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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 31.08.2019

Ein absolutes Lesehighlight

One True Queen, Band 1: Von Sternen gekrönt (Epische Romantasy von SPIEGEL-Bestsellerautorin Jennifer Benkau)
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Inhalt:

Mailins Schwester Vicky liegt seit sieben Jahren im Wachkoma. Sie darf kein Radio hören, nicht fernsehen, ja die gemeinsame Mutter verbietet sogar, ihr Geschichten vorzulesen. Nichts darf Vicky ...


Inhalt:

Mailins Schwester Vicky liegt seit sieben Jahren im Wachkoma. Sie darf kein Radio hören, nicht fernsehen, ja die gemeinsame Mutter verbietet sogar, ihr Geschichten vorzulesen. Nichts darf Vicky aufregen oder verwirren. Mailin liebt ihre Schwester über alles und leidet daher stark unter den Geschehnissen. Ablenkung vom Alltag findet Mailin im Kampfsport. Ihre Trainerin ist auch zugleich ihre Bezugsperson. Mit ihr kann sie über ihre Sorgen sprechen.

Nach einem Trainingstag geht Mailin in die Umkleide. Sie möchte sich dort noch schnell duschen. Doch plötzlich sieht sie einen Schatten. Ist das der Neue, den sie heute im Trainingsraum nur flüchtig wahrgenommen hat? Doch bevor Mailin genau analysieren kann, wer sich im Schatten herumtreibt, löst sich plötzlich ihr Sichtfeld auf. Sie bekommt das Gefühl, wie Sand in sich zusammenzufallen. Sie sinkt in Ohnmacht.

Als Mailin wieder erwacht, ist das Tor zu einer anderen Welt aufgestoßen. Sie findet sich auf einer sonnenbeschienenen Lichtung wieder. Verwirrt schaut sie sich um. Sie entdeckt blauschimmernde Pilze, groß wie Couchtische, Farne in Rot- und Orangetönen. Als ihr dann plötzlich Kaninchen mit einem Affengesicht begegnen, weiß Mailin, etwas stimmt hier ganz und gar nicht. Sie begibt sich weiter in den Wald hinein.

Das, was anfangs so schön aussah, scheint viel gefährlicher zu sein als gedacht. In einer gefahrvollen Situation begegnet ihr plötzlich ein fremder Junge. Doch statt ihr zu helfen, schaut er zu. Mailin gerät in einen Kampf um Leben und Tod.

Mailin ist verängstigt. Diese Welt ist einem skurrilen Alptraum entsprungen und wer ist dieser Junge?



Im Detail:

Als Mailin in einer fremden Welt wiedererwacht, meint sie eine Karussellfahrt zwischen Traum und Wirklichkeit zu erleben. Denn die atemberaubende Schönheit der neuen Welt ist durchwoben von Gefahren. Es gibt Bäume, deren Äste aus Knochen bestehen und deren Blätter nach einem zu greifen drohen. Tiere, die auf den ersten Blick niedlich aussehen und dann jede Chance nutzen, um einen hinterrücks anzugreifen. Und dann gibt es da diesen Jungen, der nichts über sich verrät. Nicht einmal seinen Namen möchte er preisgeben.

Doch Peter, wie Mailin den Jungen bald nennt, ist zugleich auch Mailins einzigste Bezugsperson in der neuen Welt. Auf die Frage, was in dieser verrückten Welt, die Peter Lyaskye nennt, denn das Gefährlichste sei, das der Junge jemals gesehen habe, antwortet Peter ehrlich: Er selbst.
Auch die Antwort auf die Frage, wie Mailin hierher gelangt sei, ist nichts, was die Nerven des Mädchen beruhigt. „SIE“, so antwortet Peter undeutlich, „tut das manchmal. SIE holt Mädchen oder junge Frauen aus der anderen Welt hierher.“

Mailin möchte nichts anderes, als so schnell wie möglich wieder zurück in die alte, bekannte Welt. Doch Peter gibt ihr eine sehr düstere Prognose mit auf den Weg. Denn Mädchen wie Mailin, die aus der anderen Welt kommen, finden hier für gewöhnlich schnell den Tod.

