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Veröffentlicht am 28.07.2019

Die vergessene Signe Munch

Die Malerin des Nordlichts
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1922 Norwegen. Die 38-jährige talentierte Signe Munch ist die Nichte des berühmten expressionistischen Malers Edvard Munch. Sie fiebert der Freiheit entgegen, lässt sich von einem Ehemann scheiden, der ...

1922 Norwegen. Die 38-jährige talentierte Signe Munch ist die Nichte des berühmten expressionistischen Malers Edvard Munch. Sie fiebert der Freiheit entgegen, lässt sich von einem Ehemann scheiden, der ihre Leidenschaft für die Malerei nie verstanden hat, sondern ihren Platz an Haus und Herd sah. Nun endlich kann sie sich ihrer Malerei widmen, richtet ihr Leben danach aus, studiert bei Pola Gauguin und an der Kunstakademie, wobei ihr neben Stipendien auch Ausstellungen langsam einen Weg in die Öffentlichkeit ebnen, jedoch nicht die Beachtung finden, die sie sich erhofft hat. Signe probiert sich aus, möchte neben der von ihr bevorzugten Landschaftsmalerei auch anderes versuchen, um einmal ein Werk zu schaffen, dass die Menschen im Gedächtnis behalten. Als sie den jüngeren Einar Siebke kennenlernt, verliebt sie sich rettungslos, aber auch Einar hat sein Herz an Signe verloren und lässt ihr jede mögliche Unterstützung zuteilwerden, um ihr Talent zu fördern. Erst jetzt blüht Signe auf und packt mutig all ihre Gefühle in ihre Gemälde, Als sich die politische Lage in Norwegen verändert, der Krieg ausbricht und die Deutschen das Land besetzen, schließt sich Einar dem Widerstand an. Das hat auch für Signe weitreichende Folgen…
Lena Johannson hat mit „Die Malerin des Nordlichts“ einen wunderschönen atmosphärischen historischen Roman basierend auf realen Fakten vorgelegt, der den Leser nicht nur in eine vergangene Zeit führt, sondern auch an dem Leben einer sehr interessanten und starken Frau teilhaben lässt. Die Autorin hat einen gefühlvollen, intensiven und bildhaften Erzählstil, der den Leser sofort abholt und ihrer Protagonistin Signe an die Seite stellt, wo er nicht nur ihre Gedanken- und Gefühlswelt, sondern auch die politischen Veränderungen in Norwegen sowie Signes Entwicklungen in der Malerei miterleben darf. Die Rolle der Frau in der Gesellschaft ist in diesem Buch ebenso ein Thema wie der Einmarsch der Deutschen und die