DER DUNKLE DUKE. Eine zeitlose, kämpferische Geschichte um tiefschwarzeste Dunkelheit, unverrückbare Sehnsucht nach Licht, vorbehaltlose Liebe und hitzige Leidenschaft – Prädikat besonders wertvoll ! und absolut empfehlenswert!!
Im Mai 2019 erschien im LYX-Verlag mit „Ein Versprechen einer Nacht“ (im Original: THE DUKE) der bereits 4. Band der auf (vorläufig) 6 Büchern beruhenden und sehr erfolgreichen Victorian REBELS–Serie ...
Im Mai 2019 erschien im LYX-Verlag mit „Ein Versprechen einer Nacht“ (im Original: THE DUKE) der bereits 4. Band der auf (vorläufig) 6 Büchern beruhenden und sehr erfolgreichen Victorian REBELS–Serie sinnlicher Liebesromane um starke Heldinnen und gebrochene Alpha-Helden. Generell mögen die im historischen Gepräge (hier: London 1870er Jahre) der Viktorianischen Ära eingebetteten einzelnen Geschichten unabhängig voneinander als Stand-Alone und zudem außerhalb der festgeschriebenen Reihenfolge lesbar sein. Wohl der Chronologie-geschuldet könnte ein noch schöneres, seligeres Leseerlebnis mit der Einhaltung der nummerierten Aneinanderreihung beschert werden.
Damit bleibt, obwohl in Kerrigan Byrnes aktueller Buchneuschöpfung erfreuliche Wiedersehen mit allen Hauptcharakteren der bisherigen Bände geschickt eingewebt sind, auch dem absoluten Erstleser (ohne jegliche Vorkenntnisse) ein problemlos-ungehemmter Leseflow vergönnt.
Am Ende ließ die in-sich-abgeschlossene Handlung in mir den Herzenswunsch erblühen, den liebgewonnenen Figuren in weiteren Episoden bald abermals begegnen zu dürfen, sowie, jetzt dann gleich auch in all die Erzählungen zu den anderen vorgestellten Charaktere (wieder) einzutauchen.
Die internationale Bestsellerautorin Kerrigan Byrne arbeitete früher bei der Staatsanwaltschaft. Mit ihrem Mann und drei Töchtern lebt sie am Fuße der Rocky Mountains.
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PLOT: Hier sei auch auf den perfekten Rückentext verwiesen, und, auf das ausführlichere Recap (inkl. Spoilern!) im Innenteil der Klappenbrochüre.
Nach albtraumhaften Greueln eines brutalen Krieges, und, in den Ungerechtigkeiten & Widerwärtigkeiten des Lebens, ist ER ein gefallener Erzengel auf der verzehrenden Suche nach seinem Stückchen Himmel auf Erden, während SIE den Verfolgten Hilfe und Zufluchtsorte veschafft in der Sehnsucht auf eine eigene Erfüllung.
Es bedurfte nur einer einzigen Nacht voller emotionaler Nähe, um die Leere dieser beiden Herzen zu schließen und die Hoffnung auf ein glückliches Leben zu entzünden.
Cole und Imogen - jeder der beiden Protagonisten verbirgt ein Geheimnis für sich, durch welches die zwei sich einander dem Untergang auszuliefern drohen - gleichwohl beide in der Lage wären, sich gegenseitig zu erretten, wobei sie sich dem feurigen Magnetismus zwischen ihnen vergebens erwehren.
Werden sie auf der gegenseitigen Suche nach dem anderen und einer Reise zu sich selbst
sich erkennen und in Liebe erlösen?
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ANFANG
WERTUNG der Charaktere, ihrer Entwicklung und Wandlung
Imogen Pritchard ist ein aufrechtes und ehrliches Wesen, ein herzensguter Charakter, der durch ihre Entschlossenheit und Stärke wahrlich besticht. Darüber hinaus zeichnen sie ihr Verantwortungsbewußtsein, ihr kluger Bedacht und ihre charmante Höflichkeit aus. Ihr Ziel ist es, egal ob als Tochter oder der großen Schwester, als Krankenschwester oder später als Countess Anstruther, alles zu tun was in ihrer Macht steht, um Leiden zu lindern und ein besseres Leben zu gewährleisten. So wird es zu ihrem Lebensmotto, in Not Geratenen zu helfen und voranzubringen, Zufluchtsstätten zu schaffen um Verlorenen wieder Hoffnung zu schenken. Sich selbst stellt sie dabei immer hinten an.
