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Veröffentlicht am 31.08.2019

Die Jagd nach "Jack the Ripper"

Hurenmord - Die Rose von Whitechapel
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1888 Whitechapel/London. Die ehemalige Hure Christine Gillard ist erst seit kurzem verwitwet und hat mit dem Geld ihres Mannes ein Frauenhaus eröffnet, um anderen Huren und von der Gesellschaft verstoßenen ...

1888 Whitechapel/London. Die ehemalige Hure Christine Gillard ist erst seit kurzem verwitwet und hat mit dem Geld ihres Mannes ein Frauenhaus eröffnet, um anderen Huren und von der Gesellschaft verstoßenen Frauen Hilfe zukommen zu lassen. Als in ihrer Umgebung Frauen auf furchtbare Weise ermordet werden, die alle schon das eine oder andere Mal mit dem Frauenhaus zu tun hatten, möchte Christine unbedingt herausfinden, wer es auf die Frauen abgesehen hat. Unterstützung erhält sie dabei nicht nur von Emily und Liam, sondern auch Inspektor John Pike beginnt seine Ermittlungen in diesem Fall. Während sie sich allesamt auf Spurensuche begeben, kommen Christine und John sich langsam näher. Der Mörder schlägt immer wieder zu und hat inzwischen auch schon einen Namen: „Jack the Ripper“. Und dem ist Christine auch schon ins Auge gefallen…
Tabea König hat mit „Hurenmord“ den zweiten Teil ihrer historischen Trilogie vorgelegt, der an den Vorgänger anknüpft. Das Buch lässt sich auch ohne Vorkenntnisse des ersten Bandes lesen. Der Schreibstil ist locker-flüssig und farbenfroh, der Leser wird mit den ersten Zeilen in eine andere Epoche versetzt und darf sich an Christines Fersen heften, um ihr als unsichtbarer Geist bei ihren Vorhaben über die Schulter zu sehen und sich mit ihr auf die Suche nach einem der gefürchtesten Mörder der englischen Geschichte im viktorianischen London zu machen. Die Autorin versteht es, die Örtlichkeiten zur damaligen Zeit sehr gut in Szene zu setzen, so dass man diese während der Lektüre vor dem inneren Auge in den Straßen von Whitechapel bewegt. Der Spannungsbogen ist durchgängig auf einem guten Niveau angesiedelt, was durch die bildhafte Sprache der Autorin zusätzlich gefördert wird. In dieser Geschichte wird „Jack the Ripper“ gefasst, in der Realität allerdings ist die Identität des Serienkillers nie geklärt worden, er wurde nie entlarvt.
Die Charaktere wurden mit Leben versehen und mit individuellen Eigenschaften ausgestattet, die sie sympathisch wirken lassen und es dem Leser leicht machen, sich unter ihnen wohl zu fühlen. Christine als junge Frau bereits Witwe, sie strahlt Mut, Zuversicht und Stärke aus, was ihr das Vertrauen der Frauen einbringt, die sich in ihre Obhut im Frauenhaus begeben. Außerdem besitzt sie eine gewisse Sturheit und eine Neugier, die sie auch mal in Schwierigkeiten bringt. Emily ist ebenfalls eine starke Frau, Liam ein verlässlicher und freundlicher Mann. Auf die Unterstützung ihrer Freunde kann sich Christine in jeder Lebenslage verlassen. John Pike ist nicht nur ein attraktiver Mann, der das Gesetz vertritt, er ist offen, ehrlich und besitzt einen guten Spürsinn.
„Hurenmord“ ist ein unterhaltsamer historisch angehauchter Roman, der nicht nur mit einer spannenden Handlung und Krimielementen punkten kann, sondern auch Platz genug lässt für eine Liebesgeschichte. Kurzweilige Lesestunden, die eine verdiente Leseempfehlung rechtfertigen!

Veröffentlicht am 31.08.2019

„Wer Schmetterlinge lachen hört, der weiß wie Wolken schmecken.“ (Novalis)

Wenn Schmetterlinge fliegen lernen
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Seit ihre Eltern, ein Botanikerehepaar, bei einem Unglück im Ausland ums Leben kamen, wuchs Olivia bei ihren Großeltern mütterlicherseits in Zürich auf. Aus der lieblosen Umgebung flüchtet sie, sobald ...