Mailin lässt sich jedoch von Peter nicht unterkriegen. Sie hat einen Plan und der beinhaltet, so schnell wie möglich wieder aus Lyaskye zu verschwinden.
Es entfaltet sich ein regelrechtes Feuerwerk aus witzigen Sprüchen und skurilen Dialogen zwischen den beiden.

Umso weiter Mailin und Peter voranschreiten, umso mehr begreift Mailin, dass ihre Reise nach Lyaskye keinem Zufall geschuldet ist. Es gibt einen Plan und in dem spielt Mailin eine große Rolle.



Fazit:

Jennifer Benkau lädt den Leser in ihrer One true Queen – Reihe zu einer Reise in fantasievolle Fernen ein. Die männliche Hauptfigur Peter ist ein moralisch ambivalenter Akteur. Peter beschreibt sich selbst als Lügner und als gefährlich.

Viel subtile Spannung, feinsinniger Humor und eine psychologisch gelungene Charakterzeichnung der Hauptfiguren lassen die Seiten der Geschichte nur so dahinfliegen.

Das Buch erinnert an alte Klassiker wie Alice im Wunderland. Eine Empfehlung ist es allemal.



Buchzitate:

Da gibt es Pilze, die sich auf das Vielfache ihrer Größe aufplustern, wenn wir uns nähern; Vögel, die im Schatten grau und unscheinbar sind, doch in durch das Blätterdach einfallenden Sonnenstrahlen golden oder feuerrot aufleuchten; Bäume, die ihre langen schlanken Blätter nach uns recken, um uns zu berühren, weil sie das Salz benötigen, das sich im Schweiß von Menschen und Tieren befindet.

„Irgendwann schnappt die Falle einfach zu. Du weißt, dass da eine ist, aber du läufst trotzdem hinein.“

Veröffentlicht am 21.08.2019

Was wäre, wenn deine Eltern dich ohne Vorwarnung in die Wüste schicken würden?

Acht Wochen Wüste
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Inhalt:

Als Wren eines Morgens, noch trunken vom letzten Abend, erwacht, sieht sie sich nicht nur ihren Eltern, sondern auch zwei Polizeibeamten gegenüber. Noch bevor Wren überhaupt begreift, wie ihr ...


Inhalt:

Als Wren eines Morgens, noch trunken vom letzten Abend, erwacht, sieht sie sich nicht nur ihren Eltern, sondern auch zwei Polizeibeamten gegenüber. Noch bevor Wren überhaupt begreift, wie ihr geschieht, befindet sie sich mit den Beamten via Flugzeug auf dem Weg nach Salt Lake City.

Wren gelangt langsam zu der unschönen Einsicht, dass ihre Eltern die Verantwortung für sie in fremde Hände gelegt haben und sie los werden wollen. Denn kurze Zeit später übergeben die Uniformierten Wren erneut. Dieses Mal an zwei auf Survivaltraining spezialisierte Betreuer. Michelle und John sollen sich in den nächsten acht Wochen um Wren kümmern. In dieser Zeit wird diese lernen müssen, mit einer kleinen Auswahl an Hilfsmitteln in der Wüste zu überleben. Na, dann, viel Spaß!



Im Detail:

Wren ist alles andere als begeistert. Sie ist wütend, sie ist frustriert, sie versteht die ganze Welt nicht mehr. Sicherlich, sie hat eine Menge Mist gebaut. Von ihrem exzessiven Lebensstil, der Drogen und Diebstähle einschloss, waren ihre Elten nie begeistert. Doch niemals hätte sie gedacht, dass ihre Eltern solch einen drastischen Entschluss treffen und sie ins Wüstencamp schicken würden.

Nach einer Anreise mit dem Flugzeug und einer anschließenden Fahrt im Jeep folgt ein langer und ermüdender Fußmarsch. Entgegen dem Ratschlag ihrer Betreuer trinkt Wren die ihr zur Verfügung gestellte Wasserflasche fast leer. Mangelnde Selbststeuerungsfähigkeit und geringe Impulskontrolle bedingen, dass Wren durstig und erschlagen im Camp ankommt.
Doch Michelle lässt sich nicht erweichen. Es wird Zeit sich aus einer Plane und einem Stück Seil ein Zelt zu bauen. Bald wird es regnen. Wrens Wut auf die Welt im Allgemeinen und ihre Betreuer im Speziellen wird sie in der Wüste nicht weiterbringen. Wenn sie sich nicht selbst hilft, dann wird sie hier untergehen. Neidisch starrt sie auf die Töpfe mit Haferbrei, gekochtem Reis und auf die vollen Trinkflaschen der anderen Jugendlichen. Wren versteht nicht, warum die anderen Jugendlichen nicht rebellieren, warum sie sich vielmehr auf Michelles Seite stellen. Sie meint in der Hölle angekommen zu sein.

