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Veröffentlicht am 09.08.2019

Ich bin hin- und hergerissen...

Layers
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Das Erste was mir bei Layers, dem aktuellen Werk von Ursula Poznanski, auffällt, ist das toll designte Cover. Der "Lagenlook" passt super zu Titel und Inhalt; dafür also schon mal das erste Plus.
Diesmal ...

Das Erste was mir bei Layers, dem aktuellen Werk von Ursula Poznanski, auffällt, ist das toll designte Cover. Der "Lagenlook" passt super zu Titel und Inhalt; dafür also schon mal das erste Plus.
Diesmal geht es um einen 17-jährigen Jungen namens Dorian, dessen Geschichte damit beginnt, dass er neben einem ermordeten Obdachlosen aufwacht und sein eigenes Taschenmesser in dessen Blutlache vorfindet. Erinnern kann er sich an nichts, ausschließen, dass er eventuell Schuld am Tod des Mannes hat jedoch auch nicht.
Zum Glück ist ein junger Typ namens Nico zu Stelle, der Dorian einen Ausweg aus seiner eigenen Obdachlosigkeit bietet. Er landet in einer Villa mit anderen Jugendlichen, lernt seinen "Gönner", einen netten alten Herren namens Bornheim, kennen und beginnt sein neues Leben mit Bildung, genügend zu essen und einem Dach über den Kopf.
Als Gegenleistung sollen Dorian und die anderen lediglich Flyer in der Fußgängerzone verteilen, bei denen es sich um Spendenaufrufe für wohltätige Organisationen handelt.
Mysteriös wird es, als er "aufsteigt" und einen neuen Job bekommt. Nun muss Dorian geheimnisvolle Pakete bei Kunden abgeben und zwar unter sehr strengen Auflagen. Unter anderem hat er natürlich ein absolutes Verbot, in eine dieser Boxen hineinzusehen. Als dann einer seiner Aufträge schief läuft, wird Dorian zum Gejagten.
Layers ist wirklich spannend. Stellenweise konnte ich es gar nicht aus der Hand legen. Dorian war mir sympathisch, tat mir sehr leid und gelegentlich wollte ich ihn auch mal schütteln und zur Vernunft bringen.
Warum vergebe ich trotzdem nur 3 Sterne? Erstmal ist da das Ende, welches ich natürlich nicht verrate. ;) Überrascht hat mich da gar nichts, ich war eher etwas enttäuscht, weil sich alles so abrupt (in Wohlgefallen) aufgelöst hat. Ich hatte ein bisschen das Gefühl, Frau Poznanski hat beim Schreiben plötzlich festgestellt, dass ihr Buch bereits über 400 Seiten hat und wollte das Ganze dann schnell zu ende bringen.
Das Zweite ist die obligatorische Liebesgeschichte. Dorian lernt Stella ziemlich am Anfang während seines ersten Tages in der Villa kennen- und zack, die beiden sind sofort verliebt. Und der wichtigste Mensch in seinem Leben ist sie von Tag 1 an sowieso... Man kann das jetzt auf die schlechte Vergangenheit/Kindheit schieben, die die beiden haben und sich vielleicht deshalb sofort so aneinander klammern. Oder darauf, dass sie sehr jung sind. Mir persönlich reicht das aber irgendwie nicht aus.
Wenn Dorian an Stella gedacht hat, hatte ich manchmal nicht das Gefühl, er wäre ein verliebter 17-jähriger, sondern vielmehr eine 13-jährige, die total in den Sänger einer angesagten Band verknallt ist.
Spoilerfreier Ausschnitt: "Stella. Du bist so wichtig für mich. Ich habe jeden einzelnen Tag an dich gedacht und Sehnsucht nach dir gehabt (...) Ich will, dass wir zusammen sind."
Stella war mir übrigens zu naiv, fast schon dusselig.
Ich wollte 4 Sterne vergeben, merke aber beim Schreiben dieser Rezension, dass es über 3 einfach nicht hinausgehen kann. Vor allem mit Blick auf Erebos und Saeculum.
Natürlich ist und bleibt Ursula Poznanski eine großartige Autorin, die moderne Themen aufgreift, allerdings werde ich das Gefühl nicht los, dass ich mich weiterentwickelt und sich meine Ansprüche was Bücher betrifft etwas geändert haben. Zu leicht lasse ich mich nicht (mehr) einwickeln. ;)

Veröffentlicht am 09.08.2019

Das Rosie-Projekt

Das Rosie-Projekt
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Hoch gelobter internationaler Bestseller? Klingst schon mal gut. Allerdings habe ich gelernt, mich davon nicht blenden zu lassen.
Dennoch habe ich dem Rosie-Projekt eine Chance gegeben. Mir stand einfach ...