Stimmungsveränderung in der Bevölkerung. Ganz im Vordergrund steht aber die Kunst, die Künstlergemeinschaft und mit ihr berühmte Maler wie Edvard Munch, der Signes Leben und Wirken dauerhaft geprägt und ihre Leidenschaft geweckt haben. Auch wenn keine Gemälde der Malerin mehr zu sehen gibt, so ist ihr Schicksal doch eindrucksvoll und verdient es, durch die Autorin lebendig gehalten zu werden, die deren Werdegang von 1922 bis 1945 festgehalten hat. Dabei beweist die Autorin ihr Recherchegeschick, was auch anhand der politischen Ereignisse, die als Hintergrund mit der Geschichte verwoben wurden, zu erkennen ist. Zusätzlich bestechen nicht nur die wunderbaren und detaillierten Beschreibungen der Örtlichkeiten, die während der Lektüre das damalige Leben und Treiben vor dem inneren Auge des Leser wiederauferstehen lassen, sondern auch die fiktiven Bilder Signes werden lebendig, zumal man diese nie aufgefunden hat. Man wandelt auf den Pfaden und ist als Leser regelrecht mittendrin und dabei.
Die Charaktere sind sehr schön ausgearbeitet und mit Leben versehen. Sie sind realistisch gestaltet, wirken durch ihre Stärken und Schwächen wie aus dem richtigen Leben und geben so dem Leser die Möglichkeit, sich in sie hineinzuversetzen und an ihrem Werdegang teilzuhaben. Signe ist eine Frau, die mit einer schwierigen Kindheit und einer arrangierter Ehe schon einiges durchmachen musste. Erst nach ihrer Scheidung mit 38 scheint ihr Leben zu beginnen, sie ist eine zurückhaltende und eher schüchtere Frau voller Selbstzweifel, die sich nur in ihren Bildern auszudrücken weiß und um Anerkennung kämpft. Es dauert lange, bis sie durch die Liebe zu Einar mehr aus sich herauskommt und Neues wagt. Einar ist ein liebevoller Mann, der seine Frau verehrt und sie in allem unterstützt. Er ist offen, ehrlich und vor allem hat er einen ausgesprochenen Gerechtigkeitssinn, der ihn in den Widerstand führt. Lilla ist Signes engste Freundin und ein offener lebensbejahender Mensch. Aber auch Edvard Munch und so manch anderer Protagonist zeichnet Signes Weg.
„Die Malerin des Nordlichts“ ist ein wunderbar recherchierter und intensiver historischer Roman über eine Künstlerseele, die fast in Vergessenheit geraten ist. Schön und spannend erzählt verdient dieses Buch das Prädikat „wertvoll“ und eine absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 27.07.2019