Nach jugendlichen Jahren der Ausschweifung gibt, trotz seiner eminenten Machtstellung und seines Reichtums, der prinzipientreue, loyale und unnachgiebige Aristokrat Collin ‚Cole‘ Talmage, - ein liebender Sohn und bester Bruder-, gefährlich und hervorragends ausgebildet als Auftragsmörder und Spion im Auftrag der Krone ein Alles für sein Land und die Queen. In einem Sondereinsatzkorps des britischen Empires verübt er in seiner Aufgabe als Informationsbeschaffer und Beobachter diverse obligate brutale Bluttaten, die vom Home Office offiziell als Diplomatie unter Verschluss gesetzt werden.
Unter unglücklichen Umständen verbringen Imogen, - getarnt als ‚Ginny‘-, und Cole, -der unerwartet neue ‚Duke of Trenwyth‘-, zusammen eine einzige intime Nacht: eine verheißungsvolle, einprägsame Begegnung unschätzbaren Wertes, da diese bei beiden zum ersten Mal in deren Leben eine Leere füllt und ihnen die Hoffnung auf eine bessere Zukunft verspricht. Trotz inniger Zuneigung wurde ihnen dabei ein wirkliches Kennenlernen verwehrt. Die Erinnerung daran und Sehnsucht danach begleitet die zwei Protagonisten nun fortwährend. Beide hoffen verzweifelt den jeweils anderen wiederzufinden - doch Imogen und Cole haben sich beide verändert! Fehlendes Vertrauen zu einander und Ängste auf beiden Seiten sind Hemnisse enormen Ausmaßes. WIE sie einander finden sollen, wissen sie nicht.
Die Tragik, daß beide sich gegenseitig jederzeit den Niedergang bescheren jedoch sich gegenseitig gleichzeitig erretten könnten, begleitet die Leserschaft intensiv. Das Ringen um die Aufrechterhaltung der Geheimnisse bremst beide im Fortschreiten einer gegenseitigen Annäherung bisweilen aus, und blockiert den Durchbruch zueinander.
Der von all seinen liebsten Menschen verlassene, in düster Trauer verhangene und mit hadernden Sinnfragen beschattete Cole, - ein Mann von einem Leitwolf, - wird endgültig zu einer gequälten, gebrochenen Seele: dem schmerzlich-berührten Leser ist es durch die deutliche authentische Schilderung Kerrigan Byrnes komplett nachvollziehbar, wie und daß Cole vom Wahnsinn bestialischer Kriegsereignisse gezeichnet, durch frevelhafte Gefangenschaft nebst seelisch wie physischer Folter, körperlich beschädigt, und vom bestürzenden Verrat seines letzten allerengsten Freundes gebeutelt, zu einem Geschöpf der Finsternis transformiert, welches außer schwärzester Dunkelheit nichts mehr sieht, außer Feindseligkeit nichts mehr fühlt, und, überall nur mehr Verrat und Betrug argwöhnt. Wie hier bereits Imogen als alleiniger Hoffnungsschimmer von der Autorin wieder eingebaut wird, nur durch den es Cole einzig gelingt, trotzdem ein Durchhalten aufrechtzuerhalten, ist ein kollosales Faszinosum!
Als Imogen Cole unerwartet zum zweitenmal begegnet, als schwerstverletzten, mit dem Tode ringenden Patienten an ihrem Arbeitsplatz im Krankenhaus, gelingt es nur aufgrund ihrer Initiative und ihres energischen Einsatzes, Coles Leben in letzter Minute zu retten - mit für sie katastrophalen Folgen (Jobverlust und Fast-Mord aus Notwehr) und einschneidenden Veränderungen für ihren eigenen Lebensweg (adelige Heirat und baldige Witwe).
