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Veröffentlicht am 30.07.2019

Gebrandmarkt

Im Wald der Wölfe (Jan-Römer-Krimi 4)
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Jan Römer hat sich zur Erholung in ein Ferienhaus inmitten des Thüringer Waldes zurückgezogen. Lesen, Ausspannen und zur Ruhe finden, mehr will er nicht. Da stolpert ihm eines Abends eine blutüberströmte ...

Jan Römer hat sich zur Erholung in ein Ferienhaus inmitten des Thüringer Waldes zurückgezogen. Lesen, Ausspannen und zur Ruhe finden, mehr will er nicht. Da stolpert ihm eines Abends eine blutüberströmte Frau in die Arme, die sich beim Joggen im Wald verfolgt glaubte. Sie erzählt ihm die Geschichte des Waldes der Wölfe, von verschwundenen Frauen und Toten, die ein Wolfszeichen in die Stirn gebrandmarkt hatten. Diese Vorfälle ziehen sich über 6 Jahrzehnte hin und zwischen Wahrheit und Legende ist schwer zu unterscheiden. Aber der Reporterinstinkt von Jan Römer ist geweckt. Vor allem, als er durch Recherche erfährt, dass ihm die Frau einen falschen Namen nannte.

Bei den Recherchen war ihm seine Kollegin Stefanie „Mütze“ Schneider behilflich, die nun kurz entschlossen zu Jan fährt, sie weiß instinktiv, dass er auf der Spur einer Story ist. Arslan, eine ehemaliger Boxer und dessen Freundin Lena begleiten sie.

Die weitere Suche ist spannend, mit jeder neuen Information ergeben sich neue Rätsel. Ein ehemaliger Journalist, erzählt Jan einiges über die früheren Ermittlungen, die sich eher stockend gestaltet haben, denn zu Zeiten der alten DDR wurde gern vertuscht, was nicht ins verordnete Weltbild passte und dazu gehörte mit Sicherheit auch ein Serienmörder.

Die geschichtlichen Rückblicke haben mich ganz besonders gefesselt, ein Stück DDR-Kriminalgeschichte wurde dabei lebendig. Aber es gibt auch den Erzählstrang eines Mannes, der von seinem Großvater berichtet, der überall bewundert und noch mehr gefürchtet war. Aus dem Wehrmachtsoffizier ist ganz schnell ein Stasioffizier geworden und ich ahnte bald, dass die alten Verbrechen in Zusammenhang mit den neuen Untaten stehen.

Ich kannte noch keinen „Jan Römer“-Krimi, aber das Buch hat mich wirklich überzeugt. Ich hatte auch nie das Gefühl, dass mir Vorkenntnisse fehlen. Die Freunde, die Jan unterstützen, sind allesamt sehr sympathisch. Besonders zu Mütze hatte ich gleich eine Verbindung aufgebaut. Arslan, der fürs Grobe zuständige Ex-Boxer ist für einige komische Szenen gut, die die düstere Atmosphäre ein wenig auflockern und seine Freundin Lena, vereinigt einen messerscharfen Verstand und Intuition, auch wenn sich viele erst mal von ihrem Aussehen als fleischgewordene Barbie täuschen lassen.
Die Spannung wird in diesem Buch unheimlich hochgehalten, sicher auch durch die Rückblenden und die Innenansichten des unbekannten Täters. Der Ausdruck „Pageturner“ passt hier wirklich, ich konnte mich kaum vom Lesen losreißen.

Wirklich ein toller Krimi, der einen interessanten zeitgeschichtlichen Hintergrund mit einigen Thriller-Elementen verbindet.

Veröffentlicht am 18.07.2019

Ehemänner und andere Störenfriede

Sterbenstörtchen
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Hanna Stadler führt das Hotel und Gasthaus ihrer Familie, ihr Mann Willi ein Schürzenjäger vor dem Herrn und die Mutter ist pflegedürftig und anstrengend. Diskretion ist Willis Sache nicht und so weiß ...

