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Veröffentlicht am 01.09.2019

Intrigant aus Brigant

Kingdoms of Smoke – Die Verschwörung von Brigant
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Catherine ist die Prinzessin von Brigant, doch in diesem rückständigen Land sind Frauen so minderwertig, dass sie sogar den Pferden untergeordnet werden. Von daher verwundert es nicht, dass ihr Vater, ...

Catherine ist die Prinzessin von Brigant, doch in diesem rückständigen Land sind Frauen so minderwertig, dass sie sogar den Pferden untergeordnet werden. Von daher verwundert es nicht, dass ihr Vater, König Aloysius, sie an ein Nachbarreich weitergibt, damit sie den dortigen, etwas missgestalteten Prinzen, heiratet, um ein Bündnis zu schaffen. Doch Aloysius ist ein Megaschurke, wie er im Buche steht: Er plant eigentlich was ganz anderes. Und er interessiert sich nicht für das Schicksal seiner Tochter. Inzwischen wird der ehemalige Leibwächter von Prinzessin Catherine als Verräter gesucht, stößt ein junger, vaterloser Dieb auf einen Jungen, der sich rächen möchte und geraten auch zwei Dämonenjäger in das Netz aus Intrigen.

Eigentlich mochte ich den Einstieg. Man bekam einen schönen Einblick in die Gesellschaft von Brigant bzw. die dortigen brutalen Sitten. Ich mochte auch, dass einer (zwei) der Protagonisten kein straight white man war. Und die Schreibweise hat mir gefallen. Doch wenn ich jetzt so über das Buch nachdenke, bleibt im Endeffekt nicht viel von Substanz. Die Megaschurken sind schurkisch um des Schurkenseins Willen, ein paar Adlige sind mega edel, und die Voraussetzung für die Intrige bzw. den darauffolgenden Krieg sind so dermaßen unlogisch, dass man den Rest kaum ernstnehmen konnte. Um nicht zu spoilern, versuche ich mal, die Idee dazu anders darzulegen.

Stellt euch vor, zwischen eurem Grundstück und dem übernächsten liegt - abgelegen und eigentlich immer nur voll öde - eine brachliegende Wiese. Das Betreten der Wiese ist nicht nur strengstens verboten, sie ist auch noch abgezäunt und eigentlich ist sie eh voll vermüllt. Jetzt kommt der Nachbar von der anderen Seite auf die Idee, in der Wiese gäbe es einen versteckten Schatz. Würde er a) in euren Garten trampeln, mit der Schrotflinte auf euch schießen und schurkisch lachen, um mal eben auf der Wiese was zu erledigen oder würde er vielleicht doch eher b) heimlich, still und leise ab und zu bei Nacht dort graben? Also, ich weiß, was MEINE Nachbarn tun würden und eine Schrotflinte spielte dabei keine Rolle.

Dazu kommt, dass ich mit gewissen Leuten in diesem Buch gar nicht klarkam, und damit meine ich nicht die schurkischen Schurken. Ambrosius ging mir mit seiner megaedlen Adligkeit und Naivität auf die Nerven, March war ein manipulierter und manipulierender Dummkopf und die Dämonenjäger töten einfach so irgendwelche Wesen, die niemandem was tun, nur weil sie mehr oder weniger deren Sterben ausschlachten können. Ist jetzt nicht so mit meiner Art von Heldenverständnis vereinbar, zumal bis auf Ansätze bei March vielleicht keiner auch nur Anzeichen erkennen ließ, dass man sich darüber vielleicht mal ein paar ethische Gedanken machen könnte.

Veröffentlicht am 27.08.2019

Mutation

Cold Storage - Es tötet
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1987 wird ein Team aus den besten amerikanischen Agenten nach Australien geschickt, um eine seltsame Sache zu untersuchen. Alle sechsundzwanzig Bewohner des abgelegenen Ortes sind tot. Zusammen mit einer ...

1987 wird ein Team aus den besten amerikanischen Agenten nach Australien geschickt, um eine seltsame Sache zu untersuchen. Alle sechsundzwanzig Bewohner des abgelegenen Ortes sind tot. Zusammen mit einer Wissenschaftlerin stellen sie fest, dass ein mutierter Pilz für die Todesfälle verantwortlich ist; mit Müh und Not gelingt es ihnen, ihn zu vernichten, doch eine Probe des Pilzes wandert in ein geheimes militärisches Untergeschoss.
Dreißig Jahre später hat sich die politische Lage geändert. Aus dem einst militärischen Sicherheitslager ist ein Mietlager geworden, in dem Travis und Naomi die langweilige Aufgabe haben, auf die eingelagerten Sachen aufzupassen. Eines Tages gibt es ein Signal aus dem vierten Untergeschoss. Die Sache ist nur die: Hier existieren nur zwei Untergeschosse. Oder? Zusammen mit einem der Agenten von damals, dem mittlerweile im Ruhestand befindlichen Roberto liegt es jetzt an ihnen, die Welt vor dem mutierten Pilz zu retten, der alles befällt und vereinnahmt.