Gleich Cole ist auch Imogen von ein wenig ähnlichem Schicksal geprägt und ihm eine verwandte Seele, wobei ihr allerdings auch Freundlichkeit und Großzügigkeit widerfahren ist (in Form ihrer Mutter und Schwester, einiger Arbeitskollegen und v.a. Lord Anstruther). Daß es Imogen gelingt, in all den schweren Zeiten und der Konfrontation mit Ungerechtigkeit, Tragödie, Tristesse und Enttäuschung, -- die erschütterlichen wahren Hintergründe zu ihrer Charakter-Bildung (ihr Vater der sich dem Suff und der Spielsucht ergab und die Familie im Stich ließ, dem damit verbundenen sozialen Abstieg inkl. Schulden, die Krankheit ihrer Mutter, der Verkauf ihrer Unschuld und, auch wenn nur einmal, die gleichzeitige Herabwürdigung zur Dirne)-- immer wieder ihre Empathie zu den Menschen beizubehalten, ihren Optimismus und Idealismus zu bewahren und sogar noch weiter aufbersten zu lassen, und, in ihrer aktiv-gelebten Courage zu wachsen, zieht den Leser in erstaunlichen unwiderruflichen Bann. Kerrigan Byrne schenkt durch diese ihre Schöpfung der Leserin/dem Leser einen regelrechten Input, einen inspirierenden Kraftschub. Imogens unaufhörlich unnachgiebige Vehemenz im Kampf um Coles Seelenheil, die Liebe ihres Lebens,trotz ihrer zögerlichen Haltung und ihren Zweifeln um ihr Geheimnis, läßt sie nur noch mehr als imponierendes Vorbild heraustreten, auch wenn sie ursprünglich aus der Hoffnung auf eine Wiedervereinigung mit ihm agiert.
Von Anfang an möchte Cole Imogen (bereits als ‚Ginny‘) nie wirklich verletzen. Seine schroffe Abwehrhaltung und harte Zurückweisung, verbitterte Mitleidlosigkeit und zunächst aggressiver Angriff sind modelliert von Vorurteilen und dienen in erster Linie seinem Selbstschutz; ebenfalls hegt er so die Absicht, Imogen von seiner Einstellung zu überzeugen, oder ihr Furcht einzujagen, als Warnung vor dieser grausamen Welt aus Verrat und bestialischer Brutalität. Und natürlich möchte er sie unbedingt auf Abstand halten, da sie ihn auf noch unerklärliche Weise berührt.
Imogen ist bestrebt, in Cole die Saat von Güte und Gnade zu sähen - mit welcher Verve sie hier mit ihm und für ihn kämpft, wie sie dabei niemals aufgibt, sich in die Tiefen seiner Seele schürft, steckt den Leser an und überwältigt. Sie versteht Cole gut, da sie sich ja selbst der Dunkelheit, Trauer und des Vertrauensverlustes ausgesetzt erlebte. Bei diesem Kampf zurück in ein vollkommendes Leben, unterstützt sie ihn ungemein, mittels ihres unglaublichen Mitgefühls, ihrer unnachlässigen, vorbehaltlosen Liebe, und, ihrer ganzen Willensstärke. Sie weiß, daß wenn es keinen Lichtblick gibt, dann muß man selbst zu einem werden. Man muß selbst nach dem Licht suchen, denn es wird einen nicht immer finden.
Erschwerend kommt hinzu, daß Coles Geist unermesslich blockiert bleibt vorwiegend durch das ihm widerfahrene Unrecht, obwohl sein Körper nur auf ‚Ginny‘ reagiert reagiert er sehr wohl doch auf Imogen. Gewisse kurzaufflackernde Momente des Durchbruchs zum Widererkennen ‚Ginnys‘ in Imogen zerstoben deswegen vor den Augen des mitfiebernden Lesers.
Coles lang(sch)wieriger Prozess sich wieder peu à peu zu öffnen, ist in seinen einzelnen kleinen Schritten von der Autorin grandios übermittelt und adäquat umgesetzt: Imogen bringt ihn wieder dazu, zu atmen, Feinheiten & Differenzierungen wahrzunehmen, Wärme und Farben zu erspüren, Freude, Genuß zu fühlen, selbst Shakespeare zu rezitieren, sogar zu lachen. Und er, der sonst übelgelaunte und ungehobelte, er macht ihr Komplimente, muntert sie auf. Berührend ist es für den Leser zu erspähen, wie er sogar sich unbeholfen zu entschuldigen versucht.
