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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.09.2019

Absturz eines Ermittlers

Messer (Ein Harry-Hole-Krimi 12)
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Harry Hole wurde von seiner Frau Rakel vor die Tür gesetzt, warum, erfährt man erst spät im Buch. Seinen Job an der Polizeihochschule hat er ebenfalls verloren, so widmet er sich nun ganz dem Alkohol. ...

Harry Hole wurde von seiner Frau Rakel vor die Tür gesetzt, warum, erfährt man erst spät im Buch. Seinen Job an der Polizeihochschule hat er ebenfalls verloren, so widmet er sich nun ganz dem Alkohol. Er säuft, schlägt sich und hurt durch die Gegend, ist also ein sehr unangenehmer Zeitgenosse. Eingefleischte Harry Hole Fans mögen dies akzeptieren, für mich war es erst der zweite Harry Hole Band und ich fand das Ganze ziemlich ätzend.
Ein alter Bekannter aus früheren Bänden, der Vergewaltiger Svein Finne wird aus dem Gefängnis entlassen und geht trotz seiner mittlerweile 77 Jahre sofort wieder auf die Jagd nach Frauen. Dieser Handlungsstrang ist sehr gruslig, aber wenig glaubhaft. Ein alter Mann, der vor Potenz strotzt, körperlich fitter ist als mancher Dreißigjährige und zudem anscheinend die Fähigkeit hat, durch Wände zu gehen.
Dann wird Harrys Frau Rakel ermordet aufgefunden. Eine fieberhafte Suche nach dem Täter beginnt, wobei irgendwann so ziemlich jeder als Verdächtiger in Frage kommt, einschließlich Harry selbst.
Das Buch beginnt spannend, aber dieser Mittelteil zieht sich in die Länge wie Kaugummi. Der Handlungsstrang um Svein Finne tritt völlig in den Hintergrund, erst gegen Ende des Buchs führen die Handlungsstränge dann zusammen. Dieser Teil ist wieder sehr gelungen und das offene Ende ein echter Cliffhanger.
Alles in allem fand ich „Messer“ nicht schlecht, aber die Einschätzung der Times, wonach Nesbø „der unumstrittene König des skandinavischen Krimis“ ist, kann ich wahrhaftig nicht teilen.

Veröffentlicht am 30.07.2019

Erschreckendes Szenario

Die letzte Witwe
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Eine Wissenschaftlerin wird vor den Augen ihrer Tochter entführt. Kurz danach erschüttert eine gewaltige Explosion ein Krankenhaus. Sara Linton und Will Trent befinden sich in der Nähe und machen sich ...

Eine Wissenschaftlerin wird vor den Augen ihrer Tochter entführt. Kurz danach erschüttert eine gewaltige Explosion ein Krankenhaus. Sara Linton und Will Trent befinden sich in der Nähe und machen sich auf, um ihre Hilfe anzubieten. Auf dem Weg zu der Explosionsstelle hat sich ein Autounfall ereignet. Als sie aussteigen, wird auch Sara verschleppt...
Dies ist der 7. Fall um Sara und Will, doch für mich ist es das erste Buch von Karin Slaughter. Ich fand den Einstieg sehr spannend und gelungen, doch leider ist das Buch ganz einfach zu lang. Die Geschichte ist gut, weiße Suprematisten, die die Herrschaft der weißen Rasse wieder herstellen wollen und denen jedes Mittel dazu recht ist. Bald wird klar, was für eine Art Anschlag sie geplant haben, doch im Buch dauert es ewig, bis es endlich schwarz auf weiß gedruckt ist. Das Szenario ist sehr erschreckend und deprimierend. Eine abgeschottete Gemeinschaft, in der die einzelnen Mitglieder keinerlei Rechte haben und in jeder Hinsicht missbraucht werden. Es wird immer wieder Bezug genommen auf reale Ereignisse, bei denen das FBI ähnliche Gruppierungen aufgedeckt hat, auch das fand ich gut. Einfach nur langweilig fand ich dagegen Schilderungen von Saras Gefangenschaft, in denen sie sich beispielsweise Liedtexte in Erinnerung ruft, die dann auch noch abgedruckt werden. Wen außer Wayne interessiert das?! Ziemlich unrealistisch fand ich auch, wie Will es schafft, die Gruppe zu infiltrieren und dann auch noch gleich am ersten Tag Saras Bewachung übernehmen soll. Das sind ein bisschen zu viele Zufälle auf einmal für meinen Geschmack.
Alles in allem ist es ein Roman, der von der Story her interessant, doch einfach viel zu sehr in die Länge gezogen ist. 400 statt 550 Seiten hätten ihm gut getan und die Spannung aufrecht erhalten.

