leider nur ganz nett für Zwischendurch
Zwei Brüder, plus ich, gleich Chaos„Dreh den Spieß doch einfach um und ignoriere du sie. Ich versichere dir, für uns Mädchen gibt es nicht Schlimmeres als das. Es macht uns verrückt, wenn die Jungs, die wir im Blick haben, kein Interesse ...
„Dreh den Spieß doch einfach um und ignoriere du sie. Ich versichere dir, für uns Mädchen gibt es nicht Schlimmeres als das. Es macht uns verrückt, wenn die Jungs, die wir im Blick haben, kein Interesse an uns zeigen.“ (Allie zu einem Freund in Zwei Brüder plus ich gleich Chaos)
Worum geht’s?
Als ihre Mutter einen neuen Freund hat, zieht Allie mit ihr gemeinsam zu ihm. Direkt am ersten Tag lernt sie die beiden Brüder Oliver und Ethan kennen, die im Haus direkt nebenan wohnen. Sie könnten unterschiedlicher nicht sein, denn während Oliver ein strebsamer Sonnenschein ist, dominiert bei Ethan Ablehnung und Missachtung. Doch so einfach gibt Allie sich nicht geschlagen und schon bald befindet sie sich in einer Gefühlsachterbahn.
Zwei Brüder plus ich gleich Chaos ist ein Einzelband und in sich abgeschlossen.
Schreibstil / Gestaltung
Das Cover ist in hübschen Blau-, Rosa- und Lilatönen gehalten. Es wirkt sehr feminin und gibt wenig vom Inhalt preis. Es gefällt mir ganz gut und spricht mich an. Die Hardcover-Version verfügt über einen abnehmbaren Schutzumschlag mit dem Cover, das Buch selbst ist matt-grau. Es verfügt über ein Bandlesezeichen.
Die Geschichte wird linear aus Sicht von Allie erzählt. Sie ist alleinige Ich-Erzählerin, sodass man nur in ihre Gedankenwelt Einblicke gewinnen kann. Das Buch lässt sich gut und einfach lesen, der Schreibstil ist flüssig und angenehm. Sprachlich bewegt sich das Buch auf einem guten Niveau für (junge) Erwachsene, es gibt jedoch einige sprachliche Ausreißer, die zu den jungen Charakteren nicht unbedingt passen. Das Buch enthält keine expliziten Sexszenen, erotische Inhalte werden lediglich angedeutet.
Mein Fazit
Auf „Zwei Brüder plus ich gleich Chaos“ bin ich dank Instagram aufmerksam geworden, kannte die Autorin bislang allerdings nicht. Nachdem eine Freundin es mir empfohlen hatte, wollte ich es lesen. Ich fand die Grundidee sehr interessant und mag zwischendurch gern locker-flockige Liebesromane. Leider war dieses Buch für mich zwar ganz nett, für mehr reicht es leider nicht.
Das Buch steigt unmittelbar in den laufenden Umzug von Allie und ihrer Mutter ein. Die Mutter hat die Nachbarjungs als Hilfe engagiert, sodass Allie sie direkt bei ihrer Ankunft kennenlernt. Während Oliver von Anfang an sehr freundlich rüberkommt, ist Ethan sehr mürrisch und stellt den klassischen Badboy dar. Mit Oliver freundet sich Allie sofort an und findet am College sodann auch direkt Freunde, unter anderem Willow, mit der sie schon bald auf Partys geht, auf denen sie auch regelmäßig auf Ethan trifft und jedes Mal mit ihm aneinandergerät. Doch je mehr Zeit vergeht und je öfter die beiden sich gekabbelt haben, je öfter Ethan sie abgewiesen hat, desto mehr hat Allie das Gefühl, sich zu ihm hingezogen zu fühlen. Wird sie sich an dem Badboy ihre Finger verbrennen?
Irgendwie habe ich durch den Titel etwas anderes erwartet. Das war die erste Ernüchterung des Buches. Ethan und Oliver kommen nicht miteinander klar, das wird relativ schnell offensichtlich. Ein wirkliches „Zwischen die Fronten“-Geraten konnte ich im Buch allerdings nicht merken. Allie ist von Anfang von Ethan fasziniert, der sie immer wieder abweist. Oliver hingegen ist von Anfang an ein guter Freund für sie und dem Leser ist klar, dass er sich schon etwas in Allie verguckt – Allie hingegen merkt das zu keiner Zeit, selbst als sie sich über seine komischen Blicke wundert, geht ihr diese Erkenntnis nie auf. Daher beschränkt sich das Drama auf die Beziehung Allie-Ethan. Und hier liegt viel Drama. Denn Ethan hat ein „dunkles Geheimnis“, er ist Undergroundboxer und nimmt regelmäßig an Kämpfen teil, um sich Geld zu verdienen. Allie stolpert dank Willow direkt in ihrer ersten Wochen am College auf so eine Underground-Party, wo sich direkt ein Kampf ihretwegen ergibt, den Ethan heldenhaft für sie bestreitet, nur um ihr danach wieder die kalte Schulter zu zeigen. Und so geht es eigentlich das ganze Buch. Allie sucht immer und immer wieder seine Nähe und er weist sie wieder und wieder ab. Irgendwann hatte ich das Gefühl, dass die einzige Grundlage dieser sich anbahnenden Beziehung der Fakt ist, dass Allie mit seiner Zurückweisung nicht leben kann. Ethan nutzt hierbei das komplette Lexikon von Badboy-Moves, um Allie fernzuhalten, inklusiver eindeutig-zweideutig-eindeutiger Situation, die zum Dramahöhepunkt wird.
