Zu koplex und detailliert, aber trotzdem spannend
Das Verschwinden der Stephanie MailerMit "Das Verschwinden der Stephanie Mailer" legt Joël Dicker seinen dritten und von vielen sehnsüchtig erwarteten Roman vor. Dieser ist eindeutig mehr Krimi als seine Vorgänger. Vielleicht ist dies auch ...
Mit "Das Verschwinden der Stephanie Mailer" legt Joël Dicker seinen dritten und von vielen sehnsüchtig erwarteten Roman vor. Dieser ist eindeutig mehr Krimi als seine Vorgänger. Vielleicht ist dies auch der Grund, dass die Bewertungen zu seinem neuesten Werk doch sehr auseinander gehen. Mir hat "Das Verschwinden der Stephanie Mailer" allerdings gut gefallen, auch wenn sein Einblick in das kleinstädische Leben diesmal sehr ausschweifend war.
Im kleinen Städtchen Orphea in den amerikanischen Hamptons erschütterte vor genau 20 Jahren ein großer Mordfall die Bevölkerung. Der damalige Bürgermeister Joseph Gordon und seine gesamte Familie, sowie Meghan Padalin, die vor dem Haus der Gordons vorbei joggte, wurden ermordet. Diese Tat stellte die damals jungen Ermittler Jesse Rosenberg und Derek Scott vor eine große Herausforderung. Die Überführung des Täters brachte den Polizisten der State Police Ruhm ein, doch nun 20 Jahre später und kurz vor der Verabschiedung von Jesse Rosenberg von der Polizeiarbeit, behauptet die junge Journalistin Stephanie Mailer, die Polizei hätte damals das Wesentlichste übersehen und den falschen Mann überführt. Obwohl Jesse und Dirk sich einig sind, dass das nicht stimmen kann, lässt ihnen diese Aussage keine Ruhe. Als Jesse versucht Stephanie Mailer zu kontaktieren und nochmals mit ihr zu sprechen, ist die Journalistin plötzlich von der Bildfläche verschwunden...
Damit beginnt die Geschichte seinen Lauf zu nehmen und man taucht ein in das kleinstädtische Leben von Orphea und seinen Einwohnern. Wie vor 20 Jahren steht das große Theaterfestival vor der Tür und die Menschen sind bereits auphorisch. Und trotzdem erinnern sich auch alle daran, was 1994 geschah. Ohne große Unterstützung versuchen Jesse und Dirk gemeinsam mit der Ermittlerin Anne Kanner den damaligen Fall wieder aufzurollen. Bald stellt sich heraus, dass es doch einige Ungereimtheiten zum Mord vor Zwanzig Jahren gibt. Einige der Bewohner von Orphea haben ihre kleinen Geheimnisse, im Rathaus und auf dem Revier herrscht Vetternwirtschaft und die unheimliche Andeutung der "schwarzen Nacht" erleichtern Dirk, Jesse und Anne nicht gerade ihre Ermittlungsarbeit. Zudem gibt es einen zeitlichen Countdown bis zum Beginn des Theaterfestivals, der die Spannung erhöht. Der Autor liegt viele falsche Fährten und zum Ende hin ist jeder verdächtig. Man bekommt eine Fülle an Informationen, doch mit der Zeit wird Schicht um Schicht freigeleg.
Wie von Joël Dicker gewohnt, beschreibt der Autor auch in seinem neuen Roman seine Geschichte sehr detailliert. Trotz der fast 700 Seiten liest man sich flott durch den Roman, allerdings hatte er doch in der Mitte kleine Längen.
Dicker lässt seine Protagonisten zusätzlich aus unterschiedlichen Perspektiven erzählen. Manche dieser Figuren sind etwas skurill geraten, wie der ehemalige Polizeichef und nunmehrige Theaterregisseur Kirk Harvey, der damals die Stadt sehr schnell verließ.
Es gibt immer wieder kurze Rückblicke in die Vergangenheit. Durch die vielen Charaktere muss man sich ziemlich konzentrieren. Ebenso greift der Autor auf die Entwicklung von Dick und Jesse zurück und was der Fall damals in ihrem Privatleben angestellt hat. Als Leser ist man genauso ahnungslos, wie die Ermittler.
Zum Ende hin sind manche Ereignisse doch etwas konstruiert. Eine Figur und ihren Handlungsstrang fand ich absolut unnötig. Wozu Dicker diesen eingebaut hat, blieb mir bis zum Schluss ein Rätsel, vorallem weil das Ende dieser Erzählung rund um diese Figur vollkommen unrealistisch dargestellt wurde.
200 Seiten kürzer und etwas weniger Figuren hätten der Geschichte sicherlich gut getan. Für mich ist dieser Roman leider sein schwächster, aber trotzdem wieder lesenswert.
Schreibstil:
Joël Dicker schreibt sehr detailliert, bildhaft und einnehmend, jedoch auch sehr ausschweifend. Der Plottwist ist gelungen und die Geschichte ist sehr vielschichtig angelegt. Es gibt Passagen aus der Ich-Perspektive und die eines allwissenden Erzählers.
Der Roman ist in drei Teile gegliedert, die mit "Abgründe", "Zur Oberfläche" und "Aufstieg" betitelt sind. Am Ende gibt es ein Personenregister, das sehr hilfreich ist.
Fazit:
Ein sehr vielschichtiger und komplexer Roman mit Krimianteil, der meiner Meinung nach zu viele Figuren und Handlungsstränge aufweist. Einserseits sehr spannend, dann doch wieder zu detailliert und langatmig. 200 Seiten kürzer und einige verwirrende Zusatzinformationen weniger und der Roman wäre wieder top. So finde ich ihn als der Schwächste der drei Romane des Autors.