Die Notwendigkeit, die feindliche Umwelt hinzunehmen, weckt aber schnell den Wunsch, zu lernen, wie man Feuer macht, wie man Wasser findet und ein Zelt so aufbaut, dass es einem vor dem tückischen Wetter schützt.

Bücher aus dem Hause Magellan haben mich bislang noch nie enttäuscht. Autoren aus dem Verlagsprogramm kreieren stets eine mitreißende Handlungen, die viele überraschende Wendungen bereithalten. Das Buch kombiniert den Kampf ums Überleben mit der schwierigen Teenagerzeit.

Ein weiterer Handlungsstrang zeigt die Ursachen auf, die Wren auf die schiefe Bahn geführt haben. Wie Wren nach und nach die falschen Freunde kennengelernt hat. Es wird klar, dass auch Wrens Familie, aber auch sie selbst so einige Fehler gemacht haben. Wren hat das Vertrauen der Menschen, die ihr nahestanden missbraucht, das wird über die Seiten hinweg klar.



Fazit:

Die Autorin von Acht Wochen Wüste, Wendelin van Draanen, beschreibt in ihrem Buch den Weg einer Jugendlichen, die vom Weg abgekommen ist. Die Eltern sehen keinen anderen Ausweg und schicken ihr Kind in ein Wüstencamp.

Das Buch lebt sehr stark von den Emotionen seiner Figuren. Der Autorin gelingt es eindringliche Stimmungsbilder, etwa von den widersprüchlichen Gefühlen zu den Eltern, die zwischen abgrundtiefem Hass und inniger Liebe pendeln, zu zeichnen. Dabei wird verdeutlicht, dass sich Menschen und Standpunkte durchaus ändern können. Das schreit hier aber nicht nach Schullektüre, nach Deutschklausur, sondern wird sehr ungezwungen erzählt. Eben ein Roman, dessen wahre Lebensweisheiten durch die starke Protagonistin nicht pathetisch daherkommen.

Veröffentlicht am 31.07.2019

Eine sehr bewegende Liebesgeschichte

Auf der Suche nach dem Kolibri
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Inhalt:

Marilyn steckt voller Träume. Irgendwann möchte sie auf eine Uni gehen, um danach Fotografin zu werden. Ihre Mutter Sylvie hat ganz andere Pläne für sie. Marilyn soll als Modell groß rauskommen. ...

Inhalt:

Marilyn steckt voller Träume. Irgendwann möchte sie auf eine Uni gehen, um danach Fotografin zu werden. Ihre Mutter Sylvie hat ganz andere Pläne für sie. Marilyn soll als Modell groß rauskommen. Überall erzählt Sylvie herum, dass ihre Tochter Schauspielerin ist und für Werbeaufnahmen gecastet wird. Mit den Gagen ihrer Tochter möchte die Mutter der Armut entkommen, sich ein schönes Haus mit Pool kaufen und glücklich werden. Bis es soweit ist, zieht Sylvie mit ihrer Tochter nach L.A. zu Onkel Woody. Beim Ausräumen der Umzugskartons treffen sie auf James, der ebenfalls mit seinen Großeltern und seinem Bruder in dem Wohnkomplex beheimatet ist. Sylvie bittet den jungen Mann um Hilfe. Sie selbst zieht sich in das Haus zurück. Letztlich ist es Marilyn, die gemeinsam mit James den Einzug stemmt. Beide kommen sich bei dieser Gelegenheit näher und plötzlich ist geteiltes Leid doppelte Freude.

