Unterhaltsam und informativ - so macht das "Lesewandern" Spaß!
Schritt für Schritt – Unterwegs am South West Coast PathDaniela Leinweber hat im Jahr 2018 ein bemerkenswertes Projekt durchgeführt - eine zweimonatige Wanderung von 1.014 km. Wir Leser können dank eines herrlich geschriebenen Buches detailliert daran teilhaben. ...
Daniela Leinweber hat im Jahr 2018 ein bemerkenswertes Projekt durchgeführt - eine zweimonatige Wanderung von 1.014 km. Wir Leser können dank eines herrlich geschriebenen Buches detailliert daran teilhaben.
In einem Vorwort berichtet die Autorin uns von der Vorgeschichte und dadurch wird das Wanderprojekt noch beeindruckender, denn sie war vor einigen Jahren noch sehr stark übergewichtig und alles andere als sportlich. Kurzweilig und interessant berichtet sie von dem Moment, der sie dazu brachte, ihr Leben mit gesünderer Ernährung und Sport zu ändern. Der Stil ist von Anfang an gut lesbar und vergnüglich, was vor allem an Daniela Leinwebers herrlichem Humor liegt.
Während der Wanderung wird jedem der 59. Wandertage ein Kapitel gewidmet. Die Überschriften sind meistens Zitate, deren Urheber Johann Wolfgang von Goethe, den Ehemann der Autorin, den Volksmund und eine betrunken bei einer Straßenparty zusammengebrochene Passantin umfassen. Herrliche Vielfalt also und ich habe mich immer auf diese Zitate gefreut, die auch immer entweder vom jeweiligen Tag stammen oder darauf Bezug nehmen. Eine originelle Art der Kapitelbenennung. Jedem Kapitel ist eine kleine Übersicht vorangestellt, die über am Tag und insgesamt gelaufene Kilometer informiert, ebenso über das Wetter und die jeweilige Unterkunft (mit Preis und kurzem Kommentar). Sogar diese Übersichten waren teilweise richtig unterhaltsam, was meistens an den Kurzkommentaren zu den oft furchtbaren Unterkünften lag.
Jedes Kapitel enthält dann ein erfreuliches Konglomerat an Informationen. Die Beschreibung des jeweiligen Streckenabschnitts gehört natürlich dazu, aber es gibt auch herrliche Zufallsbeobachtungen, wie zB einen Mann, der mit einem Hund auf einem Surfbrett sitzt und angelt, oder einen mit allerlei Schuhen dekorierten Baum. Diese Details machen die Berichte sehr lebendig. Auch zu diversen Sehenswürdigkeiten gibt es Eindrücke und oft hat die Autorin noch Hintergrundinformationen recherchiert. Auch darüber, wie gut oder schwierig die Abschnitte bewältigt werden, erfahren wir ab und an etwas (da hätte ich mich manchmal über mehr Informationen gefreut, denn ich war doch überrascht, wie problemlos es am Anfang zu gehen schien). So bringt jedes Kapitel etwas Neues, immer wieder unerwartete Informationen und sehr farbig geschilderte Eindrücke. Der humorvolle farbige Schreibstil erfreut durch das ganze Buch hindurch und man fühlt sich wirklich fast, als ob man dabei ist. Lediglich die manchmal zu ausführlichen Informationen zu Zufallsbegegnungen, anderen Wanderern, Treffen mit Bekannten oder auch diverse politisch-soziologische Betrachtungen waren mir etwas zu viel und nicht immer interessant für mich.
Es gibt zahlreiche Fotografien, in der Mitte des Buches sind auch mehrere Seiten mit Farbfotografien enthalten, was sehr anschaulich ist. Die in jedem Kapitel enthaltenen schwarz-weiß Bilder sind ein gemischtes Vergnügen. Viele der Naturfotografien sind ohne Farbkontrast nicht sehr wirksam, oft ist kaum zu erkennen, was eigentlich abgebildet wurde. Mehrere Fotografien sind auch sehr klein und hier sieht man dann noch schlechter, was abgebildet wurde. Bei Gebäuden, klarer abgegrenzten Küstenlinien, Stadtbildern uä sind die Fotos auch in schwarz-weiß gut erkennbar und tragen anschaulich zum Text bei.
Ich habe die Lektüre genossen, viel Neues erfahren, viele interessante Fakten über Südwestengland gelesen und an mehreren Stellen laut gelacht. An einem durch Sturm richtiggehend gefährlichen Abschnitt habe ich mitgefiebert. Das ist neben dem wundervollen Humor eine weitere Stärke der Autorin: sie schreibt so persönlich, so ehrlich und unmittelbar, daß man beim Lesen Anteil nimmt. Dieses Buch war eine Freude.