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Rico

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Veröffentlicht am 15.09.2016

Rainbow

Eleanor & Park
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Rainbow Rowells Roman “Eleanor & Park" entführt den Leser zurück in die achtziger Jahre. Die Zeit meiner eigenen Jugend, ganz nebenbei gesagt. Park, ein Halbkoreaner, der zwischen Anpassung und Selbstbewusstsein ...

Rainbow Rowells Roman “Eleanor & Park" entführt den Leser zurück in die achtziger Jahre. Die Zeit meiner eigenen Jugend, ganz nebenbei gesagt. Park, ein Halbkoreaner, der zwischen Anpassung und Selbstbewusstsein aufbauen pendelt, hört in der amerikanischen Provinz die Musik von U2 und The Smith im Schulbus. Die Kopfhörer, die er dabei trägt erlösen ihn von der Dumpfbackigkeit und Aggressivität seiner pubertierenden Schulkameraden. Die Musik ist eine sichere Zuflucht, ein Ort in der Park Intelligenz, Offenheit und Liebe findet, während er sich über einen Comic beugt, um die Zeit des wenig erbaulichen Schulalltags mit Träumen zu überbrücken. Das Auftauchen der rothaarigen Eleanor ist echte Herausforderung für ihn. Denn Eleanor gilt in der Schule als total uncool, auf keinen Fall will Park, der aufgrund seiner asiatischen Wurzeln von den Schulkameraden an den Rand gedrängt wird, etwas mit Eleanor zu tun haben. Er sieht seine eh schon fragile Außenseiter-Position in Gefahr. Doch schon bald frisst sich das pummlige Mädchen in sein Herz. Dabei ist Eleanor kein Mädchen für den Laufsteg, dafür hat sie das Herz auf dem rechten Fleck und hat einen klugen Verstand. Und den braucht sie auch, um sich gegen einen durch geknallten Stiefvater zu wehren oder einer Mutter, die bei Männern Sicherheit sucht und Verachtung findet, die sie nur zu gerne an die Tochter weiterleitet.

Um es gleich vorwegzunehmen. Ich war sehr angetan von diesem Roman. Es hat einfach alles, was Lesen seit jenen achtziger Jahren für mich zum Erlebnis macht. Musik und Bücher können Leben retten, weiß die Autorin. Eleanor & Park atmet Klugheit. Hier wird gelebt, geliebt, gehasst, hintertrieben und ums nackte seelische Überleben gekämpft. Und dass mit einer Leichtigkeit, die den Leser staunen lässt. Eine vergangene Zeit taucht wieder vor den Augen auf, all das kann man riechen, schmecken, sehen, fühlen und hören. Eleanor und Park machen interessante Entwicklungen durch, die auf eine besondere Weise enden. Das Teil strotzt nur so von treffsicheren Dialogen und kleinen Weisheiten über das menschliche Dasein. Dramaturgisch ist der Roman raffiniert aufgebaut, mich hatte der Text sofort an der Angel und ließ mich dann auch nicht mehr los. Was auch an dem typisch amerikanischen Erzählstil liegt, der alles Überflüssige aus dem Text verbannt und sich ganz auf das Wesentliche konzentriert. Die Essenz zweier Liebender zu vermitteln. Dabei geizt Eleanor und Park mit knalligen Effekten und setzt vielmehr auf Authentizität und einen erfrischend unspektakulären Handlungsablauf. Die Normalität birgt schon Schrecken genug. Der Roman mag sprachlich sicher einen Tick mehr auf Frauen zugeschnitten sein. Aber kann das verdammt noch einmal ein Manko sein? Zum Teufel, nein. Ein toller Roman, der bei mir bleibenden Eindruck hinterlassen hat!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Guter Roman

Auch das wird vergehen
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Bei den Vorschusslorbeeren, die „Auch das wird vergehen“ von Milena Busquets erhalten hat ist es gar nicht mehr so einfach unbefangen das Buch in die Hände zu nehmen. Eine moderne Françoise Sagan sieht ...