Gianna - vom Mädchen zur Frau

Sterne über der Toskana
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1857 Toskana. Die 18-jährige Gianna di Raimandi, die Tochter von Silvana und Enrico sowie Antonellas Nichte, ist mit Angelo Castiglioni, dem Sohn des nachbarlichen Weinguts, verlobt und kann es gar nicht ...

1857 Toskana. Die 18-jährige Gianna di Raimandi, die Tochter von Silvana und Enrico sowie Antonellas Nichte, ist mit Angelo Castiglioni, dem Sohn des nachbarlichen Weinguts, verlobt und kann es gar nicht abwarten, diesen nach ihrem Abschluss am Institut für Damen wiederzusehen und bald zu heiraten. Doch die politische Lage in Italien macht ihr einen Strich durch die Rechnung, denn Angelos Familie steht auf der Seite der Habsburger, während Giannas Angehörige für die Befreiung Italiens ist und sich damit auf der Gegenseite platziert. Die beiden Liebenden sind die Leidtragenden, denn die Verlobung wird gelöst, und Angelo lässt das kampflos zu. Gianna ist untröstlich und findet in der Familie ihrer Tante Emilia Baratti in Genua einen Ort mit genügend Abstand, um sich von der Enttäuschung zu erholen. Dort lernt sie schon bald, dass nicht alle Männer gleich sind und manche durchaus Rückgrat besitzen. Wird sie ihr persönliches Glück finden?
Karin Seemayer hat mit „Sterne über der Toskana“ den dritten Teil ihrer Toskana-Reihe vorgelegt und diesen einer neuen Generation gewidmet. Die Verflechtungen der einzelnen Familienmitglieder und Protagonisten wird durch ein Personenregister vorab schon gut dargestellt, so dass der Leser bereits gut informiert in die Geschichte starten kann, wenn er die beiden Vorgänger nicht kennt. Der Schreibstil der Autorin ist wunderbar bildhaft, flüssig, atmosphärisch und mitreißend, so dass der Leser sich sofort in einem vergangenen Jahrhundert wähnt und an der Seite der Protagonisten aufregende Zeiten erleben darf. Die Autorin hat sehr akribisch recherchiert und lässt im Hintergrund ihrer Geschichte die historische Zeit Italiens wiederaufleben. So wird der Leser über die politischen Gemengelage sowie den Unabhängigkeitskampf des Landes gegen die verhassten Habsburger sehr gut informiert und darf auch kriegerischen Kampfhandlungen beiwohnen. Gleichzeitig schafft es die Autorin mit der Einarbeitung von unvorhergesehenen Wendungen, die Spannung durchweg hochzuhalten und den Leser zu überraschen. Die Handlung ist zu keinem Zeitpunkt vorhersehbar und bietet Unterhaltung auf höchstem Niveau, was dem geschickten Händchen der Autorin zu verdanken ist, geschichtliche Ereignisse mit einer fiktiven Handlung zu verbinden sowie den Leser auch am gesellschaftlichen Leben und dem ganz normalen Alltag ihrer Protagonisten teilhaben zu lassen.
Die Charaktere sind liebevoll und detailliert ausgestaltet, sie wirken wie aus dem Leben gegriffen und überzeugen mit glaubhaften Eigenschaften und Entwicklungen, die es dem Leser leicht machen, sich mit ihnen gedanklich zu verbünden und ihre Gefühle zu eigenen zu machen. Gianna ist mit ihren 18 Jahren eine junge und verträumte Frau, der noch eine gewisse Naivität anhaftet. Doch innerhalb der Geschichte wird sie erwachsen, behält dabei aber ihr Temperament und ihre offene Art bei. Angelo ist ein arroganter Hasenfuß, ohne Rückgrat und Haltung versteckt er sich hinter seiner Familie. Mauro ist ein netter junger Mann, den eine lange Freundschaft mit Gianna verbindet. Er hat eine zurückhaltende, pragmatische Art und ist ehrlich und hilfsbereit. Aber auch Protagonisten wie Tante Emilia mit ihrer Familie oder Donata tragen zum Spannungspegel der Geschichte bei und lassen die Handlung durchweg sehr gut durchdacht und harmonisch wirken.
„Sterne über der Toskana“ ist der krönende Abschluss einer außerordentlich fesselnden historischen Familiensaga. Durch die herausragende Recherche und dem fesselnden Schreibstil der Autorin sowie deren Talent, Historie mit Fiktion zu verbinden, bekommt der Leser nicht nur eine Geschichtsstunde par excellence, sondern darf sich regelrecht als Teil der Handlung wähnen, so plastisch und realitätsnah wird diese während der Lektüre. Hierfür ist eine absolute Leseempfehlung mehr als verdient! Chapeau – besser geht es nicht! Bitte unbedingt mehr davon!

Veröffentlicht am 27.07.2019

Pageturner der Extraklasse

Die letzte Witwe
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Als in der Nähe des Elternhauses von Gerichtsmedizinerin Sara Linton kurz hintereinander zwei Bombenexplosionen stattfinden, machen sich Sara und ihr Partner FBI-Special Agent Will Trent sofort auf den ...