Hoch gelobter internationaler Bestseller? Klingst schon mal gut. Allerdings habe ich gelernt, mich davon nicht blenden zu lassen.
Dennoch habe ich dem Rosie-Projekt eine Chance gegeben. Mir stand einfach der Sinn nach einem netten, leichten Sommer-Schmöker - und genau den habe ich auch bekommen.
Hauptfigur Don Tillmann, eine Art entschärfte und sympathische Mischung aus Big Bang Theory's Sheldon und BBC's Sherlock, erzählt das Ganze quasi "aus seiner Sicht" in der Ich-Form. Dadurch baut man recht schnell eine Bindung auf, man kann seine Handlungen und Gedankengänge nachvollziehen und ja, nach ein paar Kapiteln hatte ich mich in ihn verliebt. Don ist einfach so schrullig und interessant, dass ich ihn auch auf eine Pilgerreise begleitet oder mit ihm Hollywood erobert hätte.
Rosie hingegen war mir eher egal. Ich fand sie weder besonders toll, noch unsympathisch. Ein romantischer Funke ist leider auch nicht übergesprungen. Ich habe mich eher gefragt, warum die beiden sich überhaupt verliebt haben (wenn man das denn so nennen kann).
Zur Mitte hin verliert die Story ein bisschen an Fahrt, trotzdem muss man sich nicht zum Weiterlesen zwingen. Der Schreibstil ist so angenehm, dass er einen durch das gesamte Buch trägt.
Alles in Allem war ich (trotz flacher Nebenfiguren) immerhin positiv überrascht.

Veröffentlicht am 30.09.2020

Vortex 1

Vortex – Der Tag, an dem die Welt zerriss
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Elaine lebt regelkonform, hinterfragt nichts und arbeitet hart für ihr großes Ziel: das Vortexrennen. Aber statt einfach nur eine große Distanz zurückzulegen, kann sie einen Vortex scheinbar nach ihrem ...

Elaine lebt regelkonform, hinterfragt nichts und arbeitet hart für ihr großes Ziel: das Vortexrennen. Aber statt einfach nur eine große Distanz zurückzulegen, kann sie einen Vortex scheinbar nach ihrem Willen biegen, seine Richtung ändern und sogar die Zeit manipulieren.

Sie gewinnt das Rennen, wird jedoch kurz darauf entführt und muss feststellen, dass nichts so simpel ist, wie sie sich das vorgestellt hat.

Der erste Band der Vortex-Reihe ist im Meer der Jugend-Dystopien überhaupt nichts Besonderes. Es finden sich viele Klischees neben typischen Tropes, aber das Buch ist immerhin solide geschrieben und ich glaube, mein 14-jähriges Ich hätte es gemocht.

Den Genremix fand ich eigentlich ganz cool: neben Sci-Fi finden sich auch Fantasy Elemente. Das Auftreten des ersten Vortex hat eine Vermischung von Lebewesen und Umgebung verursacht, dadurch entstanden sogenannte Splits, die mit den Elementen verschmolzen sind und besondere Kräfte haben. Als solche werden sie natürlich unterdrückt und als gefährlich eingestuft, es gibt immer wieder Berichte über Angriffe und sogar Morde. Ein bisschen hat mich das alles manchmal ehrlich gesagt an eine Legend of Korra Fanfiction erinnert, die Elemente-Nummer ist ja jetzt auch nicht so neu. Aber dennoch war's okay.

Die Romanze ist ebenfalls sehr typisch und hat mich - Überraschung - null abgeholt. Ich hab's einfach schon zu oft gelesen: sie starten auf dem falschen Fuß, stehen irgendwie auf unterschiedlichen Seiten, können sich eigentlich gar nicht leiden, er ist super arrogant, aber tief drin ja doch eine gebeutelte Seele, sie ist die Gute mit den tollen Fähigkeiten, total besonders. Bale ist vielleicht nicht so toxisch wie manch anderer "Held", aber ich habe bestimmte Romanzen einfach komplett über und kam da leider überhaupt nicht rein. Ein Twist am Ende hat mich total an den Film "Anastasia" von 1997 erinnert. Außerdem hat mich Bales Spitzname für Elaine ("Barbie") extrem genervt.