Jahre später: Marilyn hat ihre Pläne ein College zu besuchen, um Fotografin zu werden, aufgeben müsssen. Stattdessen hat sie ein zauberhaftes Kind bekommen. Die junge Frau versucht alles, um es ihrer Tochter Angie recht zu machen. Sie will Angie ein sorgenfreies Leben ermöglichen. Sie soll aufs College gehen können. Angie lässt jedoch der Gedanke an ihre Vaterlosigkeit nicht mehr los. Immer wieder wird sie auf ihre Hautfarbe angesprochen, die anders als die ihrer Mutter, dunkle Nuancen aufweist.
Marilyn hat ihr erzählt, dass James und sein Bruder bei einem Autounfall ums Leben gekommen sind. Doch ein Musikvideo, welches von einem Justin Bell produziert wurde, weckt Angies Neugierde. Dieser Name triggert sie angesichts der Namensgleichheit des Produzenten mit ihrem Onkel. Lebenszeichen oder Zufall? Kurzerhand fährt Angie zu ihrem Ex-Freund. Sie bittet ihn, sie nach L.A. mitzunehmen. Sam ist nicht begeistert, denn er hat die Trennung von Angie noch lange nicht verkraftet. Dennoch willigt er ein. Es beginnt ein spektakuläres Abenteuer. Wird Angie in einer so großen Stadt wie L.A. mit diesen wenigen Hinweisen auf ihren Onkel Erfolg haben können?



Im Detail:

Ava Dellaira erzählt ihre Geschichte zweier Frauen auf der Suche. Der Leser begleitet zum einen die junge Marilyn, die voller Wünsche und Sehnsüchte steckt. Sie möchte irgendwann einmal Fotografin werden. Bis dahin bedient sie sich einer imaginären Kamera. Mit Zeigefinger und Daumen beider Hände, bildet sie ein Quadrat und versucht darin schöne Momente einzufangen; mit einem Blinzeln der Augen betätigt sie den Auslöser. Diese „Gedankenbilder“ versucht Marilyn fest in ihrem Kopf einzuspeichern und nicht mehr zu vergessen.

Marilyns Mutter sucht die Chance mit ihrer Tochter die Verwirklichung ihrer Träume zu wahren.
Sie träumt von einem Leben in einem Luxushaus. Die Tochter soll mit Werbefotografien das Geld dazu eintreiben. Sylvie und Marilyn wandern von einem Casting zum anderen. Die Tochter muss sich kalorienarm ernähren und ist nach einer Mahlzeit oft noch gar nicht richtig satt. Der Umzug zum Onkel macht alles nicht besser. Denn Woody ist der Spielsucht verfallen. Mit Onlinepoker und Kasinobesuchen verdient er sich seinen Lebensunterhalt. An schlechten Abenden greift er zum Alkohol und pöbelt herum. Es ist besser ihn an solchen Tagen zu meiden, das hat Marilyn schnell raus. Doch etwas Gutes hat dieser Umzug nach L.A. auch. Denn schon am ersten Tag lernt Marilyn den dunkelhäutigen James kennen.

James ist, im Gegensatz zu seinem jüngeren Bruder Justin, eher verschlossen. Und dennoch kommen sich Marilyn und er näher. Sie verbringen Zeit miteinander und schaffen Erlebnisse. Marilyn fühlt sich in James Gegenwart wohl. Seine Familie ist so ganz anders als ihre eigene. Die Großeltern sind herzlich, ihre Tür steht immer offen für Marilyns spontane Besuche. Doch gerade in dem Moment, in dem James und Marilyn anfangen Pläne für die Zukunft zu schmieden, passiert etwas, was ihr Leben für immer verändern wird.

Der zweite Handlungsstrang der Geschichte beschäftigt sich mit Angie, Marilyns Tochter. Angie ist sich sicher, dass ihre Mutter ihr nicht die Wahrheit erzählt hat, was ihren Vater angeht. Kurzerhand beschließt sie eigene Recherchen anzustellen. Hierzu benötigt sie jedoch Hilfe. Leider ist Sam, ihr Ex-Freund, die einzige Option sie nach L.A. zu fahren.

Ava Dellaira verwebt in ihrem Werk die Geschichten zweier Frauen, die sich der Verfolgung ihrer sich selbst gesetzten Lebensziele verschrieben haben. Auch die Erfahrung mit dem latenten Rassismus der us-amerikanischen Gesellschaft ist ein Thema. Am Zusammenspiel der Figuren zeigt Ava Dellaira meisterhaft Alltagsrassismus. Dabei reduziert die Autorin ihre Darstellung auf die reine Präsentation und lässt sich zu keinerlei Kommentar hinreißen.

