Ja, nun habe ich auch den „Rückwärtswalzer“ gelesen und ich schließe mich den positiven Bewertungen anderer Leser an. Um es auf den Punkt zu bringen: Dies war das erste Buch, das ich von Vea Kaiser gelesen habe, aber ich werde mir definitiv auch ihre anderen Bücher gönnen. Ich bin mir sicher, dass es sich lohnen wird!
Aber zurück zu „Rückwärtswalzer“: Was Vea Kaiser hier auffährt, ist ganz großes Kino – und tatsächlich bin ich mir sicher, dass der Roman auch als Film funktionieren würde. Worum geht es? Lorenz, ein erfolgloser Schauspieler mit Hang zur Melodramatik und der weit verbreiteten Fähigkeit, mehr Geld auszugeben als einzunehmen, wird von seiner Freundin verlassen und muss angesichts seines Schuldenberges seine Wohnung in Wien untervermieten, während er selbst zu seinen Tanten und seinem Onkel Willi zieht. Doch Willi segnet das Zeitliche und da er seiner Frau das Versprechen abgenommen hat, in seiner Heimat Montenegro begraben zu werden, diese jedoch kein Geld für eine Überführung dorthin hat, beschließt sie gemeinsam mit ihren Schwestern, dass Lorenz mit ihnen den tiefgefrorenen Leichnam im Auto nach Montenegro fahren soll.
Ehrlich gesagt habe ich das Buch schon nach wenigen Seiten geliebt und je weiter ich kam, desto mehr wünschte ich mir, das Buch möge nie enden. So ist das manchmal.
Vea Kaiser lässt sich Zeit mit ihren Charakteren. Sie werden ausführlich und doch nicht langatmig vorgestellt. Was mich beim Lesen am meisten fasziniert hat, ist die Fähigkeit Kaisers, Charaktere zu präsentieren, die streckenweise überzogen und skurril und doch gleichermaßen liebenswert und vor allem lebensecht wirken. Das ist eine wunderbare Mischung und die verschiedenen Personen sind mir sehr schnell ans Herz gewachsen.
Vea Kaiser erzählt ihre Geschichte auf so leichte, so liebevoll-humorige Weise, dass ich selbst die oft tragischen Ereignisse der Vergangenheit mit einem Schmunzeln lesen konnte. Es gibt Formulierungen, die schlicht und ergreifend herrlich sind. Der ganze Roman ist gespickt mit einem österreichisch-schwarzen Humor, den ich sehr angenehm fand. Ihre Formulierungen sind so treffend, das ich am liebsten das halbe Buch auswendig lernen würde, um in den richtigen Momenten/Situationen daraus zitieren zu können. Es ist wunderbar!
Wenn ich den Roman als „leicht“ bezeichne, dann bedeutet es übrigens nicht, er ist völlig anspruchslos. Das ist er nicht. In Rückblenden (jedes zweite Kapitel beschäftigt sich mit der Vergangenheit von Onkel Willi und den Tanten) erfahren wir viel von den tragischen Ereignissen, die erst zur Entzweiung der Schwestern und später zur Zusammenführung von Willi und den Schwestern führte. Es ist eine wunderbare Geschichte, die Vea Kaiser erfreulicherweise ohne Pathos, aber eben doch auf berührende und charmante Weise erzählt. Ich hatte während der gesamten Lektüre das Gefühl, das sie ihre Charaktere mag.
Ich habe die Geschichte als „runde Sache“ empfunden und das Ende ist zum Glück gelungen. So bleibt der positive Eindruck auch am Ende erhalten.