Veröffentlicht am 28.07.2019

Unterhaltsam

Show me the stars
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Die 22jährige Liv hat kein nennenswertes soziales Leben, alles, was für sie zählt, ist ihre Karriere als Journalistin. Sie sieht sich schon auf der Karriereleiter nach oben klettern, als ein Interview ...

Die 22jährige Liv hat kein nennenswertes soziales Leben, alles, was für sie zählt, ist ihre Karriere als Journalistin. Sie sieht sich schon auf der Karriereleiter nach oben klettern, als ein Interview mit einem früheren Teeniestar nicht gedruckt wird, weil die Interviewpartnerin im letzten Moment einen Rückzieher macht. Livs Zukunftspläne bei der Zeitung platzen und sie macht sich auf die Suche nach einem neuen Job. Als sie ein Stellenangebot als Leuchtturmwärterin auf einer einsamen Insel in Irland findet, bewirbt sie sich und wird sofort genommen.
In Irland wird sie von Kjer, einem attraktiven Mittzwanziger, in Empfang genommen. Er wird sie in Zukunft mit Lebensmitteln versorgen und ihr Bindeglied zum Festland darstellen. Liv ist vom ersten Moment an in ihn verknallt, doch wird sie von Airin, die ein Bed and Breakfast betreibt, in dem Liv die erste Nacht verbringt, vor ihm gewarnt. Anscheinend ist Kjer nicht an einer dauerhaften Beziehung interessiert und hat schon so manches Herz gebrochen.
Natürlich lässt sich Liv davon nicht abschrecken, aber es sieht so aus, als ob Airin recht gehabt hätte...
„Show me the Stars“ ist ein unterhaltsames und humorvolles (Hör-)buch ohne große Überraschungen. Es hat mir Spaß gemacht, das Hörbuch zu hören. Die Schilderungen der einsamen Landschaft und wie Liv sich auf der Insel einlebt und einen Blog erstellt, haben mir gut gefallen. Ich konnte mich allerdings nicht so richtig mit Liv identifizieren. Einerseits blieben mir die Personen in der Geschichte zu blass, andererseits waren sie ein bisschen zu überzeichnet. Beispielsweise Livs Mutter, eine ganz und gar unsympathische Person, die Liv als Kind in einen mit Ratten bevölkerten Keller gesperrt haben soll. Manche Entwicklungen in der Geschichte konnte ich nicht so recht nachvollziehen, aber das liegt vielleicht daran, dass das Hörbuch stark gekürzt ist. „Show me the stars“ ist eine nette Urlaubslektüre, aber kein Buch, das mich nachhaltig beeindruckt hätte. Manche Fragen wurden nicht beantwortet, möglicherweise holt die Autorin dies in den geplanten Folgebänden nach.

Veröffentlicht am 23.07.2019

Abrechnung mit dem syrischen Regime

Die geheime Mission des Kardinals
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Ein vom Vatikan nach Syrien entsandter Kardinal wird tot aufgefunden, übel zugerichtet in einem Fass Olivenöl. Anscheinend war er in geheimer Mission unterwegs. Kommissar Barudi, nur noch wenige Wochen ...