Es ist ein langer Weg auch mit immer wieder stagnierenden Rückschlägen, auf dem der Leser Cole und Imogen begleitet und mit ihnen teils schier außer Fassung gerät, weil es beiden einfach nicht gelingen mag, über ihren eigenen Schatten zu springen.
Eine packende Beobachtung dabei ist, wie Cole dabei nicht gänzlich stur, grantig und verbohrt bleibt, wie immer wieder Imogens Lichtstrahlen zu ihm hindurch brechen, ganz allmählich wenn auch langsam Coles gepanzerte eisige Schutzhülle auch aus Arroganz, zornigem Snobismus, Zynismus und wilder Wut, - welche ihm für eine Weiterexsistenz im Angesicht der ganzen verlogenen Welt wie unverzichtbar vorkam, - zu bröckeln beginnt, wie sein Alter Ego eines einst freundlichen, zärtlich wie charmanten Edelmannes zum Aufblitzen kommt und Wiederbelebung erfährt, wie er Einsichten und fruchtbare Erkenntnisse durch Imogen und seine eigene Selbstreflexion sammelt.
Interessant für den Leser gestaltet sich das Miterleben, wie Imogen analog zu Cole gespalten ist: so bleibt sie um die Einhaltung ihres wohlgehüteten Geheimnisses bemüht, ihr Damoklesschwert und Kerker ist ihre konstante Angst um die Aufdeckung ihres vormaligen erzwungenen ‚Doppellebens‘, denn das würde ihren Lieben ja gesellschaftlichen Ruin garantieren, und, auch ihrer neuen Berufung, ihrem Engagement für Frauen und Kinder in Not, zum unwiderruflichen Scheitern verurteilen. Diese ihre eigene Ambivalenz im Gegenbild zu Cole veranschaulicht die Autorin bravourös. An dieser Anforderung reift Imogen und gewinnt nochmals an bewußter Selbstbestimmung auch solche Prioritäten zu setzen, durch welche sie letztlich mit dem Verzicht auf die Erfüllung ihres eigenen, persönlichen, privaten kleinen Glückes (eine Zukunft in Zweisamkeit mit Cole) kummervoll Rechnung zu tragen haben könnte. Am Ende aller Hoffnung hält sie Cole ohne jegliche Umschweife kompromisslos den Spiegel vor, zur Betrachtung seiner fehlgeleiteten Handlungen und Reaktionen.
Er sucht sie, ist danach bestrebt, die Vorstellung von ‚Ginny‘ wiederzufinden und, sie sucht ihn und versucht, daß er selbst wieder zu sich zurückfindet, daß er sich selbst findet. Imogen wird sich bewußt, daß der ‚alte‘ Cole heute ein Mann mit Makeln und Unausgesprochenem ist, aber dennoch eine zweite Chance auch auf Glück und die Liebe sehr wohl verdient. Cole begreift, daß Imogen weit mehr ist als ‚Ginny‘ einmal war, oder besser seine verklärte Anbetung zu ihr, daß er vormals selbst Ginny bereits fehleinschätzte weil er nicht richtig hinsah. Nach seiner Karthasis ist sein Blick von den Scheuklappen der Etiketten befreit und er sieht klar, daß Imogen zu einer selbstbewußten eigenständigen Persönlichkeit gereift ist, einem gleichberechtigen Menschen, und daß auch sie Unsicherheit und Angst ausgesetzt war.
Zuerst muß aber Cole erst noch begreifen, daß er den Schmerz zuzulassen hat, ihn nicht als Schwäche sondern der Kehrseite davon erkennen und schätzen muß, und es gelingt ihm, Groll und Ekel gegen seiner selbst niederzuringen, sich selbst wieder zu vertrauen und so Mitgefühl wiederzuentdecken.
