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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.09.2019

Monolog mit einem Toten

Laufen
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"Der Pfau" war es eigentlich, der mich zum Lesen dieses Buches gebracht hat. Von "Der Pfau" war ich begeistert und deshalb gespannt auf dieses neue Buch. Als ich die Leseprobe las, wurde ich skeptisch. ...

"Der Pfau" war es eigentlich, der mich zum Lesen dieses Buches gebracht hat. Von "Der Pfau" war ich begeistert und deshalb gespannt auf dieses neue Buch. Als ich die Leseprobe las, wurde ich skeptisch. Eine Frau, die quasi während des gesamten Romans läuft und sich dabei in einem inneren Monolog an ihren verstorbenen Lebensgefährten wendet. Kann das lesenswert sein? Gut, dass ich es selbst ausprobieren konnte. Es ist lesenswert! Es ist sogar sehr lesenswert.

Das Buch ist wirklich bis auf eine kurze Stelle ein innerer Monolog, ein einseitiges Gespräch mit dem verstorbenen Lebensgefährten. Durch Laufen will die Protagonistin einige Monate nach dem Tode ihres Freundes mit dem Verlust fertig werden. So erfahren wir in diesem einseitigen Gespräch alles über die Vergangenheit, was es mit dem Tode ihres Lebensgefährten auf sich hat, was vorher geschehen ist, und auch, was während der einzelnen Läufe passiert beziehungsweise in der Zeit dazwischen.

Das ist auf eine so raffinierte Weise geschrieben, dass man am liebsten gar nicht das Lesen unterbrechen würde. Sogar der Satzbau spiegelt die Situation wider. Die Sätze erstrecken sich jeweils über mehrere Zeilen, oft fast über eine ganze Seite. Man liest quasi im Laufrhythmus, wobei der Text trotz der Satzlänge immer klar verständlich bleibt.

Was an Geschehnissen durch diesen inneren Monolog mitgeteilt wird, will ich hier lieber nicht schreiben, um nichts zu verraten. Nur so viel: Es ist nichts eigentlich Weltbewegendes sondern etwas, was in der gegebenen Situation zu erwarten ist. Das aber ist auf eine so hervorragende Art geschrieben, dass man das Buch nur empfehlen kann.

Veröffentlicht am 01.09.2019

Ungewöhnliche Lösung

Messer (Ein Harry-Hole-Krimi 12)
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Harry Hole ist am Boden, denn seine Frau Rakel hat ihn verlassen und seinen Job an der Polizeihochschule hat er auch verloren. Er versucht sich die Wirklichkeit rosiger zu saufen. Da wird Rakel ermordet. ...

Harry Hole ist am Boden, denn seine Frau Rakel hat ihn verlassen und seinen Job an der Polizeihochschule hat er auch verloren. Er versucht sich die Wirklichkeit rosiger zu saufen. Da wird Rakel ermordet. Kann es sein, dass Harry selbst es im Suff gemacht hat? Oder war es Svein Finne, ein notorischer Vergewaltiger, den Harry einst hinter Gitter gebracht hatte?

Spannung ist das Stichwort, das den ganzen Roman durchzieht. Nesbø beschreibt den Fortgang der Handlung von verschiedenen Seiten, mit wechselnden Personen als Protagonisten. Dabei ist Harry Hole natürlich seine Hauptperson. Dessen Gedanken, seine inneren Zweifel, sein totaler Absturz stehen im Mittelpunkt.

Das Buch ist leicht zu lesen und recht stringent geschrieben. Kein Hin- und Herspringen in verschieden Erzählebenen. Rückblicke sind plausibel und passend eingesetzt. Nesbø schafft es mühelos, Spannung literarisch hochwertig zu servieren, bis zum überraschenden und ungewöhnlichen Ende.

Veröffentlicht am 19.08.2019

Spannende 830 Seiten

Verratenes Land
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Pulitzer Preisträger Marshall McEwan kommt nach 30 Jahren wieder zurück in seine Heimatstadt Bienville am Mississippi. Sein Vater liegt im Sterben. Weil dieser die örtliche Zeitung, die schon seit langer ...

Pulitzer Preisträger Marshall McEwan kommt nach 30 Jahren wieder zurück in seine Heimatstadt Bienville am Mississippi. Sein Vater liegt im Sterben. Weil dieser die örtliche Zeitung, die schon seit langer Zeit im Besitz der Familie ist, wegen seiner Krankheit nicht mehr leiten kann, will Marshall sich darum kümmern.

Dann gibt es da in Bienville noch den sogenannten Bienville Pokerclub. Es sind 12 Männer, die selbstherrlich über die Stadt bestimmen. Eine Papierfabrik soll auf einem Gelände gebaut werden, auf dem Buck Ferris, der Ziehvater von Marshall alte Indianersiedlungen vermutet, die er ausgraben möchte.

Buck Ferris kommt plötzlich durch einen mysteriösen Unfall zu Tode. Der Verdacht liegt nahe, dass der Pokerclub dahinter steckt.

830 Seiten umfasst der Roman. Ich hatte mich schon auf einige Tage Lesezeit eingestellt. So viele Seiten brauchen halt ihre Zeit. Aber dann ging es doch recht schnell. Und woran lag das? Iles schafft das Kunststück, über die enorme Länge der Geschichte einen Spannungsbogen aufzubauen und zu halten, dass ich das Buch in jeder freien Minute zur Hand genommen habe.

