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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.07.2019

Ein kulinarischer Streifzug durch Europa

Der Geschmack Europas
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Dieses Buch ist das zweite einer Geschmacksreise durch Europa aus dem Kärntner Wieser-Verlag und für alle diejenigen gedacht, die die Magazin-Reihe „Geschmack Europas“ im Fernsehen verpasst haben. Mit ...

Dieses Buch ist das zweite einer Geschmacksreise durch Europa aus dem Kärntner Wieser-Verlag und für alle diejenigen gedacht, die die Magazin-Reihe „Geschmack Europas“ im Fernsehen verpasst haben. Mit diesem wunderschön gestalteten Buch können die Beiträge nachgelesen werden.

Lojze Wieser und sein Team (ent)führen uns in sieben Journalen in verschiedene Gegenden Europas.

Istrien
Epirus - der griechische Norden
Flandern
Böhmen
Der dänische Süden und Fünen
Sizilien
Südoststeiermark

Umrahmt werden die Kapitel, die, der TV-Reihe entsprechend „Folge“ genannt werden, von einer „Einbegleitung“, „Zwischenbegleitung“ und „Ausbegleitung“.

Während des Lesens habe ich immer die sonore Stimme des Sprechers im Ohr und die wunderschönen Worte lassen die richtige Atmosphäre aufkommen. Die Texte, in denen häufig die Bewohner des bereisten Landstrichs zu Wort kommen, lassen gemeinsam mit den gut gelungenen Fotos ein wahres Feuerwerk als Kopfkino entstehen. So riecht und schmeckt man beim Anblick der Zitronen auf Sizilien dieselben, die mit der Supermarktware in unseren Breiten wenig zu tun haben.
Herrlich liebenswert sind auch die vielen kleinen Anekdoten eingestreut. Wer macht die besten Pommes Frites der Welt? Wer hat sie erfunden? Eh klar, die Flamen.

In jeder Folge finden sich Rezepte zum Nachkochen. Doch, Achtung - hier wird nur das Notwendigste angegeben. Keine Garzeiten, keine Liste von Chichi oder ähnlichem. Kochen pur Kochen ist die Kunst der Improvisation. Hier kann Koch oder Köchin seiner/ihrer Leidenschaft freien Lauf lassen.

Fazit:

Das Buch ist ein kulinarischer Streifzug durch Europa abseits von Massentourismus und Haubenlokalen. Lebenslust und autochthone Kochkunst, liebevoll gestaltet und gut zu lesen. Gerne gebe ich hier 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 25.07.2019

Wohin das Spiel mit Mach und Angst führen kann

Kurz & Kickl
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„Es begann mit heiligen Schwüren und endete mit düsteren Drohungen“.

Als im Dezember 2017 die türkis-blaue Regierung feststand, wurden die ersten Wetten über deren Dauer abgeschlossen. Warum? Weil in ...

„Es begann mit heiligen Schwüren und endete mit düsteren Drohungen“.

Als im Dezember 2017 die türkis-blaue Regierung feststand, wurden die ersten Wetten über deren Dauer abgeschlossen. Warum? Weil in dieser Regierung mehrere mögliche Sollbruchstellen enthalten waren. Dass diese Koalition zwei Regierungsperioden halten sollte, wie von deren Schöpfern verkündet, glaubte schon damals niemand. Ob der kühle Rechner und machthungrige Stratege Sebastian Kurz diese einkalkuliert hat? Oder ist ihm Innenminister Herbert Kickl einfach über den Kopf gewachsen?