Bei den Vorschusslorbeeren, die „Auch das wird vergehen“ von Milena Busquets erhalten hat ist es gar nicht mehr so einfach unbefangen das Buch in die Hände zu nehmen. Eine moderne Françoise Sagan sieht “El Mundo” aus Spanien am Werk. Das kann nur Übertreibung sein, dachte ich mir und begann zu lesen. Die „Ich“ Erzählerin Blanca, die nie daran gedacht hat einmal vierzig Jahre alt zu werden steht am Grabe der Mutter und sieht die Fäden ihre Lebens in Katalonien zusammenlaufen. In Cadaqués, der Sommerresidenz der Familie trifft sie auf ihre Exmänner und einen Haufen Erinnerungen, die die Gegenwart mit der Vergangenheit vermählen. Blanca liebt das Leben, die Sinnlichkeit heißer Nachmittage, den Sex, den Weißwein, die weißgetünchten Häusern des Südens und das türkisfarbene Meer. Und noch mehr liebt sie die Männer, jedenfalls für den Moment, der Tod und Leben außer Kraft zu setzen scheint. Warum auch nicht? Trauer und Lebensgier sind Geschwister erkennt Blanca und versucht an sich selbst anzudocken. Kein leichtes Unterfangen für eine seelisch Schiffbrüchige. Doch dieses Kunststück zu zeigen ist Milena Busquets gelungen. Sie zeichnet eine erfrischend moderne Frau, voller Intelligenz und grandioser Beobachtungsgabe, eine emanzipierte Frau, ohne Schuldgefühle, aber mit der Hingabe einer Südländerin, die mehr nimmt, als gibt und auf die Meinung anderer pfeift. Blanca weiß, sie lebt nur einmal und damit ist sie ein Kind ihrer Zeit. Dank der Autorin kommt Blanca äußerst echt rüber. Bis in die letzte Pore macht sie Blanca fühlbar. Genau diese Authentizität hat das Buch für mich sehr spannend gemacht, auch wenn ansonsten gar nicht so schrecklich viel passiert. Der Roman tritt auf der Stelle, wie eine Generation von Frauen auf der Stelle tritt, getrieben von den hohen Ansprüchen, die an sie gerichtet werden. Und der Erkenntnisgewinn? Er gleicht einem Tropfen Wasser in der Wüste. Vielmehr gibt das Leben in diesem Jahrtausend einfach nicht her. Besonders hervorstechen tun eine Vielzahl von unglaublich klugen Sätzen, die mich manchmal ganz Baff gemacht haben. Hinkt der Vergleich mit der Sagan? Nun ja... „Auch das wird vergehen“ ist mit Bonjour Tristesse inhaltlich vielleicht nicht ganz auf Augenhöhe. Das Ding hat schließlich Meilenstein Status... Dafür schreibt Milena Busquets noch besser.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Las Vegas

Billy
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Billy ist Schotte, gut ausgelasteter Auftragsmörder und Hobby-Philosoph in einer Person. Schließlich hat Nietzsche sein Leben mehr beeinflusst, als seine früh verstorbenen Hippieeltern. Von den Beiden ...

Billy ist Schotte, gut ausgelasteter Auftragsmörder und Hobby-Philosoph in einer Person. Schließlich hat Nietzsche sein Leben mehr beeinflusst, als seine früh verstorbenen Hippieeltern. Von den Beiden hat er lediglich die Liebe zur Musik geerbt. Es ist sein liebevoller Onkel, der ihn aufzieht und mit philosophischen Fragestellungen konfrontiert, die sich durch den gesamten Roman ziehen. Die neue Familie gibt ihm alles, was er zum Leben in der schottischen Provinz braucht. Schutz, immer mindestens ein offenes Ohr und den Hang Klartext untereinander zu reden. Es ist schlussendlich einfach logisch, dass Billy in der familieneigenen Firma für Auftragsmorde seinen Dienst antritt.