Hanna Stadler führt das Hotel und Gasthaus ihrer Familie, ihr Mann Willi ein Schürzenjäger vor dem Herrn und die Mutter ist pflegedürftig und anstrengend. Diskretion ist Willis Sache nicht und so weiß jeder im Dorf und bald jeder Gast, wer seine neueste Gespielin ist. Hanna erträgt das alles ohne zu murren und in Resignation. Dann ruft die hochbetagte Mutter ihre drei Töchter ans Krankenbett um ihnen das Testament zu erläutern: Erben wird nur die, die zum Todeszeitpunkt nicht mehr verheiratet ist. Denn alle gewählten Ehemänner sind Taugenichtse. Paulas Gatte ist gewalttätig und schlägt seine Frau, Gerdas Mann ist nie seinem Hippiedasein entwachsen und lässt seine Frau für den Lebensunterhalt aufkommen und über für Willi spricht auch nicht viel. Wie sie es anstellen, ist der Mutter egal und es gibt immer Mittel und Wege, die auch kurzfristig Erfolg bringen.
Schon wenige Tage später ist Alex tot. Paulas Ehemann ist in seiner Waldhütte verbrannt, ob ein Unglück oder nicht, ermittelt die Polizei. Jetzt sind die beiden Schwestern in Zugzwang.

Sterbenstörtchen ist einerseits ein rabenschwarzer Krimi, aber auch ein Familiendrama. Das Verhältnis von Mutter und Töchtern und von Schwestern ist ja oft nicht ganz einfach. Vieles wird über Jahre totgeschwiegen und trotzdem gären die unausgesprochenen Vorwürfe. Als die Ereignisse sich überschlagen, kommen langgehütete Lügen, Vertuschungen und Geheimnisse ans Licht. Das Leben von Mutter und ihrer drei Töchter wird gehörig durchgerüttelt.

Der Krimi punktet mit bösem Humor und treffsicherer Personenbeschreibung. Dass dabei die Ehemänner nicht gut wegkommen, ist klar. Beate Ferchländer hat sie ganz unterschiedlich charakterisiert, man spürt das Vergnügen, dass sie bei der Ausgestaltung wohl hatte. Natürlich wirken die Frauen sympathischer, obwohl ich auch sie nicht ganz von der Verantwortung für ihre Lage nicht freisprechen kann. Aber das macht auch die Faszination aus. Auch eine gute Portion Schadenfreude macht dem Leser Laune, mir ging es jedenfalls so, ganz instinktiv hatte ich ein „Geschieht dir ganz recht“ im Kopf.

Immer wenn ich beim Lesen dachte, jetzt ist alles klar, überraschte mich dann wieder eine gelungene Wendung im Plot, so blieb Spannung und Lesevergnügen bis zur letzten Seite hoch.

Ein wirklich gelungener Regionalkrimi aus Österreich, mit Charme und perfekt getimter Situationskomik.

Veröffentlicht am 09.07.2019

Zweiter Fall für Eddie Beelitz

Jenseits von schwarz
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„Jenseits von Schwarz“ ist der zweite Band der geplanten Trilogie um die junge, alleinerziehende Kommissarin Edith ,Eddie‘ Beelitz. Sie lebt in Bochum in einer Sozialsiedlung und was an Komfort fehlt, ...

„Jenseits von Schwarz“ ist der zweite Band der geplanten Trilogie um die junge, alleinerziehende Kommissarin Edith ,Eddie‘ Beelitz. Sie lebt in Bochum in einer Sozialsiedlung und was an Komfort fehlt, macht die herzliche Nachbarschaft wieder wett. Nachbarin Mütze ist jederzeit bereit als Kindermädchen für die kleine Lotti einzuspringen und im Gegenzug hilft Eddie bei Formularen fürs Amt.