Seit ihre Eltern, ein Botanikerehepaar, bei einem Unglück im Ausland ums Leben kamen, wuchs Olivia bei ihren Großeltern mütterlicherseits in Zürich auf. Aus der lieblosen Umgebung flüchtet sie, sobald sie volljährig ist und lässt sich als Weltenbummlerin von einem Ort zum anderen treiben, wo sie kurzfristige Jobangebote annimmt, bis es sie wieder fortzieht. Als sie ihre schwesterliche Freundin Rashinda bei einem Attentat in Ägypten verliert und Maria, die Haushälterin ihrer Großmutter Erika, sie nach Zürich ruft, kehrt Olivia mit Unbehagen in ihre alte Schweizer Heimat zurück. Sie will sich endlich mit ihrer an Alzheimer erkrankten Oma versöhnen und gleichzeitig Fragen klären, die ihr auf der Seele brennen. In Zürich trifft sie auch auf ihren alten Jugendfreund Tom, der ihr einen Job in seinem Café anbietet. Schon bald sind sich die beiden wieder so vertraut, doch es gibt auch Geheimnisse zwischen ihnen, die zu Konflikten führen. Außerdem kontaktiert ein alter Arbeitskollege ihres Vaters Olivia und bittet sie um ein Interview und das bisher verschollene Exemplar eines besonderen Schmetterlings. Olivias Aufenthalt in Zürich wird zu einem Wechselbad der Gefühle. Wird sie sich ihrer Vergangenheit endlich stellen und mit ihr Frieden schließen können?
Astrid Töpfner hat mit „Wenn Schmetterlinge fliegen lernen“ einen unterhaltsamen und berührenden Roman vorgelegt, der auch einige Krimielemente beinhaltet, die die Spannung unterschwellig immer weiter in die Höhe treiben. Der Schreibstil ist flüssig und bildhaft, der Leser findet sich schnell an der Seite von Olivia wieder und lernt sie während der Handlung sehr intensiv kennen. Die Autorin gewährt dem Leser erst nach und nach Einblick in die Vergangenheit von Olivia, aber auch in die von Erika und Olivias Eltern. Die Geschichte gleicht einem Puzzle, der Leser kann zu Beginn nur Spekulationen um die Geschehnisse anstellen, die zu Olivias ängstlichem und teilweise abweisendem Verhalten führen mussten. Gerade die Alzheimer Erkrankung der Großmutter macht für Olivia die Beantwortung ihrer Fragen und auch die Verbesserung des Verhältnisses zu ihr schwierig. Neben dem sehr gut dargestellten Krankheitsbild lässt die Autorin auch Themen wie Stalking in ihre Handlung einfließen. Der Titel des Buches ist für die Handlung Programm, denn bis Olivia wie ein Schmetterling davonfliegen kann, muss sie erst einige Dinge abschließen, die ihr auf der Seele brennen.
Die Charaktere sind interessant gewählt und wirken durch ihr individuellen Auftreten sowie ihre Ecken und Kanten. Trotzdem kommen sie dem Leser nicht sehr nah. Ebenso wie Olivia alle auf Abstand hält, so hat der Leser diesen zu den Protagonisten. Olivia gibt sich nach außen zwar als starke und weltgewandte Frau, doch in Wirklichkeit ist sie völlig unsicher, schreckhaft und ohne Selbstvertrauen. Tom ist ein netter junger Mann, der seine Gefühle für Olivia aus der Vergangenheit in die Gegenwart gerettet hat. Seine Schwester Valerie ist als Künstlerin zwar erfolgreich, aber sie besitzt auch ein Klammergen, denn sie möchte alles von Tom fernhalten. Oma Erika ist von ihrer Krankheit bereits gezeichnet. Sie ist eine alte Dame, die den Schein wahren will, strahlt oftmals Kälte und Unbarmherzigkeit aus, doch dann gibt es Augenblicke, da schenkt sie Liebe und Wärme. Edelmann ist ein undurchsichtiger Mann, der nichts Gutes im Schilde führt. Maria ist als Haushaltshilfe eine Perle, die nie die Geduld verliert und einiges zusammenhält.
„Wenn Schmetterlinge fliegen lernen“ ist ein unterhaltsamer Roman mit teils schwierigen Charakteren und einer interessanten Handlung, die sich teilweise wie ein Krimi liest. Ein guter Mix, der durchaus eine Empfehlung verdient!

Veröffentlicht am 13.08.2019

Welten, die aufeinanderprallen und dadurch die Moral ins Wanken bringen

Tage in Cape May
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1957. Effie und Henry sind in dem kleinen Südstaatenort Signal Creek aufgewachsen und kennen sich von Kindesbeinen an. Gleich nach ihrem Highschool-Abschluss heiraten die beiden und machen sich für ihre ...

