Anders als erwartet
Beim Durchstöbern der neuen Programmvorschau des Oetinger Verlags, ist mir „Opa und die Nacht der Wölfe“ sofort ins Auge gesprungen. Das Cover gefällt mir richtig gut, diese Idee mit dem Wolfsschatten ...
Beim Durchstöbern der neuen Programmvorschau des Oetinger Verlags, ist mir „Opa und die Nacht der Wölfe“ sofort ins Auge gesprungen. Das Cover gefällt mir richtig gut, diese Idee mit dem Wolfsschatten finde ich genial. Der Klappentext sprach mich auch direkt an. Bücher, die ernste Themen wie Demenz behandeln, fallen absolut in mein Beuteschema. Von Nora Alexander hatte ich bisher noch kein Buch gelesen, „Opa und die Nacht der Wölfe“ sollte also mein erstes Werk von ihr werden.
Eigentlich wollte sich der 9-jährige Olli mit seiner Bande, den Adlern, im Park treffen. Seine Mutter besteht allerdings darauf, dass er mit seinem Opa spazieren geht. Das Bandentreffen ist wichtig, das kann Olli einfach nicht ausfallen lassen. Was nun? Soll er Opa etwa mitnehmen? Das kann doch nur peinlich werden. Ollis Opa ist nämlich anders als andere Großväter. Er isst Eis lieber mit Ketchup anstatt Erdbeersoße, er geht nachts spazieren und er vergisst ständig Dinge. Der Ausflug in den Park wird dann auch so enden, wie es sich Olli gedacht hat: Mega peinlich. In der darauffolgenden Nacht aber, eine Vollmondnacht, erfährt Olli von Opas großem Geheimnis. Immer wenn Vollmond ist, passiert mit Opa etwas ganz Erstaunliches, etwas, was eigentlich gar nicht möglich sein dürfte. Für Olli beginnt die aufregendste Nacht seines Lebens…
Dieses Buch zu bewerten fällt mir nicht leicht. Es gab zwar vieles, was ich toll fand, aber leider gab es da dann auch eine große Sache, die mir nicht gefallen hat. Ich habe hier eine etwas andere Story zu lesen bekommen, als ich erwartet hatte. Die ersten 40 Seiten konnten mich noch richtig begeistern, aber dann entwickelte sich die Geschichte in eine Richtung, die mir nicht so zugesagt hat. Es ist natürlich immer Geschmackssache, ganz bestimmt wird nicht jeder so empfinden wie ich. Mir persönlich hat dieses „Unglaubliche“, das mit Ollis Opa in Vollmondnächten passiert, nicht so gut gefallen. Das Buch ist schon etwas verrückt und merkwürdig. Normalerweise liebe ich ungewöhnliche und abgedrehte Bücher, aber hier war es einfach nicht so ganz mein Fall.
Da im Klappentext nicht erwähnt wird, was genau das Geheimnis von Ollis Opa ist, habe ich mich dazu entschlossen, es auch in meiner Rezension nicht zu tun. Man kann es sich vermutlich aufgrund des Titels und des Covers denken, aber trotzdem – ich möchte auf keinen Fall spoilern. Nur so viel: Ich denke, dass Opas Geheimnis Kinder mehr begeistern wird als mich als Erwachsene. Die Zielgruppe wird es vielleicht nicht als so komisch-seltsam empfinden, eher als cool und aufregend. Cool und aufregend ist es zwar irgendwie auch, das Buch enthält einen außergewöhnlichen Mix aus Fantasy, Krimi und Abenteuer, nur war dieser letztendlich einfach nicht so meiner.
Mein einziger negativer Kritikpunkt bezieht sich eigentlich wirklich nur auf das Geheimnis von Ollis Opa, nur ist dies eben ein ziemlich großer Kritikpunkt.
