann, der Staatssekretär Vialaron-Allègre ist Blancs Intimfeind. Ihm hat er seine Strafversetzung zu verdanken und was passieren würde, käme seine Liaison ans Licht, möchte er sich gar nicht ausdenken. Ihre Treffen finden immer sehr heimlich statt. So auch dieses Mal für ein Wochenende in Arles. Doch dann passiert unter ihren Augen ein Mord und Aveline muss verschwinden, dabei verliert sie ihre Tasche, in der wichtige Dokumente für ihren Mann sind – so lässt sie es jedenfalls Blanc wissen.


Nun hat er also 51 Stunden um seiner Herzdame aus der Patsche zu helfen und gleichzeitig sich aus der Schusslinie zu nehmen.
Ich mag die Provence Krimis von Rademacher sehr gern lesen, sie sind spannend, haben mit Roger Blanc einen interessanten Protagonisten, der durch seine Unbestechlichkeit und seine Gradlinigkeit überzeugt. Die gefährliche Amour fou mit Aveline bringt da immer zusätzliche Würze. Obwohl ich manchmal denke, dass Roger da eher ein Spielball für ihre Leidenschaft ist.


Aber dieses Mal war mir die wilde Verfolgungsjagd durch Arles mit all den gestohlenen Autos, heimlichen Unterkünften und Nachforschungen zu sehr wie ein Hollywood Blockbuster gestaltet. Verschwörungstheorien, rechte Bruderschaften, Politikklüngel, alles ist mit in den Plot eingeflossen, dazu das rätselhafte Verhalten der Madame Aveline, bei der ich nie weiß, ob sie ein ehrliches Spiel mit ihrem Lover Blanc spielt.


Mir war diese Geschichte ein wenig zu konstruiert und erschien mir nicht immer logisch. Zwar hält das rasantes Tempo der Story die Spannung hoch und auch werden zum Ende hin, alle losen Fäden einigermaßen verknüpft, aber insgesamt war es für mich nicht das beste Buch aus der Reihe.
Trotzdem warte ich gespannt auf den nächsten Band, ich will schon wissen, wie es mit Blanc und Madame le Juge weitergeht.