Dieses Buch von Helmut Brandstätter zeigt in 16 Kapiteln (17 hätten mir noch besser gefallen - für jedes Regierungsmonat eines) wie subtil Kurz und Kickl auf dem Klavier von Macht und Angst spielen konnten.
Unverständlich, warum Kurz sowohl Innen- als auch Verteidigungsressort den Blauen überlassen hat. Zwei Schlüsselministerien, die in einem worst case-Szenario die Republik in einem Handstreich übernehmen hätten können. Dass es hierzu letztlich doch nicht gekommen ist, ist wohl der Angst vor der eigenen Courage zuzuschreiben und dem „Genug ist genug“. Denn es wurde recht fest in diese Richtung gearbeitet. Umfärben von Ministerien und staatsnahen Betrieben hat leider in Österreich lange Tradition. Das konnten die anderen Parteien auch sehr gut.

Warum war eigentlich von den starken ÖVP-Landeshauptleuten oder den Bünden nicht zu hören? Bislang hatten sich diese immer recht lautstark zu Wort gemeldet.

Dass Herbert Kickl seine eigene Vorstellung von einem Rechtsstaat hat, ist seit Jörg Haiders Zeiten bekannt.

Von „Message Control“ zu „Thought Control“ ist der Weg sehr nicht weit. Wenn die Medien „gleichgeschaltet“ werden soll(t)en, erinnert das vor allem die Älteren unter uns an unselige Zeiten. Wenn Journalisten beim Schreiben ihrer Artikel überlegen (müssen), ob ihnen diese oder jene Formulierung schaden könnte, oder Generalsekretäre in den Redaktionen anrufen und Einfluss auf die Berichterstattung nehmen wollen, befinden wir uns auf einem gefährlichen Terrain. Der populistische Ansage, die GIS-Gebühr des ORF abzuschaffen, wäre tosender Applaus der Leute sicher, die Übernahme des staatlichen Fernsehens zu einem „Regierungsfunk“ à la Victor Orbán, wäre der Preis dafür.

„Die Demokratie lebt von starken Medien - in Sonntagsreden hören wir das auch von Politikern, in der Praxis ist das Bekenntnis brüchig.“ (S.55)

Helmut Brandstätter listet in seiner Analyse dieser 17 Monate Regierung Kurz Mechanismen der Macht auf, die sowohl von Sebstian Kurz als auch von Herbert Kickl häufig angewendet wurden und noch werden. Das Ende der ersten türkis-blauen Koalition ist nicht nur durch die vielen „Einzelfälle“ der blauen Entgleisungen hervorgerufen worden, sondern vermutlich deswegen, weil der Bundeskanzler und sein Team vor der Umsetzung so mancher Idee des Innenministers Angst bekommen haben. Hat Kurz Kickl beim Spiel um die Macht im Land unterschätzt?

Umso erstaunlicher scheint es, dass Sebastian Kurz an eine mögliche Neuauflage dieser Koalition nach den Wahlen im Herbst denkt. Selbst wenn Herbert Kickl kein Regierungsamt erhält, wird er im Hintergrund die Fäden ziehen (wollen).

Fazit:

Ein notwendiges Buch, das aufzeigt, welcher Mechanismen sich das hemmungslose Spiel mit Macht und Angst bedient. Gerne gebe ich hier eine unbedingte Leseempfehlung und 5 Sterne.

Veröffentlicht am 25.07.2019

Messerscharfe Analysen und ein zeitgeschichtliches Dokument

Die verspielte Welt
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Paul Lendvai ist neben Hugo Portisch der Doyen des österreichischen politischen Journalismus.

In diesem, seinem aktuellsten Buch, schreibt er über seine Begegnungen mit Machthabern und Politikern. Er ...

Paul Lendvai ist neben Hugo Portisch der Doyen des österreichischen politischen Journalismus.

In diesem, seinem aktuellsten Buch, schreibt er über seine Begegnungen mit Machthabern und Politikern. Er spannt den Bogen weit. Er hat sich mit angenehmen und unangenehmen, mit altruistischen und egozentrischen Politikern getroffen.

In 13 Kapiteln erfahren wir einiges, zum Teil Unbekanntes wie die „Albanisches Abenteuer“ betitelte Episode.