Ansonsten fand ich das Buch echt gut. Es erzählt eine spannende, witzige, fantasievolle und tiefgründige Geschichte, die einen mitfiebern lässt und sehr zum Nachdenken anregt. Das Buch handelt von Demenz, Mobbing, Familie, Freundschaft, Mut, Zusammenhalt und Abenteuer und lässt sich durch den leichten, flüssigen Schreibstil und die schön kurzen Kapitel sehr angenehm und flott lesen.
Was mir ganz besonders gut gefallen hat, sind die Illustrationen von Julia Christians. Jeder Kapitelanfang wird von einer ganzseitigen Illustration begleitet, die schon ein bisschen verrät, was einem im folgenden Kapitel so erwarten wird. Julia Christians hat so ihren ganz eigenen Stil, der in meinen Augen perfekt zur Geschichte passt.
Klasse fand ich auch die Kapitelüberschriften, die stets sehr witzig formuliert sind und einen wie die Bilder richtig neugierig auf die weitere Handlung machen. Hier mal ein Beispiel: „Kapitel 1 … handelt von der Farbe Rosa, einer fliegenden Vorspeise und einem Parkplatz auf dem Mond“. Klingt doch ziemlich schräg, oder? Was in dem Kapitel wohl Lustiges passieren wird? Nun, das werde ich hier natürlich nicht verraten, da müsst ihr das Buch schon selber lesen. ;)
Wovon ich auch ganz begeistert bin, ist unser Protagonist Olli. Er ist ein super lieber Kerl, den man als Leser einfach sofort ins Herz schließen muss. Wie er sich um seinen dementen Opa kümmert, ist total schön und herzerwärmend. Man merkt zwar schon, dass er manchmal ziemlich genervt ist von Opas peinlichem, kindlichen Verhalten, aber Olli hat seinen Opa natürlich dennoch unheimlich lieb und ist ihm nie lange böse. Bewundernswert fand ich, wie prima Olli mit der Erkrankung seines Großvaters umgeht. Das Leben mit Opa ist wirklich nicht leicht und ziemlich anstrengend, daher Hut ab, wie großartig es dem neunjährigen Olli gelingt, mit Opas Tics klarzukommen.
Ich war jetzt etwas länger am hin und her überlegen, wie viele Sterne ich dem Buch geben soll. Ich habe mich schließlich für 3 entscheiden, was vielleicht schon ein bisschen hart ist. Bei 3,5 Sternen hätte ich auf den meisten Portalen (und auf meinem Blog) nur auf 4 Sterne aufrunden müssen und 4 Sterne sind mir wiederum zu viel. Aber auch wenn ich dem Buch „nur“ 3 Sterne geben werde, kann ich es dennoch empfehlen. Man sollte sich einfach selbst eine Meinung darüber bilden, die Geschmäcker sind ja bekanntermaßen sehr verschieden.
Vom Verlag wird „Opa und die Nacht der Wölfe“ für Mädchen und Jungen ab 8 Jahren empfohlen und dieser Empfehlung schließe ich mich an. Ab dem Alter sollten Kinder keine Probleme mit dem Selberlesen haben. Zum Vorlesen eignet sich das Buch in meinen Augen aber auch wunderbar.
Fazit: Spannend, unterhaltsam, warmherzig und ziemlich anders als erwartet. „Opa und die Nacht der Wölfe“ behandelt auf eine sehr ungewöhnliche und schräge Weise das ernste Thema Demenz. Mein Fall war es leider nicht so ganz, aber ich habe dennoch sehr nette Lesestunden mit dem Buch verbracht. Die Geschichte enthält, neben dem fantasievollen Mix aus Abenteuer und Krimi, viele wichtige Werte, sodass sie einen nicht nur mitfiebern lässt, sondern auch zum Nachdenken anregt. Ich war selten bei einem Buch so lange am hin und her überlegen, wie viele Sterne ich nun vergeben soll. Auch wenn meine Bewertung etwas hart ausfällt, kann ich „Opa und die Nacht der Wölfe“ dennoch empfehlen. Von mir gibt es sehr gute 3 von 5 Sternen!