Was bringt eine 96jährige Frau dazu, während einer Ku-Klux-Klan-Versammlung in Key West einen alten Mann im Rollstuhl zu erschießen? Der ermittelnde Polizist hat nur noch 1 Woche bis zur seiner Pensionierung und wollte die eigentlich ruhig verbringen, aber nun muss er sich mit der berühmt-berüchtigte Alicia Cortez – La Rosita Negra – und ihrer Geschichte auseinandersetzen und erfährt dabei, was sein Vater damit zu tun hat ...
Alles beginnt 75 Jahre zuvor, als Alicia Havanna verlassen muss und nach Key West geht, weil sie sich gegen ihren gewalttätigen Ehemann gewehrt hat. Dort wird sie im Teesalon ihrer Cousine Beatriz arbeiten. Key West ist ein Alptraum nach Havanna – dreckig, rückständig, stinkend und grau: „Nichts hier war so, wie sie es sich vorgestellt hatte. Ihr kam es so vor, als wäre sie ans andere Ende der Welt gereist und nicht einmal gerade neunzig Meilen weit.“ (S. 42)
Direkt neben dem Teesalon betreibt John Morales, der gerade aus dem ersten Weltkrieg heimgekehrt ist, eine Bar. Als Beatriz kurz nach Alicias Ankunft während einer Grippewelle stirbt, vererbt sie den Salon an Alicia und gibt ihr den Tipp, sich bei Fragen an John zu wenden. Außerdem soll sie „Schießen lernen. Und immer mit dem Rücken an der Wand entlanggehen.“ (S. 51).
Zur gleichen Zeit versucht der Jugendliche Dwayne, seinen Vater (einen Pastor) zu beeindrucken, indem er dessen Arbeit für den Ku-Klux-Klan unterstützt. Er teilt seine Meinung „Die Juden, die Katholiken und die Neger gehören alle zusammen. Sie haben nur ein Ziel: unsere Nation zu Fall zu bringen.“ (S. 200) zwar nicht, aber die Organisation an sich beeindruckt ihn und so lässt er sich zu einer Dummheit verleiten, die er hinterher bitter bereuen wird.
„Das Haus des Kolibris“ von Vanessa Lafaye beruht auf einer wahren Begebenheit, einer verbotenen, leidenschaftlichen Liebesgeschichte zwischen zwei Menschen verschiedener Hautfarben. Sie schreibt über eine Zeit und ein Thema – das Erstarken des Ku-Klux-Klans und der Beginn der Prohibition – mit dem ich mich bis dato noch nie weiter auseinandergesetzt hatte. Sehr fesseln und rasant erzählt sie, wie Bigotterie und Fanatismus den Alltag bestimmen, wie sich die Menschen in Fremdenhass und Rassentrennung hineinsteigern und Probleme mit Gewalt lösen. „... neben dem, was ich in den letzten 12 Monaten hier erlebt habe, ist die Bronx das reinste Märchenland.“ (S. 335)
Alicia hat eine afrikanische Mutter und einen kubanischen Vater, ihre Haut ist milchkaffeefarben. Nach der damaligen Definition ist sie damit weder weiß noch schwarz, eine Exotin, ein Unikum und unerwünscht. Doch sie erweist sich als echte Kämpferin und setzt sich durch. Erst ihre verbotene Liebe zu John macht sie ängstlich und angreifbar. Sie hat fürchtet die Entdeckung und deren Folgen, aber John verspricht, sie zu schützen. Schließlich hat als Einziger seiner Kompanie den Krieg überlegt und ist noch nie einer Schlägerei aus dem Weg gegangen. Außerdem glaubt er nicht, dass sich er Ku-Klux-Klan und die bigotten Kirchenmänner wirklich durchsetzen können. „Die ganze Stadt ist auf einem riesigen Sumpf aus Lügen und Geheinissen aufgebaut.“ (S. 176) Die Stimmung in Key West schaukelt sich hoch, eine Spirale der Gewalt beginnt und endet im finalen Sch(l)uss.
Alicias Geschichte hat mich sehr berührt und fasziniert. Obwohl man eine ungefähre Ahnung hat, wie sie leider ausgehen muss, hat sie mich bis zur letzten Seite gepackt und ich habe die knapp 450 Seiten an nur 2 Abenden gelesen. Die Autorin schildert die gefährliche Atmosphäre, die Ängste aber auch Hoffnungen der verschiedenen Protagonisten sehr anschaulich.
5 Sterne und meine Leseempfehlung für diesen außergewöhnlichen und hervorragend recherchierten Roman.