Die Autorin legt den Fokus jedoch nicht nur auf die Hauptfiguren. Geschickt haucht sie den Nebenfiguren Leben ein und lässt sie dem Leser ans Herz wachsen. Mein besonderer Liebling in der Geschichte war James Bruder, Justin, der mit seiner lebendigen Art nicht nur Marilyns Herz für sich gewinnen konnte. Aber auch James und Justins Großeltern hätte ich gerne einmal im realen Leben kennengelernt. Woody wiederum ist wie geboren zum Antihelden.



Fazit:

Eine Liebesgeschichte, die ein Echo im Herzen weckt. Ava Dellaira zeigt mit, „Auf der Suche nach dem Kolibri“, dass auch Liebesgeschichten spannend sein können. Denn wenn es um Liebe geht, ist Hass nicht fern. Der Roman beschäftigt sich mit zwei Frauen auf der Suche. Die eine mit Zukunftsvisionen, die andere auf der Suche nach Antworten in ihrer Vergangenheit.

Ohne erhobenen Zeigefinger und ohne Sendungsbewusstsein schreibt Dellaira von den Abgründen und Sonnenseiten menschlichen Seins. Um die Protagonistinnen ranken sich skurrile, liebenswerte und zum Teil vom Schmerz zerfressene Figuren.
Ein starkes Stück Literatur ist schließlich das Ende des Romans, das wie ein Paukenschlag erscheint und einen fast ratlos zurücklässt.

Von mir gibt es eine volle Leseempfehlung für dieses Buch.



Buchzitate:

Marilyn geht nicht mehr duschen an diesem Abend, sie will das Meer nicht abwaschen, jenen stummen Beweis, dass sie zumindest für einen Nachmittag einen Platz in der Welt hatte.

Er bietet ihr seinen Pulli an, und sie zieht ihn sich über den Kopf – er ist so groß, dass sie angenehm darin versinkt. Sie atmet seinen Duft ein, der sich mit der salzigen Meeresbrise mischt, und hat endlich das Gefühl, wieder Luft zu bekommen.

Veröffentlicht am 23.07.2019

Liebe auf den ersten Blick

Kurt, Einhorn wider Willen 1. Wer möchte schon ein Einhorn sein?
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Inhalt:

Gerade liegt Kurt, das Einhorn, auf der Wiese und möchte ein wenig vor sich hindösen. Doch Ruhe ist ihm nicht gegönnt. Denn ein kleiner Vogel, der sich mit dem Namen Trill einführt, hüpft unentwegt ...


Inhalt:

Gerade liegt Kurt, das Einhorn, auf der Wiese und möchte ein wenig vor sich hindösen. Doch Ruhe ist ihm nicht gegönnt. Denn ein kleiner Vogel, der sich mit dem Namen Trill einführt, hüpft unentwegt vor seiner Nase herum. Kurts blaue Augen seien schon ein wenig kitschig, bemerkt Trill. Kurt ist selbstredend genervt. Doch Trill gibt nicht auf und kackt direkt auf Kurts Kopfkissen aus Gras. Hohn und Spott eskalieren, als Trill lästert, ein Einhorn müsse Namen wie Andromeda, Diamant oder Abendstern tragen. Aber doch nicht so etwas profanes wie Kurt. Wo kämen wir denn da hin.
Kurt erhebt sich, dreht dem Vogel den Rücken zu und trabt davon. Doch Trill ist hartnäckig. Er braucht Hilfe und zwar von einem echten Einhorn. Schließlich können diese Tiere fliegen und zaubern. Eine Prinzessin sei in Gefahr. Der Prinz halte sie auf seinem Schloss gefangen, verkündet Trill. Kurt müsse einfach helfen sie zu befreien.
Doch Kurt hat so gar keine Lust, den Retter in der Not zu spielen. Die Rechnung hat er jedoch ohne Trill gemacht, der der Absicht die ihm eigene Hartnäckigkeit entgegensetzt.
Trill beruft sich auf einen ominösen Pakt. Und nun hat Kurt keine Wahl mehr. Denn der Pakt besagt, dass er einer Prinzessin in der Not helfen muss. Und dann ist da noch dieses lästige Mitgefühl, dass ständig seine Sinne verwirrt und seine Nüstern ganz lila färbt.