Schon einmal ist sie mit dem ehemaligen Boxer Zombie Rheinhardt in Konflikt geraten und ausgerechnet er stellt sich als Vater der kleinen Jo heraus, die Lottis beste Freundin geworden ist. Zombie, der seinen Spitznamen seinen Tätowierungen und seinen Aggressionen zu verdanken hat, arbeitet als Wachmann in einer Suchtklinik und wird eines Abends überfallen und niedergeschlagen, den Angriff meldet er der Polizei. Beim nächsten nächtlichen Rundgang wird er wieder von zwei bewaffneten Männern angegriffen, er wehrt sich und tötet sie in Notwehr, so seine Aussage bei der Polizei.
Eddie glaubt seiner Version und lässt ihn anfangs bei sich untertauchen, später schleicht sich Zombie unter falschen Namen als Patient in die Suchtklinik und unterstützt ihre Spurensuche. Derweil scheinen sich in ihrem Privatleben die Ereignisse zu überschlagen.

Der ganze Krimi ist auf die außergewöhnliche Hauptfigur Eddie zugeschnitten. Außergewöhnlich – weil sie mit einer für sie völlig neuen Situation zurechtkommen muss und auch weil sie eigentlich überhaupt nicht gerne Polizistin ist. Aber sie nimmt jede Situation an und versucht das Beste daraus zu machen. Sie ist selbstbewusst und trotzdem manchmal unsicher, sie verbeißt sich in ihren Fall, auch wenn ihr Vorgesetzter die Sache längst zu den Akten legen möchte und sie lässt keine Vorurteile gelten. Das betrifft ganz besonders Zombie, dessen andere, weitaus sanftere Seite sie auch kennengelernt hat.

Abwechselnd lässt Lucie Flebbe beide Figuren in der Ich-Form zu Wort kommen und so lernt man das Innenleben der Protagonisten sehr gut kennen. Das Zwischenmenschliche ihrer Figuren macht einen wichtigen Teil des Krimis aus und trägt den ganzen Plot. Es ist nicht nur ein Kriminalfall der sich sehr vielschichtig entwickelt, sondern auch eine Beziehungsgeschichte, die sehr ausgefallen ist und lebendig ist. Die Autorin hat mit Zombie Rheinhardt einen interessanten und widersprüchlichen Charakter geschaffen und obwohl sie ihn mit vielen abschreckenden Details ausgestattet hat, kann der Leser gar nicht anders, als Sympathie zu entwickeln.
Außerordentlich gut gelungen fand ich die Beschreibung der Klinik und der Patienten, Alkohol- und Spielsucht werden dort behandelt und hier merkt man ganz deutlich, dass die Autorin da viel Recherche einfließen ließ.

Auch wenn der eigentliche Kriminalfall manchmal zur Nebensache wird, ist das Buch spannend und authentisch und ich bin jetzt schon sehr auf die abschließende Folge gespannt.

Veröffentlicht am 01.07.2019

Familienfluch

Dünengeister
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Die Familie Melander gehört zu den alteingesessenen Familien auf Sylt. Bereits im 18. Jahrhundert war Vorfahr Haie Deichgraf und ein wohlhabender, einflussreicher Mann. Seine Nachkommen haben als Industrielle ...

Die Familie Melander gehört zu den alteingesessenen Familien auf Sylt. Bereits im 18. Jahrhundert war Vorfahr Haie Deichgraf und ein wohlhabender, einflussreicher Mann. Seine Nachkommen haben als Industrielle den Besitz und den Einfluss weiter vermehrt. Aber schon immer scheint ein Fluch auf der Familie zu lasten. Immer wieder kommt es zu unglücklichen Todesfällen. Jetzt ist die Witwe Adeline die Matriarchin der Familie und hütet Namen und Einfluss.
John Benthien von der Kripo Flensburg verbringt zusammen mit seiner neuen Liebe Lilly unbeschwerte Urlaubstage im Reethaus seines Vaters, die höchstens mal durch die Kochexperimente seines Vaters getrübt werden.


