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Veröffentlicht am 03.02.2019

Warum ist die Welt so unendlich?

Die zehn Lieben des Nishino
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Die zehn Lieben des Nishino – Hiromi Kawakami

„Warum ist die Welt so unendlich?“ Ein Buch über die Liebe.

Ein melancholischer, ein wirklich eigenartiger Roman. Wenn es denn überhaupt als Roman bezeichnet ...

Die zehn Lieben des Nishino – Hiromi Kawakami

„Warum ist die Welt so unendlich?“ Ein Buch über die Liebe.

Ein melancholischer, ein wirklich eigenartiger Roman. Wenn es denn überhaupt als Roman bezeichnet werden kann, besteht das Büchlein doch aus zehn zeitlich ungeordneten Sequenzen, die allesamt das Liebesleben des Nishino zum Thema haben. Und das hat es in sich. Zehn Verflossene (allesamt moderne, emanzipierte Frauen) erzählen, wie es ihnen mit Nishino erging, den sie nicht zu lieben glaubten, dann aber nicht vergessen konnten.
Nishino scheint der perfekte Mann zu sein, attraktiv, allseits beliebt. Trotzdem sind seine Beziehungen nur von recht kurzer Dauer. Aus irgendeinem Grund kann er keine der Frauen länger halten. Er will lieben, bleibt dabei aber geisterhaft unverbindlich. Und liebt eigentlich immer mehrere Frauen gleichzeitig.

Auf jeden Fall hat dieses Buch einen sehr japanischen Stil. Poetisch und leise, doch seltsam distanziert beleuchtet die in Japan sehr populäre Autorin gründlich menschliche Beziehungen und hinterlässt den Leser dennoch nachdenklich. Man kann diese Aneinanderreihung von Geschichten als Studie von Paarbeziehungen unserer Zeit lesen. So wird die Flüchtigkeit und Kurzlebigkeit der modernen, im Zweifel unverbindlichen, Liebe dargestellt. Dem seltsamen Verhalten Nishinos könnte man problemlos Bindungsangst unterstellen. Aber das ist meine Interpretation.

Die zehn Geschichten sind alle nach dem gleichen Schema aufgebaut, es wird am Ende beinahe etwas langweilig. Und weil die Kapitel nicht chronologisch geordnet sind, weiß man auch schon recht früh, dass Nishino sich nicht ändern wird. Er selbst bleibt bis zum Schluss sehr blass. Eher nervig, ständig wiederkehrende Diskussionen, wer wen mehr liebt, nicht mehr liebt, nicht genügend liebt, zu spät bemerkt hat, dass er doch liebt,.... jedes Mal etwas anders, aber doch immer ähnlich.

Man sollte japanische Literatur mögen und auch willens sein, sich Gedanken über das Gelesene zu machen. Dann kann man als Leser vielleicht etwas daraus mitnehmen. Mich konnte es leider nicht so wirklich überzeugen. Am Ende fand ich nicht nur die Lieben des Nishino, sondern auch das Buch etwas flüchtig.

Veröffentlicht am 16.11.2018

Auswirkungen des Krieges

Kriegslicht
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Michael Ondaatje - Kriegslicht

Nachdem ich erst vor etwa einem Jahr „Der englische Patient“ gelesen habe, welcher mir hervorragend gefallen hat, war dieser neue Roman von Ondaatje für mich ein absolutes ...

Michael Ondaatje - Kriegslicht

Nachdem ich erst vor etwa einem Jahr „Der englische Patient“ gelesen habe, welcher mir hervorragend gefallen hat, war dieser neue Roman von Ondaatje für mich ein absolutes Muss. Unerwarteter Weise hab ich mich mit diesem Werk relativ schwer getan. Ich glaube fest, dass dies ein sehr gutes Buch ist, einige Passagen haben mir auch sehr gefallen. Trotzdem konnte mich die Geschichte im Ganzen einfach nicht wirklich und vor allem nicht über einen längeren Zeitraum fesseln. Vermutlich kam es für mich einfach nicht zur richtigen Zeit, um mich vollständig darauf einlassen zu können. Sehr schade, denn die Erwartungen waren hoch.

Konkret geht es um die Geschwister Nathaniel und Rachel, die kurz nach dem Krieg von ihren Eltern in London zurückgelassen werden. In der Obhut eines geheimnisvollen Mannes, Falter genannt. Jahre später kommt die Mutter zurück, ohne den Vater und ohne eine befriedigende Erklärung. Für ihre Kinder bleibt sie fortan eine Fremde.
Viele Jahre später, nach dem Tod der Mutter, beginnt Nathaniel nachzuforschen, was damals wirklich geschehen ist und welche Rolle sie damals im Kalten Krieg einnahm.