1957. Effie und Henry sind in dem kleinen Südstaatenort Signal Creek aufgewachsen und kennen sich von Kindesbeinen an. Gleich nach ihrem Highschool-Abschluss heiraten die beiden und machen sich für ihre Flitterwochen auf den Weg in den kleinen Ostküstenferienort Cape May, wo Effies Onkel ein Haus besitzt, das sie als frischgebackenes und recht unerfahrenes Ehepaar nutzen dürfen. Schon bei ihrer Ankunft müssen sie feststellen, dass die Hauptsaison bereits beendet ist und Cape May mehr oder weniger einer kleinen Geisterstadt gleicht, denn nur noch wenige Menschen sind im Ort unterwegs. Sowohl Effie als auch Henry haben sich ihre Flitterwochen nicht so einsam vorgestellt und wollen bereits ihre Sachen für die Heimreise packen, als sich im Nachbarhaus eine Gruppe von jungen Leuten niederlässt, von denen Clara eine alte Bekannte Effies ist, die mittlerweile in New York wohnt. Schon bald ist das junge Ehepaar Teil der Clique und feiert ausgelassen mit ihnen zusammen, bis einige von ihnen wieder abreisen. Nur Clara, ihr Geliebter Max und dessen Schwester Alma bleiben weiterhin in Cape May und frönen einen ausschweifenden Lebensstil, zu dem sie die Jungvermählten einladen. Die Unerfahrenheit von Henry und Effie wird schon bald auf eine sehr harte Probe gestellt, die weitreichende Folgen für ihr zukünftiges Leben hat…
Chip Cheek hat mit „Tage in Cape May“ einen sehr tiefgründigen und unterhaltsamen Gesellschaftsroman vorgelegt, der nicht nur einen authentischen Abriss der Gesellschaft in den 50er Jahren wiederspiegelt, sondern auch die zwischenmenschlichen Beziehungen in dem so prüden Amerika wunderbar in Szene zu setzen weiß. Der Schreibstil ist flüssig, bildgewaltig und von einer ausgezeichneten Beobachtungsgabe geprägt, der den Leser schnell in die vergangene Zeit eintauchen lässt, um diese hautnah miterleben zu dürfen und gleichzeitig unterschiedlichste Moralvorstellungen und den darauf entstehenden schicksalhaften Verlauf der Geschichte zu beobachten. Sehr glaubwürdig bringt der Autor die Diskrepanz zwischen den offenen und experimentierfreudigen Großstädtern und den unerfahrenen Kleinstadtbürgern an den Leser und zeigt auf, dass alles seine Vor- und Nachteile hat. Jede Seite ist nachvollziehbar, spiegelt aber auch die amerikanische Gesellschaft wider, wie sie bis heute sogar noch vorhanden ist. Hier geht es um nicht nur um Unerfahrenheit und Sex vor der Ehe, sondern auch um anerzogene Werte und moralische Vorstellungen. Durch die intensive Erzählweise des Autors hält die Geschichte in ihrem Verlauf den Leser gut bei der Stange und die Spannung konstant auf einem recht hohen Niveau.
Die Charaktere sind individuell ausgearbeitet und stellen einen guten Querschnitt der Gesellschaft dar. Mit ihren sehr differenzierten und facettenreich gezeichneten Eigenschaften wirken sie glaubhaft und authentisch, der Leser kann sich in jeden von ihnen hineinversetzen und verfolgt fasziniert das Zusammenspiel der doch so unterschiedlichen Protagonisten. Effie ist mit ihren 18 Jahren ein junges Landei, noch sehr naiv und in der erhaltenen Erziehung gefangen. Sie kennt Henry schon ewig und hatte nie einen anderen Freund. Henry mit seinen 20 Jahren ist es wie Effie ergangen, doch kaum lernt er eine andere Seite kennen, in diesem Fall das ausschweifende Leben der Städter sowie deren unbekümmerte Lebenslust, will Henry mehr davon und nicht unbedingt zurück in das, was er bereits seit seiner Kindheit kennt. Die Verlockungen bringen Henry in Gewissenskonflikte. Clara ist eine offene und unternehmungslustige Frau, die zwar verheiratet ist, sich aber einen Liebhaber hält und das sogar im Beisein ihres Ehemannes. Alma ist eine Frau, die es auf den zweiten Blick faustdick hinter den Ohren hat. Sie spielt die Zurückhaltende, jedoch ist ihr auch die Rolle der Verführerin nicht fremd. Auch die weiteren Nebenprotagonisten haben durchaus ihren Stellenwert in dieser Handlung und verleihen ihr zusätzlich Glaubwürdigkeit und Spannung.
„Tage in Cape May“ ist nicht nur eine gelungene Gesellschaftsstudie des Amerikas der 50er Jahre, sondern lebt von den Spannungen zwischenmenschlicher Beziehungen und den unterschiedlichen Moralvorstellungen. Verdiente Leseempfehlung für dieses Debüt!