Iles erzählt aus der Sicht von Marshall McEwan. Immer wieder baut er Rückblicke auf die Vergangenheit ein. Zu Anfang dachte ich noch, was sollen diese Rückblicke? Die halten den Fortgang der Geschichte nur auf. Aber es wird schnell klar, dass durch die Erlebnisse in der Vergangenheit das Handeln der Personen in der Gegenwart sehr stark bestimmt wird.

Überhaupt, die Personen: Es sind sehr viele Personen, die eine Rolle spielen. Da geschieht es sehr leicht, dass man die Übersicht verliert. Wie oft habe ich schon in anderen Romanen zurück geblättert, um mich bei den Personen wieder zurecht zu finden. Iles gelingt das Kunststück, dass der Leser trotz der vielen handelnden Personen leicht den Überblick behält.

Es gab mal einen "Literaturpapst", der Romane über 500 Seiten, ohne sie gelesen zu haben, per se als schlecht bezeichnete. Bei Iles Buch haben wir ein Beispiel, dass Romane mit großem Umfang nicht automatisch schlecht sein müssen. Hier ganz im Gegenteil!

Veröffentlicht am 22.07.2019

Ein kriminalistischer Roman

Die geheime Mission des Kardinals
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Ein etwas anderer Kriminalroman.

Aber zunächst etwas zum Inhalt: im Jahre 2010 wird der italienischen Botschaft in Damaskus ein Fass geliefert. Darin in Olivenöl die Leiche des Kardinals Angelo Cornaro, ...

Ein etwas anderer Kriminalroman.

Aber zunächst etwas zum Inhalt: im Jahre 2010 wird der italienischen Botschaft in Damaskus ein Fass geliefert. Darin in Olivenöl die Leiche des Kardinals Angelo Cornaro, der in einer Geheimmission in Syrien unterwegs war. Kommissar Barundi wird mit den Ermittlungen beauftragt. Da die Leiche der italienischen Botschaft geliefert wurde, wird aus Italien Commissario Marco Mancini hinzugezogen. Die beiden stehen vor einer schwierigen Aufgabe. Wie soll es ihnen gelingen bei den herrschenden syrischen Verhältnissen, die Mancini scherzhaft mit italienischen Verhältnissen vergleicht, die Schuldigen zu finden.

Ein etwas anderer Kriminalroman, wie ich in der Überschrift schrieb, ein kriminalistischer Roman. Ich meine damit einen Roman, der zwar eine Handlung hat, wie ein Kriminalroman, denn ein Mord ist geschehen und wird aufgeklärt. Aber ein großer Teil des Romans wird von der Beschreibung der gesellschaftlichen Verhältnisse in Syrien in Anspruch genommen, die von Diktatur und einem allmächtigen Geheimdienst überschattet sind. Ein weiteres wichtiges Gesellschaftsbild ist die die Beschreibung des Zusammenlebens der verschiedenen Religionen und Glaubensrichtungen. Die eigentliche Geschichte spielt sich in nur wenigen Wochen ab. Aber das Buch umfasst einen Zeitraum von vielen Jahren. Das gelingt Rafik Schami, indem er z. B. immer wieder Auszüge aus Barundis Tagebuch einblendet, in dem er nicht nur auf die Gegenwart sondern auch auf seine Vergangenheit eingeht.

Ein Krimi hat oft einen Spannungsbogen, der sich vom Beginn an immer mehr steigert und dann am Ende nach Aufklärung des Falls steil abfällt. bei Schami haben wir es in diesem Buch mehr mit einer gleichbleibenden Spannung zu tun. Nicht mal an der Stelle, als die beiden Kommissare in die Gewalt von Rebellen geraten, hatte ich den Eindruck, dass da die Spannung bemerkenswert stieg. Irgendwie weiß man, dass Schami seine Protagonisten schon gut durchkommen lassen wird.

Diese Art der Spannungsführung ist ungewöhnlich, passt aber sehr gut zu diesem Buch. Es lässt sich gut lesen. Auf jeden Fall eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 08.07.2019

Zeitbild

1793
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Ein Krimi, der ein Zeitbild ist. Es beginnt mit dem Fund einer Leiche im Jahr 1798 in Stockholm. Es ist die Leiche eines jungen Mannes, dem man einige Zeit vor seinem Tode alle Gliedmaßen, die Augen und ...

Ein Krimi, der ein Zeitbild ist. Es beginnt mit dem Fund einer Leiche im Jahr 1798 in Stockholm. Es ist die Leiche eines jungen Mannes, dem man einige Zeit vor seinem Tode alle Gliedmaßen, die Augen und die Zunge entfernt hat. Stadtknecht Mickel Cardel und der Jurist Cecil Winge sollen den Fall aufklären.

In mehreren Erzählsträngen wird im Rückgriff auf die Vergangenheit, genauer auf das Jahr 1793, erzählt, was vorher geschehen ist. Da ist die Geschichte von Christoffer Blix, der als ehemaliger Feldscherlehrling zu einer grausigen Tat gezwungen wird. Und da ist die Geschichte von Anna Stina, die unmenschliches durchmachen muss.

Am Ende werden alle Erzählstränge zusammengeführt und es kommt zu einer etwas überraschenden aber schlüssigen Aufklärung.

Ich hatte zunächst etwas Schwierigkeiten, die Namen der handelnden Personen nicht zu verwechseln, Das wurde im Laufe der Geschichte immer einfacher.

Was dieses Buch vor allem ausmacht, ist die Vermittlung eines Zeitbildes, das von einer enormen Recherchearbeit zeugt, die sich aber auf jeden Fall gelohnt hat.