Die Widerparts brauchen einander, in einem Miteinander vervollständigen und ergänzen sie sich. Wunderschön, an zwei ganz besonderen Stellen (~Lebens-Extrem-Situationen) fast schon transzendental und absolut ergreifend dargestellt ist von Kerrigan Byrne, daß die beiden Protas, auch in längeren Zeiten der Trennung, stets gedanklich miteinander verbunden und sich nahe sind. Die konstante Begleitung der schwebenden, flammenden Sehnsucht zu einander und das gleichzeitige dagegen verzweifelt Widerstand-Leisten-Wollens ist exquisit ausgefeilt. Es ist atemberaubend und für den Leser ergreifend, wie das Fundament einer tiefen Liebe sich schwelend aufbaut, welche in einem sich gegenseitigen Haltens und Tragens und Schützens wurzelt – eine Liebe die mächtiger und ewiger ist als alles andere.
Kerrigan Byrne kreiert mit Cole, einer scheinbar verdammten Seele, in all seinen Tantalosqualen und seinem Kampf, der intensiven Gewissenserforschung seiner selbst, dem inneren Konflikt, einen großen beispielslosen Charakter, der trotz aller Zerrissenheit und dem unsagbaren Verlust des Vertrauens in den Menschen und das Gute der Welt, mittels Imogens Hilfe in seinem Schmerz erstarkt, seine Schwächen umwandelt, keineswegs kapituliert sondern sich dem Leben stellt und seine Bestimmung der Liebe zu Imogen weiht und damit auch sie befreit! – mutig und zu allem bereit, um jene, die er liebt, zu beschützen und in ihren hehren Zielen zu unterstützen.
ENDE
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SPANNUNGSBOGEN
Trotz all dem Tiefgang und der dunklen Schatten, der traumatischen Dramatik, sowie der Zeitnahme auch für Detailbetrachtungen neben psychologisch fesselnder Charakterstudie, verliert die ereignisreiche Geschichte eigentlich nie an dynamischen Drive, ist gespickt mit zahlreichen überraschenden Kniffen und spannenden Wendungen, wartet obendrein mit einer aufreibenden Crime-line auf, und, v.a. im letzten Drittel, häufen sich humorige Sequenzen und garantierte Adrenalinschübe. Z.B. allein schon die sich überschlagende Verdichtung gen Buchende wirft das Lesepublikum zusammen mit den beiden Protas in eine eiskalt & heißglühende Tide der Gefühle.
SCHREIBSTIL
Kerrigan Byrnes Schreibstil ist total mitreißend, weil er in zielsicherer Wortwahl und seiner Bildvolltrefflichkeit durchweg flüssig bleibt, auch wenn er selbst gar manchesmal fast poetisch anmutet; er versteht es, einen dabei dermaßen gefangen zu nehmen, daß man einfach nicht aufhören kann, und will, zu lesen. Gleich einer malenden Künstlerin beim gewählten Tupfensetzen aus ihrer sorgfältig abgemischten Farbpalette, betreibt die Autorin hierbei Framing in Perfektion: Ihre Prägnanz im Ausdruck brilliert derart und wechselt mit unter auch in präzisen unbarmherzigen Realismus, daß sich der Leserschaft sämtliche Schauplätze und Charaktere erschließen und präsentieren wie ‚als sei man selbst mittendrin‘ und ‚habe sie direkt, in Leib & wahrlich Blut vor Augen‘ -- noch viel unmittelbarer als z.Bsp. eine Kulisse oder Schauspieler auf einer Bühne--, weil sie unter die Haut fahren. Selbst bis in die Nebenfiguren erfolgt eine so klare und authentische Skizzierung, daß es sich dabei um Menschen wie ‚Du und Ich‘ handeln könnte, wie Kollegen, Nachbarn, Freunde, Bekannte ... Personen wie aus dem eigenen, nahen Leben gegriffen.
BESONDERHEITEN
Die Zäsur am Ende eines jeden Kapitels ist wie ein retardierendes Momentum gesetzt, oder, wirkt wie ein kleiner Knalleffekt, eine rätselhafte Pointe, ein geschickter Dreh, auch Cliffhanger, oder ein kleines hübschverpacktes Überraschungskästchen, was es dem Leser unmöglich macht, jetzt mit dem Lesen pausieren zu können – er muß sich dem Sog eines Weiterlesen einfach ergeben.