Im Detail:

Kurt hat es als Einhorn nicht einfach. Wenn er seinen Schweif schüttelt, dann rieselt daraus ein rosa glitzernder Sternenschauer hervor und seine Pupse riechen nach Rosenduft. Das ist schon ziemlich peinlich. Und dann gibt es da noch diesen Vogel namens Trill, der ihn dazu überreden möchte, einer Prinzessin in Not zu helfen. Trill lästert über Kurts Namen, kackt auf sein Kopfkissen aus Gras und fordert dazu auf, ihn auf die große Rettungsmission zu begleiten, ja eine Superheldenrolle anzunehmen.

Kurt ist total genervt und antwortet auf die penetranten Provokationen des Vogels mit zynischen Kommentaren. Irgendwann gibt er auf. Gemeinsam ziehen Trill und Kurt los, um ein großes Abenteuer zu bestehen.

Chantal Schreiber erschafft mit Kurt – Wer möchte schon ein Einhorn sein, ein humorvolles Abenteuer in einer abstrusen, überhöhten Welt, die anfangs nur darauf ausgelegt zu sein scheint, jedes mögliche Klischee von Superhelden zu widerlegen.

Einige der Figuren hängen im Stereotyp fest, aus dem sie eigentlich gerne ausbrechen würden. Neben Kurt gibt es beispielsweise eine Prinzessin, die einen ganzen Haushalt von pinkfarbenem Geschirr besitzt, aber eigentlich viel lieber graue Hemden, grüne Hosen und Männerstiefel trägt und einen Prinzen, der lieber den Schurken spielt und gar nicht so nett ist, wie man es von Prinzen eigentlich ersteinmal erwarten würde.
Und dann gibt es auch noch Figuren, die den/die Leser/in zum Staunen bringen. Wie einen Ninja-Goldfisch, einen Tausenflössler und ein Riesenferkel.

Liebevolle Zeichnungen von Stephan Pricken geben den Charakteren ein Gesicht.



Fazit:

Ist es euch auch schon mal so ergangen, dass ihr euch beim ersten Blick in ein Buch verliebt habt? Mir ist es so bei „Kurt – Wer möchte schon ein Einhorn sein?“ ergangen. Auf den ersten Blick ist die ironisch erzählte Geschichte bereits ein Hingucker. Der Illustrator Stephan Pricken macht das Werk optisch zum Genuss, ohne den Lesefluss zu beeinträchtigen.

Das Spiel mit dem Klischee setzt den Ton des Buches. Der Blick auf Identität als Konstrukt kommt hier urkomisch daher. Dabei schafft Chantal Schreiber es intelligente Unterhaltung für Jung und Alt zu bieten, die zu keinem Zeitpunkt zu kindisch oder zu erwachsen wirkt.

Für mich ein Buch, an dem man einfach nicht vorbeigehen kann und das im Vorleseregal einfach nicht fehlen sollte.

Veröffentlicht am 15.07.2019

Ein starker Abschluss

Das Herz aus Eis und Liebe
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Inhalt:

Nachdem der Schwarze Clan gestellt und Okami dem neuen Kaiser überstellt wurde, bleibt Mariko nichts anderes übrig, als ein Lügenkonstrukt aufzubauen. Sie gibt sich als Gefangene des Clans und ...

Inhalt:

Nachdem der Schwarze Clan gestellt und Okami dem neuen Kaiser überstellt wurde, bleibt Mariko nichts anderes übrig, als ein Lügenkonstrukt aufzubauen. Sie gibt sich als Gefangene des Clans und deren Opfer aus. Sie beteuert ihre Liebe zu Raiden, dem Halbbruder des neuen Kaisers Roku, der nach dem Mord an seinem Vater die Thronfolge angetreten hat.

Für Mariko ist es nicht einfach die Lüge weiterzuführen. Überdies muss sie herausfinden, wer sich verschworen hat, sie an jenem Tag im Wald umzubringen. Nicht zuletzt möchte sie die Frage klären, warum dem Schwarzen Clan diese Tat in die Schuhe geschoben wurde. Zuvorderst wäre da allerdings Okami aus seiner Gefangenschaft zu befreien.