Das große Problem? Das Buch wirkt so unglaublich schnell, klischeehaft und unreflektiert. Von Anfang an wurde mir nicht klar, was Allie von Ethan will, außer dass seine dunkle Aura sie irgendwie fasziniert. Nachdem er mehr als einmal ein Mistkerl zu ihr war, bleibt ihre Faszination weiter ungebrochen. Ich erhalte als Leser aber nie Einblick, wieso sie Gefühle entwickelt oder, ob sie überhaupt Gefühle entwickelt hat, die über die Faszination herausgehen. Deshalb waren sämtliche Dramapunkte im Buch auch nicht dazu geeignet, mir das Herz zu brechen, mich traurig zu machen oder sonstiges. Ich habe sie vielmehr gelesen, zur Kenntnis genommen und eine imaginäre Checkliste für Standard-Handlungspunkte in Romanen für und um junge Erwachsene durchgearbeitet. Es fehlt dem Buch einfach an deutlich an Tiefe, da kann auch später die Enthüllung um den brüderlichen Streit nichts mehr retten, da ich zu den Charakteren keine starke Verbindung aufbauen konnte. Es fängt bereits am Anfang an, wo Oliver und Allie nach einer Woche bereits beste Freunde sind, ohne dass man versteht wieso. Nur, weil sie Nachbarn sind? Auch am ersten Tag am College findet sie direkt zahlreiche Freunde, die sich schnell zu besten Freunden aufschwingen. Allie geht natürlich auch direkt mit Willow, die sie nur ein paar Stunden kennt, zu einer geheimen Party. Die Charaktere sind so sprunghaft, dass mir teilweise fast schon schwindelig wurde. Vor allem Allie springt zwischen „ich hasse Ethan“ und den ewigen Versuchen, seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Wann und wo Ethan mögliche Gefühle für Allie entwickelt, bleibt offen, da Ethan selbst in diesem Buch nicht erzählen kann.
Wirkliche Spannung kommt in diesem Buch nicht auf. Das ist vielleicht auch nicht zwingend notwendig, andererseits nervte mich irgendwann das Hin-und-Her der Protagonisten, die verblendete Allie und die fehlende Tiefe. Gerade der Punkt mit dem brüderlichen Streit und dem Hintergrund wurde so fix abgebügelt, was ich sehr schade fand. Allie wirkt über weitere Strecken anstrengend und naiv, viel mehr zu berichten gibt es aber auch nicht, denn die Charaktere werden nur sehr oberflächlich dar- und vorgestellt. Erotik gibt es in diesem Buch auch nicht, was mich tatsächlich nicht gestört hat, da es für mich kein Voraussetzung ist. Allerdings fand ich es fast schon peinlich, als Allie und Ethan sich dann doch einmal näherkamen und er sie mit dem Finger befriedigt hat, dass Allie gegenüber ihrer Freundin fast schon kindisch herumdruckst „wir haben nicht miteinander geschlafen, wir haben nur… naja, du weißt schon, was“. Dann ist da noch die Thematik über die Underground-Kämpfe, die mich nicht so ganz überzeugen konnte. Es ist ein häufig in Büchern vorkommendes Thema, aber sowohl die Regeln des Ganzen als auch das Setting wirkten viel zu gewollt. Zu gewollt wirkte auch der Kontrast Oliver zu Ethan. Hier hat die Autorin volle Kanne auf Engelchen und Teufelchen gesetzt und keine Möglichkeit ausgelassen, beide so richtig schön gegensätzlich zu gestalten.
Insgesamt war das Buch zwar durchaus unterhaltsam, mehr aber leider auch nicht. Ich konnte keine Verbindung zu den Charakteren aufbauen, die Beziehungsentwicklung war für mich nicht greifbar, es fehlte an Tiefe und mit Allies sprunghafter Art habe ich mich nie anfreunden können. Zwei Brüder plus ich gleich Chaos hat vieles, aber sicher kein Chaos. Es ist ein Buch, was man gut zwischendurch lesen kann, wenn man gerade keine Lust auf etwas Anspruchsvolles hat und damit leben kann, dass die Charaktere sehr klischeehaft agieren. Das Buch ist ein wenig wie ein solider College-Movie im Nachmittagsprogramm. Ich hatte mir nur leider deutlich mehr erhofft.
[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, dass mir freundlicherweise vom Vertrieb überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]