Darüber hinaus entdeckt immer mal wieder, während dem Verlauf der Erzählung, der lesende Verfolger voller Verblüffung verschiedenformige Mosaiksteinchen, welche er aufliest und der Geschichte einfugt, wobei diese zwar ab und an entgegen ausgelegter Finten etwas umarrangiert zu werden sind, aber, in ihrer Konsequenz sich zu einem durchdacht und kohärenten Gesamtwerk vernetzend vereinigen.
ERZÄHLPERSPEKTIVE
Die Erzählperspektive wird aus der dritten Person gehalten, wobei beginnend und vorwiegend mit Imogen, aber auch aus Coles Blickwinkel im Wechsel, die Schilderung erfolgt, geprägt von erlebter Rede und innerem Monolog. Lebendige Dialogtexte, nervenaufreibende Streitgespräche und gedeihliche Konversationen bereichern und lockern auf, was die Protagonisten noch an profilierterer Persönlichkeit profitieren läßt. Darüber hinaus werden die ein oder andere Sichtweisen weiterer auftretender Darsteller (Chief Inspector Morley, Christopher Argent) miteingeflochten, welche durch ihre Ausführungen zusätzlich Abwechslung und Atmosphäre darbieten und den Geschichtenkosmos expandieren.
Der Warnhinweis „Suchtgefahr“ sollte deshalb unbedingt auf das Titeldeckblatt mitaufgedruckt werden
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DER GESCHICHTLICHE FOKUS,
der nur als eher zurückhaltender historischer Rahmen dient, legt sich auf die osmanisch-türkischen Massaker während des bulgarischen Aprilaufstandes von 1876 (hier auch die Berichterstattung des Kriegskorrespondenten Januarius MacGahan), streift die Krimkrise, des Premierministers Disraelis Politik und die Zypern-Konvention. Hierbei findet aber auch der weniger geschichtsbewanderte oder daran interessierte Leser leicht Zugang, wenn nicht sogar einen gewissen Wissenszuwachs. Ferner werden soziale Unruhen und Missstände zur damaligen Zeitepoche sachte tangiert.
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F A Z I T:
Eine bewegend ergreifende Geschichte, die einen flasht, beschäftigt und die lange nachhallt. Eine selten von Anfang an außergewöhnlich starke, tolle und liebenswürdige und dabei so reelle Hauptdarstellerin, daß man/frau sich an ihr, so wie sie sich all den Hindernissen ihres Lebens stellt, ein Beispiel nehmen möchte. Und auch der Protagonist steigt in seinem unablässigem Kampf um den Sinn seines Daseins und seiner treuen Hingabe an die Liebe zu seiner Seelengefährtin, dem wertvollsten was es gibt, final als wahrer Held empor.
Bei all seiner Tragik, dem Blut, den Abgründen, der Thematik um Entmenschlichung strotzt das Buch voll ungeheuerlicher Kraft, und, ist durchwirkt von Licht, Leben, Poesie, Charme, Farben, Esprit und Liebe.
---- ANFANG ---------------------------
Mit seinen Zündstoff-Themen von Krieg, Massaker, Folter, PTBS, der BESTIE Mensch, der Ent-würdigung der Menschen, dem Wert der Frau, Misshandlung durch Männer, dem Sumpf der Prostitution, der Stellung der Frau in der Gesellschaft, sowie marginalen Touchierungen von sozialen Missständen, existenzieller Sorgen (Schuldenfalle, Suchtproblematik), politischer Schachbrettspiele, historischer Konflikte, die bis heute ausufern (Moslems/Christen) – ist dieses Buch zeitlos UND aktueller und brisanter wie nie zuvor. Und die Liebe, die Liebe nur durch die all das zu ertragen ist. Der unerbittliche Kampf, am Sinn des Lebens festzuhalten, für das Gute, das Gerechte einzustehen verankert durch wahre Liebe schenkt Erlösung und ein Stück vom Himmel auf Erden. Denn: Für den Triumph des Bösen reicht es wenn die Guten nichts tun. Etwas selbst bewegen zu können, und dabei immer die Wahl, die eigene Entscheidung für die richtige Seite zu haben, diese Fähigkeit tragen wir alle in uns. Dieses Buch zeigt, was das Leben aus uns macht - und was wir aus diesem Leben machen können. Und, wie sich zwei verwundete Seelen in Liebe wiederfinden, und, sich gegenseitig eine Quelle des Trostes und der Kraft werden.
