Fantastisch!
Die verborgenen Stimmen der BücherBei diesem ganz besonderen Buch hat mich, wie ich zugeben muss, das wunderschöne Cover gelockt.
Der Klappentext verrät (zum Glück) nicht allzu viel und als ich dann las, dass einer der Hauptcharaktere ...
Bei diesem ganz besonderen Buch hat mich, wie ich zugeben muss, das wunderschöne Cover gelockt.
Der Klappentext verrät (zum Glück) nicht allzu viel und als ich dann las, dass einer der Hauptcharaktere Emmett heißt, war es um mich geschehen (auf diesen Namen bin ich vor ein paar Jahren gestoßen, zuerst bei der grandiosen Figur Emmett Honeycutt in Queer as Folk und dann bei dem talentierten Schauspieler Emmett Scanlan, seitdem habe ich eine kleine Schwäche für alle Emmetts :P).
Ich habe mich jedenfalls riesig gefreut, ein Rezensionsexemplar zu bekommen, dafür vielen Dank an den Verlag!
Zuallererst: Die verborgenen Stimmen der Bücher ist eine dieser Geschichten, die sich am besten lesen und am meisten Freude bereiten, wenn man nicht viel über sie weiß... so wie unser Hauptcharakter und es verbindet sehr, alles gemeinsam mit ihm herauszufinden. Emmett ist großartig, ich konnte mich total mit ihm identifizieren.
Also, hier die Kurzfassung, für alle, die sich den Zauber nicht verderben möchten: Das Buch ist fantastisch, lest es! :)
Für alle anderen versuche ich, mich um vieles herum zu hangeln, allerdings werde ich wohl dennoch spoilern.
Geht nicht anders, sorry.
Wir begeben uns in eine hypothetische Vergangenheit, in der Bücher Segen und Schrecken sein können - und in der außerdem ein bisschen Magie fließt.
Emmett weiß von alledem nur wenig bis gar nichts, denn er ist Bauer, lebt mit seiner Schwester und seinen Eltern auf dem Hof und arbeitet die meiste Zeit.
Bis er krank wird und nun eine Lehre bei einer Buchbinderin machen soll. Dort trifft er auf Lucian Darnay, der in ihm aus unerfindlichen Gründen ein fürchterliches Gefühl auslöst...
Ganz ehrlich, ich freue mich so sehr, dass immer mehr Bücher wie dieses den Einzug auf den deutschen Buchmarkt finden.*
Ich bin ja eigentlich eine, die sehr intensiv gute Geschichten abseits vom Hetero-Spektrum sucht - und suchen musste man sie bisher auch explizit. Darum war es wundervoll, durch Zufall auf eine zu stoßen, bei der ich es vorher nicht wusste und die ganz regulär vermarktet wird, ohne dicken Stempel, der da wie eine Warnung prangt.
Das fördert Selbstverständlichkeit und bringt uns mal ein bisschen vom m/m Genre weg, das ja, wenn wir ehrlich sind, zum Großteil von Hetero-Frauen geschrieben wird, für Hetero-Frauen existiert und auch nicht so weit von Fetischisierung (und leider auch Frauenhass) weg ist. Und ja, ich lese dieses Genre auch, allerdings muss man eben doch deutlich sagen, dass m/m nicht gleich LGBT oder "divers" ist!
Und für alle, die es nicht erwartet haben oder irgendwie merkwürdig/unpassend finden: wäre Lucian eine Lucy oder Emmett eine Emma, würde kein Hahn danach krähen und die meisten hätten es kommen sehen.
Das von mir anfangs so gelobte Cover ist vielleicht ein kleines bisschen irreführend, denn man erwartet ja schon irgendwie eine seichtere Geschichte.
Stattdessen werden sehr ernste Dinge thematisiert, unter anderem verschiedene Formen von Missbrauch (körperlich und psychisch), Inzest, Selbstmord, Homophobie und Alkoholismus.
Das klingt, wenn ich es so schreibe, maximal schrecklich, so ist das Buch aber gar nicht. Nichts von alledem wird explizit beschrieben, es gibt trotzdem schöne und romantische Szenen.
Dennoch finde ich das englische Cover (und by the way auch den Titel) passender.
Die deutsche Übersetzung ist ansonsten aber großartig. Ich bevorzuge es ja eigentlich, in Originalsprache zu lesen, manchmal aber kommt mir so eine kleine Perle unter, die mich wieder daran erinnert, wie wunderschön die deutsche Sprache sein kann und dass sie mir, als meine Muttersprache, eben doch näher ist.
Dazu braucht es natürlich eine Übersetzerin, die auch schreiben kann, denn bloßes Übertragen reicht für einen schönen Lesefluss nun mal nicht.
Daher Kompliment und danke an Ulrike Seeberger.
Über die kleinen Schnitzer (mal ein Wort zu viel oder "er" und "es" verwechselt) liest man da gerne hinweg.
Sehr gut hat mir auch die Einteilung der Geschichte gefallen.
Es gibt drei Abschnitte:
Im Ersten, aus der Sicht von Emmett, geht es um seine Ankunft in der Binderei und seine Ausbildung.
Im Zweiten lesen wir alles zu Emmetts vergessener Erinnerung.
Im Dritten befinden wir uns dann in Lucians Kopf und steuern auf das Finale zu.
Meiner Meinung nach war es perfekt, das so zu machen.
Ich konnte mich erst treiben, dann fesseln lassen und zum Schluss kaum noch still sitzen oder das Buch weglegen, so (an-)gespannt war ich.
Neben den beiden (für mich so liebenswerten) Hauptcharakteren wirkten auch alle anderen im Buch glaubhaft.
Sei es die kindlich-naive Schwester von Emmett, der machtbesessene Binder oder der missbrauchende Vater von Lucian, der haarsträubende Männlichkeitsbilder propagiert.
Ich kann das Buch wirklich nur empfehlen, es ist, wie ich oben schon geschrieben habe, fantastisch. Ich freue mich darauf, es irgendwann mal wieder zu lesen!