Liebe Daisy,
kennst du das, wenn du wochen- und monatelang um ein Buch herumschleichst, es immer mitnehmen willst, dich aber doch nie dazu durchringst? So ging es mir bei Prinzessin Undercover von Connie Glynn. Schon 2018, als KJB es herausgebracht hat, bin ich auf dieses wunderschöne Cover aufmerksam geworden. Irgendwie hat es sich dann aber doch nie ergeben, dass ich es mitgenommen habe – bis jetzt. Und lass mich dir sagen, ich habe es nicht bereut.
Das Buch erzählt von Lottie, die gemeinsam mit ihrer lieblosen Stiefmutter in Cornwall lebt und hart dafür arbeitet, an dem Internat Rosewood aufgenommen zu werden. Tatsächlich erinnert nicht nur die Exposition, sondern auch ihr Mantra „Sei freundlich, sei mutig und gib niemals auf“ (S. 27) an Aschenputtel und dessen Adaptionen. Doch schnell wird klar, dass es sich hierbei um keinen billigen Abklatsch handelt: im Nu entsteht eine rasante Verwechslungsgeschichte, die zentrale Elemente von Prinz und Bettelknabe von Mark Twain in einen neuen Kontext setzt: Durch ein unwillentlich entstandenes Gerücht, denkt plötzlich die ganze Schule, dass Lottie eine Prinzessin ist; eben die Prinzessin, die undercover an der Schule ist: Lotties Mitbewohnerin Ellie.
Dadurch, dass das Buch im Perfekt und in der dritten Person geschrieben ist, wobei wir immer wieder andere Figuren begleiten dürfen, erinnert nicht nur die Narration, sondern auch die Form an ein Märchen. Ein Märchen, das Connie Glynn wunderbar charmant spinnt. In diesem steht die Freundschaft der beiden Mädchen, die immer wieder hart auf die Probe gestellt wird, im Mittelpunkt. Etwas, das sich in diesem Genre leider viel zu selten findet – Prinzessin Undercover stellt eine wunderbare Abwechslung zu vielen Jugendbüchern, in denen es nur darum geht, die große Liebe zu finden, dar. Einige Stellen fand ich nicht ganz nachvollziehbar oder ausgereift (z.B.: die heftigen Reaktionen auf das Tanztraining (vgl. S. 214ff.)), aber im Großen und Ganzen war es ein fantastisches Buch, durch dessen Seiten ich nur so geflogen bin. Nicht zuletzt wegen des locker flockigen Schreibstils der Autorin – sie hat ein Händchen dafür, Situationen zu etablieren und gerade richtig viel zu schreiben, dass Bilder beim Lesen entstehen können, man aber nicht von zu viel Information überflutet wird. Eine wahre Freude! An dieser Stelle auch ein Lob an die Übersetzung (Maren Illinger) – ich habe in letzter Zeit einige holprige gelesen, diese hier war aber (bis auf einzelne Ausnahmen) ganz große Spitzenklasse: so gut, dass ich stellenweise vergessen hatte, dass ich nicht die Originalausgabe lese.
Du merkst es schon, ich bin voll und ganz begeistert von diesem Buch. Ich kann es gar nicht erwarten, so bald wie möglich in den Buchladen zu gehen und mir den zweiten Band zu holen – ich bin so gespannt, wohin sich Ellie und Lotties Geschichte entwickelt.
Deine Daffy