Nachdem die pensionierte Handarbeitslehrerin Bee Merryweather bereits im Vorläuferband "Todesklang und Chorgesang" ( den man am besten schon gelesen haben sollte, bevor man sich an den zweiten Band macht, denn er verrät soviel über die Handlung, dass einem die Spannung dann fehlen würde! ) ihr unglückseliges Talent, nämlich über Leichen zu stolpern, unter Beweis gestellt hat, darf sie nun auch in einem zweiten Band auftreten. Der Leser ahnt natürlich, dass die recht schusselige Bee, die sich auch noch um drei Katzen zu kümmern hat, neben ihrem doch etwas langweiligen Hobby, dem Häkeln von Eierwärmern, das sie gar zu einem recht florierenden Geschäft gemacht hat, auch weiterhin nicht die Finger, genauer gesagt ihre neugierige Nase, von Dingen lassen kann, die sie nichts angehen. Aber um ihr Gerechtigkeit zukommen zu lassen - sie kann doch wirklich nichts dafür, dass sie zugegen ist, als die Hündin der neuen Nachbarin eine Leiche ausbuddelt! Und dass sie sich dann später, nachdem sie sich bei der Geburtstagsfeier eben jener Nachbarin an einem indischen Gericht den Magen verdorben hat und schnellstmöglich eine Toilette aufsuchen muss, zufällig ins Zimmer des Gastgebers verirrt und diesen tot auffindet, erstochen mit einem Dolch, ist doch wirklich nicht ihre Schuld, oder?
Die Polizei allerdings, die bereits im ersten Band über Bees Schnüffeleien, die ihr damals um ein Haar das Leben gekostet hätten, alles andere als erfreut war, ist jedenfalls anderer Meinung und würde die Handarbeitslehrerin außer Dienst am liebsten in Gewahrsam nehmen, zu ihrem eigenen Schutz, denn durch ihre Unvorsichtigkeit bringt sie sich gar gerne in des Teufels Küche! Und mit den beiden Toten im winzigen Dörfchen South Pendrick im schönen Cornwall, Bees Domizil seit wenigen Jahren, hat sie auch ohne deren Einmischung genug zu tun. Doch Mrs. Merryweather, die in diesem Cosy Crime etwas verloren und traurig daherkommt, denn weder geht es voran mit der sich im Vorgängerband anbahnenden Beziehung zu dem sympathischen, aber entscheidungsschwachen Arzt Marcus Strong noch mit den Kontakten zu den Dorfbewohnern, die Bee trotz ihrer Bemühungen um Freundschaft oder doch wenigstens Integration nach wie vor als Außenseiterin betrachten.
Bee ist einsam, bringen wir es auf den Punkt! Und was machen einsame Menschen, die viel Zeit haben und denen noch dazu eine Aufgabe im Leben fehlt? Ganz recht, sie suchen sich eine Beschäftigung, die ihrem Wunsch nach Anerkennung und Akzeptanz einerseits und andererseits, wie in Bees speziellem Fall, ihrer Sehnsucht nach zwischenmenschlichen Kontakten entgegenkommt. Mit den Leuten reden, ihnen die passenden Fragen stellen, sie aushorchen und wenn möglich sogar belauschen - rein zufällig natürlich, wie Bee sich und den Polizisten einreden möchte! - das ist so ganz der ehemaligen Handarbeitslehrerin Ding! Dass sie dadurch, immer leicht unbeholfen wirkend und allzu oft schlotternd vor Angst, tatsächlich auch diesmal den Hintergründen der beiden Todesfälle, deren erster ein sehr seltsamer Unfall war, während man bei zweitem von geplantem Mord sprechen muss, auf die Spur kommt, verwundert mich als Leserin doch einigermaßen! Bees kriminalistischer Spürsinn ist doch recht schwach ausgeprägt, ihre Neugierde dafür umso stärker. Und wer neugierig ist, erfährt halt auch viel, und dann ist es nicht mehr schwer, Zwei und Zwei zusammenzuzählen. Der Leser tut das auch, und zwar schon einige Zeit bevor bei Bee der Groschen gefallen ist...
Nein, sie überzeugt mich nicht als Kriminalistin, die verwitwete Mrs. Merryweather - und sie mit Agatha Christies unvergesslicher, blitzgescheiter, vollkommen illusions- und daher furchtloser, gar nicht einsamer und angenehm in sich ruhender Miss Jane Marple zu vergleichen, halte ich für sehr weit hergeholt... Doch ist Bee sympathisch, hat ein gutes Herz und hätte ein wenig Glück in ihrem Leben verdient. Hoffen wir nur, dass sich ihre Beziehung zu dem unentschlossenen Arzt Marcus endlich weiterentwickelt und dass es ihr schließlich doch gelingt, ein paar gute Freunde zu finden, mit denen sie zusammenhocken und die sie von ihrem unguten Verlangen nach Mordgeschichten abbringen und sie hoffentlich davon abhalten würden, von einem Verbrechen ins nächste zu stolpern, die sie allesamt zwar irgendwie löst, bei denen sie sich aber jedesmal in Todesgefahr begibt, aus der sie andere befreien müssen. Dass sie zweimal Glück gehabt hat, unverdientes und geradezu unverschämtes Glück, sollte ihr zu denken geben....
Alles in allem habe ich hier zwar einen ganz netten "Wohlfühlkrimi", denn so sollte man das Sub-Genre "Cosy Crime" wohl übersetzen, gelesen, aber auch einen recht betulichen, spannungsarmen und sich von der Masse der zahlreichen Krimis seiner Art nicht abhebenden und nicht sonderlich tiefgehenden, was sich auf die handelnden Personen erstreckt, die bedauernswerterweise stark an der Oberfläche bleiben und bis zum Schluss viel zu blass bleiben, um mir als Leserin nachhaltig im Gedächtnis zu bleiben und den dringenden Wunsch nach weiteren Begegnungen mit der Protagonistin aufkommen zu lassen. Doch genau letzteres hätte ich mir gewünscht!