Er beschreibt die Verwandlung von manchem Machthaber vom Liberalen zum Autokraten, der seinen früheren Förderer nun verunglimpft.

Paul Lendvai wirft auch einen kritischen Blick auf das Versagen der Europäischen Politik im Balkankrieg.

Im letzten Kapitel warnt der Journalist vor der gefährlichen Sehnsucht nach dem „starken Mann“, die in vielen Staaten weltweit spürbar ist.

Der 1929 geborene Paul Lendvai weiß wovon er spricht. Er ist dem Nazi-Terror 1944 nur knapp, mittels eines Schweizer Schutzpasses nach Budapest entkommen. Nach dem Krieg wird er im kommunistischen Ungarn verhaftet und mit Berufsverbot belegt. Während des Ungarnaufstandes 1956 gelingt ihm die Flucht und seit 1957 lebt er in Wien. Er ist der profundeste Kenner Osteuropas.

Paul Lendvais Schreibstil ist präzise, manchmal pointiert und seine Analysen immer messerscharf.

Fazit:

Mit diesem Buch schenkt uns Paul Lendvai einen wahren Schatz an Erinnerungen an bedeutende und weniger bedeutende, dennoch interessante Persönlichkeiten, das gleichzeitig ein hervorragendes zeitgeschichtliches Dokument darstellt. Gerne gebe ich hier eine unbedingte Leseempfehlung und 5 Sterne.

Veröffentlicht am 21.07.2019

Ein köstlicher Krimi mit viel schwarzem Humor

Sterbenstörtchen
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Am Anfang dieses Krimis aus Niederösterreich steht der ungewöhnlich formulierte letzte Wille der Dolores Rieder: Nach ihrem Tod, soll jene Tochter das Erbe antreten, die ohne Ehemann sei.

Die Töchter, ...

Am Anfang dieses Krimis aus Niederösterreich steht der ungewöhnlich formulierte letzte Wille der Dolores Rieder: Nach ihrem Tod, soll jene Tochter das Erbe antreten, die ohne Ehemann sei.

Die Töchter, Hanna, Gerda und Paula, sind ob des ungewöhnlichen Testaments, das ihnen die kranke Mutter vorliest, ziemlich überrascht.

Nach dem ersten Schock, überlegen die Schwestern, wie sie ihre Ehemänner Willi, Reinhold und Alex loswerden könnten, denn jeder der drei hat sich als veritabler Fehlgriff entpuppt.

Während noch an den diversen Strategien gefeilt wird, findet Alex, Paulas Mann, bei einem Brand in seiner Fischerhütte den Tod. Unfall oder Mord?

Hartinger, ein ehrgeiziger Polizist, stochert sowohl in der Brandruine als auch in der Familie herum. Da trifft aus Deutschland die Nachricht vom Ableben Reinholds ein. Welch ein herrlicher Zufall, oder? Immerhin hat die dortige Polizei keine Zweifel an der Unfalltheorie.

Eigentlich müsste jetzt Willi, Hannas Mann, Angst bekommen, der nächste zu sein. Doch der frönt unbekümmert weiter seinen Hobbys: mit seinen Kumpeln Georg und Gregor saufen, Hannas Torten verspeisen und die, im Gastgewerbe staatlich verordneten Zimmerstunde, mit Kellnerin Lenka verbringen.
Doch letztlich schlägt auch für ihn und seine Saufkumpane das letzte Stündlein.


Meine Meinung:

Beate Ferchländer ist hier ein herrlicher Krimi mit viel schwarzem Humor gelungen.
Geschickt lässt sie die wahre Geschichte der Elfriede Blauensteiner, jener Serienmörderin, die ihre Opfer, betagte und gutsituierte Männer, umgarnt und wenig später mit Medikamenten umgebracht hat, natürlich nicht ohne an deren Vermögenswerte zu kommen, einfließen. Der Geist, der „Schwarze Witwe“ genannten, Mörderin begegnet uns Lesern als Briefschreiberin. Als „Frieda Stein-Blau“ führt sie jahrelangen Briefwechsel mit Dolores Rieder.