Ein vom Vatikan nach Syrien entsandter Kardinal wird tot aufgefunden, übel zugerichtet in einem Fass Olivenöl. Anscheinend war er in geheimer Mission unterwegs. Kommissar Barudi, nur noch wenige Wochen von seiner Pensionierung entfernt, wird auf den Fall angesetzt. Da der Tote Italiener war, wird Verstärkung aus Italien angefordert. Der italienische Kommissar Mancini und Barudi verstehen sich auf Anhieb wie alte Freunde und bilden ein gutes Team.
Ihre Ermittlungen führen sie unter anderem in ein von Rebellen besetztes Gebiet, in dem sich der sogenannte Bergheilige aufhält, ein Heiler, dem magische Kräfte nachgesagt werden. In diesem Zusammenhang werden auch andere Schamanen und Heiler in Syrien erwähnt, die Marienerscheinungen haben und die Wunden Christi aufweisen. Handelt es sich durchweg um Scharlatane? Und wenn ja, warum erfahren sie so viel Unterstützung seitens der Kirche?
Für Barudis Vorgesetzten ist schnell klar, dass die Mörder des Kardinals Islamisten sein müssen, zumal auch ein entsprechendes Bekennerschreiben auftaucht. Doch Barudi und Mancini glauben nicht daran. Wie immer stellt sich die Frage „cui bono“, wem nutzt es? Der Leser erfährt sehr viel über die verschiedenen, oftmals miteinander verfeindeten religiösen Gruppen in Syrien: Sunniten, Alawiten, Schiiten, Drusen, Christen und Juden. Dies ist zum Teil interessant, zum Teil aber auch ermüdend, da sich die Erklärungen stellenweise lesen wie aus einem Lehrbuch für Religionswissenschaft.
Stück für Stück kommen die beiden Kommissare der Wahrheit näher, doch diese Wahrheit ist zu unbequem, als dass sie an die Öffentlichkeit gelangen dürfte...
Ich hatte mir aufgrund der Leseprobe einen spannenden Kriminalfall vorgestellt, doch eigentlich bildet der Mord an dem Kardinal nur den Hintergrund. Schami rechnet in diesem Roman vor allem mit dem korrupten syrischen Regime sowie diversen religiösen Gruppen ab. Mir hat dies zu viel Platz in dem Roman eingenommen. Was mir ebenfalls nicht gefallen hat, war die Liebesgeschichte zwischen Barudi und seiner Nachbarin Nariman. Jahrelang hat er seiner verstorbenen Frau Basma nachgetrauert und keine Frau auch nur eines Blickes gewürdigt. Jetzt verliebt er sich von einem Tag auf den anderen in eine Frau. Diese Liebesgeschichte geht mir zu schnell und erscheint mir nicht sehr glaubhaft. Rafik Schami ist ein begnadeter Geschichtenerzähler. Leser, die ausschweifende Geschichten mögen, die vom Hundertsten ins Tausendste gehen, sind hier genau richtig. Meine Erwartungen bezüglich des Buchs wurden jedoch nicht erfüllt, da die Geschichte streckenweise doch sehr zäh und belehrend war.

Veröffentlicht am 07.06.2019

Die Großmutter aus der Hölle

Der Zopf meiner Großmutter
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Im zarten Alter von sechs Jahren kommt Maxim mit seinen Großeltern von Russland nach Deutschland. Weshalb er bei den Großeltern und nicht seinen Eltern ist, bleibt lange Zeit unklar.
Die Großmutter ist ...

Im zarten Alter von sechs Jahren kommt Maxim mit seinen Großeltern von Russland nach Deutschland. Weshalb er bei den Großeltern und nicht seinen Eltern ist, bleibt lange Zeit unklar.
Die Großmutter ist eine herrische Person, die Max und ihren Ehemann, an dem sie kein gutes Haar lässt, unter der Fuchtel hat. Ihre Lebensaufgabe besteht in der Erziehung von Max, den sie in ihrer verschrobenen Wirklichkeitswahrnehmung für todkrank und grenzdebil hält. Dies geht so weit, dass ihrer Meinung nach ein Aufenthalt in Menschenmengen (Keime!) für Max ein tödliches Risiko darstellt. Sie serviert ihm eklige Pampen aus gekochtem Gemüse, den jährlich zubereitet Schokoladenkuchen zum Geburtstag isst sie allein, der Enkel darf daran riechen. Für meine Begriffe ist dies alles ein Fall fürs Jugendamt und die Großmutter ein Fall für die Psychiatrie. Der Großvater hat sich längst in seine eigene Welt zurückgezogen und ist vollkommen verstummt, dafür redet seine Frau ohne Punkt und Komma, meistens gibt sie Hasstiraden gegen Juden und Araber oder Beschimpfungen ihres Ehemanns („altes Schlitzauge“, „asiatische Fresse“) von sich.
„Liebenswerte Charaktere“, wie sie im Klappentext versprochen werden, habe ich in diesem Buch nicht gefunden. Max ist eingeschüchtert und lässt sich viel zu lange von seiner Großmutter beherrschen, der Großvater greift nicht ein und macht sich mitschuldig.
Ein Buch, das gut geschrieben ist, mich aber aufgrund der Persönlichkeit dieser Großmutter aus der Hölle zunehmend frustriert hat.