Als in der Nähe des Elternhauses von Gerichtsmedizinerin Sara Linton kurz hintereinander zwei Bombenexplosionen stattfinden, machen sich Sara und ihr Partner FBI-Special Agent Will Trent sofort auf den Weg, um den Opfern hilfreich zur Seite zu stehen. Aber schon auf dem Weg dorthin kommen sie an einem Autounfall vorbei, wo sie dringender benötigt werden. Was als gutgemeinte Hilfeleistung beginnt, wird bald zum Alptraum, denn Sara wird Opfer einer Entführung durch eine rassistische Neonazigruppierung, die Will verletzt zurücklässt. Niemand kann sich erklären, was die Gründe dafür sind. Will lässt sich als verdeckter Ermittler in die Gruppierung einschleusen, um zum einen Sara zu retten und zum anderen weitere geplante Aktivitäten aufzudecken. Währenddessen bemüht sich Sara, in dem Terrorcamp die Kranken zu versorgen und auf ihre Art weiteres Unheil zu verhindern. Wird es Will und Sara gelingen, die Pläne der Gruppe zu vereiteln?
Karin Slaughter hat mit „Die letzte Witwe“ den 7. Band ihrer Linton-Trent-Serie vorgelegt und spannungsmäßig keinen Deut nachgelassen, der Roman ist wieder einmal ein richtiger Pageturner. Der Schreibstil ist locker-flüssig und katapultiert den Leser sofort mitten ins Geschehen, wo er abwechselnd an dem Geschehen um Sara und Will beteiligt ist und die jeweilige Situation kennenlernen darf. Wechselnde Erzählperspektiven spiegeln die Ereignisse von allen Seiten wieder und lassen gleichzeitig den Spannungsbogen immer weiter in die Höhe schnellen. Durch die teils gleichzeitig laufenden Ereignisse, die auf einem regelrecht explosiven und aktuellen Hintergrund basieren, ist der Leser allzeit gefordert zu kombinieren und mit zu rätseln. Über die Art und Weise, wie Autonome mitten in den Wäldern ihre eigene Welt erschaffen sowie nach eigenen Gesetzen und Regeln leben, informiert die Autorin den Leser sehr geschickt in Verbindung mit ihrer Geschichte.
Die Charaktere sind realitätsnah skizziert und mit viel Leben versehen. Sie besitzen individuelle Eigenschaften, die sie authentisch und glaubwürdig erscheinen lassen. Der Leser kann sich gut in die Rollen von Sara und Will hineinversetzen, ihre Zweifel und Sorgen teilen sowie ihre Gefühlswelt nachvollziehen. Sara ist Gerichtsmedizinerin und eine Kapazität auf ihrem Gebiet. Sie ist pragmatisch, hilfsbereit und vor allem steht sie mit ihrer Kombinationsgabe Will Trent in nichts nach. Trent ist ein erfahrener FBI-Agent, der bereits mit den tiefsten menschlichen Abgründen zu tun hatte und berufsbedingt immer wieder aufs Neue damit konfrontiert wird. Ihm ist fast nichts mehr fremd, während er sich in die Täter hineinversetzt, trotzdem bewahrt er sich seine Menschlichkeit, hat eine beschützende Ader und einen großen Gerechtigkeitssinn. Wer die Vorgängerbände bereits kennt, findet in Sara und Will bereits liebgewonnene Protagonisten, denen man gerne bei ihren Ermittlungen folgt und sich als unsichtbarer Dritte im Ermittlungsclub fühlt.
Mit „Die letzte Witwe“ ist Slaughter erneut ein sehr spannender Psychothriller gelungen, der dem Leser unter die Haut geht und ihn nächtelang durchlesen lässt, bis man weiß, ob die Täter sicher hinter Schloss und Riegel sind. Allerdings ist auch das Thema hochaktuell, was zum Nachdenken anregt. Für diesen Pageturner darf es nur eine Wertung geben: Daumen hoch und eine absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 20.07.2019

Robert Hunters Alptraum heißt Lucien Folter

Jagd auf die Bestie (Ein Hunter-und-Garcia-Thriller 10)
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Die Ultra Violent Crimes Unit unter der Leitung von Robert Hunter und seinem Partner Carlos Garcia haben alle Hände voll zu tun, denn dem Psychopathen Lucien Folter ist es tatsächlich gelungen, aus dem ...