Da findet Tristan Melander in der großen Düne Knochen und bittet Bentien um seine Hilfe. Schnell stellt sich heraus, dass es sich um Handknochen handelt und wahrscheinlich schon viele Jahrzehnte im Sand vergraben liegen. Als kurz danach Yvonne Melander und ihr kleiner Sohn Nicky vergiftet werden, fürchtet Benthien zu Recht, dass es mit dem Familienfluch etwas auf sich hat.


John Benthien darf hier in seinem 6. Fall ermitteln und ich war – trotz Kenntnis einiger früherer Bände – froh, dass es ein ausführliches Personenregister gibt. Der Krimi hat durch seine Rückblenden in die Vergangenheit und die Geschichte Sylts ein ganz besonderes historisches Flair, das mich sehr angesprochen hat. Der Krimi ist sehr raffiniert gesponnen und ich habe mich mit den verschiedenen Spuren und Verdachtsmomenten sehr zum Mitermitteln angespornt gefühlt. Allerdings hat sich die Autorin einige perfide Wendungen einfallen lassen, so dass ich bis zum Schluss im Dunkeln tappte. Die Spannung blieb dadurch auch sehr hoch. Die verzweigte Familie Melander bietet auch eine Menge an unterschiedlichen Charakteren, die Nina Ohlandt fein charakterisiert hat.


Gut gefallen haben mir auch wohldosierten kleinen Ausflüge ins Privatleben, wobei Ben Benthien, der agile Senior mit seinem Kochblog ein gelungener Sidekick ist.


Immer wieder lässt die Autorin kleine Hinweise auf Agatha Christie einfließen, sei es ein Buchtitel oder eine Anspielung auf einen Fall. Diese Hommage an die große alte Dame des Kriminalromans hat mir großen Spaß gemacht.

Veröffentlicht am 23.06.2019

Trauerkarten Mord

Warte nur ein Weilchen
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Das Team um Hauptkommissar Völxen plagt sich mit einem ungelösten Fall. In der Presse hat den Mord schon bald zum „Trauerkarten-Fall“ aufgebauscht. Schließlich fand man am Tatort eine Karte, die zum baldigen ...

Das Team um Hauptkommissar Völxen plagt sich mit einem ungelösten Fall. In der Presse hat den Mord schon bald zum „Trauerkarten-Fall“ aufgebauscht. Schließlich fand man am Tatort eine Karte, die zum baldigen Ableben kondolierte.
Als dann noch ein weiterer Mordfall dazu kommt, ausgerechnet Oberkommissarin Jule Wedekins Mutter ist das Opfer, wird es chaotisch im Team. Denn Sturkopf Jule denkt gar nicht daran, sich freistellen zu lassen. Sie will den Täter überführen – sie will Rache!
Als ich vor einiger Zeit den letzten Band aus dieser Reihe um das sympathische Hannoveraner Ermittlerteam las, war mir klar, dass ich die vorangegangenen Bände unbedingt lesen muss. So rolle ich jetzt die Geschichten eben von hinten auf.
Susanne Mischkes Krimis passen genau in mein Leseschema: intelligente Ermittlerkrimis mit Hand und Fuß, gut erzählte Polizeiarbeit – auch manchmal kleinteilig, wie es in der Realität eben ist und ein bodenständiger Humor. Ihre Figuren sind allesamt liebenswert, mit Schrullen und Ecken und Kanten, aber nie überzeichnet.
Die Geschichte ist vielschichtig und so aufgebaut, dass die Spannung – auch bei privaten Dingen, die verhältnismäßig viel Raum einnehmen dürfen – nie nachlässt. Der Kriminalfall ist logisch aufgebaut und die Spuren, die die Autorin gelegt hat, haben mir beim Enträtseln Spaß gemacht.
Ich freue mich schon auf die weiteren Bücher, die inzwischen auf meinem SUB liegen.