Zwölf Mal hat er inzwischen seinen Job getan. Er hat seine Opfer, die eigentlich auch Täter sind, gefesselt, er hat sie reden lassen, um etwas über ihr Leben zu erfahren. Er hat Ihnen einen letzten Musikwunsch erfüllt. Er verhält sich korrekt, nichts Persönliches bringt Billy zum morden. Kein Gerechtigkeitssinn treibt ihn an. Er erledigt einen Job. Sonst nichts. Schließlich fliegt er nach Las Vegas, um seinen Kumpel Whip zu treffen, der ebenfalls für die Firm arbeitet und die Dinge eskalieren. Doch bis dahin trifft Billy Elvis, der sich allerdings mit „w“ schreibt. Ein Wüstenindianer vom Stamme der Apachen kommt ihm in die Quere und die Anzahl von Wasserstoffblondinen mit Brustverstärkung nimmt in Las Vegas groteske Züge an.

Einzlkind- cleveres Pseudonym übrigens- ist in der deutschen Literaturlandschaft kein Unbekannter mehr. Er hat mit „Harold“ und „Gretchen“ bereits Aufmerksamkeit in den Feuilletons erregt. Nun legt er mit „Billy“ einen bärenstark erzählten Roman vor, der durch seine Spannungselemente ins Thriller-Genre hereinreicht, aber letztendlich in der gehobenen Literatur zu verorten ist. Inhalt geht also über Effekte. Wobei Billy einen erfrischend schnoddrigen Ton anschlägt, der den Leser bei Billy tatsächlich an einen Schotten denken lässt. Seine Beobachtungen, ob nun in Hotelbars, dem Death Valley oder Spielerstadt Las Vegas sind voll sprachlicher Tiefenschärfe. Seine philosophischen Rundumschläge lassen den Leser aufhorchen und nachdenken.

Er zerlegt Begriffe, wie Gerechtigkeit, Mitleid und Gleichheit, wobei er, wie sein Vorbild Nietzsche, deren erwiesenen Evolutionsnutzen strikt leugnet. Immer wieder fasst er hinter die Worthülsen und zeigt, was sie tatsächlich bedeuten oder beweist deren Inhaltsleere. Mir hat die Auseinandersetzung mit diesem fulminanten Stück Literatur ungemein Freude bereitet. Das sind wirklich Menschen über die der Autor schreibt und gleichzeitig ist das alles undenkbar, was wir da lesen. Das Buch bringt es fertig Humor, Mord und Philosophie zu einem gelungenen Ganzen zu vereinen. Hier sucht jemand die Wahrheit und zwar seine eigene. Dafür gebührt Einzlkind mein

Veröffentlicht am 15.09.2016

Der namenlose Tag

Der namenlose Tag
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Kriminalhauptkommissar Franck ist seit kurzem im Ruhestand. Doch noch kann er von den Toten nicht lassen. Na ja, vielleicht könnte er schon, wenn nicht Ludwig Winther bei ihm aufgetaucht wäre. Der Vater ...

Kriminalhauptkommissar Franck ist seit kurzem im Ruhestand. Doch noch kann er von den Toten nicht lassen. Na ja, vielleicht könnte er schon, wenn nicht Ludwig Winther bei ihm aufgetaucht wäre. Der Vater einer Selbstmörderin glaubt auch noch nach zwanzig Jahren, dass seine Tochter Opfer eines Verbrechens geworden ist. Sein Leben liegt seit den damaligen Geschehnissen in Trümmern, seine Ehe zerbrach an den Ereignissen, seine Frau folgte der Tochter auf den Friedhof, der Hang zum Alkohol setzte Ludwig Winther zu.

Franck hatte der Familie damals die Todesnachricht überbracht und der Mutter sieben Stunden lang beigestanden. So was vergisst man nicht. Schon gar nicht dieser Hauptkommissar, ein großer Zuhörer und Menschenfreund. Einer der sich beharrlich und behutsam in die Vergangenheit seines Gegenübers einfühlt und Seelen öffnet, ohne anbiedernd zu sein. Es sind die leisen Töne, die diesen Roman ausmachen. Wer temporeiche Spannung und außergewöhnlich grausame Psychopathen als Täter sucht ist mit dem Buch nicht gut bedient. Ani ist ein Erzähler des Alltäglichen. Es könnte die Familie deines Nachbarn sein über die er erzählt, fiel mir beim Lesen spontan ein. Meisterlich wie er den kleinbürgerlichen Mief jahrzehntelanger Trauerverarbeitung Schicht um Schicht abträgt und nur Sprachlosigkeit und Stumpfsinn generationsübergreifend übrig bleiben.