Die Ultra Violent Crimes Unit unter der Leitung von Robert Hunter und seinem Partner Carlos Garcia haben alle Hände voll zu tun, denn dem Psychopathen Lucien Folter ist es tatsächlich gelungen, aus dem Gefängnis auszubrechen. Lucien und Robert verbindet so einiges, früher war es Freundschaft, doch das ist lange her, denn während sich Robert für Recht und Ordnung einsetzt, hat Lucien die dunkle Seite gewählt und geht dem Morden nach, wobei er in der Wahl seiner Methoden nicht gerade zimperlich ist. Für Hunter und Garcia beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit, denn je eher sie Lucien wieder einfangen, umso mehr Menschenleben retten sie. Wird es Lucien gelingen, an Robert Rache zu üben?
Chris Carter hat mit „Jagd auf die Bestie“ den 10. Band seiner Hunter-Gracia-Reihe vorgelegt und gleichzeitig die Fortsetzung seines Romans „Die stille Bestie“. Wieder einmal gelingt es Carter, den Leser ab der ersten Seite zu fesseln und mit in die Handlung hineinzuziehen, wo er an der Seite des Ermittlerduos eine rasante Jagd miterleben darf, die nervenzerreißend und so spannend ist, dass eine konstante Gänsehaut garantiert ist. Carters Schreibstil ist nicht nur flüssig, sondern auch sehr bildhaft, was dem Leser während der Lektüre alles schonungslos vor Augen führt. Zartbesaitete Leser sollten sich also auf jede Menge Grausamkeiten gefasst machen, denn Lucien Folter ist ein Teufel in Menschengestalt und die Jagd auf ihn mit jeder Menge grausam verunstalteter Leichen gepflastert. Sehr geschickt lässt der Autor nicht nur seine Ermittler sich an aufgegebenen Rätseln versuchen, um nicht erneut ein neues Opfer zu riskieren, auch der Leser wird hier gefordert, was das Buch zusätzlich spannend macht. Je mehr die Jagd voranschreitet, umso mehr steigt der Spannungslevel und lässt dem Leser das Adrenalin nur so durch die Adern jagen.
Die Charaktere haben sich weiterentwickelt, und wer schon einige Romane dieser Serie gelesen hat, weiß die Zusammenarbeit von Hunter und Garcia zu schätzen. Die beiden ergänzen sich auf besondere Weise. Beide besitzen eine Art Galgenhumor, der ihnen bei ihrer Arbeit hilft, mit all den Grausamkeiten und menschlichen Abgründen fertig zu werden ohne die Nerven zu verlieren. Lucien Folter ist ein Psychopath, der so weggesperrt gehört, wo er Schimmel ansetzt und mit der Außenwelt keinerlei Kontakt mehr hat. Carters Bösewichte sind von so perfider Boshaftigkeit, dass es einen beim Lesen immer wieder schüttelt aufgrund von Fassungslosigkeit und Unglauben.
Mit „Jagd auf die Bestie“ beweist Carter einmal mehr, dass er ein Meister des Thrillerhandwerks ist. Immer wieder gelingt es ihm, den Leser zu überraschen und das gewünschte Gruseln hervorzurufen, dass man sich bei seinen Büchern immer erwartet. Auch dieses ist wieder äußerst blutrünstig und grausam, mit einem Psychopathen, den man sich schlimmer nicht ausdenken kann. Sehr spannende und schlaflose Lesezeit ist hier garantiert. Absolute Leseempfehlung und für Psychothrillerfans ein MUSS!

Veröffentlicht am 14.07.2019

"Glaube ohne Liebe ist nichts wert." (Martin Luther)

Auf den zerbrochenen Flügeln der Freiheit
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1912 Irland. Die junge Nonne Rose wird in ein Dubliner Magdalenen-Kloster mit angeschlossener Wäscherei strafversetzt, denn sie hat ihren eigenen Kopf und kann sich den vorgeschriebenen Regeln nicht immer ...