Die Nebenfiguren sind ab Elaines Entführung ziemlich spannend (und ich hätte oft lieber deren Geschichte gelesen, als die unserer naiven Protagonistin). Davor (und später) sind sie ein schamloses Klischee böser Rich Kids, allen voran Mia, die platinblonde Giftspritze mit den rosa Schuhen, die ständig "keift" und "schrill" ist und grade anfangs neben ihren Gemeinheiten überhaupt keine Persönlichkeit hat und mal wieder nur da ist, damit Elaine neben ihr besser aussieht - was nicht funktioniert, weil diese teilweise auch absolut ekelhaft zu Mia ist (oder über sie denkt).

Naja, am Ende bin ich auch einfach nicht mehr die Zielgruppe und es gibt durchaus sehr viel Schlimmeres in diesem Genre (wobei mir klar ist, dass die Latte hier sehr niedrig hängt). Ich ziehe trotzdem meinen Hut vor der Autorin, weil sie überhaupt eine Buchreihe geschrieben hat und das alles andere als einfach ist. Ich kann auch irgendwo schon verstehen, warum Vortex so gute Rezensionen hat und manchmal wünscht man sich ja auch genau die Tropes, die mich so nerven. In dem Fall ist man hier genau richtig!

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Veröffentlicht am 07.06.2020

Verity

Verity
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2,5 Sterne, aufgerundet.


Ich habe vor vielen Jahren das letzte mal ein Colleen Hoover Buch gelesen und war nicht allzu begeistert. Für mich ist ihr Zeug eher unangenehm bis creepy, was dem Genre, in ...

2,5 Sterne, aufgerundet.


Ich habe vor vielen Jahren das letzte mal ein Colleen Hoover Buch gelesen und war nicht allzu begeistert. Für mich ist ihr Zeug eher unangenehm bis creepy, was dem Genre, in dem sie hauptsächlich schreibt (Romance), nicht grade zuträglich ist. Allerdings sind viele Menschen, die Hoover sonst auch eher kritisch gegenüber stehen, der Meinung, dass genau das zu ihren "Thrillern" passt. (Ich schreibe Thriller in Anführungszeichen, denn so richtig einer ist es irgendwie auch nicht)

Und so habe ich beschlossen, es doch nochmal mit ihr zu probieren.

In Verity geht es um Lowen, eine drittklassige Schriftstellerin, die (wie alle Hoover-Charaktere) einige Schicksalsschläge und jede Menge Drama mit sich herumschleppt. Sie wird unmittelbare und mit Blut besudelte Zeugin eines schlimmen Verkehrsunfalls und trifft in dieser hanebüchenen und merkwürdigen Situation auf einer öffentlichen Toilette Jeremy - der sich dann wenig später rein zufällig als ihr neuer Auftraggeber herausstellt. Lowen soll die super erfolgreiche Buchreihe seiner Ehefrau fortführen. Die liegt in einer Art Wachkoma, denn ihre beiden Zwillingsmädchen sind kurz hintereinander ums Leben gekommen und sie ist aus Verzweiflung gegen einen Baum gefahren.

Lowen soll einige Zeit auf dem Anwesen der beiden verbringen und sich in Veritys Unterlagen einarbeiten. Dabei findet sie ein geheimnisvolles, autobiografisches Manuskript, das Schockierendes offenbart...

Irgendwie hätte das alles Stoff für eine richtig gruselige Geschichte und krasse Wendungen gegeben, aber leider verliert sich Hoover dann doch wieder in die Romanze, denn natürlich verliebt sich Lowen in Jeremy (von Anfang an... Insta-Attraction ahoi). Und ich muss ganz ehrlich gestehen, dass sowas überhaupt nicht mein Ding ist. Da liegt die Ehefrau oben im Wachkoma und Lowen denkt die ganze Zeit nur an Sex mit Jeremy! Und das ist das nächste Ding: es geht fast nur um Sex. Lowen offenbart uns, wie es mit ihren früheren Partnern so war und verliert sich wenig später in Fantasien über den verheirateten Mann, der seine beiden Mädchen verloren hat. Auch Verity ergießt sich in ihrem Manuskript in endlosen Sexszenen. Und natürlich kommt es irgendwann wie es kommen muss (das ist echt kein Spoiler, es ist von Anfang an klar) und Lowen und Jeremy vögeln ausgiebig. Denn der tolle und ach so aufopfernde Ehemann hat leider nie so eine richtige Seelenverwandtschaft zu seiner Frau gespürt, auch wenn er sie geliebt hat. Aber bei Lowen (die sich selbst optisch übrigens als übermüdet und abgewrackt beschreibt) war's sofort um ihn geschehen! Bereits am ersten Tag als er sie mit blutverschmierter Bluse auf dem Klo gesehen hat!