Veröffentlicht am 10.08.2019

Meistens kommt es anders, als man denkt...

Friesenteetage
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Kerrin ist selbständige Bauingenieurin und lebt in Regensburg, wo sie sich in ihrem von der Großmutter geerbten Haus ein Büro eingerichtet hat und mit Sofia und Jan zusammen arbeitet. Sie hat gerade mit ...

Kerrin ist selbständige Bauingenieurin und lebt in Regensburg, wo sie sich in ihrem von der Großmutter geerbten Haus ein Büro eingerichtet hat und mit Sofia und Jan zusammen arbeitet. Sie hat gerade mit Ach und Krach eine Lungenentzündung überstanden, und obwohl es die Auftragslage eigentlich nicht zulässt, benötigt sie dringend eine Auszeit. Deshalb macht sie sich auf den Weg auf die Nordseeinsel Föhr, wo ihre Mutter lebt und arbeitet. Das Verhältnis zwischen den beiden Frauen ist nicht gerade eng, doch als ihre Mutter kurz davor steht, sowohl Wohnung als auch Atelier zu verlieren, will Kerrin ihrer Mutter unbedingt beistehen. Dass sie ausgerechnet mit Lian, dem Sohn des Vermieters zu tun bekommt, macht die ganze Sache nicht gerade leicht. Auch wenn zwischen den beiden ein regelrechtes Spannungsfeld herrscht und sie sich voneinander angezogen fühlen, möchte Lian keinen Gedanken an die Komplikationen verschwenden, denn er hat schon feste Vorstellungen von seinem Leben, da kann er keinen Extraballast gebrauchen…
Mit „Friesenteetage“ ist Sabine Rädisch ein unterhaltsamer und gefühlvoller Liebesroman gelungen, der den Leser mit einem locker-flüssigen Erzählstil schnell abholt und in die Geschichte hineinbringt, wo er unsichtbar am Leben der Protagonisten teilnehmen darf und ihre Gedanken- und Gefühlswelt dabei nicht verborgen bleibt. Der Autorin gelingt es, mit wechselnden Erzählperspektiven die unterschiedlichen Ansichten ihrer Charaktere darzustellen und beim Leser Verständnis für die jeweilige Lage hervorzurufen. Themen wie Krankheit, Existenzsorgen oder Nachforschungen zu einem unbekannten Vater sowie Bindungsangst hat die Autorin in ihre Handlung miteingebracht, alltägliche Sorgen, die vielen nicht unbekannt sind und so die Geschichte nahbar machen. Geschickt verpackte Wendungen lassen die Handlung nicht so ganz vorhersehbar sein, das Hauptaugenmerk liegt aber hier auf der Gefühlsebene.
Die Charaktere sind durchweg liebevoll skizziert, mit ihren Ecken und Kanten wirken sie wie Menschen, denen man täglich begegnet und auch im engeren Freundeskreis hat. Gerade deshalb fällt es dem Leser leicht, sich in sie hineinzuversetzen und ihre Gedanken und Gefühle nachzuvollziehen. Kerrin ist eine Frau, die ihren Beruf sehr ernst nimmt. Meist offen und ehrlich hat sie aber eine unsichere Seite an sich, wird von Selbstzweifeln gequält und hat Angst vor einer festen Bindung. Sie hat ihren leiblichen Vater noch nie kennengelernt, da ihre Mutter daraus ein Geheimnis macht. Das ist einer der Gründe für das distanzierte Verhältnis zwischen den beiden. Lian ist ein ehrgeiziger Mann, der sein Leben schon durchgeplant hat. Doch besitzt er auch eine anziehende Offenheit, Witz und einen ansteckenden Optimismus, was ihm einen gewissen Charme verleiht. Aber auch Anton, Jan und Sofia hinterlassen einen bleibenden Eindruck innerhalb der Handlung.
„Friesenteetage“ ist ein schöner Liebesroman, der für kurzweilige Lesestunden sorgt und dafür eine verdiente Leseempfehlung im Gepäck hat.

