Das Leben der 40jährigen Grace hätte anders verlaufen können, wäre sie vor Jahren nicht von der Musikhochschule geflogen. Die Vorkommnisse von damals haben ein tiefes Trauma in ihr ausgelöst. Grace – eigentlich eine hochtalentierte Cellistin - ist seit dieser Zeit nicht mehr in der Lage, vor anderen Menschen zu spielen. Sie lässt sich stattdessen zur Geigenbauerin ausbilden, begibt sich in die Selbständigkeit und widmet sich in ihrem kleinen Laden der Herstellung und der Reparatur von Musikinstrumenten. Unterstützt wird sie dabei von der 17jährigen Nadja, deren Leben gerade auch irgendwie nicht so glatt läuft.
Privat ist Grace seit 9 Jahren mit David verbandelt – die Beiden führen eine Fernbeziehung. David lebt in Frankreich, Grace in England und ihre Treffen finden üblicherweise in Paris statt. Dass David verheiratet und Vater von 2 Kindern ist, stört Grace nicht sonderlich, sonst würde sie das nicht über Jahre hinweg aushalten, trotzdem hofft sie immer wieder, dass David endlich den Arsch in der Hose hat, seine Frau wegen ihr zu verlassen. Dann passiert etwas, dass alles bisher gewesene in Frage stellt und Grace verliert irgendwie ihre Bodenhaftung. Geerdet wird sie durch Nadja, ihren Kunden Mr. Williams und die Tatsache, dass ein von ihr erschaffenes Cello für einen hochdotierten Wettbewerb in Italien angemeldet ist.
Bekommt Grace wieder Boden unter die Füße?
„Find mich da wo Liebe ist“ ist das 1. Buch, das ich von der Autorin Anstey Harris gelesen habe. Das Cover ist wirklich wunderschön und in Zusammenwirken mit dem Klappentext habe ich zu diesem Buch gegriffen, von dem ich mir eine kurzweilige Liebesgeschichte (hoffentlich mit Happy End) versprochen hatte.
Der überwiegende Teil der Geschichte wird von Grace, David, Nadja und Mr. Williams bestritten, erst zum Schluss hin tauchen weitere Protagonisten auf, die jedoch durch die gedanklichen Rückblicke von Grace keine unbekannten Personen sind.
Ich weiß nicht so genau, was ich zu Grace sagen soll. Das, was ihr auf der Musikhochschule passiert ist ist schlimm, keine Frage. Ich habe mich jedoch die ganze Zeit gefragt wie Grace gestrickt sein muss, dass sie durch diese Vorkommnisse ein so schlimmes Trauma mitbekommen hat, dass sie über Jahre hinweg kein Instrument mehr vor fremden Leuten spielen kann ??!! Ich bin kein emotionaler Panzer, ganz sicher nicht, ich bin sogar sehr empathisch, aber hier habe ich nicht wirklich verstanden, was genau für Grace so traumatisierend gewesen sein soll. Bis zum Schluss ist dem Leser auch eigentlich gar nicht wirklich klar, was damals passiert ist. Vielleicht liegt mein Nichtverstehen auch daran, dass ich zu Grace als Person nicht wirklich Zugang gefunden habe. Sie bleibt für mich leider sehr blass und nicht greifbar, in dem was sie tut.
Für ihre Affaire mit David habe ich teilweise Verständnis – sie liebt ihn und sie kann und will nicht von ihm lassen. Gegen Gefühle ist man machtlos, meistens jedenfalls. Trotzdem verstehe ich nicht, wie sie sich immer wieder von David einlullen lässt . Dann erfährt sie Dinge über ihn, die sie zutiefst verletzen, sie verliert kurzfristig die Bodenhaftung, vernichtet fast ihre eigene Existenz und fängt sich dann doch wieder. Ob und wie es mit David weitergeht, verrate ich hier natürlich nicht.
Zu David möchte ich gar nicht viel schreiben. David ist ein Mann, der sich seine Welt so (schön) macht, wie sie ihm gefällt. Ob er dafür betrügen und Wahrheiten verbiegen muss ist egal, Hauptsache seine Bedürfnisse werden gedeckt. Bei allem was er tut, nimmt er angeblich nur Rücksicht auf seine Kinder, mit seiner Frau hat er ein Arrangement getroffen. Ah ja …. wenn man ihn so behandeln würde, wie er andere Menschen behandelt, wäre er tödlich getroffen.
Nadja ist 17 und arbeitet im Laden von Grace. Selbst eine begnadete Geigerin, sucht sie gerade ihren Platz im Leben und hat sich eine Auszeit von der Schule gegönnt. Grace ist nicht ganz ohne Einfluss, aber Nadja muss ihren Weg selbst finden und als sie dann auch noch herausfindet, dass Grace ihr Vertrauen missbraucht hat, zieht sie sich zuerst einmal zurück um dann zu merken, dass es ohne Grace auch nicht geht. Auch Nadja ist jetzt nicht die Protagonistin, die mir lange im Gedächtnis bleiben wird.
Mr. Williams ist nicht von Anfang an präsent, er wird nur hin und wieder mal als Kunde erwähnt, zum Schluss hin nimmt er dann aber doch eine wichtige Rolle ein und durch seine ruhige und besonnene Art, hilft er Grace aus der Krise. Mit 86 Jahren erfüllt er sich dann auch endlich seinen eigenen Traum.
Die Autorin hat einen schönen Schreibstil, das Buch lässt sich gut und flüssig lesen. Zwischendurch lässt sie immer mal wieder Erklärungen zum Geigenbau einfließen, was für meinen Geschmack an manchen Stellen deutlich zu ausufernd war und den Lesefluss dann schon sehr gestört hat. Die Geschichte wird aus der Sicht von Grace erzählt, mal in der Gegenwart, mal in der Vergangenheit – der Wechsel der Zeiten war leider nicht immer ganz einfach zu erkennen, was ab und an zu Verwirrung geführt hat.
Der Schluss war vorhersehbar (was ja per se nichts schlimmes ist), aber das künstlerische Event bzw. wie es dazu kam, fand ich dann doch ein wenig „tooo much“.
Alles in allem ist „Find mich da wo Liebe ist“ ein nettes Buch, für mich hätte es jedoch mehr Tiefgang haben dürfen. Geschichten mit „Frau liebt verheirateten Mann“ habe ich schon 100 x gelesen und es bedarf zwischenzeitlich ein wenig mehr, dass mich ein Buch begeistert.