Die Handlung eskaliert, als Hochzeits- und Hinrichtungstermin immer näher rücken. Mariko muss handeln, wenn sie Okamis Hinrichtung verhindern möchte. Doch der Kaiser scheint jeden ihrer Schritte genauestens zu verfolgen. Mit jedem Fehltritt würde sie ihr eigenes Todesurteil besiegeln.
Ein Tanz auf Messers Schneide.



Im Detail:

Die Geschichte von "Das Herz aus Eis & Liebe", dem zweiten und finalen Band dieser spannenden japanischen Fantasyreihe aus der Feder von Renée Ahdieh, spielt in erster Linie am kaiserlichen Hof. Nach dem Mord am Kaiser, regiert nun dessen leiblicher Sohn Roku, der im Gegensatz zu seinem Halbbruder fanatisch und sadistisch wirkt. Roku interessiert sich nicht für die am Hof ausgetragenen Intrigen und die offenen politisch-theologischen Kämpfe. Sein Fokus liegt darauf seinen Gefangenen zu brechen und Rache für das Unrecht zu nehmen, das seiner Familie angetan wurde. Während Roku mit Freude neue Foltermethoden an Okami ausprobiert, versucht Mariko Fluchtpläne zu schmieden. Ihre Möglichkeiten sind jedoch stark begrenzt. Roku misstraut ihr und wartet nur auf ihren ersten Fehltritt.

Die einzige Möglichkeit Zugang zu den Zellen zu gewinnen und Kontakt zur Außenwelt und somit vielleicht auch zum Schwarzen Clan zu erlangen, besteht für Mariko darin, ihren zukünftigen Gemahl und somit den besten Freund und Vertrauten des Kaisers, Raiden, zu bezirzen. Doch Raiden reagiert zunächst verstockt auf ihre galanten Avancen und ist seinem Bruder treu ergeben. Schnell ist klar, dass auch hier ein falsches Wort oder ein falscher Schritt Marikos Untergang bedeuten würden.

In jeden Fall läuft die Zeit gegen die Figuren des Buches (der Hochzeitstermin zwischen Raiden und Mariko und auch die Hinrichtung Okamis rücken immer näher), was für einen immensen Spannungsbogen innerhalb der Geschichte sorgt. Während Mariko für ihre große Liebe kämpft, werden am Hofe Gewalt und Destruktivität zum politischen Prinzip. Leid und Tod erfahren noch einmal eine ungeheuerliche Steigerung.

Japan, das Land der Ninjas, der Samurais und Geishas, der verrückten Pflegeroboter und Mangas, übt ja schon seit jeher Faszination auf die europäische Leserschaft aus. Auch der vorliegende Roman lebt vom Reiz des „Fremden“, des „Anderen“, sowie der schnörkellosen Sprache der japanischen Literatur.



Fazit:

Auch in der Kürze liegt manchmal die Würze. So auch im Fall der Fantasyreihe von Renée Ahdieh, die mit zwei Bänden auskommt. Auf 431 Seiten entsteht eine mitreißende Dynamik, die die Lektüre zu einem fesselnden Ereignis macht.

Der Autor passt die persönlichen Leiderfahrungen der Protagonistin in eine Welt des Schmerzes ein, die sehr kultursensibel gezeichnet ist.

Am Ende bleibt nach unterhaltsamer, packender Lektüre ein Gefühl von Atemlosigkeit zurück, das man sonst nur in Thrillern erlebt.



Buchzitate:

Ein Grinsen hob eine Seite von Ökamis Gesicht und betonte eine diagonale Narbe durch seine Lippen. „Mein Geist lebt auf einem Berg. Deiner lebt auf einem Feld. Sollte der Berg vor dem Feld niederknien?“

Er hatte sie damals auch verflucht. Obwohl jeder einzelne seiner Tagträume ihr galt. Selbst wenn der Duft vorbeifliegender Orangenblüten ihn zum Lächeln brachte.

Er würde Mariko nicht riskieren. Nicht für jeden Nachthimmel der Welt. Nicht einmal für einen einzigen Stern.

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