Eigentlich ein interessantes und spannendes Thema. Eigentlich. Denn Koepp kann vielleicht gute Drehbücher schreiben, er kann bestimmt auch mega recherchieren und lässt locker-lässig Worte wie Cordyceps Novus, Endosymbiont, hybridisiert, Tetrazyklin und Hexafluorantimonsäure in die Tastatur schweben. Er erzählt uns von jeder wichtigen und unwichtigen Person, die auch nur ansatzweise hier auftaucht, die gesamte Biographie, er ist auch nicht untalentiert in Sachen Slapstick und Splatter, aber eines - und das ist nun mal das, worauf ich hier Wert lege - kann er leider nicht: Horror und/oder wenigstens Thriller. So plätschert die Geschichte vor sich hin, entlockt vielleicht das ein oder andere Mal ein müdes Lächeln, aber fesseln? Nein fesseln kann sie nicht. Und wahrscheinlich habe ich dieses Buch in drei Wochen vergessen, denn das bisschen Handlung, das zwischen den Lebensgeschichten aller Beteiligten und dem Liebesgesäusel von Travis übrigbleibt, ist kaum einer Erinnerung wert. Für die harte Recherche-Arbeit vergebe ich drei Punkte.

Veröffentlicht am 14.08.2019

Im Dunklen

Secret Keepers 1: Zeit der Späher
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Ruben ist elf, schon immer ein Außenseiter und der Sohn einer alleinerziehenden Mutter, die trotz zweier Jobs Probleme hat, die Miete zu zahlen. Es ist also kein Wunder, dass er viel allein ist; diese ...

Ruben ist elf, schon immer ein Außenseiter und der Sohn einer alleinerziehenden Mutter, die trotz zweier Jobs Probleme hat, die Miete zu zahlen. Es ist also kein Wunder, dass er viel allein ist; diese Zeit nutzt er zum Herumstreunen und Klettern. Als er eines Tages ein altes Haus hochklettert, fällt ihm ein seltsamer Fund in den Schoß: ein Kästchen mit einer Uhr, die anders ist als alles, was er je zuvor gesehen hat. Sie besitzt weder Sekunden- noch Minutenzeiger und hat eine seltsame Eiform. Als er mit ihr ihr herumspielt, entschlüsselt sich ihr Geheimnis - sie macht unsichtbar. Aber die Unsichtbarkeit kommt mit einem Preis. Solange man unsichtbar ist, ist man auch blind und tappst im Dunkeln. Doch die Uhr ist auch kein Spielzeug, das lernt Ruben auf die harte Tour. Die Späher, Handlanger des Schattens, machen sich auf die Suche nach ihr, und sie sind nicht zimperlich.

Ich bin sehr begeistert von der Geheimen-Benedict-Gesellschaft desselben Autors, von daher war klar, dass ich mich auf seine neue Reihe stürzen musste. Jetzt bin ich ziemlich ernüchtert. Die Geschichte hat zwar Potenzial und ist auch keine 08/15-Plotline, aber ansonsten hapert es ganz schön. Man erfährt nur wenig über die Welt, in der Ruben lebt, wird meistens mit einem Isso abgespeist. Ruben selbst ist auch nicht gänzlich sympathisch. Ich verstehe zwar, dass er seiner Mutter und sich selbst ein besseres Leben bieten will, aber das auch auf Kosten von Menschen, die ihm helfen.
Und jetzt kommt Kritik am Verlag, der eigentlich zu meinen Lieblingsverlagen gehört, aber hier gründlich gepatzt hat: Der Klappentext ist echt Müll. Eigentlich braucht man das Buch nach dem Überfliegen desselben nicht mehr zu lesen, denn da steht wirklich alles drin - mal davon abgesehen, dass er auch noch gravierende inhaltliche Fehler enthält. Dann verstehe ich auch nicht, warum Reuben in Ruben umgeändert werden musste, aus Smoke der Schatten wurde und aus The Directions die Späher. Sehr enttäuschend ist auch, dass aus dem einen Buch im Englischen zwei gemacht werden mussten; der Schluss ist nämlich kein Cliffhanger, er ist einfach eine Frechheit.

Veröffentlicht am 04.08.2019

Omnipotenter Puppenspieler

Der Kastanienmann
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Eine Frau wird im Garten ihres Hauses brutal gefoltert und dann umgebracht. Eine weitere Frau stirbt auf ähnlich grauenhafte Weise. Die Frauen scheint nichts zu verbinden - außer ein Kastanienmännchen, ...