Und immerhin, Hoover gibt sich richtig Mühe, Verity so schlimm wie möglich darzustellen, um das alles zu rechtfertigen, sogar zu romantisieren und Lowen daneben besser aussehen zu lassen (auch wenn das Ende einen eventuellen, winzigen Dreh bringt, darüber schreibe ich aber natürlich nichts weiter).

Und Jeremy, oh Gott... wir erleben diesen Typen nur durch die Linse zweier völlig vernebelter Frauen, aber es scheint, als wäre er der perfekte Ehemann, Vater und Liebhaber. Und er hat den Magic Dick™. Mit dem kann er mit minimalstem Aufwand (und natürliche ohne böse Vorlieben oder Fetische, denn sowas ist in Hoovers Welt verpönt) die Frauen um den Verstand bringen. Oh, und zum Thema Verhütung (keine Kondome da und Lowen nimmt keine Pille) sagt er, er passt schon auf... was ein Traummann, oder?

Vom Sex abgesehen habe ich nicht verstanden, was diese Frauen überhaupt mit ihm wollten. Da war keine Chemie, weder bei Verity noch bei Lowen. Ich hätte mir so sehr ein bisschen "show, don't tell" gewünscht. Was haben sie gemeinsam, warum verbringen sie gern Zeit miteinander? Wie sind diese Verliebtheitsgefühle gewachsen? Der einzige Moment, den Lowen und Jeremy teilen, ist das Klischee unterm Sternenhimmel, während die beiden ihr schweres Los und ihre ganzen Schicksalsschläge darlegen. Sorry, aber das reicht mir nicht. Ausschließlich darüber schafft man keine glaubwürdige und ehrliche Verbindung, zumindest für mich nicht.

Nun stehen hier ja trotz aller Kritik drei Sterne und das hat auch seinen Grund. Das Buch ist gut geschrieben und hat eine gewisse Sogwirkung. Die unangenehme Stimmung im Haus lief auch auf mich über und hat mir sehr gefallen. Das stückweise eingebaute Manuskript schafft einen guten Spannungsbogen. Die Auflösung lässt mich aber etwas zwiegespalten zurück.

Am Ende ist es ein Buch über mindestens eine völlig kaputte Frau im Gone Girl Stil (wer das ist, muss man wohl selbst entscheiden... ich weiß, wer mir lieber ist) und einen ('tschuldigung) Vollhonk. Der einzige, den ich wirklich ein bisschen mochte, war der kleine Crew, der jüngste Sohn von Verity und Jeremy. Aber auch diese Antipathie was die Protas angeht muss man erstmal entstehen lassen können und schlimmer wär's gewesen, wenn ich gar nichts gefühlt hätte.

(Bitte dran denken: das ist mein ganz persönlicher und rein subjektiver Leseeindruck)

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Veröffentlicht am 09.08.2019

Rein subjektive Kritik

Grenzlandtage
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Bisher hat Grenzlandtage von Antonia Michaelis und Peer Martin größtenteils eher hohe Bewertungen - was ich toll finde, denn das Buch behandelt ein sehr aktuelles und wichtiges Thema und ich freue mich ...

Bisher hat Grenzlandtage von Antonia Michaelis und Peer Martin größtenteils eher hohe Bewertungen - was ich toll finde, denn das Buch behandelt ein sehr aktuelles und wichtiges Thema und ich freue mich grundsätzlich immer, wenn jemand ein schönes Leseerlebnis hatte.
Meine Rezension wird dagegen ziemlich kritisch sein, denn ich werde vor allem die Punkte ansprechen, die mich gestört haben und zu denen ich was los werden will. Dabei handelt es sich natürlich nur um meine bescheidene und rein subjektive Meinung.