Die Geschichte ist zweigeteilt. Während der erste Teil die Gefühlswelt und das Unverständnis der zurückgebliebenen Kinder behandelt, geht es im weiteren Verlauf um die Nachforschungen des erwachsenen Nathaniel, der Stück für Stück die Geschichte seiner Mutter aufdeckt, deren selbstloses Handeln von Liebe und Krieg geprägt war, die dadurch dennoch ihre Familie zerstört hat, und das Leben ihrer Kinder bis weit ins Erwachsenenleben hinein beeinflusst hat. Beinahe erscheint es dem Leser wie eine Flucht, die sie ihren Kindern unwiderruflich entfremdet.

"Man kehrt zu dieser früheren Zeit zurück, ausgerüstet mit der Gegenwart, und einerlei, wie dunkel diese Welt war, will man sie doch erhellen. Das eigene erwachsene Selbst nimmt man mit. Man erlebt das Vergangene nicht von neuem, sondern ist erneut Beobachter." Seite 133

Auch wenn der Roman durchaus vielversprechend beginnt, verliert er sich doch immer wieder in Nebensächlichkeiten und Abschweifungen. So erfordert er sehr viel Geduld. Besonders gegen Ende der ersten Hälfte hatte das Buch für mich eine lange Durststrecke.
Auch wenn diese Geschichte toll geschrieben ist, erreicht sie jedoch bei Weitem nicht die Sogwirkung des „englischen Patienten“.
Mich hätte dieser Roman beinahe auf der halben Strecke verloren. Dennoch werde ich das Gefühl nicht los, ihn trotz aller Bemühungen letztendlich nicht komplett verstanden, durchdrungen zu haben.

Veröffentlicht am 10.11.2018

Ein etwas anderer Ostfrieslandkrimi

Totenstille im Watt
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Ein Ostfriesland-Krimi, der so ganz anders war, als ich erwartet hatte. Diese Geschichte wird nämlich aus der Perspektive des Täters erzählt. Dies ist einerseits sehr ungewohnt, macht aber auch einen besonderen ...

Ein Ostfriesland-Krimi, der so ganz anders war, als ich erwartet hatte. Diese Geschichte wird nämlich aus der Perspektive des Täters erzählt. Dies ist einerseits sehr ungewohnt, macht aber auch einen besonderen Reiz aus. Die Gedankengänge eines Mörders und Psychopathen, erzählt mit viel schwarzem Humor, sind allemal die Lektüre wert.

Dr. Sommerfeldt ist ein falscher Arzt mit neuer Identität, der sich nicht nur um die medizinische Versorgung des kleinen Touristenortes an der Ostsee kümmert, sondern sich gerne auch um die Beseitigung von gewalttätigen Ehemännern kümmert. ..

Ein ungewöhnlicher Plot, erzählt aus einer besonderen Sichtweise mit erfrischend deutlicher Ausdrucksweise.
Trotzdem, so wirklich identifizieren kann man sich mit diesem Protagonisten nicht. Und so bin ich auch mit der ganzen Geschichte nicht so wirklich warm geworden. Einige Redewendungen erschienen mir arg platt und bemüht, abgedroschen.

Diesen Krimi würde ich nicht unbedingt als solchen bezeichnen, Spannung fehlt hier nämlich fast komplett. Vielmehr handelt es sich hierbei um das Psychogramm eines Mörders. Und als solches finde ich es durchaus gelungen.


Veröffentlicht am 10.08.2019

Kaffee und Honig - ein kulinarischer japanischer Roman

Schuldig
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Schuldig – Kanae Minato

Kaffee, Honig, Essen. Mehr ein kulinarischer Roman als ein Krimi. Die Spannung bleibt dabei etwas auf der Strecke.

Fukase ist ein introvertierter Typ, der immer am Rande steht ...

Schuldig – Kanae Minato

Kaffee, Honig, Essen. Mehr ein kulinarischer Roman als ein Krimi. Die Spannung bleibt dabei etwas auf der Strecke.

Fukase ist ein introvertierter Typ, der immer am Rande steht und von den anderen kaum beachtet wird. Ein klassischer Außenseiter eben. In Hirosawa findet er endlich einen Freund. Nach einem Ausflug zu viert in ein Chalet ist Hirosawa tot. Ein Autounfall auf einer steilen Serpentinenstraße. Das Leben der drei zurückgebliebenen Kommilitonen ist durch das Unglück völlig verändert.
Drei Jahre später beginnt Fukase nachzuforschen. Wie gut hat er Hirosawa eigentlich wirklich gekannt? Was ist damals genau passiert? Und wen trifft Schuld?

Die Geschichte braucht recht lange um in Schwung zu kommen. Fukase beschäftigt sich scheinbar endlos mit Kulinarik und Kaffeezubereitung.