---- ENDE ------------------------------
KRITIKPUNKTE
Gut und gerne 100, 200, od. mehr, Seiten lang hätte das Buch ruhig noch sein können Die geliebte Tradition eines erquicklichen Glossars oder einiger erbaulicher Fußnoten sollte grundsätzlich unbedingt wieder aufgenommen werden.
Hätte Kerrigan Byrne einige Anspielungen und Facetten noch ausgearbeitet, würde der kompakte Liebesroman, - in meinen Augen -, schlichtweg zu einem KLASSIKER avancieren – aber, das ist für dieses Genre ja wohl gar nicht beabsichtigt Trotzdem erhält dieser Lesestoff, allein aufgrund seiner beiden Protagonisten, ihren Kampf und ihrer Entwicklung, von mir die volle Punktzahl.
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Ein Hinweis noch zum ZIELPUBLIKUM:
Der Schwerpunkt des Buches ist dunkel, roh und tiefgründig, mit Tendenz anspruchsvoll.
Davon abgesehen mag das Entrée/die Leseprobe den Eindruck schüren, daß eine jagende Sexszene nach der anderen, Kapitel für Kapitel, anzutreffen sei. Dem ist nicht so.
Trotzdem funkt und sprüht es auch vor unbändiger Sehnsucht und sinnlich-hitziger Erotik zwischen den beiden Hauptakteuren.
Fans von William Shakespeare, Charlotte Brontës "Jane Eyre", Queen Victoria, plus Wolverine und "Ironclad", selbst von "Schreie aus dem Innern (Voices Within: The Lives of Truddi Chase)" könnten sich hier aufgehoben fühlen.
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COVER
Die Frontansicht und die Buch-Thematik bilden eine exzellente Symbiose:
An dem Cover des Klappbroschüreformates gefällt, daß die helle, kraftspendende Farbigkeit aus dem alles-verschlingenden toten RabenSchwarz deutlich hervorbricht und klar besteht, daß das fast reliefartig-anmutende wunderschöne Rosenblütengeprange sich in nuancierten violett-schimmernden Glanz aus dieser Dunkelheit emporrankt, es damit jäh durchzwingt, wie Licht und changierendes Leben sich positioniert, quasi in den Vordergrund kämpfend erhebt, ja ihn erobert, das Dunkle - als unterste Substanz, Vergangenheit und Anhaftende, Bestimmende – seiner drückenden, undurchsichtigen Macht beraubt und bezwingt.
In dieser Rosenpracht ist der zentrierte Großbuchstabe 'R' eingebettet: dieser basiert, erwächst, thront und wird durch das Blühende flankiert und gehalten. Dieser Versal gewichtet die Betonung auf REBELS ident einem Siegelringabdruck.
Erfreulich ist, daß im Innenteil der Vorder- wie Hinterseite der Klappbrochure auf zartem blasslila Untergrund etwas kräftiger-fliederviolettfarbene Rosen eine Wiederaufgreifung erfahren, und, auch die jeweiligen Kapitel mit einer Rosenverzierbegleitung eingeleitet werden.
Daß dieses Veilchenlila des Buchcovers ab der Mitte der Geschichte auch das der Gewänder und des Duftes der Protagonistin Imogen ist und hier als Spiegelung zum langsamen ersten Aufbrechen Coles Panzers in Erscheinung tritt, und, sich die Farbintensität mit weiteren Mauereinrissen in des Dukes hartverschalten Kern steigert, fasziniert dadurch noch ungemeiner.
Über dies wirkt die Covergestaltung entgegen der behandelten Ära (Viktorianische Epoche) keineswegs 'altbacken' sondern vielmehr modern, klassisch-alterlos und verheißungsvoll.
Nebeneinander im Regal aufgestellt könnten die Bücher die Assoziation mit einem durchbrechenden Regenbogen aufleuchten lassen.
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Der kommende 5. Band der VICTORIAN REBELS-Reihe unter dem Titel „Mein Ende und mein Anfang“ erscheint Ende Oktober 2019.