Erstmal zur Story:
Jule macht spontan alleine Urlaub in Griechenland, denn ihre beste Freundin Evelyn, die sie eigentlich begleiten sollte, liegt im Krankenhaus. Noch vor der Haupt-Touri-Zeit möchte sich Jule auf's Lernen und auf sich selbst konzentrieren.
Asman dagegen ist Flüchtling und wollte eigentlich nach Italien, um von dort bis nach Schweden zu kommen. Fälschlicherweise landet er mit den anderen Flüchtlingen nach einem Schiffbruch in Griechenland und dort verstecken sie sich nun.
Jule und Asman treffen aufeinander und verlieben sich.

Ich war sehr gespannt auf Grenzlandtage, die ganze Flüchtlingsthematik und natürlich die Liebesgeschichte. Doch grade Letztere war leider nichts für mich. Am besten ich nummeriere meine Kritikpunkte, das ist einfacher für mich und auch angenehmer zu lesen:

Nummer 1: Der Schreibstil.
Das der ein bisschen simpel (kurze Sätze) war hat mich nicht so sehr gestört, denn immerhin handelt es sich hierbei ja um ein Jugendbuch.
Genervt hat mich allerdings dieses krampfhaft Poetische. Die blumigen Beschreibungen und das Abdriften in Fantasiewelten haben mich teilweise schon sehr an den Märchenerzähler erinnert. Dort mochte ich das zwar (im Gegensatz zu gewissen anderen Dingen, die das Buch für mich zur Katastrophe gemacht haben), aber in dieser Geschichte wirkte es irgendwie unpassend.
Richtig schlimm fand ich die ständigen deutschen Wiederholungen jedes noch so kleinen englisch gesprochen Satzes.
Hier mal zwei Beispiele:

"(...) und dann sagte jemand hinter ihr: 'To the left.' Links lang."

"Asman nickte. 'Makes sense.' Ergibt Sinn."

Ich hätte es schöner gefunden, wenn man entweder bei deutsch geblieben wäre und einfach einmal darauf hingewiesen hätte, dass die Unterhaltung grade auf englisch stattfindet (passiert ja dann im Großteil auch, es tauchen aber immer wieder diese Sätze auf) - oder man hätte es bei englisch belassen und zwar ohne zusätzliche Übersetzung.
Mal ehrlich, wir können doch mittlerweile fast alle englisch und selbst die, die es nicht so gut können, hätten hier keine Probleme.
Dieses Doppelgemoppel fand ich einfach unnötig.

Nummer 2: Der Hyperfokus auf Optik.
Einfach alle sind wahnsinnig attraktiv und gutaussehend, Asman sieht (trotz Verletzungen und/oder kaputter Klamotten) gut aus, Hassan ist der "bestaussehendste Mann, den Jule je gesehen hat" und Naime ist bildschön, beinahe "wie aus einem Film".
Die Flüchtlingskinder werden von Jule "Feenkinder" genannt, ihre Augen von Asman "Glasperlenaugen" und überhaupt wird alles sehr romantisiert und ästhetisiert: Die Landschaft, die Menschen, die Schmerzen, das Leid.

Nummer 3: Jule.
Mit ihr konnte ich leider gar nicht.
Sie wirkte schon kurz nach ihrer Ankunft plötzlich sehr melancholisch, manchmal regelrecht unglücklich, und ich hatte einfach keine Ahnung, warum, denn das war noch bevor sie sich überhaupt mit der Flüchtlingsthematik auseinander gesetzt hatte.
Sie kommt aus guten Verhältnissen, hat Eltern, die ihr offenbar alles erlauben, eine super beste Freundin und war ganz am Anfang auch noch guter Dinge... ich hab's ehrlich gesagt nicht ganz verstanden.
Hinzu kommt, dass Jule extrem naiv ist. Und zwar so naiv, dass es wirklich schon an Dummheit grenzt.
Sie kann null reflektieren, wirkt sehr kindlich, ist viel zu vertrauensselig, verliebt sich innerhalb von Sekunden unsterblich, trifft grade gegen Ende des Buches fürchterliche und nicht nachvollziehbare Entscheidungen und eigentlich müsste man sie vor sich selbst schützen (also wie Anna im Märchenerzähler).
Dass ihre Eltern sie alleine in den Urlaub gelassen haben, war auf jeden fall sehr mutig.