Grundsätzlich ein sehr ruhiges Buch und ein etwas gewöhnungsbedürftiger japanischer Schreibstil. Recht nüchtern, teilweise eine auch irgendwie ungelenke und umständliche Erzählweise. Wobei das auch an der Übersetzung liegen kann. Die Autorin geht sehr sparsam mit Emotionen um; vermutlich typisch japanisch.
Auch ein wenig japanische Kultur und Gepflogenheiten werden vermittelt, wobei es auch hier wieder in erster Linie ums Essen geht…

Im Vordergrund steht die Frage, wie man mit dem Gefühl von Schuld (ob nun berechtigt oder nicht) leben kann. Wie ein solches Unglück das weitere Leben beeinflusst. Es sind also mehr die psychologischen Aspekte, die Minato hier behandelt. Ein sehr interessanter Ansatz, doch so richtig fesseln und überzeugen konnte mich das leider nicht.

Den Anfang sowie das Ende fand ich stark, doch der Mittelteil hat sich für meinen Geschmack zu sehr gezogen. Und letztendlich ist es wohl einfach der Schreibstil, der mich nicht überzeugen konnte.




Veröffentlicht am 04.08.2019

Gute Story - mangelhafte Umsetzung

Die Leben der Elena Silber
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Die Leben der Elena Silber - Alexander Osang

Eine russische Geschichte des 20. Jahrhunderts
Die Idee fand und finde ich toll, von der Umsetzung war ich dann leider nicht so begeistert.

Jelena, Elena, ...

Die Leben der Elena Silber - Alexander Osang

Eine russische Geschichte des 20. Jahrhunderts
Die Idee fand und finde ich toll, von der Umsetzung war ich dann leider nicht so begeistert.

Jelena, Elena, Lena - Eine Frau mit vielen Namen und mit vielen Wahrheiten. Bedenkt man aber die schwierigen Lebensumstände, die sie begleiteten, kann man das ein oder andere Geheimnis vielleicht nachvollziehen.
Als Zweijährige musste Elena bereits aus ihrem Heimatort an der Oka fliehen, der Vater, ein Revolutionär, wurde ermordet. Später heiratet sie einen Deutschen und folgt ihm nach Berlin. Doch in den Kriegswirren verschwindet er und lässt die Mutter von vier Töchtern in einem fremden Land zurück.

Die Geschichte ist aus verschiedenen Zeitebenen erzählt und aus unterschiedlichen Ländern, Russland, Polen, Deutschland.

Elena wird als relativ gefühlskalte Frau beschrieben. Als Leser kommt man ihr leider nicht nahe. Es fehlt nicht nur am Verständnis für die gebeutelte Frau, nein, man kann ihr Handeln stellenweise einfach überhaupt nicht verstehen.

Ein weiterer wichtiger Erzähler ist der Enkelsohn Elenas, Konstantin. Leider ist auch er eine ziellose, beinahe lebensunfähige Person, die in erster Linie sich selbst sucht, ein Filmemacher, der „sein Thema“ noch nicht gefunden hat. Konstantin, Kostja genannt, hat einen recht hohen Nervfaktor in seiner Unbeholfenheit. Nun wittert er ebendieses Thema in der eigenen Familiengeschichte. Eine Familie, die zerrütteter beinahe nicht sein könnte; all die Odysseen, welche Elena mit ihren Töchtern durchstehen musste, haben sie offensichtlich nicht zusammenschweißen können – im Gegenteil.

Eine gute Geschichte, aber in viel zu vielen Seiten, in häufigen Wiederholungen und endlosen wie unnützen Abschweifungen totgeschwafelt. Es werden zu viele Handlungsstränge verfolgt, die zum großen Teil ins Leere laufen. Ein wirklicher Schinken, dabei hätte die Story auf die Hälfte der Seitenzahl reduziert, viel besser funktioniert. Meine Meinung.

Generell ist Osangs Personal recht klischeebehaftet und es wimmelt nur so vor Stereotypen. Dabei sind die allermeisten Figuren auch noch recht oberflächlich gezeichnet. Masse statt Klasse.

Dabei waren durchaus gelungene und interessante Passagen dabei, auch emotionsgeladen und fesselnd. Sonst hätte ich wohl auch keine 600 Seiten durchgehalten. Aber leider bin ich keiner der Protagonisten näher gekommen. Dazu trägt auch die relativ knappe und distanzierte Sprache bei. Große Emotionen können so gar nicht erst aufkommen. Und das, obwohl die Handlung überaus dramatisch ist! Die Teile aus der Jetzt-Zeit in Deutschland hätte man sich womöglich ganz sparen können.
Ach ja, die Auflösung hat mich am Ende dann gar nicht mehr interessiert.