1912 Irland. Die junge Nonne Rose wird in ein Dubliner Magdalenen-Kloster mit angeschlossener Wäscherei strafversetzt, denn sie hat ihren eigenen Kopf und kann sich den vorgeschriebenen Regeln nicht immer vorbehaltlos beugen. Als sie ihre neue Wirkungsstätte genauer in Augenschein nimmt, stößt sie auf unglaubliche Zustände, die ihr regelrecht zuwider sind. Die Frauen, die in den Wäschereien unter schlimmsten Bedingungen arbeiten, sind junge ledige Mütter, verstoßene Töchter und Ehefrauen sowie gefallene Mädchen, die man von der Straße direkt dorthin verfrachtet hat und die hinter den Klostermauern ihr Dasein wie in einem Gefängnis fristen, wobei ihr Körper und ihr Geist durch Misshandlungen, Schläge und Vergewaltigungen gebrochen ständig aufs Neue gebrochen wird. Als Rose feststellen muss, dass auch Priester sich an den Frauen vergehen, begeht sie den Fehler, ihre Beobachtungen der Oberin mitzuteilen, die daraufhin Roses Bewegungsradius extrem einschränkt und unter Strafe stellt. Rose freundet sich mit den beiden Arbeiterinnen Cindy und Fiona an, mit denen sie dann aus dem Kloster flieht. Doch auch das Leben außerhalb der Klostermauern ist kein Zuckerschlecken, denn sie geraten mitten hinein in den irischen Freiheitskampf…
Rebecca Michéle hat mit „Auf den zerbrochenen Flügeln der Freiheit“ einen sehr berührenden und schonungslosen Roman mit historischem Hintergrund vorgelegt, der den Leser ins Herz und in der Seele trifft und noch lange nach der Lektüre im Gedächtnis bleiben wird. Der Schreibstil ist flüssig und bildhaft, der Leser taucht schnell ein in die vergangene Zeit, um nicht nur Rose bei ihrem Weg zu begleiten, sondern auch Cindy, Fiona und die anderen leidgeprüften Frauen kennenzulernen, deren Geschichte hier von der Autorin unverblümt offen gelegt wird. Auch wenn die Personen fiktiv sind, sind die Zustände in den Magdalenen-Wäschereien historisch belegt und treiben dem Leser während der Lektüre Gänsehaut über dem Rücken ob der Misshandlung und vor allem auch Missachtung der dort hart arbeitenden Frauen. Die Autorin wagt sich mit ihrer Geschichte an ein heißes Eisen, denn man mag kaum glauben, dass all diese Grausamkeiten unter dem Deckmantel der Kirche und im Namen des Glaubens stattgefunden haben, deshalb verwundert es auch nicht, dass die Kirche sich bis heute nicht für ihre Taten entschuldigt hat, sondern vielmehr diese unter den Tisch kehren möchte und hierfür ihre Macht zusätzlich missbraucht. Umso mehr muss man den Frauen Respekt zollen, die dieses Märtyrium ertragen und sich sogar auf die eine oder andere Art davon befreien konnten.
Die Charaktere sind sehr lebensecht skizziert, sie wirken authentisch und glaubwürdig, so dass der Leser sich ihnen schnell nah fühlt, ihren Leidensweg mitträgt und ein ums andere Mal den Tränen nahe fühlt über die Unbarmherzigkeit und die Menschenverachtung, deren sie ausgesetzt sind. Rose ist eine Frau, deren Leben unerschütterlich mit ihrem Glauben verbunden ist. Sie ist warmherzig, besitzt einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn und zweifelt ob der ihr gebotenen Zustände an dem Wirken ihrer Glaubensschwestern und –brüder. Cindy ist starke Frau, die man nur bewundern kann, denn sie kämpft sich durch Schläge und Misshandlungen durch, ohne ihre Hoffnung zu verlieren. Fiona muss ebenfalls einiges einstecken und oftmals denkt man, dass sie daran zerbricht. Doch sie klammert sich an das Leben und hofft darauf, den furchtbaren Klostermauern irgendwie zu entkommen. Die Freundschaft mit Cindy gibt ihr den nötigen Halt, die Zähne zusammenzubeißen.
„Auf den zerbrochenen Flügeln der Freiheit“ ist ein hervorragend recherchiertes düsteres Zeitzeugnis irischer Geschichte mit fiktiven Elementen, das viele lieber verborgen gesehen hätten, doch durch den Mut der Autorin endlich das Licht erblickt hat. Ein historischer Roman der Extraklasse, der zum Nachdenken anregt und gleichzeitig mahnt, dass solche Dinge niemals wieder passieren dürfen. Absolute Leseempfehlung! Chapeau!