Veröffentlicht am 10.08.2019

Die Lebenskünstlerin

Die vollkommene Lady
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30er Jahre. Julia Packett ist eine Frau, die durch ihren ansteckenden Optimismus und ihre Lebenslust ein Leben völlig losgelöst von den gesellschaftlichen Konventionen in London führt. Seit dem Tod ihres ...

30er Jahre. Julia Packett ist eine Frau, die durch ihren ansteckenden Optimismus und ihre Lebenslust ein Leben völlig losgelöst von den gesellschaftlichen Konventionen in London führt. Seit dem Tod ihres Mannes becirct sie mit ihrem Charme die Männerwelt und lässt sich von ihnen ohne Skrupel finanziell unter die Arme greifen. Dafür hat sie ihre Tochter Susan bei ihren Schwiegereltern in Frankreich geparkt und lässt sie von ihnen erziehen. Nun bekommt Julia von ihrer mittlerweile erwachsenen Tochter nach langer Zeit per Brief einen Hilferuf zugesandt, denn Susan möchte heiraten und braucht Unterstützung, da Julias Schwiegermutter sich quer stellt. Julia lässt sich nicht nehmen, der Bitte Folge zu leisten und reist nach Frankreich, um dort in der Nobelvilla ihrer Schwiegereltern nicht nur den zukünftigen Ehemann unter die Lupe zu nehmen, sondern nebenbei selbst auch für einige Unruhe zu sorgen…
Margery Sharp hat mit „Die vollkommene Lady“ einen unterhaltsamen und gleichsam humorvollen Roman vorgelegt, der den Leser in das vergangene Jahrhundert entführt in eine Zeit, da Frauen von ihren Ehemännern abhängig waren, auf ihren Ruf achten und sich gesellschaftlichen Normen und Regeln unterwerfen mussten. Mit einem Zwinkern in den Augen hat die Autorin ausgerechnet eine Hauptprotagonistin gewählt, die all diese Vorgaben überhaupt nicht erfüllt und sich damit mehr recht als schlecht durchs Leben laviert. Der Leser lernt während der Lektüre Julias unkonventionelle Lebensweise kennen und darf oft schmunzeln, während Julia sich bei der Begutachtung des potentiellen Schwiegersohns so ihre eigenen Gedanken und Sorgen macht. Die Autorin hat ein Händchen dafür, die oftmals vorhandene Situationskomik mit dem typisch britisch-trockenen Humor einzufangen und die Widersprüchlichkeit der gesellschaftlichen Erwartungen dem Leser wunderbar vor Augen zu halten. Es brauchte Frauen, die mit Traditionen und Regeln brechen, damit die Frauen von heute endlich ein Wahlrecht haben oder selbständig leben können, ohne sich von einem Mann abhängig zu machen und dafür gesellschaftlich am Rand stehen.
Die Charaktere sind liebevoll gezeichnet und glaubwürdig in Szene gesetzt. Manchmal wirken sie ein wenig überspitzt, doch tut das ihrer Authentizität keinerlei Abbruch. Der Leser kann sich gut in sie hineinversetzen, die eine oder andere Handlungsweise nachvollziehen und sich ihnen verbunden fühlen. Julia ist eine Frau, die sich nichts aus dem Gerede anderer macht. Sie ist offen, großzügig, unternehmungslustig und vor allem selbstbestimmt. Sie legt keinen Wert auf Konventionen, hat einen Hang dazu, Unruhe zu stiften, ohne dass es ihr wirklich bewusst ist oder Absicht und besitzt einen gesunden Egoismus, der aber in punkto ihrer Tochter manchmal nicht so sympathisch wirkt. Susan ist eine Frau, die eine sehr gute Erziehung genossen hat und noch völlig unerfahren ist, wenn es um die Männerwelt geht. Sie lässt sich in ihrer Naivität blenden und doch sieht es irgendwie so aus, als wenn sie sich diesen Mann gerade deswegen ausgesucht hat, weil er ihrer Mutter so ähnlich ist. Ebenso überzeugen die weiteren Nebendarsteller und lassen den Handlungsverlauf zu einem Vergnügen der besonderen und etwas angestaubten Art werden.
„Die vollkommene Lady“ wirkt mit einer Extraportion Charme. Die Geschichte besitzt eine Leichtigkeit und aufgrund des britischen Humors hat man während der Lektüre oft ein Grinsen im Gesicht. Verdiente Leseempfehlung für eine unterhaltsame Geschichte!