Nummer 4: Die Konflikte.
Die Autoren sind hier sehr vorsichtig gewesen. Nicht zu viel Religion, keine tiefergreifenden Gespräche über Sexismus oder Weltbilder. All das wird zwar nicht komplett ausgelassen, reicht aber lediglich für ein kleines Streitgespräch oder kurze Gedankengänge.

Nummer 5: Die Liebesgeschichte (Spoiler).
Für mich der unrealistischste Part des ganzen Buches. Nicht nur, dass es sich um Insta-Love par excellence handelt und alles extrem schnell geht, Asman hat auch kaum Probleme mit westlichen Werten - und damit, mit Jule zu schlafen.
Es ist ihr erstes mal und bei der ganzen Szene war mir irgendwie so super unwohl, dass ich näher darauf eingehen muss. Erstmal dieser (wohl leider realistische) Satz von Asman:

"Bei uns tun Mädchen das hier erst, wenn sie verheiratet sind. (...) Es gibt andere Möglichkeiten, Erfahrungen zu sammeln... für Männer. Verstehst du? Frauen, die Geld dafür nehmen. Das sind die Erfahrungen, die ich habe. Das ist es, was wir tun."

Kotz-Würg! Nicht wegen der anderen Frauen, aber wegen der fürchterlichen Doppelmoral und der grässlichen Einschränkung der Frauen und ihrer Sexualität. Wie gesagt, leider sehr realistisch und ich werde es nie verstehen! Jule scheint das aber egal zu sein.
Als sie ihn dann fragt, wie alt er denn eigentlich sei, antwortet er:

"Ist das wichtig? (...) Was Frauen fragen! Gut, zweiundzwanzig. Zufrieden?"

Ja, so eine dumme Frage! Wer will denn bitte vor dem (ersten) Sex das Alter oder gar etwas anderes Unwichtiges, wie z.B. den Namen des Partners, wissen? (Sarkasmus. Wisst ihr ja. ;) Jule ist übrigens 17.)
Dann geht es so langsam los und es passiert Folgendes:

"Sie wandte den Kopf und sah den See an, lag ganz still, ließ ihn machen, aber lange tat er nichts weiter als zu tasten."

Sie guckt also weg und liegt absolut passiv da, während er sie anfasst. Na, Glückwunsch.
Die beiden schlafen nun also miteinander und zwischendrin driftet die Szene sprachlich immer wieder ins Poetische und fast schon Surreale.
Und jetzt kommt's. Jule etwas später:

"Ich habe vergessen zu rechnen. (...) Es wäre wahrscheinlich schlau gewesen, ein... Kondom zu benutzen."

Äh. What. Darüber macht sie sich jetzt Gedanken? Danach? Das ist dermaßen Verantwortungslos und naiv (hier haben wir's wieder), dass mir die Worte fehlen.
Und von ungewollten Schwangerschaften mal abgesehen, was ist denn bitte mit Geschlechtskrankheiten?! Immerhin hat Asman kurz zuvor noch erzählt, wie seine sexuelle Vergangenheit so aussieht.
Im Endeffekt hatte er zwar doch ein Kondom dabei und dieses auch benutzt (ohne das Jule etwas davon bemerkt hat), aber holy f***, wie gedankenlos kann man eigentlich sein?

Fazit:
Insgesamt hat mir Grenzlandtage aber trotz allem ganz gut gefallen, grade weil ich das Flüchtlingsthema wichtig und an dieser Stelle gut beleuchtet finde. Die Ängste und Sorgen, die Behördenprobleme, die Vorurteile... alles glaubhaft umgesetzt (auch wenn mir die blumige Sprache nicht immer zugesagt hat).
Ehrlich gesagt hätte ich das Buch ohne die am Liebesrad drehende Jule noch viel besser gefunden, also einfach Asman und seine Geschichte.
Ich wollte trotzdem unbedingt wissen, wie das alles ausgeht, Spannung war also da und ich spreche trotz aller Kritik eine Leseempfehlung aus!

PS: Zum Abschluss noch ein letztes Zitat und mein Senf dazu:

"Männer, die weinen, dachte sie, waren wirklich beunruhigend."

Nö. Sie sind Menschen und auch ihnen stehen Emotionen zu. Sie dürfen weinen, sich anlehnen und müssen nicht immer stark sein.