Die Freiheit
Das Brauhaus an der Isar: Spiel des SchicksalsBayern, 1897: Antonia lebt mit ihrer Familie auf einem kleinen Hopfen-Hof. Ihre Zukunft scheint vorgezeichnet, sie wird einen der Burschen aus der Gegend heiraten, Kinder bekommen und bis an ihr Lebensende ...
Bayern, 1897: Antonia lebt mit ihrer Familie auf einem kleinen Hopfen-Hof. Ihre Zukunft scheint vorgezeichnet, sie wird einen der Burschen aus der Gegend heiraten, Kinder bekommen und bis an ihr Lebensende Hopfen verarbeiten. Dabei träumt sie davon, in München eine richtige Ausbildung zu machen und die Enge und Eintönigkeit des Dorfes hinter sich zu lassen. Als ihr Vater stirbt und ihre Mutter den Hof verkauft, nutzt sie ihre Chance und geht heimlich nach München. Antonia hält sich mit Lohnarbeiten über Wasser, bis ihr ein Maler anbietet, ihm nackt Modell zu stehen. Für Antonia eigentlich undenkbar, schließlich will sie ihren guten Ruf bewahren. Aber die Bezahlung ist sehr gut, also probiert sie es aus. Und je länger sie Modell steht, desto freier fühlt sie sich. Zum ersten Mal im Leben ist ihr Körper nicht mehr unter unzähligen Lagen Kleidern versteckt und eingeschnürt. Sie kann endlich Luft und Sonne auf der Haut spüren und tief durchatmen.
Über den Maler lernt sie Melchior Bruckner kennen. Dessen Mutter Franziska führt nach dem Tod des Mannes die Familien-Brauerei mit harter Hand, da Melchior lieber dem Müßiggang frönt und sich für Technik statt fürs Brauen interessiert. Einen Traum allerdings verfolgen sie gemeinsam – ihr Bier soll auf dem Oktoberfest ausgeschenkt werden.
Als Melchior Antonia eine Stellung im Haushalt seiner Mutter versorgt, wird sie von den anderen Bediensteten angefeindet. Dann passieren mehrere Unfälle – will jemand die Brauerei sabotieren? Antonia gerät in Verdacht. Um ihren Ruf und die Brauerei zu retten versucht sie, den wahren Schuldigen finden.
„Das Brauhaus an der Isar“ ist der packende Auftakt einer neuen Reihe rund ums Münchner Brauwesen. Die Bruckner-Brauerei steht dabei stellvertretende für die kleinen Familienbrauereien der damaligen Zeit, die mit- und gegeneinander ums Überleben kämpfen.
Julia Freidank erzählt u.a. von Bigotterie, Engstirnigkeit, Frömmlern und fragwürdiger Moral. Während Antonia sich gegen übergriffige Männer und Vorwürfe wegen ihrer Tätigkeit als Aktmodell wehren muss, kämpft Franziska um Anerkennung in einer Männerdomäne. Zwei starke Frauen, die sich nicht so leicht unterkriegen lassen.
Antonia war mir von Beginn an sympathisch. Ich habe sie für ihren Mut, sich nicht in ihr vorbestimmtes Schicksal zu fügen, sehr bewundert. Franziska hat es mir etwas schwerer gemacht sie zu mögen, da sie nach außen sehr streng, fast schon verbittert wirkt.
Melchior hingegen vertrödelt die Tage. Er scheint nichts mit sich anzufangen zu können. Dabei würde er gern an der neugegründeten Technischen Hochschule studieren, kann sich mit diesem Wunsch aber bei seiner Mutter nicht durchsetzen.
Geschickt lässt die Autorin berühmte Persönlichkeiten jener Zeit in die Handlung einfließen. So haben z.B. Albert Einstein und Johann Strauß einen Gastauftritt. Zudem geht sie auf die neuesten Erfindungen wie die elektrische Straßenbahn, Kunsteis bzw. Kühlaggregate ein und die Entwicklung eines neuen, rein untergärigen Bieres mittels Hefe und die dafür nötigen Verfahren, was sie sehr spannend erzählt hat. Aber auch die Arbeiterbewegung und das Erstarken des „Alldeutschen Verbandes“ (einer nationalsozialistisch geprägten Vereinigung) und die langsame Entwicklung eines neuen, modernen Frauenbildes finden sich im Buch wieder. Damit zeigt sie ein sehr umfassendes Bild von München in der damaligen Zeit.
Mein Fazit: Ein sehr spannender, fesselnder und unterhaltsamer Auftakt der Lust auf die Folgebände macht!