Bier, Schnaps und Wein lassen manch Verzweifelten aus dem Leim gehen und spenden den Versagens geplagten Trost. Schweigen ist auch eine Antwort. Mehr als einmal löst König Alkohol für Franck die Zungen. Kein Wunder in diesem deprimierenden Vorstadtkosmos, von Ani treffend gezeichnet. Mich hat der Roman von der ersten Seite an überzeugt. Die grandiose Schlichtheit der Geschichte, die sattelfeste Konstruktion, eine Erzählweise für die Friedrich Ani im Marketingsprech den Titel „Alleinstellungsmerkmal“ beanspruchen dürfte, so eigen und einzigartig ist sein Stil, wobei er drei oder vier Mal sprachlich über das Ziel hinaus geschossen ist. Keine Ahnung, was er mir mit manchen Vergleichen sagen will. Dem gegenüber stehen aber im Dutzend wunderbare kleine Weisheiten, radikale Einsichten und geniale Beobachtungen, geschrieben von einem Großen seiner Zunft. Denn wer sonst könnte ein derart kleinkariertes Milieu, in einen funkelnden Literaturdiamanten verwandeln?

Veröffentlicht am 15.09.2016

Birken

Die Birken wissen's noch
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Lars Mytting? Das Gudbrandstal in Norwegen? Nie gehört! Ich kann nur raten: Unbedingt lesen. Denn was der Autor hier schafft befördert Lars Mytting in meinen ganz persönlichen Buch Olymp. Und wie so oft ...

Lars Mytting? Das Gudbrandstal in Norwegen? Nie gehört! Ich kann nur raten: Unbedingt lesen. Denn was der Autor hier schafft befördert Lars Mytting in meinen ganz persönlichen Buch Olymp. Und wie so oft in der Literaturgeschichte muss der Protagonist raus aus der Provinz, weg von Birken und Kartoffelacker, um sich den eigenen Dämonen und der Geschichte seiner Familie zu stellen.

Edvard ist erschüttert vom Tode des Großvaters. Er ist verwundert über den Sarg, in dem der Tote zu seiner letzten Ruhe gebettet werden soll. Denn dieser wirkt wie ein Gruß aus ferner Zeit, eine künstlerisch aufwendige Arbeit, die eigentlich nur Einar zugeschrieben werden kann. Dem angeblichen toten Bruder des Verstorbenen. Und schon steht der Leser in einer der spannendsten Familiengeschichte, die ich seit langem gelesen habe. Auf den ersten siebzig, achtzig Seiten baut der Autor sehr geschickt und wie ich finde, sehr skandinavisch, also etwas spröde, sein Personal auf, diese Menschen sind nicht einfach nur verschwiegen, sie sind eigen, wahre Originale, so beschreibt Mytting die Einwohner. Dafür sind diese Menschen beseelt, ohne Frage, die ganze Story ist beseelt. Sehr emotional und gleichzeitig verdammt nüchtern, immer dicht an der Realität.

Der Roman ist nur so gespickt mit winzig kleinen Details, deren Auflösung im Lauf der Geschichte eine ungeheure Wirkung entfalten. Ich frage mich immer noch, ob sich viele der Ereignisse auch so in der Vergangenheit zugetragen haben können.

Es geht zurück in die Grausamkeiten des ersten und Zweiten Weltkriegs. Und dieses fürchterliche Erlebnis in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts bedeutet nicht nur für Edvard eine Zäsur. Es geht auf die Shetland Inseln, England, nach Frankreich und Deutschland spielt keine zu unterschätzende Rolle, allerdings nur als Reich der Bösen. Die Geschichte ist gut durchdacht. Sehr gut erzählt und von einer Unberechenbarkeit die mich sprachlos gemacht hat. Ein ungeheuer facettenreicher Roman, voller abenteuerlicher Ausflüge und Rochaden. Eine Erkenntnisgeschichte, denn vom anfänglich so spröden Edvard platzen die Schalen der Erinnerung ab, bis nichts mehr als er selbst übrig ist und nichts als die Wahrheit übrig bleibt.
Ich bin begeistert!