Eine Frau wird im Garten ihres Hauses brutal gefoltert und dann umgebracht. Eine weitere Frau stirbt auf ähnlich grauenhafte Weise. Die Frauen scheint nichts zu verbinden - außer ein Kastanienmännchen, das bei jeder in der Nähe aufgehängt wird. Thulin, die viel lieber beim Dezernat für Cyberkriminalität arbeiten würde und Hess, der geschasste Europol-Bulle, müssen auf Hochtouren ermitteln, denn eines scheint klar: Hier ist ein Serienmörder am Werk. Doch obwohl es ihnen gelingt, sowohl eine dritte gefährdete Frau in ein sicheres Haus zu bringen, und dem Täter eine Falle zu stellen, scheint ihnen dieser immer einen Schritt voraus zu sein. Und was hat das alles mit der Sozialministerin und deren vor einem Jahr ermordete Tochter zu tun, deren Fingerabdrücke auf den Kastanienmännchen gefunden werden?

Ich fand den Prolog sehr, sehr cool, auch den Anfang des Buches, obwohl der Schreibstil ernsthaft fast genauso grauenhaft ist wie die beschriebenen Morde. Dieses ständige Hin- und Herwechseln zwischen Präsens und Präteritum hat mich ständig aus dem Lesefluss gebracht. Kann sein, dass der Autor ein guter Drehbuchschreiber ist, vom Handwerk des guten literarischen Buches ist er noch meilenweit entfernt. Ab einem gewissen Zeitpunkt nervte mich auch die absolute Omnipotenz des Mörders, der Sachen voraussehen und wissen konnte, die nicht einmal mit seinen Fähigkeiten erklärbar waren. Was mir auch immer wieder bei skandinavischen Büchern auffällt ist, dass scheinbar mindestens zwei Drittel aller vorkommenden Personen eigentlich ständig an Sex denkt, und das selten auf eine sympathische Weise. Ich fand das Buch zu lang - nicht wirklich langweilig, aber gelegentlich langatmig - und verstehe den Hype, der scheinbar in Dänemark darum gemacht wird, nicht.

Veröffentlicht am 24.07.2019

Dann holt dich der Wolf

Im Wald der Wölfe (Jan-Römer-Krimi 4)
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Jan Römer braucht eine Auszeit und diese verbringt er in einer einsamen Ferienhütte im Thüringer Wald. Eines Abends wird er dort von einer gehetzten Frau überrascht, die ihm im Laufe der Nacht von mysteriösen ...

Jan Römer braucht eine Auszeit und diese verbringt er in einer einsamen Ferienhütte im Thüringer Wald. Eines Abends wird er dort von einer gehetzten Frau überrascht, die ihm im Laufe der Nacht von mysteriösen Morden in genau diesem Waldgebiet erzählt. Seit fast sechzig Jahren gibt es eine Mordserie, die sich durch das Brandzeichen eines Wolfes auszeichnet. Römers Interesse ist geweckt und wo Römer nachforscht, sind auch Mütze und Aslan nicht weit. Doch sie wecken schlafende Hunde, die sich als gefährliche Wölfe entpuppen und dann stirbt jemand ...

Bei den Krimis von Linus Geschke bin ich regelmäßig hin- und hergerissen. Einerseits mag ich seine Fälle und die meisten seiner Protagonisten, so klischeehaft auch gerade Aslan zum Beispiel daherkommt. Andererseits finde ich ausgerechnet Jan Römer oftmals unerträglich. Er hat eine Art, mit der ich schon im real life nicht klarkomme, gern auch mit erhobenen Zeigefinger und Möchtegerngelassenheit. Dazu kommen in diesem Buch einige Sachen, die mich gestört haben. Diese ewigen Wiederholungen, wenn gebetsmühlenartig etwas über die Stasi oder die ach so böse DDR-Führung geplappert wurde, das ermüdet auf Dauer und ja, man hat's auch schon beim ersten Mal kapiert. Dann die abgrundtiefe Dummheit Römers, den ich damit für das blutige Spektakel am Schluss verantwortlich mache. Hach, Mütze und ich haben immer zuerst miteinander gesprochen, ich sage doch der Kommissarin nicht, wie sie den Typen, der schon vorher skrupellos über Leichen geht, fassen kann. Sorry, aber da war es bei mir ganz aus vom Verständnis her.
So war zwar das Buch selbst wie auch die Vorgänger gut zu lesen, auch nicht unspannend, aber da ich mich hier ziemlich oft geärgert habe, kein Highlight. Meine Hoffnung liegt ja dahingehend, dass sich in den nächsten Büchern mehr auf Mütze konzentriert wird, die ich ohnehin als bedeutend interessanter und cooler empfinde als diesen Jan Römer.