Wer nun die Ehemänner tatsächlich umgebracht hat, bleibt ziemlich lange im Dunklen. Die Autorin führt Leser und Polizei mehrfach an der Nase herum. Sie legt immer wieder falsche Fährten.

Nach und nach erfahren die Schwestern und wir Leser die zahlreichen Familiengeheimnisse. Von Reinhold, der als Sektenguru, eine Menge Kohle verdient hat und sich trotzdem von seiner Frau aushalten hat lassen, oder dass Alex, Besitzer eines gut gehenden Puffs in Tschechien war. Tja, und wer Paulas leiblicher Vater ist.

Der Schreibstil ist flüssig und lässt die Seiten nur so dahin fliegen. Die Autorin beschreibt anschaulich das Leben in einem kleinen Dorf nahe der Grenzen zu Tschechien. Dazu gehört auch, dass Gerüchte, die einmal aufgekommen sind, kaum wieder eingefangen und revidiert werden können. Das muss auch Daniel am eigenen Leib erfahren, der seit früher Jugend als Pfarrersliebchen und schwul bezeichnet wird. Diese dörflichen Mechanismen haben schon immer Existenzen vernichtet.

Gut gefällt mir die Wortspielerei des Titels: Sterbenstörtchen/Sterbenswörtchen. Die Rezepte von regionalen Köstlichkeiten aus dem Backofen sind durchaus zu empfehlen.

Fazit:

Ein köstlicher Krimi, im wahrsten Sinn des Wortes. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 20.07.2019

Sollten Politiker aller Länder lesen

Frieden! Jetzt! Überall!
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Vor dem Hintergrund des internationalen Aufrüstens, ob in Amerika, Russland oder in den gemeinhin als „Schurkenstaaten“ bezeichneten Ländern, hat der Westend-Verlag in diesem Buch, Aufrufe zahlreicher ...

Vor dem Hintergrund des internationalen Aufrüstens, ob in Amerika, Russland oder in den gemeinhin als „Schurkenstaaten“ bezeichneten Ländern, hat der Westend-Verlag in diesem Buch, Aufrufe zahlreicher bedeutender Menschen gesammelt, jetzt endlich überall Frieden zu propagieren.

In insgesamt sechs Kapiteln stellen Peter Brandt, Reiner Braun und Herausgeber Michael Müller, Statements vor die um Entspannung bemüht sind:

Für eine neue Entspannungspolitik
Felder der Friedenspolitik
Abrüstung jetzt!
Die Krise um den INF-Vertrag
Entspannungspolitik jetzt!
Friedensprojekt Europa
Partnerschaft mit Russland

Deutschland und die EU könnten bei diesen Bemühungen um ein friedliches Miteinander eine Schlüsselrolle spielen. Man muss es nur wollen und leeren Worthülsen auch Taten folgen lassen.

Im 6. Kapitel werden die Versäumnisse des Westens Russlands gegenüber aufgedeckt. Neben falscher Versprechungen und Wortbrüchen der NATO-Staaten und der Kurzsichtigkeit der Mitteleuropäer Vladimir Putin gegenüber, werden zahlreiche Möglichkeiten angesprochen, das ge- und verstörte Verhältnis zu Russland wieder in Ordnung zu bringen. Die oft einseitige (Russland feindliche) Berichterstattung westlicher Medien, ist mehr als beschämend. Es ist nur zu hoffen, dass es bald auch der dümmste Politiker oder Journalist merkt, dass ohne Russland Frieden!Jetzt!Überall! nicht zu bewerkstelligen ist.

Fazit:

Ein sehr wichtiges und kluges Buch mit dem die westliche Welt aufgerüttelt werden soll, bevor es zu spät ist und Europa wieder in einen Krieg schlittert. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.