Leider fehlt die Raffinesse
Sieben LügenDer Klappentext hat mich auf dieses Buch sehr neugierig gemacht – Jane und Marnie, die besten Freundinnen, nur Jane mag Marnies Partner nicht. Das alleine bietet schon eine Menge Potential. Dann versichert ...
Der Klappentext hat mich auf dieses Buch sehr neugierig gemacht – Jane und Marnie, die besten Freundinnen, nur Jane mag Marnies Partner nicht. Das alleine bietet schon eine Menge Potential. Dann versichert Jane Marnie auch noch entgegen ihrer Überzeugung, daß diese mit ihrem Partner hervorragend zusammenpaßt und: „eine Lüge zieht bekanntlich weitere nach sich, und schon bald ist das Verhältnis der drei unwiederbringlich vergiftet“. Ich hatte mir einen ausgefeilten Psychothriller vorgestellt, der diese unheilvolle Dreierkonstellation spannend betrachtet und nach und nach Abgründe aufzeigt. Dem war aber leider nicht so.
Eigentlich beginnt das Buch gut – man ist sofort in der Geschichte drin, wir lernen Jane, Marnie und ihren Partner Charles kennen und es deutet sich in gewissen Zwischentönen schon an, daß es hier Probleme gibt. Jane berichtet die Geschichte aus ihrer Sicht, die natürlich stark subjektiv gefärbt ist. Das ist ein cleverer Schachzug, weil wir somit nie sicher sein können, ob das, was Jane uns berichtet, auch der Wahrheit entspricht, insbesondere da Jane öfter erklärt, es mit der Wahrheit generell nicht so genau zu nehmen. Es zeigt sich recht schnell, daß Jane in allen möglichen Dingen auf der Schattenseite des Lebens steht und ihr die Freundschaft zu Marnie ausgesprochen wichtig ist – Marnie dagegen scheint Jane ein wenig auf Abstand zu halten. Marnies Charakter fand ich von Anfang an ausgesprochen interessant, weil sich hinter der sonnigen, freundlichen Fassade einiges zu verbergen scheint. Ich war hier sehr gespannt, was wir dazu noch erfahren werden und auch bei Charles konnte man sich nicht sicher sein, ob Janes Abneigung begründet ist, oder nicht. Es stellten sich also zu Beginn viele Fragen, die gelungen die Spannung hoben und auf deren Auflösung oder tiefere Erforschung ich mich schon sehr freute. Hier war die Grundlage für herrlich raffinierte Betrachtungen gelegt.
Leider wurde dieses Potential dann nicht genutzt. Schon recht bald nach diesem tollen Einstieg wird es recht zäh, da Jane ausgesprochen gerne reminisziert. Dadurch erfahren wir zwar einige Dinge über ihren Charakter, das aber viel zu ausführlich und langatmig. Auch daß ihr bis zum Ende des Buches ein heftiger Schicksalsschlag nach dem anderen vor die Füße geworfen wird, fand ich übertrieben. Sie wird uns mit dem Holzhammer erklärt (wie sie uns auch mit dem Holzhammer immer wieder von ihrer mangelnden Wahrheitsliebe erzählt). Neben dem Reminiszieren sinniert sie auch gerne und so lesen wir zwei Seiten über die Bedeutung von Weihnachten, lange Passagen über den Herbst, Allgemeinplätze über Trauer. Der Schreibstil an sich ist in Ordnung, nicht herausragend, mit ein paar ziemlich holprigen Szenen, er liest sich insgesamt recht eindruckslos-einfach weg. Die Autorin mag Beispiele und nutzt diese sehr häufig – wo es ein Beispiel getan hätte, stehen meistens fünf. Diese mangelnde Subtilität zieht sich leider durch das gesamte Buch. Raffiniert aufgedeckt wird hier nichts. Letztlich gibt es keine wirklich Abgründe, wir erfahren nichts wesentlich Neues, sondern ein Großteil des Buches besteht darin, uns die bereits bekannten Seiten von Jane und Marnie immer wieder an neuen Beispielen zu schildern, ohne uns irgendwas aufzudecken, das wir nicht schon wissen.
Zwar ist es durchaus interessant, weitere Facetten dieser Freundschaft zu erfahren, auch wenn sie nichts wirklich Neues bringen, nur liegt der Fokus des Buches dann auch leider oft auf weniger relevanten Themen. Charaktere werden umfangreich eingeführt und beschrieben, nur um dann nie wieder oder nur noch in ein paar Nebensätzen aufzutauchen. Ein ziemlich überflüssiger Handlungsstrang taucht plötzlich auf, nimmt viel Raum ein und verpufft schließlich einfach. Viele Dinge sind schlichtweg nicht plausibel und eine Szene war so absurd, daß ich mich verulkt fühlte. Einige Fakten erscheinen unglaubwürdig und die Entwicklung zwischen Jane und Charles endet ziemlich plump und auch hier wieder: es ist nicht plausibel.
Raffiniert ist hier leider nichts, ausgefeilt auch nicht. Diese Geschichte einer ungleichen Freundschaft und ihrer Folgen wurde schon oft in Büchern und Filmen erzählt – meistens leider besser als hier. So kann man das Buch als Zwischendurch-Unterhaltung leicht weglesen und sich an einigen gelungeneren Passagen und Gedanken erfreuen, mehr aber leider nicht.